René Block

René Block

René Block (* 1942 in Velbert[1] am Niederrhein) ist ein deutscher Galerist, Kunstverleger, Kunstsammler und Kurator.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Block, der in Weeze aufwuchs und das Kevelaerer Gymnasium besuchte, hatte seine erste Berührung mit der Kunst durch die Bekanntschaft mit dem Maler Hanns Lamers in Kleve. Er bewarb sich als Student für Glasmalerei an der Krefelder Werkkunstschule, wo er mit Markus Lüpertz und KP Brehmer erste gleichaltrige Künstlerfreunde kennenlernte. Ab 1961 machte er eine Lehre bei dem Glasmaler Hein Derix in Kevelaer am Niederrhein. Bei der Glasmalerei Derix in Düsseldorf-Kaiserswerth lernte zur gleichen Zeit Sigmar Polke das Handwerk. Brehmer und Lüpertz wechselten an die Kunstakademie Düsseldorf, wo sie Block zu Gastvorlesungen öfters besuchte. Mit Brehmer fuhr er zur Beuys-Sammlung van der Grinten nach Kranenburg (heute in Schloss Moyland) und in historische Orte wie Xanten und Kalkar. Er besuchte mit ihm niederländische Museen, wo ihn die Werke der CoBrA-Künstler besonders beeindruckten. 1962 gewann er den Wettbewerb Jugend illustriert des Landes Nordrhein-Westfalen. Als Preis war ein siebentägiger Aufenthalt in Paris für zwei Personen, einschließlich Flug, ausgesetzt. Er nahm Brehmer mit und beide besuchten tagsüber die Museen und Galerien und folgten einer Einladung in das Atelier von Stanley William Hayter, abends waren sie in Konzerten und in kleinen Varieté-Theatern zu finden. Nach der Lektüre von Alfred Döblins Buch Berlin Alexanderplatz beschloss Block im Frühsommer 1963, nach West-Berlin zu ziehen. Brehmer folgte ihm im Herbst des gleichen Jahres.

Galerie

Anfang 1964 eröffnete Block als 22-Jähriger in der Berliner Kurfürstenstraße das „Grafische Cabinet René Block” und am 15. September 1964 in der Frobenstraße 18 in Schöneberg unter dem Titel „Neodada, Pop, Decollage, Kapitalistischer Realismus“, mit Arbeiten von Karl Horst Hödicke, KP Brehmer, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Manfred Kuttner, Siegmund Lympasik und Konrad Lueg eine erste Ausstellung.[2] Als jüngster Galerist Deutschlands wurde er 1967 in den „Verein progressiver deutscher Kunsthändler“ aufgenommen.

Vom 22. Oktober bis 17. November 1967 organisierte Block als 20. Ausstellung Hommage à Lidice, zu der er zahlreiche Künstler aufforderte, Werke beizusteuern. An der Aktion zu Gunsten von Pro Lidice nahmen unter anderen Joseph Beuys, KP Brehmer, Bernhard Höke, Jörg Immendorff, Konrad Lueg, Blinky Palermo, Polke, Richter, Günther Uecker und Wolf Vostell teil. Die Bilder waren zuerst in den Räumen der Galerie zu sehen und wurden anschließend als Geschenk für das geplante Museum Lidice nach Prag gebracht.

Auf dem vom „Verein progressiver deutscher Kunsthändler veranstalteten 3. Kölner Kunstmarkt 69, der vom 14. bis 19. Oktober 1969 in der Kunsthalle Köln stattfand, stellte er auf seinem Messestand eine neue Arbeit von Joseph Beuys vor: The pack (das Rudel). Sie war im gleichen Jahr entstanden und zeigte einen geschlossenen VW-Bus, Baujahr 1961, sowie 24 Holzschlitten, von denen jeder mit Fett, Filzdecke, Gurten und Stablampe ausgestattet war. Block hatte beim Messeaufbau ein großes Bild von Robert Rauschenberg gesehen, das mit DM 110.000,- ausgezeichnet war und entschied „… dass die Plastik von Beuys soviel kosten sollte wie ein großes Bild von Rauschenberg oder Warhol.“ Er setzte diesen Preis auch für die Beuys-Plastik an. Am letzten Messetag wurde die Objektgruppe von Jost Herbig gekauft, der sich als Erbe der Kölner Lackfabrik Herbol-Werke eine Kunstsammlung aufbaute. Beuys' Arbeit war damit das erste Werk zeitgenössischer deutscher Kunst, das für über 100.000 DM verkauft wurde.

1974 eröffnete Block unter der Adresse 409 West Broadway, SoHo, im New Yorker Stadtteil Manhattan ein Galerie, die bis 1977 bestand. Er startete mit einer Aktion von Joseph Beuys I like America and America likes Me. Beuys ließ sich, auf dem Flughafen angekommen, völlig von Filzstreifen umhüllt von einem Ambulanzwagen in die Galerie fahren, wo der er mehrere Tage mit einem Kojoten namens „Little John“ verbrachte.

