- Kreis Biedenkopf
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Der Kreis Biedenkopf wurde am 6. Juni 1832 durch ein Großherzoglich-hessisches Edikt[1] erschaffen und umfasste im Wesentlichen den nördlichen Teil des Hessischen Hinterlandes. Er bestand aus den vorherigen Landratsbezirken Gladenbach, Battenberg und Vöhl. 1974 wurde er im Zuge einer Gebietsreform (Zusammenschluss mit dem Altkreis Marburg und der kreisfreien Stadt Marburg zum Landkreis Marburg-Biedenkopf) endgültig aufgelöst.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Mittelalter
Bis in das 8. Jahrhundert hinein gibt es keine schriftlichen Belege über das Gebiet des Kreises. Allerdings weisen viele Funde auf eine Besiedelung in der Frühlatènezeit oder sogar noch früher hin. Da schon die Zuordnung der Region in Gaue als frühe Gebietseinheiten sehr schwierig ist, ist eine Zuordnung zu einzelnen Grafschaften nahezu unmöglich, da diese oft sehr viele kleine Gemarkungen innehatten und sich dies durch An- und Verkauf, Krieg und Eroberungen oder einfach nur durch Erbschaft häufig änderte.[2] Das Gebiet des Kreises lag in der damaligen Zeit in dem Hessengau und dem Lahngau, bzw. Oberlahngau. Wie bereits oben erwähnt, ist eine genaue Darstellung der Besitzverhältnisse nicht möglich. Aber aus den Lehensverzeichnissen des Adelsgeschlechts Eppstein lässt sich rekonstruieren, dass das Erzstift Köln im 12. Jahrhundert zwischen den Flüssen Perf, Dautphe und Allna Rechte über Unfreie hatten (also Lehnsherren waren). Diese Rechte wurden kurz darauf an die Grafen von Nassau weitergegeben, welche wiederum die Rechte bis spätestens Anfang der 1190er Jahre an die Herren von Eppstein weitergaben.[3]
Landgrafschaft Hessen
Nach dem Tod des letzten Ludowingers Heinrich Raspe IV. kam es zwischen 1247 bis 1263 zum Thüringisch-Hessischen Erbfolgekrieg unter den Nachfolgern der Landgrafen von Thüringen. Erben der Landgrafen von Hessen-Thüringen waren die beiden Töchter Gertrud und Sophie aus der Ehe Landgraf Ludwig IV. (1200–1227) und der ungarischen Königstochter Elisabeth (1207–1231), die 1236 heilig gesprochen, als Hl. Elisabeth in die Geschichte einging. Gertrud war ab 1248 Äbtissin des Reichsklosters Altenberg bei Wetzlar, Sophie hatte einen Sohn Heinrich aus ihrer Ehe mit Herzog Heinrich II. von Brabant. Sophie von Brabant übernahm für ihren unmündigen Sohn die Regentschaft in den hessischen Landen und ließ sich in Marburg huldigen. Mit Rückendeckung des Erzbischofs von Mainz verweigerten die Grafen von Nassau den Lehnseid (die Lehnshoheit über die Herrschaft zum Westerwald, Herborner Mark und Haigerer Mark stand den Landgrafen zu). Herzogin Sophie machte die Ansprüche massiv geltend und konnte im Verlauf bis 1263 ihre Ansprüche in Hessen für ihren Sohn gegenüber den Erzbischöfen von Mainz, Trier und Köln sowie den Häusern Nassau und Solms zunächst durchsetzen. Die neue Landgrafschaft Hessen wird 1292 vom Kaiser als von Thüringen unabhängiges, den Herzogtümern gleichgestelltes, Fürstentum bestätigt. Landgraf Heinrich I. von Hessen (* 1244; † 1308) wurde der Stammvater aller hessischen Landgrafen.
