- Regierungsbezirk Wiesbaden
-
Der Regierungsbezirk Wiesbaden war einer der drei Regierungsbezirke (neben Darmstadt und Kassel), aus denen das Land Hessen 1945 gebildet wurde. Er bestand von 1867 bis 1968.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Regierungsbezirk Wiesbaden entstand nach dem Deutschen Krieg von 1866, als das Herzogtum Nassau von Preußen annektiert und zusammen mit den ebenfalls annektieren Ländern Kurfürstentum Hessen und Freie Stadt Frankfurt sowie Teilen von Hessen-Darmstadt zur Provinz Hessen-Nassau vereinigt wurde. Unmittelbar nach dem Krieg war Robert von Patow ab dem 11. August 1866 Zivilgouverneur für Nassau und Frankfurt sowie für Oberhessen. Innerhalb dieser Provinz bildeten die ehemaligen Länder Nassau, Hessen-Homburg und Frankfurt auf Grund einer Verordnung vom 22. Februar 1867 den Regierungsbezirk Wiesbaden. Der erste Regierungspräsident Gustav von Diest trat sein Amt am 2. März 1867 an. Zuvor war er seit 1858 Landrat des bereits preußischen Kreises Wetzlar und ab dem 31. Juli 1866 Zivilkommissar in Nassau gewesen. Die Verwaltung des Regierungsbezirks nahm am 1. Oktober 1867 im vollen Umfang ihre Arbeit auf.
Der Regierungsbezirk behielt zunächst die alte Aufteilung der nassauischen Ämter sowie die dort beschäftigten Kommunalbeamten bei. 1885 wurde das Gebiet neu in Landkreise eingeteilt. Die Bezirksverwaltung selbst bestand zu etwas mehr als der Hälfte aus Beamten aus altpreußischen Gebieten. Der Beamtenstab übernahm das nassauische Ministerialgebäude in der Luisenstraße 13. Nach der Jahrhundertwende waren einzelne Abteilungen in einem Behördenhaus in der Rheinstraße untergebracht.
Diest wurde bereits 1869 nach Danzig versetzt, da er sich als Konservativer heftige Auseinandersetzungen mit dem Liberalen Karl Braun. Bismarck wollte sich Braun, der einer der Führer der nationalliberalen Reichstagsfraktion war, gewogen halten und betrieb deshalb Diests Versetzung. Auch sein Nachfolger, der mit 37 Jahren recht junge Botho Graf zu Eulenburg, blieb nur kurz im Regierungsbezirk und übernahm 1872 die prominente Stelle eines Verwaltungschefs des gerade erst an Preußen gefallenen Elsaß-Lothringen. Sein Nachfolger Lothar von Wurmb sollte mit 18 Jahren die längste Amtszeit eines Wiesbadener Regierungspräsidenten als ruhiger, unauffälliger Verwaltungsbeamter absolvieren und 1890 im Dienst sterben.
Viktor Tepper-Laski, von 1890 bis 1897 Regierungspräsident, fiel unter anderem dadurch auf, dass er die Landtagswahl im Landkreis Biedenkopf beeinflusste und dadurch das dortige Mandat gewann. Als er sich 1897 darüber beschwerte, dass die Kriegervereine bei einer Kaiserparade in Bad Homburg schlechte Plätze zugeteilt bekamen, ließ Wilhelm II. ihn nach Pommern strafversetzen. Seine beiden Nachfolger nutzten die Regierungspräsidentenstelle lediglich als Durchgangsstation für höhere Verwaltungsämter. Mit dem Frankfurter Karl Wilhelm von Meister, der ein persönlicher Vertrauter Wilhelms II. war, übernahm 1905 erstmals jemand dieses Amt, der nicht aus dem alten preußischen Kernland stammte. Meister legte sein Amt 1919 wegen des so genannten Dortenputsches nieder.
In den Jahren nach dem Krieg wurde die Verwaltungsarbeit durch die Alliierte Rheinlandbesetzung mit den Brückenköpfen bei Mainz und Koblenz, durch separatistische Bewegungen und den Ruhrkampf stark behindert.
Erst unter Fritz Ehrler begann wieder eine gestaltende Verwaltungsarbeit, vor allem mit der Neugliederung der Landkreise und kreisfreien Städte von 1926 bis 1928. Am 1. Juli 1944 wurden die Landkreise Gelnhausen, Hanau und Schlüchtern vom Regierungsbezirk Kassel dem Regierungsbezirk Wiesbaden zugeordnet, um die geplante Gliederung des Reiches in "Gaue" vorzubereiten, die wegen des rasch voranschreitenden Krieges aber nie umgesetzt wurde. Bis zur Gebietsreform in Hessen 1974 blieben diese Strukturen unverändert und sind heute noch weitgehend erhalten.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die westlichen Teile des Regierungsbezirks Wiesbaden mit den vier Landkreisen Oberwesterwaldkreis (Westerburg), Sankt Goarshausen, Unterlahnkreis (Diez) und Unterwesterwaldkreis (Montabaur) unter französische Besatzung gestellt. Sie wurden 1946 als Regierungsbezirk Montabaur Bestandteil des Landes Rheinland-Pfalz.
