- Oberamt Reutlingen
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Das Oberamt Reutlingen war ein 1803 errichteter württembergischer Verwaltungsbezirk (auf beigefügter Karte # 43), der 1934 in Kreis Reutlingen umbenannt und 1938 um den Hauptteil des Kreises Urach sowie einige Gemeinden des Kreises Tübingen zum Landkreis Reutlingen vergrößert wurde. Allgemeine Bemerkungen zu den württembergischen Oberämtern siehe Oberamt (Württemberg).
Inhaltsverzeichnis
Geografie
Der Mitte des 19. Jahrhunderts etwa 265 km² große Bezirk hatte Anteil an der Schwäbischen Alb und ihrem Vorland. Landschaftsprägend wirkt die Grenze zwischen beiden Naturräumen, der aus mehreren Stufen aufgebaute, insgesamt rund 300 Meter hohe Albtrauf. Zwischen Eninger Gutenberg und Gönninger Roßberg entstanden durch die Erosionstätigkeit der Echaz und ihrer Seitenbäche ausgefranste Stufenränder mit Berghalbinseln und Ausliegern. Vorgelagert sind die Achalm als Zeugenberg und der Georgenberg, ein Pfropfenberg des Schwäbischen Vulkans. Durch das dicht besiedelte Echaztal, die industrielle Kernzone des Oberamts, führte die Staatsstraße (heutige B 312) mit der 1820 erbauten Honauer Steige auf die Alb. Über die südlich des Albtraufs anschließende, vollständig verkarstete Kuppenalb verläuft die Europäische Wasserscheide. Den südlichen Teil des Gebiets, einschließlich einer etwa ein Zehntel der Gesamtfläche einnehmenden, von hohenzollerischem Gebiet umschlossenen Exklave, entwässern die Lauchert und ihre Zuflüsse Erpf und Seckach in Richtung Donau.
Nachbarn waren die württembergischen Oberämter Urach, Münsingen, Tübingen, Rottenburg sowie die hohenzollerischen Fürstentümer Hechingen und Sigmaringen (seit 1850 preußischer Regierungsbezirk Sigmaringen).
Geschichte
Das Oberamt entstand 1803, nachdem Württemberg die Reichsstadt Reutlingen in Besitz genommen hatte. Als Verwaltungsgebäude diente der ehemalige Königsbronner Pfleghof (heute Heimatmuseum, Oberamteistr. 22). Bis 1810 kamen in mehreren Schritten weitere Orte hinzu, siehe unten.
Ehemalige Herrschaften
Die Bestandteile des Oberamts gehörten im Jahr 1800 zu folgenden Herrschaften:
- Herzogtum Württemberg
- Der größte Teil der altwürttembergischen Orte zählte zu den weltlichen Oberämtern Urach (Unteramt Willmandingen) und Pfullingen. Genkingen war dem Klosteramt Pfullingen unterstellt. Die erst nach der Reformation erworbenen Orte gehörten zur Rentkammer (Großengstingen, wurde vom Amt Pfullingen mitverwaltet) bzw. zum Kammerschreibereigut (Gomaringen).
- Reichsstadt Reutlingen
- Das Territorium umfasste neben der Stadt die Dörfer Betzingen, Bronnweiler, Ohmenhausen, Stockach und Wannweil. Die im November 1802 erfolgte Besitznahme durch Württemberg erhielt mit dem Reichsdeputationshauptschluss ihre formale Bestätigung.
- Kloster Mariaberg
- Ebenfalls 1802 wurde das dem Kloster Zwiefalten unterstellte Benediktinerinnenkloster Mariaberg mit dem Dorf Bronnen in Besitz genommen und noch im selben Jahr aufgehoben.