Die Auseinandersetzungen und heftigen Fehden nahmen jedoch kein Ende und zogen sich bis 1336 hin. Sie wurden bekannt als „100jährige Dernbacher Fehde“ zwischen den Grafen von Nassau und dem Erzbischof von Mainz einerseits und den Landgrafen von Hessen und der einheimischen Ritterschaft (u.a. "von Dernbach" und "von Bicken") andererseits. Insbesondere ging es dabei um die Durchsetzung der Landeshoheit in der Mark Dautphe, dem späteren Amt Biedenkopf, dem Amt Blankenstein, dem Breidenbacher Grund und die Kontrolle der wichtigen Fernhandelsstraße Köln-Leipzig (auch „Brabanter Straße“ genannt), die von Köln über Siegen kommend weiter über die Angelburg, Marburg und Eisenach nach Leipzig zog. Zur Absicherung dieser Fernhandelsstraße und zur Durchsetzung seiner Ansprüche errichtete der Landgraf von Hessen die Burgen Wallenfels, Eisemroth, Hessenwalt bei Roth und Neu-Dernbach und baute die Burgen Blankenstein und Biedenkopf weiter aus. Bereits in der Zeit von 1297 bis 1307 hatte Hessen die Centen Lohra und Fronhausen, sowie das „Untergericht“ des Amtes Blankenstein durch die 29 km lange Mittelhessische Landheegen (Innenheege) (Landwehr) von der Allerburg bei Rachelshausen bis Odenhausen a.d. Lahn gegen Nassau im Westen geschützt. Nach dem Ende der Fehden wurde mit einer weiteren 16 km langen Landheege (Außenheege) vom Kreuzberg bei Bottenhorn bis zur Zollbuche zwischen 1359 und 1374 das Blankensteiner Obergericht (heute Bad Endbach) abgesichert. Die damalige Grenzziehung blieb ehemals als Landes- und bis heute als Kreis- und Gemeindegrenze erhalten.
Nach mehreren Erbteilungen und Vereinigungen kam es erst durch den Tod Philipp des Großmütigen zu einer dauerhaften Teilung. Danach fiel das Gebiet des Kreises an Ludwig IV.. 1307 übergaben die Herren von Breidenbach den Grafen zu Wittgenstein die Orte Ditzrode, Fischelbach, Hesselbach, Niederlaasphe und Puderbach, 1387 auch das Schloss Richstein. Seither stellt diese Konstellation, nördlich des ehemaligen Amtsbezirkes Blankenstein, mehr oder weniger die Westgrenze des Kreises Biedenkopf dar.
Bildung des Landkreises unter Hessen-Darmstadt
Noch unter dem Großherzogtum Hessen (Hessen-Darmstadt) wurden die Landratsbezirke Battenberg, Vöhl und Gladenbach am 6. Juni 1832 zum Landkreis Biedenkopf vereinigt.
Der Kreis wird preußisch
Nach der Märzrevolution 1848 wurde der Landkreis per Verordnung zum Regierungsbezirk Biedenkopf und umfasste die Landgerichtsbezirke Biedenkopf, Gladenbach, Battenberg und Vöhl. Bereits vier Jahre später, 1852, wurde dieser aufgehoben und die alten Verhältnisse wiederhergestellt.
Im Krieg von 1866 kämpfte das Großherzogtum Hessen-Darmstadt auf der Seite Österreichs gegen Preußen und damit auf der Seite der Verlierer. Gemäß Artikel 14 des Friedensvertrages musste Hessen-Darmstadt am 3. August 1866 u.a. den nördlichen Teil des Kreises Gießen mit den Ortschaften Fellingshausen, Frankenbach, Hermannstein, Königsberg, Krumbach, Naunheim, Rodheim und Waldgirmes und die Ämter Battenberg, Biedenkopf, Blankenstein, Vöhl und Itter an Preußen abtreten.