Die östlichen Teile kamen unter amerikanische Verwaltung und wurden somit Bestandteil des Landes Hessen. Dieser Teil des Regierungsbezirks Wiesbaden umfasste die Stadtkreise Frankfurt am Main, Hanau und Wiesbaden sowie die Landkreise Biedenkopf, Dillkreis (Dillenburg), Gelnhausen, Hanau, Limburg, Main-Taunus-Kreis (Frankfurt-Höchst), Oberlahnkreis (Weilburg), Obertaunuskreis (Bad Homburg vor der Höhe), Rheingaukreis (Rüdesheim), Schlüchtern, Untertaunuskreis (Bad Schwalbach), Usingen und Wetzlar.
Die amerikanische Besatzungsverwaltung griff wieder auf die alten Regierungsbezirke zurück und setzte am 1. Mai 1945 Hans Bredow als Regierungspräsidenten ein. Bis am 15. Oktober die großhessische Landesregierung in Wiesbaden ihre Arbeit aufnahm, war das Regierungspräsidium die oberste deutsche Behörde unter der Besatzungsverwaltung und für nahezu sämtliche zivilen Aufgaben verantwortlich. Das alte Gebäude des Regierungspräsidiums war bis 1953 Sitz des Kommandos der amerikanischen Luftwaffe in Europa, so dass die Präsidialverwaltung zunächst in drei ehemalige Hotels in der Taunusstraße untergebracht wurde. Nach und nach dehnte sie sich auf bis zu 14 über die Wiesbadener Innenstadt verstreute Amtssitze aus. Am 1. Juli 1964 begann der Bau eines neuen Behördengebäudes für die Verwaltung des Regierungspräsidiums gegenüber dem Wiesbadener Hauptbahnhof.
1968 wurde der Regierungsbezirk Wiesbaden aufgelöst und sein Gebiet dem Regierungsbezirk Darmstadt zugeordnet.
Bei der Kreisreform, die in Hessen im Wesentlichen zwischen 1972 und 1977 vollzogen wurde (im Raum Mittelhessen teilweise bis 1979), wurden die Landkreise zu größeren Verwaltungseinheiten zusammengeschlossen sowie die kreisfreie Stadt Hanau in den Main-Kinzig-Kreis integriert. Seit dem Abschluss der Kreisreform in Hessen im Jahre 1979 bzw. nach Bildung des neuen Regierungsbezirks Gießen im Jahre 1981 erstreckt sich das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden nunmehr auf die beiden Regierungsbezirke Darmstadt und Gießen.
Regierungspräsidenten
- 1867–1869 Gustav von Diest
- 1869–1872 Botho Graf zu Eulenberg
- 1872–1890 Lothar von Wurmb
- 1890–1897 Viktor von Tepper-Laski
- 1898–1902 Richard von Wentzel
- 1902–1905 Wilhelm Hengstenberg
- 1905–1919 Karl Wilhelm von Meister
- 1919–1922 Willy Momm
- 1923–1925 Konrad Haenisch (SPD)
- 1925–1933 Fritz Ehrler (SPD)
- 1933–1936 Werner Zschintsch (NSDAP)
- 1936–1943 Fritz Pfeffer von Salomon (NSdAP)
- 1943–1945 Otto Schwebel (NSdAP)
- 1945 (1.5.- 3.8.) Hans Bredow
- 1945–1948 Martin Nischalke
- 1948–1956 Heinrich Noelle
- 1959–1963 Walter Schubert
- 1963–1968 Karl Wittrock
Siehe auch
Literatur
- Eckhart G. Franz: Die Chronik Hessens Chronik Verlag, Dortmund 1991 ISBN 3-611-00192-9
- Karl Müller: Preußischer Adler und Hessischer Löwe – Hundert Jahre Wiesbadener Regierung 1866–1966, Wiesbaden 1966
- Andreas Anderhub: Verwaltung im Regierungsbezirk Wiesbaden 1866 - 1885, Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 1977
Überlieferung
Quellen zur Geschichte des preußischen Regierungsbezirks Wiesbaden finden sich im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden.
Kategorien:- Ehemaliger Regierungsbezirk
- Regierungsbezirk (Preußen)
- Ehemalige Verwaltungseinheit (Hessen)
- Geschichte Wiesbadens
- Geschichte (Rhein-Main)
- Provinz Hessen-Nassau
Wikimedia Foundation.