GT8-100C/2S

GT8-100C/2S

Bei den Elektro-Triebwagen vom Typ GT8-100C/2S und GT8-100D/2S-M handelt es sich um die Fahrzeuge für den Zweisystem-Stadtbahn-Betrieb in der Region Karlsruhe. Vier Stück sind als Baureihe 450 Eigentum von DB Regio, 15 Wagen gehören den Verkehrsbetrieben Karlsruhe GmbH (VBK), alle anderen sind Eigentum der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG).

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Mechanischer Aufbau

GT8-100C/2S in Gaggenau
GT8-100D/2S-M an der Haltestelle Heilbronn (Harmonie)

Bei den Fahrzeugen handelt es sich um achtachsige, dreiteilige Gelenktriebwagen mit Jakobsdrehgestellen. Die beiden konventionellen Drehgestelle am Bug und Heck sind angetrieben. Der mechanische Aufbau der Fahrzeuge ist von den Typen GT6-80C und GT8-80C abgeleitet, im Gegensatz zu diesen handelt es sich allerdings um Zweirichtungswagen. Ferner sind sie, anders als ihre Vorbilder, auch im Frontbereich symmetrisch aufgebaut. Die Wagenkästen sind in Ganzstahlbauweise ausgeführt. Scharfenberg-Kupplungen erlauben einen Betrieb in Mehrfachtraktion, darunter Doppel- und Dreifachtraktionen sowie gemischte Doppeltraktionen mit den GT6-80C und GT8-80C.

Die beiden Fahrzeugtypen unterscheiden sich in Hinsicht auf Formgebung und Fußbodenhöhe. Bei den älteren GT8-100C/2S übernahm man die kantige Formgebung der GT6-80C und passte diese an die Auslegung als Zweirichtungswagen an. Bei den neueren GT8-100D/2S-M griff man den Trend zu Niederflurfahrzeugen auf und senkte den Fahrzeugboden zwischen den Drehgestellen im Vorder- und Hinterteil auf Mittelflurniveau (63 cm) ab, sodass ein stufenloser Einstieg an 55 cm hohen Bahnsteigen möglich ist. Die weiterhin hochflurigen Bereiche über den Drehgestellen und im Fahrzeugmittelteil werden über eine Stufe erreicht. Die mittelflurige Ausführung erforderte eine Änderung der Wagenkästen mit tiefer heruntergezogenen Seitenscheiben und einer abgerundeten Frontpartie. Die Triebwagen 845 bis 848 sowie 868 bis 922 erhielten im Mittelteil eine Dachrandverglasung, die Triebwagen 845 bis 848 zudem eine Bistro-Ausstattung sowie eine Toilette. Bei 845 wurde die Toilette im Jahr 2009 nach einer Entgleisung des Fahrzeugs in Baden-Baden ausgebaut. Die Triebwagen 900 bis 922 wurden ebenfalls mit einer Toilette ausgestattet.

Die Fahrzeuge beider Typen sind für den Einsatz nach BOStrab im Straßenbahnnetz der Verkehrsbetriebe Karlsruhe wie auch für den Einsatz im Eisenbahnnetz nach EBO ausgelegt. Sie verfügen über Räder mit einem Radreifen-Mischprofil, das sowohl für den Straßenbahn- als auch den Eisenbahnverkehr geeignet ist. Ferner besitzen sie eine Sicherheitsfahrschaltung, Punktförmige Zugbeeinflussung für den Einsatz im Eisenbahnnetz und Induktive Weichensteuerung für den Verkehr im Straßenbahnnetz. Das Wagenkastenprofil berücksichtigt die unterschiedlichen Lichtraumprofile beider Systeme.

