- Minoritätenpartei
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Kleinpartei bezeichnet eine politische Partei, die nur eine relativ kleine Anhänger- beziehungsweise Wählerschaft besitzt und deren politischer Einfluss auf parlamentarischer Ebene entsprechend gering ist, sofern sie überhaupt in einem Parlament vertreten ist.
Umgangssprachlich wird häufig der Begriff Splitterpartei verwendet, in der Fachliteratur wird er auf Grund seiner negativen Konnotationen nur noch selten gebraucht. Dort finden sich daneben unter anderem Begriffe wie nicht-etablierte oder seltener Minoritätenpartei.[1] In der jüngeren Literatur wird inzwischen auch der Terminus Kleinstpartei benutzt. [2]
Die Definition von Kleinparteien über die geringe Resonanz bei Wahlen und die meist fehlende Repräsentanz in Parlamenten ist weitgehend unstrittig. Bei der Erklärung ihres geringen Erfolges konkurrieren jedoch verschiedene Sichtweisen, je nachdem ob stärker organisatorische oder programmatische Defizite der Parteien selbst als hauptverantwortlich für ihr Scheitern angesehen werden oder ob dies auf externe Einflussfaktoren zurückgeführt wird, zu denen immer auch das jeweils geltende Wahlrecht zählt.
In Österreich wird der Begriff allgemeiner auch für etablierte Parlamentsparteien wie Die Grünen und die FPÖ verwendet, im Gegensatz zu den Großparteien SPÖ und ÖVP.
In der Schweiz spricht man nicht von Kleinpartei. Die größten Parteien sind im Bundesrat vertreten und heißen darum Bundesratsparteien. Die kleineren, nicht im Bundesrat vertretenen Parteien bezeichnet man als übrige Parteien oder kleinere Parteien.
Inhaltsverzeichnis
Kleinparteien und Wahlrecht
Während ein Mehrheitswahlrecht kleineren Gruppierungen nur geringe Erfolgschancen bietet, begünstigt das reine Verhältniswahlrecht den Einzug von Kleinparteien in ein Parlament, was zur Folge haben kann, dass die Bildung einer Regierungsmehrheit erschwert wird. Aus diesem Grund gibt es in verschiedenen parlamentarischen Systemen, so auch in Deutschland, eine Sperrklausel in den jeweiligen Wahlgesetzen.
Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Sperrklausel, 5%-Hürde
Um den Einzug von Kleinparteien in den Deutschen Bundestag und die Landtage möglichst zu verhindern, muss eine Partei in der Bundesrepublik Deutschland mindestens 5% der Zweitstimmen auf sich vereinen oder drei Direktmandate erhalten, um gemäß ihrem Stimmenanteil mit der entsprechenden Anzahl von Abgeordneten im Parlament vertreten zu sein (siehe Grundmandat). Direktmandate, die ein Kandidat durch Erststimmenmehrheit in einem Wahlkreis erhält, sind von dieser Sperrklausel nicht betroffen. Während der 15. Legislaturperiode bis 2005 betraf dies zwei Abgeordnete der PDS im Bundestag, die aus Berliner Wahlkreisen 2002 direkt in den Bundestag gewählt wurden, obwohl die Partei 2002 bundesweit weniger als 5% der Wählerstimmen (Zweitstimmen) erhalten hatte.
Bei Landtagswahlen in Bayern erhält der Kandidat mit den meisten Erststimmen im Wahlkreis das Direktmandat nur dann, wenn seine Partei auch die 5%-Hürde überwunden hat.
Eine Ausnahme von der 5%-Hürde bei Landtags- und Bundestagswahlen gilt für Parteien, die nationale Minderheiten in der Bevölkerung vertreten. Derzeit betrifft dies nur den Landtag Schleswig-Holstein mit dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der die Interessen der dänischen und friesischen Minderheiten der deutschen Staatsbürger im Norden Schleswig-Holsteins vertritt.
Historische Herleitung der Sperrklausel; Kritik daran
Diese in Deutschland geltende Regelung wird in der Öffentlichkeit mit der Erfahrung aus der Weimarer Republik begründet. Damals waren – bedingt durch das Verhältniswahlrecht – ab den späten 1920er Jahren auch kleine/kleinste Parteien in den Reichstag und teilweise auch mit in Regierungskoalitionen gekommen. Wegen der dadurch verursachten Uneinigkeit wurde eine tragfähige demokratische Regierungspolitik behindert und teilweise unmöglich gemacht. Zusammen mit den wirtschaftlichen und sozialen Krisen der 1920er Jahre hatte dies wiederum die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den etablierten Parteien verstärkt und immer mehr Wähler den extremen Parteien zugetrieben. Neben anderen Gründen hatte diese Situation letztlich zum Scheitern der Demokratie und ab 1933 zur Diktatur des Nationalsozialismus unter Adolf Hitler beigetragen.
Gegner der 5%-Hürde begründen die Machtübernahme der NSDAP jedoch maßgeblich durch deren Wahlerfolge, der Bereitschaft des mit absoluter Mehrheit von der Bevölkerung gewählten Reichspräsidenten Hindenburg, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen, sowie einer Bereitschaft der etablierten konservativen Parteien, im Reichstag dem Ermächtigungsgesetz zuzustimmen. Die Begründung der Notwendigkeit einer 5%-Hürde mit den Erfahrungen der Weimarer Republik wird deshalb von manchen als Schutzbehauptung der etablierten Parteien gewertet, die sich durch die Sperrklausel vor unerwünschter Konkurrenz durch Kleinparteien schützen können.
Weitere Wettbewerbshürden für kleine Parteien
Neben der 5%-Hürde sehen die Vorschriften des Wahl- und Parteienrechts noch weitere Einschränkungen vor, die verhindern, dass nicht-etablierte Parteien wirklich gleiche Wettbewerbsbedingungen vorfinden.