Daraus formte Preußen einen neuen Kreis Biedenkopf, den zwölften des Regierungsbezirks Wiesbaden, in der Provinz Hessen-Nassau. Großherzog Ludwig III. entließ bereits am 27. September 1866 seine bisherigen Untertanen aus dem hessischen Staatsverband. Aber erst am 4. Februar 1867 nimmt der preußische Zivilkommisar von Patrow die förmliche Einverleibung des neuen Kreises in das Königreich Preußen vor. Für einige Monate erhielt der Kreis wegen des historischen Bezuges den Namen "Hinterlandkreis" (1. Juli 1867 bis 12. August 1867), bis er durch einen Ministerialerlass wieder seinen früheren Namen erhielt. Diese Struktur behielt der Kreis bis zum 1. August 1932.
Drittes Reich bis Ende des zweiten Weltkrieges
Aufgrund der Vorgaben in den Sparverordnungen des Reichspräsidenten wurde der Kreis nach 100-jährigem Bestehen trotz vehementer Proteste aufgelöst und der größte Teil dem neu gebildeten Kreis Dillenburg zugeschlagen. Die Gemeinden des ehemaligen Amtes Battenberg kamen zum Landkreis Frankenberg, der südlichste Teil des Kreises, der umgangssprachlich scherzhaft auch „Pannkuchevertel“ genannt wurde, mit den Gemeinden Fellingshausen, Frankenbach, Hermannstein, Königsberg, Krumbach, Naunheim, Rodheim und Waldgirmes zum Landkreis Wetzlar. Bereits 1933 wurde der Kreis Biedenkopf wegen heftiger Proteste aus der Bevölkerung durch ein Gesetz wiederhergestellt, wobei die zuvor genannten Gebiete und damit ungefähr 40% der ehemaligen Fläche bei den benachbarten Kreisen verblieben.
Zum 1. April 1944 wurde die Provinz Hessen-Nassau in Anlehnung an die Reichsverteidigungsbezirke und die Gaue der NSDAP in die neuen Provinzen Kurhessen und Nassau geteilt, wodurch der Landkreis nunmehr zur Provinz Nassau zählte.Nachkriegszeit bis zur Auflösung 1974
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Landkreis durch die amerikanische Militärregierung am 19. September 1945 Groß-Hessen zugeordnet. Mit der Volksabstimmung am 1. Dezember 1946 über die neue Hessische Verfassung wurde aus Groß-Hessen das Land Hessen, zu dem der Kreis fortan gehörte. Aus der Provinz Nassau wurde wieder der Regierungsbezirk Wiesbaden. Als der Regierungsbezirk Wiesbaden 1968 aufgelöst wurde, wurde sein Gebiet bis zur Bildung des Regierungsbezirks Gießen 1981 dem Regierungsbezirk Darmstadt zugeordnet.
1974 wurden der Kreis Biedenkopf, der Kreis Marburg sowie die Stadt Marburg a. d. Lahn durch die dritte Kreisgebietsreform in Hessen zum neuen Landkreis Marburg-Biedenkopf verschmolzen. Biedenkopf verlor dadurch nach 142 Jahren endgültig den Status einer Kreisstadt. Außerdem wurden fünf bisher zum Kreis Biedenkopf gehörige Ortschaften an den benachbarten Landkreis Wetzlar abgegeben (Bischoffen, Niederweidbach, Oberweidbach, Roßbach und Wilsbach), zwei weitere an den Dillkreis (Roth und Simmersbach).
Bis zu seiner Auflösung im Jahre 1974 führte der Kreis das Kfz-Kennzeichen BID.