Da die Wagen im Vergleich mit konventionellen Eisenbahnwagen sehr leicht sind und nur über eine reduzierte Längssteifigkeit verfügen (600kN statt 1500 kN), dürfen sie aus Sicherheitsgründen nur auf EBO-Strecken eingesetzt werden, auf denen eine Höchstgeschwindigkeit bis maximal 160 km/h gilt. Als zusätzliche Absicherungsmassnahme sind die Enden der Triebwagen auf Höhe der Puffer konventioneller Eisenbahnfahrzeuge zusätzlich verstärkt. Die schwächere passive Sicherheit wird durch die stärkere aktive Sicherheit (schnellwirkende Bremse) ausgeglichen.

Elektrische Einrichtungen

Zweisystemeinrichtung auf dem Dach eines GT8-100C/2S mit Stromabnehmer (oben), Hochspannungs-Dachleitung und Systemschalter (unten)

Die Ausführung beider Typen unterscheidet sich wesentlich voneinander. Die elektrische Ausrüstung der GT8-100C/2S wurde von den GT8-80C übernommen und besteht aus je einem Gleichstrom-Fahrmotor pro Antriebsdrehgestell sowie einer Gleichstromstellersteuerung. Bei den GT8-100D/2S-M kamen je Drehgestell zwei Drehstrom-Asynchronmotoren mit Einzelachsantrieb und elektronischer Steuerung zum Einsatz.

Als Zweisystemwagen verfügen beide Typen über die notwendigen technischen Einrichtungen, um sowohl unter der Straßenbahnoberleitung mit 750V Gleichspannung als auch unter der Eisenbahnfahrleitung mit 15 kV 16,7 Hz Wechselspannung verkehren zu können. Diese Einrichtungen sind auf dem Wagendach sowie unter dem Fußboden des Fahrzeug-Mittelteils untergebracht und bestehen aus einem für beide Systeme geeigneten Einholm-Stromabnehmer, einem Stromsystem-Prüfsystem, einem pneumatischen System-Wahlschalter, einem Transformator sowie einem Gleichrichter mit Glättungsdrossel. Der Übergang zwischen beiden Stromsystemen erfolgt automatisch.

Lackierung

GT8-100D/2S-M in der weiß/roten Regio-Bistro-Ausführung bei Raumünzach im Murgtal
Triebwagen 880 Rizzi-Bahn in Weinsberg

Die Fahrzeuge wurden in der selben Farbgebung wie die GT6-80C und GT8-80C geliefert mit gelbem Wagenkasten, dunkelbraunem Fensterband und roten Zierlinien am Dachrand und an der Schürze. Einzelne Wagen weichen von diesem Schema ab. So trägt Wagen 836 seit Anlieferung eine weiße Lackierung und warb zunächst für den KSC, später für den KVV. Die Bistro-Triebwagen erhielten ebenfalls einen weißen Wagenkasten mit rotem Mittelteil. Wagen 880 wurde auf Initiative der Stadt Heilbronn mit einer von James Rizzi gestalteten Farbgebung in hellblau versehen. Wagen 803 trug für einige Jahre eine gelbe Lackierung mit abweichenden Zierlinien.

Die Wagen der DB AG unterscheiden sich von den Wagen von VBK und AVG lediglich durch das DB-Logo auf den Stirnseiten sowie die DB-Betriebsnummern. Neben den DB-Nummern besitzen diese Wagen allerdings auch Nummern nach dem Schema von VBK und AVG.

Die Fahrzeuge Tw 846 und 866 erhielten eine neuartige Lackierung mit weinroter Schürze und dahliengelbem (Tw 866), bzw. signalgelbem Rumpf (Tw 846).

