Fernsehduell

Fernsehduell

Fernsehduelle (auch TV-Duelle) sind spezielle Debatten im Fernsehen, bei denen zwei Spitzenkandidaten antreten. Sogenannte TV-Duelle sind Übernahmen der US-amerikanischen Wahlkampfdebatten, die eine lange, ursprünglich akademische Tradition haben und nicht primär in Fernsehstudios stattfinden.

Inhaltsverzeichnis

Fernsehduelle in den USA

In den Vereinigten Staaten fand die erste Debatte zwischen zwei Präsidentschaftskandidaten lange vor Erfindung des Fernsehens statt. 1858 debattierten Abraham Lincoln und Stephen A. Douglas sieben Mal über ein einziges Thema: die Zukunft der Sklaverei. Einem 60-minütigen Redeblock folgten eine 90-minütige Antwort und eine 30-minütige Zusammenfassung. Dieses Debattenformat gilt heute vielen aus demokratietheoretischer Sicht als geradezu ideal, weil die Kandidaten die Möglichkeit haben, ihre Sachpositionen ausreichend lange darzustellen. Fernsehtauglich war es sicher nicht. Die erste im Rundfunk übertragene Wahlkampfdebatte fand 1948 statt: Die beiden republikanischen Kandidaten Harold Stassen und Thomas E. Dewey debattierten über ein Verbot der Kommunistischen Partei. 1956 schließlich übertrug das Fernsehen die erste Wahlkampfdebatte. Die beiden demokratischen Kandidaten Adlai Stevenson und Estes Kefauver standen sich im Rahmen der Vorwahlen gegenüber.

John F. Kennedy und Richard Nixon, 1960

Die eigentliche Geschichte der US-amerikanischen Fernsehdebatten begann erst im Präsidentschaftswahlkampf 1960 mit der ersten Präsidentschaftsdebatte zwischen dem republikanischen Vizepräsidenten Richard Nixon und seinem demokratischen Kontrahenten John F. Kennedy. Am 26. September 1960 standen sich Nixon und Kennedy in der ersten von vier einstündigen Debatten in einem CBS-Studio in Chicago gegenüber. Um dieses erste von vier Duellen ranken sich Mythen wie um keine weitere Fernsehdebatte danach. Nixon war der Favorit, doch hatte er einen längeren Krankenhausaufenthalt hinter sich, bei dem er fast 14 kg abgenommen hatte. Von unzähligen Wahlkampfterminen gehetzt, traf er blass und kränklich im Studio ein. Zudem war er schlecht rasiert. Weil der sonnengebräunte Kennedy nicht geschminkt werden wollte, verzichtete auch Nixon auf einen Maskenbildner. In der Debatte versagte ihm häufig die Stimme. Während Kennedy in die Kamera blickte und so das Publikum vor dem Fernseher direkt ansprach, wendete sich Nixon an Kennedy, als wolle er ihn überzeugen. Nixon verlor das Duell und später auch die Wahl.

Der politische Mythos vom wahlentscheidenden Fernsehduell, in dem es mehr auf Äußerlichkeiten als auf die Inhalte ankommt, war geboren. Kaum jemand interessiert sich heute noch dafür, was in den übrigen drei Debatten passierte, von denen eine übrigens im Split-Screen-Verfahren übertragen wurde, weil die beiden Kandidaten nicht im selben Studio sein konnten. Kaum jemand erinnert sich noch daran, dass es bereits vor den Duellen einen langfristigen Trend zugunsten der Demokraten gab. Fast niemand diskutiert den Einfluss der Nachberichterstattung in den Zeitungen, die nach dem Duell wenig anderes thematisierten als Nixons schlechtes Aussehen. Zur Bestätigung des starken Einflusses der Fernsehbilder werden stattdessen immer wieder Umfrageergebnisse angeführt, nach denen Nixon die Debatte bei denjenigen, die sie im Radio verfolgt haben, gewonnen hätte. Dies ist aber nach genauerer Analyse kaum belegbar.