Bevölkerungsentwicklung
Städte und Gemeinden
Kreiswappen und -flagge
Die Wappenbeschreibung für das Wappen des ehemaligen Landkreises Biedenkopf lautet:
„In Blau ein silberner, goldgekrönter Löwenkopf, der viermal von Silber und Rot geteilt ist.“
Das Kreiswappen wurde am 15. Oktober 1935 genehmigt. Es verweist durch das Löwenmotiv auf die jahrhundertelange Zugehörigkeit zu Hessen und durch den Kopf auf den Namen des Kreises.Am 10. Dezember 1959 wurde vom damaligen hessischen Innenminister eine Kreisflagge genehmigt. Die Beschreibung lautet:
„Zwei rot-weiß gedrittelte Bahnen in verwechselten Farben, belegt mit dem Wappen des Landkreises Biedenkopf.“[4]Liste der Land- und Kreisräte
- 1827–1832: Georg Hilfreich Jakob Ludwig Bötticher (Landrat der Landratsbezirke Battenberg und Gladenbach)
- 1832–1838: Georg Hilfreich Jakob Ludwig Bötticher – Kreisrat
- 1838–1848: Eduard Ernst App – Kreisrat
- 1848–1852: Adolf Karl Friedrich Wilhelm Trapp (Regierungsrat und Vors. des Regierungsbezirks Biedenkopf)
- 1852–1859: Adolf Karl Friedrich Wilhelm Trapp – Kreisrat
- 1859–1866: Franz Ludwig Emil Freiherr Roeder von Diersburg – Kreisrat
- 1866–1867: Justizrat Wilhelm Mayer – Kommissarischer Landrat
- 1867–1871: Carl Clemens Hugo von Strauß und Torney – Kommissarischer Landrat, dann Landrat
- 1871–1872: Eduard von Viebahn – Kommissarischer Landrat
- 1872–1893: Karl Ludwig Heinrich Seyberth
- 1893–1907: Friedrich August Gerhard Karl von Heimburg
- 1907–1919: Hermann Julius Daniels
- 1919–1920: Erich Müser
- 1920: Konrad Emil Zorn – Kommissarischer Landrat
- 1920–1925: Walter Breuer
- 1925–1932: Heinrich Coßmann
- 1933–1937: Alfred Karl Emil Pönisch
- 1937–1945: Karl Burghof
- 1945: Gustav Schmidt
- 1945–1946: Friedrich Reinemann
- 1946–1959: Friedrich Bachmann
- 1959–1974: Siegfried Sorge
Einzelnachweise
- ↑ Großh.-Hess. Reg.-Bl. 1832, S. 365, S. 564
- ↑ Schulze 1973, S. 180ff.
- ↑ Gebauer 2006, S. 169ff.
- ↑ Landgrebe 1963, S. 40
Literatur
- Elsa Blöcher: Das Hinterland, Ein Heimatbuch. Stephani, Biedenkopf 1953, überarbeitete und ergänzte Neuauflage 1981.
- Norbert Gebauer: Hartmut von Biedenkopf: Ein Ministeriale des Erzbischofs von Köln. In: Hinterländer Geschichtsverein (Hrsg.): Hinterländer Geschichtsblätter. 85. Jahrgang, Nr. 3, Wetzlar 2006.
- Hessisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen. Heft 1. Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967, Wiesbaden 1968.
- Karl Huth; Kreisausschuss des Landkreises Biedenkopf (Hrsg.): Verwaltungsgeschichte des Landkreises Biedenkopf. Biedenkopf 1957, DNB 452150736.
- Karl Huth; Kreisausschuss des Landkreises Biedenkopf (Hrsg.): Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Landkreises Biedenkopf, 1800-1866. Biedenkopf 1962, DNB 452150744.
- Hans K. Schulze: Die Grafschaftsverfassung der Karolingerzeit in den Gebieten östlich des Rheins. Duncker und Humblot, Berlin 1973, ISBN 3-428-02945-3.
- Erich Landgrebe: Hessen – Mensch und Raum – Der Landkreis Marburg Biedenkopf. Moderne Gemeinde Erich Landgrebe, Offenbach/Main ca. 1965.
- Ulrich Lennarz; Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (Hrsg.): Die Territorialgeschichte des hessischen Hinterlandes. Elwert, Marburg 1973, ISBN 3-7708-0491-0.
Ehemalige Landkreise im Regierungsbezirk Wiesbaden (Nassau)Die Landkreise im Regierungsbezirk Wiesbaden der preußischen Provinz Hessen-Nassau
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