Geschichte

Lieferung

Die Lieferung der Fahrzeuge des Typs GT8-100C/2S erfolgte in den Jahren 1991 bis 1994, die des Nachfolgetyps GT8-100D/2S-M in den Jahren 1997 bis 2005 in insgesamt 7 Lieferserien. Der Lieferung voraus ging eine längere Entwicklungsphase, da es sich um die ersten Zweisystem-Stadtbahnwagen weltweit handelte. Im Rahmen dieser Entwicklung wurde der Gleichstrom-Stadtbahnwagen 501 der AVG (Typ GT6-80C) 1986 provisorisch zu einem Zweisystemwagen umgebaut und mehrere Monate lang getestet. Um die Entwicklungsrisiken so gering wie möglich zu halten, wurde bei der Konstruktion des Typs GT8-100C/2S der mechanische und elektrische Aufbau des Typs GT6-80C weitgehend übernommen. Die Fahrzeuge wurden von einem Konsortium aus DUEWAG und ABB bzw. deren Nachfolgegesellschaften Siemens Verkehrstechnik beziehungsweise ADtranz und Bombardier Transportation gefertigt, wobei die Wagenkästen von DUEWAG/Siemens, die Drehgestelle und Gelenke von ABB/ADtranz/Bombardier, der Trafo von Siemens und die sonstige elektrische Ausrüstung von ABB/ADtranz/Bombardier gefertigt wurden. Die Endmontage erfolgte bei DUEWAG/Siemens.

Die Wagen 817 bis 820 befinden sich im Besitz der DB und tragen die Betriebsnummern 450 001 bis 450 004. Nach Ausscheiden des Wagens 818 erwarb die DB den Wagen 816 und reihte ihn als 450 005 ein.

Lieferserie Typ Wagennummern Baujahr Hersteller Besonderheiten
1 GT8-100C/2S 801-810 1991 DUEWAG 809 und 810 mit Toilette (inzwischen entfernt)
2 GT8-100C/2S 811-836 1994 (811-833), 1995 (834-836) DUEWAG
3 GT8-100D/2S-M 837-857 1997 DUEWAG 845-848 mit Bistroabteil (bei 845 inzwischen entfernt)
4 GT8-100D/2S-M 858-877 1999 (858-869), 2000 (870-877) DUEWAG ab 868 Dachrandverglasung
5 GT8-100D/2S-M 878-900 2002 (878-896), 2003 (897-900) Siemens Dachrandverglasung
6 GT8-100D/2S-M 901-915 2004 Siemens Dachrandverglasung, Toilette
6(6.1) GT8-100D/2S-M 916-922 2005 Siemens Dachrandverglasung, Toilette, Seitenmatrix

Einsatz

Da bei Lieferung der ersten Fahrzeuge die vorgesehene Einsatzstrecke noch nicht fertiggestellt war, verkehrten zunächst ab dem 2. Juni 1991 einige Wagen als Ersatz für RegionalBahn-Züge zwischen Karlsruhe Hauptbahnhof und Pforzheim unter Wechselstrom. Die restlichen Wagen wurden im Gleichstrombetrieb auf der Linie A auf der Albtalbahn und der Hardtbahn eingesetzt. Mit Eröffnung des Stadtbahnbetriebs auf der Kraichgaubahn zwischen Karlsruhe und Bretten wurden die Wagen auf die Linie B (seit 1994 als Linie S4 bezeichnet) eingesetzt, wobei zeitweise weiterhin ein Wagen zwischen Karlsruhe und Pforzheim pendelte.

Mit der Ausweitung des Karlsruhe Stadtbahnnetzes erweiterte sich der Einsatzbereich der Fahrzeuge in den folgenden Jahren schrittweise auf die heutigen Linien S4, S5, S6, S8, S9, S31, S32, S41, S51 und S52. Einzelne Fahrten führten die Wagen planmäßig auch auf die Strecken zwischen Bruchsal und Bad Schönborn-Kronau sowie zwischen Heilbronn und Neckarsulm.