Carter und Ford, 1976

Erst 1976 kam es zum zweiten Mal zu einer Wahlkampfdebatte der Präsidentschaftskandidaten. Zuvor hatte sich jeweils mindestens einer der Kandidaten aus unterschiedlichen Gründen geweigert, an einer Debatte teilzunehmen. Gerald Ford hat den Wahlkampf 1976 gegen Jimmy Carter der Legende nach vor allem deshalb verloren, weil er in der zweiten von drei Debatten – es ging um Außenpolitik – einen verhängnisvollen Fehler beging. Ford sagte zunächst über die Rolle der Sowjetunion in Osteuropa: „There is no Soviet domination of Eastern Europe, and there never will be under a Ford Administration.” Auch auf mehrmaliges Nachfragen blieb er bei der Ansicht, Osteuropa sei nicht von der Sowjetunion dominiert. Die Zuschauer hatten den Fehler während der Debatte überhaupt nicht bemerkt. Erst als ihn tags darauf die Massenmedien thematisierten, erklärten die Zuschauer Ford zum Verlierer der Debatte. Die erste der drei Debatten 1976 gilt zudem als Geburtsstunde der so genannten „Instant Analysis“, der unmittelbaren Analyse der Stärken und Schwächen im Auftreten der Kandidaten durch die Fernsehkommentatoren. Zuvor hatten die Journalisten Bedenken, ob eine solche Einmischung in die Urteilsbildung der Zuschauer angemessen sei. Mitten in der Debatte kam es in dem Theater, aus dem sie übertragen wurde, zu einem 27-minütigen Tonausfall, den die Fernsehkommentatoren spontan nutzten, um über das Auftreten der Kandidaten zu diskutieren. Sie führten auch Gespräche mit ihren Beratern (sog. Spin-Doctor). In den folgenden Jahren wurden solche Analysen unmittelbar nach dem Ende der Debatten selbstverständlich.

Nach dem Wahlkampf 1976 institutionalisierten sich die Debatten so, dass sich in der Folgezeit kein Präsidentschaftskandidat mehr weigern konnte teilzunehmen. 1980 und 1992 wurden aus den Duellen Dreikämpfe. 1980 trat der Herausforderer und spätere Wahlsieger Ronald Reagan in einer ersten Debatte gegen den unabhängigen Kandidaten John B. Anderson an, weil sich Amtsinhaber Jimmy Carter weigerte, an einer Debatte mit Anderson teilzunehmen. In der zweiten Debatte trat Reagan alleine gegen Carter an. 1992 nahm mit Ross Perot erneut ein unabhängiger Kandidat teil, weil seine Kampagne als „von nationalem Interesse“ eingeschätzt wurde; eine Regelung, nach der nur Kandidaten teilnehmen dürfen, die laut Umfragen mindestens 15 Prozent der Wähler für sich gewinnen können, war zuvor abgeschafft worden. Perot nahm an allen drei Debatten teil, die der Legende zufolge unter anderem entschied, dass Bush während einer Debatte auf seine Armbanduhr sah.

Während 1960 die großen Fernsehanstalten die ersten Präsidentschaftsdebatten organisierten, übernahmen ab 1976 unabhängige Kommissionen die Organisation: bis einschließlich 1984 die League of Women Voters, ab 1988 die Commission on Presidential Debates. Sie legten auch die Debatten-Formate fest, die zum Teil erheblich variierten. Die Zahl der Debatten schwankte in den jeweiligen Wahljahren zwischen zwei und vier. Bis auf die Debatten 1960 und die erste Debatte 1980 (60 Minuten) betrug die Debattenlänge jeweils 90 Minuten. Die Kandidaten hatten zwischen drei Minuten (in der Anfangszeit) und 90 Sekunden (seit 1996) Zeit, eine Frage zu beantworten. Der jeweils andere Kandidat hatte in der Regel zwischen einer und zwei Minuten für eine Entgegnung. Seit 1976 haben die Kandidaten die Gelegenheit für ein zwischen zwei und vier Minuten langes Schlusswort. Bis 1992 war es fast immer so, dass neben dem Moderator eine Gruppe von drei bis sechs Journalisten anwesend war, die ebenfalls fragen durften. In zwei Debatten – der jeweils zweiten 1992 und 1996 – wurde das so genannte Townhall-Format angewandt, in dem auch eine Gruppe von unentschlossenen Wählern den Kandidaten Fragen stellen. Weil die Kandidaten in allen jemals bei US-Präsidentschaftswahlen angewandten Formaten lediglich antworten, aber nie miteinander diskutieren, bezweifeln einige Beobachter, dass man sie überhaupt als Debatten bezeichnen kann. Sie wurden deshalb auch häufig etwas geringschätzig „double public press conference“ oder „joint press conference“ genannt.

