Erwin Geschonneck

Erwin Geschonneck
Geschonneck (Mitte) erhält 1961 den Nationalpreis der DDR

Erwin Geschonneck (* 27. Dezember 1906 in Bartenstein, Kreis Friedland, Ostpreußen; † 12. März 2008 in Berlin) war ein deutscher Schauspieler. Seine größten Erfolge erlebte er in der DDR, wo er als einer der erfolgreichsten und profiliertesten Darsteller galt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geschonneck wurde als Sohn eines Flickschusters und Nachtwächters geboren. 1908 übersiedelte die Familie nach Berlin in die Rosenthaler Vorstadt. Geschonneck verdiente nach dem Schulabschluss seinen Lebensunterhalt als Gelegenheitsarbeiter, Bürobote und Hausdiener. 1929 trat er der KPD bei und spielte in kommunistischen Laienspiel-, Agitprop- und Kabarettgruppen; 1931 hatte er in Kuhle Wampe seine erste kleine Filmrolle.

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten emigrierte er 1933 über Polen in die Sowjetunion. 1938 wurde er vom NKWD zum Verlassen der Sowjetunion gezwungen. In Prag wurde er am 31. März 1939 verhaftet und an die Gestapo ausgeliefert. Er war Gefangener in den KZ Sachsenhausen, Dachau und Neuengamme. Am 3. Mai 1945 überlebte er den Untergang des in der Lübecker Bucht von britischen Flugzeugen versenkten KZ-Schiffes Cap Arcona.

Von 1946 bis 1948 arbeitete Geschonneck an den Hamburger Kammerspielen und spielte in verschiedenen Filmproduktionen. 1949 holten ihn Bertolt Brecht und Helene Weigel an das Berliner Ensemble. Dort spielte er große Rollen wie den Matti in Herr Puntila und sein Knecht Matti von Brecht, den Dorfrichter Adam in Kleists Der zerbrochne Krug und den Don Juan in Molières gleichnamigem Stück. Zugleich begann eine überaus erfolgreiche Karriere bei der DEFA und dem DFF, in deren Verlauf er mit vielen wichtigen Regisseuren der DDR arbeitete (s. Filmografie). So spielte Geschonneck 1974 im Film Jakob der Lügner, der als einziger DEFA-Film für den Oscar nominiert wurde.

Geschonneck, seit 1949 Mitglied der SED, wurde von der DDR-Führung mit höchsten Auszeichnungen geehrt: 1961 und 1986 Nationalpreis 1. Klasse, 1976 Vaterländischer Verdienstorden in Gold, 1981 Karl-Marx-Orden. An den Missständen in der DDR, die er als solche erkannte, übte er häufig Kritik und geriet dadurch auch ins Visier der Zensur. Gleichwohl bekannte er sich auch nach dem Ende der DDR noch ausdrücklich zum Kommunismus.

In einer Kritikerumfrage wurde Geschonneck 1992 zum besten DDR-Schauspieler gewählt. 1993 erhielt Geschonneck den deutschen Filmpreis für sein Gesamtschaffen. Am 28. Dezember 2004 wurde Geschonneck zum Ehrenmitglied der neu gegründeten Deutschen Filmakademie ernannt.

Geschonneck lebte mit seiner vierten Frau Heike am Alexanderplatz in Berlin. Er hinterließ zwei Söhne, den deutschen Regisseur Matti Geschonneck sowie den Computer-Forensik-Spezialisten und Buchautor Alexander Geschonneck, und eine Tochter, die Journalistin Fina Geschonneck.

Geschonneck war bis 2007 Mitglied der PDS und nach deren Fusion mit der WASG bis zu seinem Tod in der neu konstituierten Partei Die Linke.

Erwin Geschonneck wurde am 3. Mai 2008 in Anwesenheit hunderter Fans und Wegbegleiter in nächster Nähe zu den Gräbern von Brecht, Weigel und Tabori auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin beigesetzt.[1][2]

Filmografie (Auswahl)

Auszeichnungen

  • 1954 Nationalpreis II. Klasse für sein Gesamtschaffen
  • 1954 Erich-Weinert-Medaille
  • 1954 Artur Becker Medaille
  • 1960 Darstellerpreis auf den Internationalen Filmfestspielen in Karlovy Vary Nationalpreis II. Klasse für Leute mit Flügeln
  • 1961 Nationalpreis I. Klasse im Kollektiv für Gewissen in Aufruhr
  • 1965 Vaterländischer Verdienstorden in Silber
  • 1966 Erich Weinert Medaille
  • 1968 Nationalpreis I. Klasse im Kollektiv für Die Fahne von Kriwoj Rog
  • 1969 Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee in Silber
  • 1971 Artur Becker Medaille in Gold
  • 1974 Theodor Körner Preis
  • 1975 Medaille für Waffenbrüderschaft
  • 1975 Internationale Filmfestspiele Wolgograd: Goldmedaille
  • 1975 Nationalpreis II. Klasse im Kollektiv für Jakob der Lügner
  • 1976 Vaterländischer Verdienstorden in Gold
  • 1977 Goldener Lorbeer des Fernsehens der DDR
  • 1981 Karl Marx Orden
  • 1982 Kunstpreis der FDJ für im Kollektiv für Der Mann von der Cap Arcona
  • 1985 Kunstpreis des FDGB
  • 1987 Ehrendiplom beim Kinderfilmfestival “Goldener Spatz” in Gera für Ein Wigwam für die Störche
  • 1993 Deutscher Filmpreis für sein Gesamtschaffen
  • 1997 Die Goldene Henne der Superillu für sein Lebenswerk
  • 2004 Ehrenmitglied der neu gegründeten Deutschen Filmakademie[3]

Schriften

  • Auskünfte und Ansichten. VFF, Berlin 1981 (hrsg. von Hermann Herlinghaus)
  • Meine unruhigen Jahre. Dietz-Verlag, Berlin 1984 (mit Günter Agde) – Taschenbuchausgabe: Aufbau-Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-74660-161-4

Literatur

  • Wolfgang Carlé: Erwin Geschonneck. Henschelverlag, Berlin 1960
  • Thomas Heise: Widerstand und Anpassung – Überlebensstrategie. Erinnerungen eines Mannes an das Lager Dachau. Radio-Feature. Prod.: Rundfunk der DDR, 1987. (Gespräch mit Erwin Geschonneck)
  • Frank Hörnigk: Erwin Geschonneck. Eine deutsche Biografie. Theater der Zeit, Berlin 2006, ISBN 978-3-934344-83-9 (Das Originaltonfeature von Th. Heise liegt dem Buch als CD bei.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Berliner Zeitung: „Erwin Geschonneck in der Nähe von Brecht beigesetzt“, 3. Mai 2008
  2. ZDF Heute: „Mach's gut, Geschi!“, 3. Mai 2008
  3. Erwin Geschonneck – Familienseite, aufgerufen 15. Oktober 2010

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