Seine Berliner Galerie schloss Block 1979 ebenso spektakulär, wie er 15 Jahre vorher begann: mit einer Beuys-Ausstellung und Aktion am 15. September 1979 unter dem Titel „Ja, jetzt brechen wir den Scheiß ab“, ein Satz, den Beuys 1964 formulierte und der in einminütigem Abstand aus einem auf einem grauen Eisenschreibtisch stehenden Braunkreuz-Lautsprecherkasten ertönte. In den nun kahlen putzlosen Räumen hatte Beuys Erinnerungen aus den 15 Jahren, die den Künstler und die Galerie verbunden hatte, abgelegt: Unter anderem ein Fettkeil, eine Filterecke, gespannt in eine Ecke des Raumes; in der Mitte des Raumes ein Würfel aus trockenem Kartoffelkraut; nicht weit davon entfernt ein Häufchen keimender und verwesender Kartoffeln; im Nebenraum ein beinloser Flügel, auf dem ein grauer Filzhut und grün angestrichene Teile einer Violine lagen; ein mit Sauerkraut behangener Notenständer mit dem Titel Sauerkrautpartitur; an einer aufgebrochenen Wand ein Braunkreuz-Filzhut mit einem zwei Zentimeter großen ausgestanzten Loch; genau hinter dieser Wand ein leeres Metallregal, das von einem langen Filzkeil vor dem drohenden Sturz in den Raum gehalten wurde sowie weitere Utensilien, wie ein Stapel Wall-Street-Journals, ein Haufen Heu und der schweißgtränkte Hut des Künstlers aus der Aktion Coyote von 1974 sowie zwei geschnittene Fußnägel des Künstlers und zwei aus Haaren gedrehte Atommodelle. Beuys: „Es muß einmal gesagt werden, wo die Kultur stattfindet: Nicht in dem Mies-van-der-Rohe-Bau, sondern hier.“[3]

Edition

1966 richtete Block in der Schaperstraße in Berlin, unweit der Galerie, die Edition Block ein, in der in den folgenden Jahren Druckgrafiken, Objekte, Schallplatten, Mappenwerke und Bücher erscheinen sollten. Schwerpunkt waren Arbeiten, die bildende Kunst und Musik verbanden. In diesem Rahmen entstand 1968 Evervess ΙΙ 1, das sechste Multiple von Joseph Beuys. Es bestand aus zwei Sodawasserflaschen, eine davon mit einem grauen Filzstreifen umhüllt, die in einer Holzkiste lagen. Der Holzdeckel war mit dem Titel, den Editionsangaben und einem weiteren Text schwarz bedruckt, die Auflage betrug 40 Exemplare. Eines davon befindet sich heute in der Sammlung des Museum of Modern Art (MoMa) in New York. Von 1969 bis 1972 konzipierte Block das Objekt „En Bloc“, ein Büro-Rollschrank mit künstlerischen Beiträgen von 18 deutschen Künstlern: Beuys, Brehmer, Bazon Brock, Imi Giese, Hödicke, Knoebel, Lueg, Palermo, Polke, Richter, Dieter Roth, Gerhard Rühm, Reiner Ruthenbeck, Wolf Vostell und Stefan Wewerka. Zu dieser, wie auch zu den anderen seiner Editionen, gestaltete Block professionelle „Verkaufsprospekte”.

Nach zweijährigem Vorlauf und nach langwierigen Experimenten in Industriebetrieben wurde 1972 mit The Critic Laughs eine Objektserie von Richard Hamilton fertiggestellt. Ebenfalls von 1972 stammt die Beuys-Edition Silberbesen und Besen ohne Haare: ein Besen aus Holz und Roßhaar mit Silbermantel, Kupfer und Filz. 1977 wurde das Objekt auf der Titelseite des Kunstmagazins Art in Amerika ganzseitig abgebildet. 1974 erschien Marcel Broodthaers' Multiple The Manuscript found in a bottle (Le manuscrit trouve dans une bouteille) in einer Auflage von 120 Exemplaren. Es bestand aus einer gewöhnliche Bordeauxflasche, auf der in einem transparenten Schwarz unterhalb des Flaschenhalses die Worte The Manuscript und die Jahreszahl 1833 eingebrannt waren. Sie war in einem Hüllpapier eingepackt und lag in einer in drei Sprachen bedruckten Kartonschachtel.

Da Block zwischen 1974 und 1977 in seiner New Yorker Galerie engagiert war, erschienen in dieser Zeit nur wenige neue Multiples: von Robert Filliou 1975 A World of False Fingerprints und 1976 Sweet Wall/Testimonials von Allan Kaprow. 1977 erschien die Vinyl-Langspielplatte 1965/1-∞ von Roman Opałka mit Aufnahmen von 22:10 min und 20:43 min Dauer. Die Auflage betrug 400 Exemplare. 1978 verlegte Nam June Paik bei Block das erste Videomultiple Der Denker – TV Rodin: Ein kleines Bronzereplikat der bekannten Rodin-Skulptur Der Denker betrachtet sich selbst auf einem Fernsehmonitor. Die Installation nahm Bezug auf Paiks vorhergehende Videoskulptur TV Buddha.