Der Einsatz der Wagen erfolgt alleinfahrend, in Doppeltraktion sowie auf einigen EBO-Streckenabschnitten auch in Dreifachtraktion. Es gibt keine feste Zuordnung der Wagen auf einzelne Linien. Lediglich die Züge der Murgtalbahn, die den Steilstreckenabschnitt zwischen Baiersbronn und Freudenstadt befahren, werden ausschließlich aus den GT8-100D/2S-M gebildet, da nur diese Fahrzeuge die Zulassung für den Steilstreckenbetrieb besitzen. Der Einsatz der Wagen erfolgt in einem gemeinsamen Fahrzeugpool, wobei die Wagen der VBK, AVG und DB auf allen Linien eingesetzt werden. Die Wartung erfolgt ebenfalls gemeinsam in den Betriebshöfen von VBK und AVG sowie in der gemeinsamen Hauptwerkstatt am Karlsruher Rheinhafen.

Im Jahr 2004 befuhren einige Wagen des Typs GT8-100D/2S-M in Doppeltraktionen die Stadtbahnlinie MainLinie im Rhein-Main-Gebiet zwischen Hanau Hbf, Frankfurt (Main) Flughafen Regionalbahnhof und Rüsselsheim Opelwerke im Auftrag der Hanauer Straßenbahn. Diese Züge verkehrten planmäßig mit bewirtschaftetem RegioBistro.

Von den insgesamt 122 Fahrzeugen befinden sich nach einem Brandanschlag 2002 auf Triebwagen 818 nur noch 121 Wagen im Einsatz.

Technische Daten

Abbildung
DUEWAG GT 8-100 C/2S
DUEWAG GT 8-100D/2S-M
Typ GT 8-100C/2S GT 8-100D/2S-M
Baureihenbezeichnung 450 (DB AG)
Nummern 801–836 (AVG/VBK/davon 4 DB)
Nummern 837–922 (AVG)
Indienststellung 19911995 19972005
Hersteller DUEWAG (mechanischer Teil),
ABB Henschel (elektrischer Teil)
Siemens TS (mechanischer Teil),
ADtranz / Bombardier (elektrischer Teil)
Achsformel B'2'2'B' Bo'2'2'Bo'
Spurweite: 1435 mm 1435 mm
Länge über Kupplung 37,6 m 37,6 m
Breite 2,65 m 2,65 m
Drehzapfenabstand 10,1 m (außen)
9,8 m (Mitte)
Drehgestellradsatzstand 2,1 m 1,9
Raddurchmesser 770 mm 740
Einstiegshöhe 80 cm 38 / 58 cm
Fußbodenhöhe 89 cm 58–63 / 88 / 89 cm
Leermasse 58,6 t 59 t
Stromsystem 15 kV 16,7 Hz und 750 V= 15 kV 16,7 Hz und 750 V=
Antrieb 2 Gleichstrommotoren (Choppersteuerung) 4 Drehstrommotoren
Leistung 560 kW 508 kW
Anfahrbeschleunigung 0,85 m/s² 1 m/s²
Bremsverzögerung 1,6 m/s²
Notbremsverzögerung 2,75 m/s² 2,75 m/s²
Steilstreckenzulassung nein ja
Höchstgeschwindigkeit 95 km/h 100 km/h
Anzahl der Sitzplätze 95 95
80 (Bistrowagen)
gefertigte Stückzahl
(Eigentümer)
4 (DB AG; 817–820 & 816 als Ersatz für 818)
16+1 (AVG, 818 ausgemustert wg. Brandschaden)
15 (VBK)
86 (AVG)

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Bindewald: Die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft. Weltweit vorbildliches Nahverkehrssystem. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2007, ISBN 978-3-89735-475-3.
  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 6: Baden. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 1999, ISBN 3-88255-337-5.
  • Klaus Bindewald: Die Albtalbahn: Geschichte mit Zukunft. Von der Schmalspurbahn zur modernen Stadtbahn. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1998, ISBN 3-929366-79-7.
  • Helmut Iffländer: Die Albtalbahn. Von der Bimmelbahn zum modernen Nahverkehrsbetrieb. Andreas-Braun-Verlag, München 1987, ISBN 3-925120-03-3.

Weblinks



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