Fernsehduelle in Deutschland

Ansätze zu Fernsehduellen vor 2002

Bereits der damalige Vizekanzler und Kanzlerkandidat der SPD, Willy Brandt forderte vor der Bundestagswahl 1969 den Amtsinhaber Kurt Georg Kiesinger (CDU) zu einer Fernsehdebatte nach US-amerikanischem Vorbild, jedoch mit mehr Teilnehmern, heraus, welches innerhalb der ZDF-Reihe Journalisten fragen – Politiker antworten laufen sollte. Kiesinger lehnte jedoch ab, auch das ZDF wollte ein solches Duell nicht. Kiesinger sprach sich überdies gegen eine Runde mit allen Spitzenpolitikern aus: „Es steht dem Kanzler der Bundesrepublik nicht gut an, sich auf ein Stühlchen zu setzen und zu warten, bis ihm das Wort erteilt wird.“ Im letzten Moment musste er wegen des öffentlichen Drucks einlenken. Das Format bestand im Wesentlichen aus zuvor abgesprochenen Fragen, die sich jeweils an einen der vier Teilnehmer richteten.

Vor der Bundestagswahl 1972 wiederholte sich die Diskussion um die Zahl der Teilnehmer mit umgekehrten Vorzeichen. Brandt, mittlerweile Kanzler, lehnte den Vorschlag der Union zu einem Fernsehduell mit Herausforderer Barzel ab. Er begründete, es ginge nicht um eine Kanzlerwahl, sondern um eine Bundestagswahl. Stattdessen gab es eine sogenannte Elefantenrunde mit den Kanzler- und Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien. Damit wurde eine Tradition begründet, die bis zur Bundestagswahl 1987 beibehalten wurde.

Vor der Bundestagswahl 1976 forderte Helmut Kohl den Amtsinhaber Helmut Schmidt heraus. Dieser lehnte jedoch ab.[1][2]

Zur Bundestagswahl 1980 war ein TV-Duell erneut im Gespräch. Eine Mehrheit der Bürger war laut einer Umfrage von Emnid dagegen.[3] Erneut war die Partei des Herausforderers CDU/CSU (Kandidat: Franz Josef Strauß) für ein TV-Duell, die Partei des Amtsinhabers Helmut Schmidt (SPD) dagegen.

Ab der Bundestagswahl 1990 erklärte sich der amtierende Bundeskanzler Helmut Kohl nicht mehr dazu bereit, an den Elefantenrunden teilzunehmen, die bisher wenige Tage vor den Wahlen stattfanden. Damit kam es im Fernsehen auch in dieser Form nicht mehr zu direkten Begegnungen zwischen dem Amtsinhaber und dem Kanzlerkandidaten der größten Oppositionspartei.

Zum ersten Fernsehduell in einem deutschen Wahlkampf kam es vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg 1997 zwischen dem Amtsinhaber Henning Voscherau (SPD) und Herausforderer Ole von Beust (CDU).

1998 debattierten Gerhard Schröder und Herausforderer Christian Wulff im niedersächsischen Landtagswahlkampf. Beide Debatten wurden in N3 übertragen. Wulff erklärte seine Niederlage Jahre später vor allem damit, dass er – anders als Schröder – zu häufig den Moderator angesehen und zu selten in die Kamera geblickt habe. Vielleicht hatte ihm diese Erfahrung genützt – jedenfalls ging er aus dem Fernsehduell gegen Schröders Nachfolger Gabriel fünf Jahre später als Sieger hervor.