Gemeinden
Einwohnerzahlen 1824
Folgende Schultheißereien bzw. Gemeinden waren 1824 dem Oberamt Reutlingen unterstellt:
Nr. frühere Gemeinde Einwohnerzahl 1824 heutige Gemeinde evangel. kathol. 1 Reutlingen 9420 55 Reutlingen 2 Betzingen 1103 – Reutlingen 3 Brunnen1 mit Mariaberg – 105 Gammertingen 4 Bronnweiler 110 – Reutlingen 5 Erpfingen 655 – Sonnenbühl 6 Genkingen 678 – Sonnenbühl 7 Gomaringen mit Hinterweiler 1462 5 Gomaringen 8 Groß-Engstingen – 627 Engstingen 9 Hausen a. d. Lauchert 383 – Trochtelfingen 10 Holzelfingen 364 – Lichtenstein 11 Honau 405 – Lichtenstein 12 Klein-Engstingen 419 7 Engstingen 13 Mägerkingen 483 3 Trochtelfingen 14 Oberhausen 501 – Lichtenstein 15 Omenhausen2 838 4 Reutlingen 16 Pfullingen 3435 5 Pfullingen 17 Stockach 163 – Gomaringen 18 Undingen 795 1 Sonnenbühl 19 Unterhausen 663 1 Lichtenstein 20 Wannweil 488 4 Wannweil 21 Willmandingen 601 – Sonnenbühl Summe 22966 817 heutige Schreibweise Bronnen,
heutige Schreibweise Ohmenhausen
Änderungen im Gemeindebestand
Bei seiner Gründung 1803 umfasste das Oberamt Reutlingen nur das ehemals reichsstädtische Territorium.
1806 wurden die beiden Pfullinger Ämter aufgehoben und als Unteramt Pfullingen dem Oberamt Reutlingen einverleibt, das sich damit um die Stadt Pfullingen und die Dörfer Genkingen, Großengstingen, Holzelfingen, Honau, Kleinengstingen, Oberhausen und Unterhausen vergrößerte. Das Unteramt wurde 1818 aufgelöst.
1807 kam Gomaringen zum Oberamt.
1808 wurde das Unteramt Willmandingen (zuvor Oberamt Urach) mit den Dörfern Erpfingen, Hausen, Mägerkingen, Undingen und Willmandingen dem Oberamt Reutlingen zugewiesen. Das Unteramt wurde 1818 aufgelöst.
1810, nach Aufhebung des 1803 errichteten Oberamts Zwiefalten, wurde Bronnen mit Mariaberg dem Oberamt Reutlingen unterstellt.
1826 wurde die Achalm von Eningen (Oberamt Urach) nach Reutlingen umgemeindet.
1829 wurde Bronnen nach Mägerkingen eingemeindet.
1842 wechselte die Gemeinde Eningen vom Oberamt Urach zum Oberamt Reutlingen.
1854 wurde Bronnen von Mägerkingen getrennt und wieder zur selbständigen Gemeinde erhoben.
1907 wurde Betzingen nach Reutlingen eingemeindet.
1930 wurde Oberhausen nach Unterhausen eingemeindet.
1936 erfolgte eine Grenzkorrektur zwischen Wannweil und Kirchentellinsfurt (Kreis Tübingen).
Amtsvorsteher
Die Oberamtmänner des Oberamts ab 1807:
- 1807–1810: Johann Jakob Gunzenhauser
- 1810–1819: Johann Gottlob Veiel
- 1819–1822: Friedrich Günzler (Amtsverweser)
- 1822–1826: Carl Christian Friedrich Weckherlin
- 1826–1848: Jakob Ludwig Friedrich von Stängel
- 1848–1851: Johann Jakob Wolfer
- 1851–1860: Johann Conrad Sigmundt
- 1860–1866: Karl Hermann von Hörner
- 1866–1872: Gottlob Friedrich Bernhard von Schippert
- 1872–1882: Friedrich Ludwig Ernst Neudörffer
- 1882–1885: Karl Friedrich Strobel
- 1885–1897: Gottlob Immanuel Kauffmann
- 1897–1918: Friedrich Zorer
- 1919–1931: Adolf Kommerell
- 1931–1936: Robert Barth
Literatur
- Johann Daniel Georg von Memminger (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Reutlingen. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1824. Reprint Bissinger, Magstadt, ISBN 3-7644-0001-3.
- K. Stat. Landesamt (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Reutlingen. Neubearbeitung. Kohlhammer, Stuttgart 1893.
- Landesarchivdirektion Baden-Württemberg (Hrsg.): Der Landkreis Reutlingen. Thorbecke, Sigmaringen 1997, ISBN 3-7995-1357-4.
- Wolfram Angerbauer (Red.): Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg 1810 bis 1972. Theiss, Stuttgart 1996, ISBN 3-8062-1213-9.
Weblinks
Wikisource: Beschreibung des Oberamts Reutlingen – Quellen und Volltexte- Bestand Wü 65/27 des Staatsarchivs Sigmaringen (Akten des Oberamts Reutlingen)
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