Kurator

Bereits zum Zeitpunkt der Schliessung seiner Galerie 1979 war Block mit einer kuratorischen Arbeit beschäftigt: der Ausstellung Für Augen und Ohren. Von der Spieluhr zum akustischen Environment. Sie wurde 1980 in der Akademie der Künste in Berlin gezeigt und gilt als eine der ersten umfassenden Präsentationen von Klangkunstobjekten. Anschließend war er bis 1996 als Kurator großer Übersichts-Ausstellungen für die Akademie der Künste, die Berliner Festwochen, den Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) und den Neuen Berliner Kunstverein tätig.

Von 1982 bis 1992 war Block Projektleiter Bildende Kunst des Berliner Künstlerprogramms des DAAD, wo er bildende Künstler und Komponisten als Stipendiaten betreute und Ausstellungen und Konzerte organisierte. 1993 wechselte er als Leiter der Kunstabteilung im Institut für Auslandsbeziehungen nach Stuttgart, das er 1996 nach zunehmenden politischen Auseinandersetzungen mit dessen Generalsekretär, einem ehemaligen CDU–Bundestagsabgeordneten, verließ.

Von 1997 bis 2006 übernahm Block die künstlerische Leitung der Kunsthalle Fridericianum in Kassel. 1998 zeigte er von seinem kurz vorher verstorbenen Freund KP Brehmer eine umfassende, retrospektive Ausstellung unter dem Titel Alle Künstler lügen und konzipierte einen umfangreichen Katalog. In einem Beitrag beschreibt er die gemeinsamen Wege die den Künstler Brehmer und den Galeristen und Kurator Block über 35 Jahre lang verbanden. [4]

2003 richtete Block im Fridericianum eine Kuratorenwerkstatt ein, in der junge internationale Kuratoren und Kuratorinnen das Ausstellungsprogramm des Fridericianums begleiten und eigenständige Ausstellungsprojekte erarbeiten konnten. Seit 2008 ist er Honorarprofessor an der Hochschule für Künste Bremen. Im selben Jahr eröffnete er in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofs eine neue Galerie unter der Bezeichnung „Edition Block”.

Sammlung

Die Kunstsammlung von René Block gilt als eine der bedeutendsten Kollektionen im Bereich des Fluxus. Neben den eigenen Editionen wie Joseph Beuys' Ja, jetzt brechen wir den Scheiß ab von 1979 enthält sie auch später erworbene Objekte wie Ben Vautiers if life is art why hang this up? von 1990. Unter dem Titel Who Killed The Painting? – Werke aus der Sammlung Block, wurde sie unter anderem 2009 im Museum Weserburg in Bremen gezeigt. [5]

Auszeichnungen

Kuratorische Arbeit

  • 1990: The Readymade Boomerang, 8. Biennale von Sydney.
  • 1991: Umwandlungen, Nationalgalerie Seoul.
  • 1992: Mit dem Kopf durch die Wand, Statens Museum Kopenhagen.
  • 1993: Über Malerei: 300 Jahre Akademie der Bildenden Künste, Akademie der bildenden Künste, Wien.
  • 1995: Orient/ation, 4. Biennale von Istanbul.
  • 1997: Pro Lidice, Museum der Bildenden Künste, Prag.
  • 1998: Echolot, Museum Fridericianum, Kassel.
  • 1999: Chronos und Kairos, Museum Fridericianum, Kassel.
  • 2000: Eurafrica, 3. Biennale von Kwangju, Korea; Das Lied von der Erde, Museum Fridericianum, Kassel.
  • 2001: Lost and Found, ApexArt, New York; Looking at you, internationale Videoarbeiten, Kunsthalle Fridericianum, Kassel.
  • 2002: Fluxus und die Folgen, Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden.
  • 2003: In den Schluchten des Balkans, Kunsthalle Fridericianum, Kassel.
  • 2004: Love it or leave it, 5. Cetinje Biennale, Montenegro.
  • 2006: Art, Life & Confusion, 47. Belgrader Oktober Salon, Serbien.

Weblinks

Interviews

Einzelnachweise

  1. Lucius Grisebach: Laudatio auf René Block anlässlich der Verleihung des ARTCOLOGNE-Preises am 28. Oktober 2005 in Köln (Als Geburtsort werden auch Weeze, Düsseldorf oder nur Niederrhein genannt)
  2. Ronald Feldman Gallery, New York, René Block, Berlin: Joseph Beuys. Aus Berlin: Neues vom Kojoten, November 1979, S. 62
  3. Joseph Beuys. Aus Berlin: Neues vom Kojoten, S. 11 ff.
  4. René Block: Lügen Bilder auch? In: KP Brehmen - Alle Bilder Lügen, documenta und Museum Fridericianum, 1998, ISBN 3-927015-13 x
  5. Who Killed The Painting? auf der Internetseite des Weserburg Museums für moderne Kunst

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