Bei der Bundestagswahl 1998 hatte Schröder, mit der positiven Erfahrung aus dem niedersächsischen Duell im Rücken, den Amtsinhaber Helmut Kohl zum Fernsehduell herausgefordert. Kohl lehnte ab.

In der beschriebenen Zeit gab es zusätzlich Wochen oder Monate vor den Bundestagswahlen auch immer wieder Fernsehdebatten, an denen teilweise die Spitzenkandidaten oder andere führende Vertreter bzw. Fachpolitiker der im Bundestag vertretenen Parteien beteiligt waren.

Bundestagswahl 2002

So kam es erst vor der Bundestagswahl 2002 zu den ersten beiden echten Kanzlerduellen zwischen dem Amtsinhaber Gerhard Schröder und seinem Herausforderer Edmund Stoiber. Das erste (am 25. August) wurde von RTL und Sat.1 übertragen (wobei RTL eine deutlich höhere Einschaltquote verzeichnete), das zweite (am 8. September) von ARD und ZDF (wobei mehr Zuschauer die ARD einschalteten). Das erste Fernsehduell wurde von Peter Limbourg und Peter Kloeppel moderiert, das zweite von Sabine Christiansen und Maybrit Illner.

Beide Duelle wurden insgesamt als interessant und den Wahlkampf bereichernd bewertet; auch eine Fortführung der Idee wurde befürwortet. Allerdings war die Mehrheit der Zuschauer der Meinung, dass keine neuen Informationen vermittelt wurden.

2002 kam es neben den TV-Duellen zu mehreren Fernsehdebatten.

Bundestagswahl 2005

Umfrageergebnisse zum TV-Duell 2005

Bei der nachfolgenden Bundestagswahl am 18. September 2005 sollte es nach Willen des bisherigen Amtsinhabers Gerhard Schröder erneut zu zwei Fernsehduellen kommen, wobei Herausforderin Angela Merkel zum Ausdruck brachte, aufgrund von terminlichen Problemen nur an einem teilnehmen zu können. Schröder warf daraufhin Merkel vor, angebliche Terminprobleme nur vorzuschieben aus Angst, sie könnte von den Fernsehzuschauern als die Kanzlerkandidatin mit der schlechteren Politik entlarvt werden. In Verhandlungen zwischen Schröder, Merkel und den Fernsehanstalten einigte man sich auf nur ein Kanzlerduell, für das aus mehreren Terminen der 4. September ausgewählt wurde. An diesem Datum fand das Streitgespräch zwischen 20:30 Uhr und 22:00 Uhr statt. Es wurde von vier Fernsehsendern (ARD, ZDF, Sat.1 und RTL) übertragen und war auf mehreren Radiosendern (u. a. im Deutschlandfunk) zu verfolgen. Die Fragen stellten Sabine Christiansen (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Peter Kloeppel (RTL) und Thomas Kausch (Sat.1).

Nach Meinung eines kleinen Teils der Presse konnte Angela Merkel das Duell für sich entscheiden, andere Leitartikler und vor allem die Meinungsumfragen zum Duell sahen Schröder in fast allen Punkten als Sieger. Eines der Hauptthemen der Diskussion waren die Visionen zur Gestaltung des Steuerrechts von Paul Kirchhof.

Auch 2005 kam es neben dem TV-Duell zu mehreren Fernsehdebatten.

Bundestagswahl 2009

Vor der Bundestagswahl am 27. September 2009 kam es am 13. September zu einem Fernsehduell zwischen Amtsinhaberin Angela Merkel und Herausforderer Frank-Walter Steinmeier. Das Fernsehduell Merkel gegen Steinmeier wurde ab 20.30 Uhr gleichzeitig auf fünf Sendern (ARD, ZDF, RTL und Sat.1 sowie mit Gebärdensprache-Dolmetscher bei Phoenix) live gesendet. Die Fragen stellten Frank Plasberg (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Peter Kloeppel (RTL) und Peter Limbourg (Sat.1).

Wie schon 2002 und 2005 gab es neben dem TV-Duell weitere Fernsehdebatten.

