Sankt-Sebastian-Kirche (Magdeburg)

Sankt-Sebastian-Kirche (Magdeburg)
Sankt-Sebastian-Kathedrale

Die Sankt-Sebastian-Kirche (Kathedrale St. Sebastian) in Magdeburg ist eine, dem Heiligen Sebastian geweihte, katholische Kathedralkirche in der Magdeburger Altstadt. Sie ist Teil der Straße der Romanik.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Mittelschiff

Gründung

Die Grundsteinlegung erfolgte um 1015 durch Erzbischof Gero, der nach seinem Tod 1022 in der Kirche beigesetzt wurde. Die Gründung erfolgte als Kanonikerstift. Neben dem Heiligen Sebastian war das Stift ursprünglich auch Johannes dem Evangelisten und dem Heiligen Fabianus geweiht. Nach der Erlangung der Kopfreliquie des Heiligen Sebastian, verloren die anderen Patrone an Bedeutung. Anlässlich des Heranrückens des Heers von Heinrich IV. wurde die Reliquie entlang der Grenze des Erzbistums Magdeburg getragen. In späteren Jahren fand jeweils am 20. Januar eine Prozession mit der Reliquie vom Dom zur Sebastianskirche statt. Nach mehreren baulichen Erweiterungen brannte das romanische Kirchengebäude 1188 und 1207 aus.

Gotischer Umbau

In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die Kirche im Stil der Gotik umgebaut. Der alte, wohl noch aus der Zeit Geros stammende Chor wurde abgerissen und durch einen neuen, größeren ersetzt. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde das Langhaus umgestaltet, mit dem Ziel der Errichtung einer spätgotischen Hallenkirche. Der romanische Grundriss wurde beibehalten. Am 17. Mai 1489 wurde die Kirche nach Abschluss der Umbauten durch Erzbischof Ernst neu geweiht.

Sankt-Sebastian-Kathedrale, Westseite

Während der Belagerung der Stadt Magdeburg durch Moritz von Sachsen im Jahr 1550 wurden zur Verteidigung Kanonen auf den Kirchtürmen aufgestellt.

Reformation

Im Zuge der Reformation entsagten die Stiftsherren von Sankt Sebastian 1558 dem katholischen Glauben. Sankt Sebastian wurde evangelisch. 1573 erfolgte die Umwandlung des Stifts in ein protestantisches Stift. Am 1. Adventssonntag 1573 hielt der Domprediger Siegfried Sack der ersten evangelischen Gottesdienst. Von 1573 bis 1609 hatte Georg Rollenhagen das Amt des Predigers an Sankt Sebastian inne.

Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg

Bei der Erstürmung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg am 10. Mai 1631 brannte die Kirche nieder. Noch 1642 wird sie als Ruine geführt. 1663 wurde der Chor wieder errichtet und eine hölzerne Decke in Form eines Gewölbes eingezogen. Erst 61 Jahre nach der Zerstörung fand dann 1692 der erste Gottesdienst statt. Ein ursprünglich nördlich der Kirche gelegener Kreuzgang verfiel und wurde dann als Friedhof genutzt. Hiervon zeugt die noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg vorhandene Straßenbenennung Friedhof.

Detailansicht der Ostseite
Reparatur der Kirchtürme 1952

Auch im Inneren der Kirche fanden Beisetzungen angesehener Bürger statt.

Nutzung als Magazin

Ab 1756 fanden dann zunächst keine Gottesdienste mehr statt. Die Kirche diente als Magazin. Ende des 18. Jahrhunderts verschwand der Grabstein Geros aus dem Chor. In der französischen Besatzungszeit wurde das Stift 1810 aufgelöst. Das Gebäude diente dem französischen Militär als Feldschmiede und Lager für Bier, Branntwein und Salz. Ab 1823 befand sich die Kirche im Besitz der Stadt Magdeburg und wurde als Wolllager genutzt.

Erneute religiöse Nutzung

Der Chor der Kirche fand zwischen 1845 und 1854 durch die Deutschkatholiken wieder eine religiöse Nutzung. 1873 wurde Sankt Sebastian Pfarrkirche der römisch-katholischen Gemeinde. Es erfolgte eine Renovierung und die Errichtung neuer Steingewölbe.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche bei einem Luftangriff beschädigt. Bereits 1946 waren die Schäden am Kirchenschiff beseitigt. Da die übrigen innerstädtischen Kirchen stark zerstört waren, erfolgte zunächst eine gemeinsame Nutzung durch die verschiedenen Konfessionen. Später erfolgte die Instandsetzung der Türme.

Ab 1949 diente Sankt Sebastian als Bischofskirche des Weihbischofs des Erzbistum Paderborn. In den Jahren von 1953 bis 1959 und 1982 bis 1991 fanden umfangreiche Restaurierungen statt. Eine Bischofsgruft wurde neu angelegt.

Im Jahr 1994 wurde Magdeburg wieder ein eigenständiges katholisches Bistum. Sankt Sebastian wurde Kathedrale des neuerrichteten Bistums Magdeburg und Sitz des Magdeburger Kathedralkapitels. Im Jahr 2005 wurden weitere Baumaßnahmen an der Kathedrale beendet.