Weitere Fernsehduelle in Deutschland

In Deutschland fanden in Landtagswahlkämpfen unter anderem folgende Fernsehduelle statt:

Fernsehdebatten in anderen Ländern

Fernsehdebatten in Wahlkämpfen gibt es nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern mittlerweile in vielen demokratischen Staaten. Die Debatten-Formate in einigen Ländern orientieren sich am US-amerikanischen Vorbild: oft treten nur die Kandidaten der beiden größten Parteien gegeneinander an (in Europa beispielsweise in Frankreich und Spanien). Die Ausgestaltung der Regeln unterscheidet sich im Detail allerdings erheblich von den amerikanischen Formaten. In vielen anderen Ländern nehmen die Kandidaten aller im Parlament vertretenen Parteien teil. Das sind folglich keine Duelle, sondern in der Regel größere Runden, in denen die Teilnehmer miteinander diskutieren. Beispiele hierfür sind Kanada und Australien, wo es ebenfalls eine Reihe unterschiedlicher Formate gibt.

Österreich

In Österreich nennt sich dieser Sendungstyp "TV-Konfrontation". Die erste dieser Art gab es bereits 1970 zwischen Bruno Kreisky (SPÖ) und dem Spitzenkandidaten der ÖVP Josef Klaus (vgl. Regina Köpl 2007:127) - das erste Fernsehduell Österreichs erreichte jedoch so wenig Zuseher, sodass heute das Duell zwischen Kreisky und ÖVP-Herausforderer Josef Taus als Ur-Duell gilt: Es verlief ohne Moderator, ohne Regeln und somit ganz anders als die Presidential Debates in den USA, von denen das Format übernommen worden war. In Österreich galt Kreisky als eindeutiger Sieger des Duells.

Heute wird bei Nationalratswahlen eine ganze Sendereihe mit diesem Titel ausgestrahlt, wobei jeweils zwei der Spitzenkandidaten sämtlicher im Nationalrat vertretenen Parteien sich gegenüberstehen. Als Abschluss gibt es wenige Tage vor der Wahl eine Diskussionsrunde, an der alle Kandidaten teilnehmen. Eine solche Runde wird seit 2006 – in Übernahme aus Deutschland – als "Elefantenrunde" bezeichnet. Im Rahmen der Wahlen 2008 wurden erstmals auch die Spitzenkandidaten aller anderen bundesweit antretenden Parteien zu einer solchen Konfrontation eingeladen, die aber "unter sich" blieben und nicht den Vertretern der Parlamentsparteien gegenübergestellt wurden - diese Konfrontationssendung ist auch unter "Ameisenrunde" bekannt.

TV-Kontrontationen gibt es auch im Rahmen der Wahlen zum österreichischen Bundespräsidenten.

Großbritannien

In Großbritannien wurde 2010 erstmals eine Fernsehdebatte im Vorfeld zur britischen Unterhauswahl durchgeführt in der Themen einer repräsentativen Zuschauergruppe vorgegeben, aber Nachfragen sowie Beifallskundgebungen verboten wurde. Teilnehmer waren Gordon Brown, David Cameron und Nick Clegg. Zwei weitere Debatten sind geplant.[6]

Wissenschaftliche Untersuchung

Fernsehduelle werden in den USA seit langem untersucht. In Deutschland hat die wissenschaftliche Untersuchung mit dem ersten TV-Duell auf Bundesebene 2002 begonnen.

Im Anschluss an die TV-Duelle fanden jeweils Befragungen im Nachhinein, im Auftrag der übertragenden Fernsehanstalten, statt, in denen Zuschauer per Telefon nach ihren Meinungen und Ansichten nach vorgefertigten Fragenkatalogen befragt wurden. Eine Präsentation und Interpretation dieser Ergebnisse bereits kurz nach den Duellen kann zu einer Verzerrung der Zuschauermeinung führen, da sich diese in ihrer Meinung durch die Umfragen beeinflussen lassen.

2002, 2005 und 2009 wurden Wahrnehmung und Wirkung des Fernsehduells 2009 von Kommunikationswissenschaftlern, Kommunikations- und Medienpsychologen und Politologen der Universität Koblenz-Landau, der LMU München, der Universität Mainz, der Universität Mannheim und der Universität Hohenheim untersucht. Alle derzeit in Deutschland durchgeführten Studien zum Fernsehduell Merkel-Steinmeier haben gemeinsam, dass sie die Wahrnehmung und Bewertung der Politiker in Echtzeit messen. RTR ist eine Methode zur Messung der Wahrnehmung durch die Zuschauer. Eine Studie zu den deutschen Fernsehduellen seit 2002 fragte, wie man politische Medienwirkung im Moment der Kommunikation („real-time“) messen könne. Eine Methode (Real-Time-Response-Messung, kurz RTR) soll die Wahrnehmung und Einschätzung des Rezipienten zum Verlauf des Duells schon währenddessen über Eingabegeräte der Probanden messen und erkennen lassen, was den Wähler wirklich beeinflusst. Ergebnis: Zuschauer schätzten besonders allgemeingültige Aussagen und was ein Großteil des Publikums nachweislich hören wollte. Angriffe auf den politischen Gegner und die Benennung von Fakten und Wahrheiten durch Politiker nahmen sie prinzipiell als besonders negativ wahr. Allerdings geschieht dies bei Zuschauern, die gegen Bezahlung die Sendung nicht zu Hause, sondern in der Regel in einem universitären Hörsaal verfolgen.

  • Bei der Münchener Studie wird ein besonderes Augenmerk auf die Frage gelegt, ob das Fernsehduell einen besonders großen Einfluss auf die sogenannten Spätentscheider hat.

Literatur

  • Axel Balzer, Marvin Geilich, Shamim Rafat (Hrsg.): Politik als Marke. Politikvermittlung zwischen Kommunikation und Inszenierung. Münster 2005:
  • Knut Bergmann: Die TV-Duelle im Bundestagswahlkampf 2002. In: ZParl, 36. Jg., Heft 1/2005
  • George Farah: No Debate: How the Two Major Parties Secretly Ruin the Presidential Debates (Taschenbuch), Seven Stories, 2004, ISBN 1583226303
  • Tomas Jerkovic: TV-Duelle 2002. Theatrale Politik in der Erlebnisgesellschaft. Berlin 2005, ISBN 3-86573-141-4.
  • Thomas Knieper, Marion G. Müller (Hrsg.): Visuelle Wahlkampfkommunikation. Herbert von Halem, Köln 2004
  • Marcus Maurer, Carsten Reinemann: Schröder gegen Stoiber. Nutzung, Wahrnehmung und Wirkung der TV-Duelle. Wiesbaden 2003
  • Marcus Maurer, Carsten Reinemann, Jürgen Maier, Michaela Maier: Schröder gegen Merkel. Wahrnehmung und Wirkung des TV-Duells 2005 im Ost-West-Vergleich. Wiesbaden 2006
  • Marcus Maurer, Carsten Reinemann: TV-Duelle als Instrumente der Wahlkampfkommunikation: Mythen und Fakten. In: Jackob, Nickolaus (Hrsg.): Wahlkämpfe in Deutschland. Fallstudien zur Wahlkampfkommunikation 1912 – 2005. Wiesbaden: VS-Verlag 2007, S. 317-331.
  • Daniel Valente: Politische Sprache im Kanzlerduell: Eine politolinguistische Analyse. Saarbrücken 2010, ISBN 3639289714

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: TV-Duell – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Nur im Quartett. In: Der Spiegel. Nr. 27, 1976 (online).
  2. Das Fernseh-Duell. In: Der Spiegel. Nr. 37, 1976 (online).
  3. Mehrheit gegen TV-Duell. In: Der Spiegel. Nr. 35, 1980 (online).
  4. Focus-Bericht zum TV-Duell
  5. http://www.br-online.de/bayerisches-fernsehen/politik-und-wirtschaft/tv-duell-streitgespraech-beckstein-ID1221810376112.xml?_requestid=380327
  6. Brown und Cameron streiten - Liberaler punktet Spiegel Online vom 16. April 2010

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