Der Innenraum wurde neu gestaltet, ein überdachter Kreuzgang wurde hinzugefügt, sowie ein Sakristeineubau und ein Kapitelfriedhof. Die Altarinsel wurde zum Teil neu gestaltet, es wurde ein neuer Volksaltar errichtet, in diesem befindet sich eine Zahnreliquie des hl. Sebastian, die aus der Schädelreliquie der Wiener Schottenabtei der Benediktiner entstammt und für die Altarweihe entsandt wurde. Bei den Baumaßnahmen wurde ein Jugendraum über der bestehenden Blumensakristei und Beichtkapelle errichtet. Des Weiteren wurde ein Raum zum stillen Gedenken an verstorbene Kinder errichtet, der sich im Westportal befindet. Der Raum wurde 2007 durch Domkapitular Ulrich Lieb eingeweiht.

Innenausstattung

Orgel

Orgel

2005 erbaut die Firma Eule als Opus 637 eine neue Orgel. Das Instrument hat 56 Register auf drei Manualen und Pedal.[1]

I Rückpositiv C–a3
15 Principal 8′[Anm. 1]
16 Bourdon 8′[Anm. 2]
17 Salicional (ab C) 8′
18 Unda maris (ab A) 8′[Anm. 3]
19 Prestant 4′[Anm. 4]
20 Flauto dolce 4′
21 Nazard 22/3
22 Doublette 2’
23 Tierce 13/5
24 Larigot 11/3
25 Mixtur IV 11/3
26 Fagott 16′[Anm. 5]
27 Cromorne 8′[Anm. 6]
Tremulant
II Hauptwerk C–a3
01 Praestant 16′[Anm. 7]
02 Principal 8′[Anm. 8]
03 Flûte harmonique 8′
04 Gedackt 8′[Anm. 9]
05 Gambe 8′
06 Octave 4′
07 Spitzflöte 4′
08 Quinte 22/3
09 Superoctave 2′
10 Cornett V (ab f) 8′[Anm. 10]
11 Mixtur major IV–V 2’
12 Mixtur minor III 11/3
13 Trompete 16′[Anm. 11]
14 Trompete 8′[Anm. 12]
Tremulant
III Schwellwerk C–a3
28 Viola d’amour 16′[Anm. 13]
29 Hohlflöte 8′[Anm. 14]
30 Cor de nuit 8′
31 Fugara 8′
32 Aeoline (ab C) 8′
33 Voix céleste (ab G) 8′
34 Flûte octaviante 4′
35 Viola 4′
36 Nazard harm. 22/3
37 Octavin 2’′
38 Tierce harm. 13/5
39 Piccolo 1′
40 Progressio harm. III–V 22/3
41 Bombarde 16′[Anm. 15]
42 Trompette harm. 8′[Anm. 16]
43 Basson-Hautbois 8′[Anm. 17]
44 Voix humaine 8′[Anm. 18]
45 Clairon harm. 4′[Anm. 19]
Tremulant
Pedalwerk C–g1
Groß-Pedal:
46 Untersatz 32′[Anm. 20]
47 Violon 16′[Anm. 2]
48 Principal 16′[Anm. 2]
49 Bassflöte 8′[Anm. 21]
50 Posaune 16′[Anm. 22]
Pleno-Pedal:
51 Subbaß 16′
52 Octavbaß 8′[Anm. 2]
53 Cello 8′
54 Octave 4′
55 Trompete 8′
56 Clairon 4′
  • Koppeln: I/II, III/I, III/I 16′ mechanisch, III/II, III/II 16′, I/II 16′ über Koppelbarker, I/P, II/P, III/P mechanisch.
  • Spielhilfen: Setzeranlage mit Dezimalsystem (10000 Kombinationen, elektr. verriegelte Werke mit Speichermedium USB-Stick, System Fa. Heuss), Sequenzschaltung Vor- und rückwärts, Registercrescendo als Walze, Registerfessel (als Prolongement verwendbar bzw. Schleifen ab), Koppelbarker für (System Eule), Tremulanten in Tempo und Intensität regelbar, Spieltischgestaltung in Anlehnung an F. Ladegast gerundete Registerstaffeleien.
  • Nebenregister: Vox strigis (Stimme der Eule, I. Manual)

Organist : Matthias Mück

Bischöfe und Kleriker

Seit der Neuerrichtung des Bistums Magdeburg im Jahr 1994 war die Kathedrale St. Sebastian Heimat des 2005 emeritierten Bischofs Leo Nowak und seit 2005 von Bischof Gerhard Feige. Vorstand der Gemeinde und des Gemeindeverbunds Magdeburg-Mitte ist Propst Josef Kuschel, Domkapitular. Unterstützt durch die Subsidiare (Kooperatoren) sowie durch einen Diakon. Am 2. Mai 2010 wurde die Kathedralpfarrei St. Sebastian aus dem Gemeindeverbund Magdeburg Mitte errichtet. Zugleich wurden die bestehenden Pfarreien Propstei St. Sebastian, Pfarrei St. Norbert, Magdeburg-Bucka, Pfarrei St. Adalbert, Magdeburg-Reform und Pfarrei St. Johannes-Baptist, Magdeburg-Südost aufgelöst und als Teilgemeinden in die neue Pfarrei integriert. Am 1. August 2010 wurde die Leitung der Pfarrei dem Dompropst Reinhold Pfafferodt übertragen, der damit zugleich Kathedralpfarrer ist. Für die Seelsorge der Pfarrei sind Vikar (Chr.Kobert), Gemeindereferentin (Sr.Teresa), Kooperatoren, Subsidiare und Diakone tätig.

Literatur

  • Hans-Joachim Krenzke: Kirchen und Klöster zu Magdeburg. Stadtplanungsamt, Magdeburg 2000.

Einzelnachweise

  1. Nähere Informationen zur Orgel

Weblinks

 Commons: Sankt-Sebastian-Kirche (Magdeburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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