Eine wesentliche weitere Hürde ist das Quorum, das erreicht werden muss, um in den Genuss der Wahlkampfkostenerstattung zu kommen. Parteien, die einen Stimmanteil von 0,5 % (Bundestags- und Europa-Wahl) bzw. 1 % (Landtagswahlen) erreichen, bekommen in der auf die jeweilige Wahl folgenden Legislaturperiode staatliche Zuwendungen, die sich aus der Zahl der erhaltenen Stimmen und dem eigenen Spenden- und Beitragsaufkommen herleiten. Kleine und neue Parteien, die gerade im Wahlkampf eine Gelegenheit sehen, auf sich und ihre Positionen aufmerksam zu machen, sind dadurch für diesen Zweck ganz auf ihre eigenen Ressourcen angewiesen. Wenn eine Partei in Erwartung der Kostenerstattung einen aufwändigen Wahlkampf vorfinanziert, kann das Verfehlen des erforderlichen Stimmanteils dramatische Folgen haben.
Die Kandidatur einer kleinen Partei kann nicht nur aus finanziellen sondern auch aus formalen Gründen scheitern. Die Wahlvorschläge nicht-etablierter, in der Regel noch nicht in dem zu wählenden Gremium vertretener Vereinigungen müssen von einer bestimmten Menge von Unterstützer-Unterschriften begleitet sein, deren Zahl je nach Art der Wahl und Größe des Wahlgebiets variiert. Gruppierungen ohne flächendeckende Organisationsstruktur sind oft damit überfordert, im gesamten Wahlgebiet die notwendigen Unterschriften zu sammeln, können somit nur punktuell antreten und haben dadurch von vornherein kaum eine Chance, die vorher beschriebenen Hürden zu überwinden.
Doch selbst beim Vorliegen der nötigen Unterstützer-Unterschriften kann die Kandidatur noch daran scheitern, dass der zuständige Wahlleiter oder Wahlausschuss nicht den Parteistatus der sich bewerbenden Organisation anerkennt. Nach § 2, Abs. 1 des Parteiengesetzes ist eine Vereinigung nur dann als Partei anzusehen, "wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit"[3] ihres Anspruches bietet. Diese Kriterien lassen jedoch Interpretationsspielraum und sind nicht durch genaue Festlegungen für jeden Bewerber gleich und überprüfbar. Beschwerden oder Klagen gegen Entscheidungen der Wahlausschüsse sind in der Regel erfolglos; die Gremien selbst setzen sich de facto nur aus Vertretern etablierter Parteien zusammen.
Die vom Gesetzgeber gewollten oder zumindest in Kauf genommenen Wettbewerbsnachteile kleiner Parteien können als berechtigt angesehen werden vor dem Hintergrund einer "wehrhaften" Demokratie, die alle Kräfte, die ihren Grundkonsens in Frage stellen, von der politischen Bühne fernhalten möchte. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der kurzlebigen Weimarer Demokratie soll sowohl den extremen Kräften am linken und rechten Rand der Einzug ins Parlament erschwert werden als auch ein Überhandnehmen der Vertreter divergierender Partikularinteressen, die die Funktionsfähigkeit der Demokratie in ihrer Mitte aushöhlen.
Die hier dargestellten Einschränkungen sind jedoch fast nur formaler Art und somit nicht nachhaltig geeignet, extremistische Kräfte zu bremsen, zumal diese oft straff organisiert sind und von ihren Mitgliedern einen hohen Einsatz erwarten. Die Hürden behindern eher die Arbeit von in verschiedener Hinsicht "harmlosen" Kleinparteien. Während beispielsweise in den letzten Jahren und Jahrzehnten Wahlkampfkostenerstattung in Millionenhöhe an Parteien wie NPD und DVU geflossen ist, haben zwei Landtagswahlen mit einem Ergebnis von jeweils 0,4 % 1983 das Schicksal der Liberalen Demokraten im ersten Jahr ihres Bestehens bereits so gut wie besiegelt. Angesichts solcher Beobachtungen ist zu fragen, ob durch diese Restriktionen wirklich eher demokratische Strukturen stabilisiert werden oder an sich wünschenswerte Partizipation verhindert wird. Daher plädieren die unter Literatur genannten jüngeren Untersuchungen in unterschiedlicher Akzentsetzung dafür, die Berechtigung und Wirksamkeit der einschlägigen Regelungen zu überprüfen und sie teilweise zu liberalisieren oder transparenter und verbindlicher zu gestalten.
Deutsche Kleinparteien
In der heutigen Bundesrepublik Deutschland gab und gibt es mehrere hundert Kleinparteien, zwischen denen in Hinblick auf Organisationsgrad, Lebensdauer und politische Ausrichtung erhebliche Unterschiede bestehen.
Die meiste Aufmerksamkeit in den Medien und im politischen Diskurs fanden und finden Kleinparteien, die entweder am linken oder rechten Rand der Gesellschaft aktiv sind und die teilweise vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Unter den Beachtung findenden Kleinparteien sind weiterhin Gruppierungen, die sich weniger in eine bestimmte weltanschauliche Richtung einordnen lassen und die sich oft besonderen, nicht primär politischen Bereichen widmen – zum Beispiel die Deutsche Sexliga oder die Biertrinker Partei (siehe auch: Spaßpartei).
Auch spirituell ausgerichtete Parteien finden sich unter den Kleinparteien, so beispielsweise die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) oder die bis 2004 existierende, an der TM-Bewegung des Maharishi Mahesh Yogi orientierte Naturgesetzpartei.
Ungeachtet der Extreme und Exoten handelt es sich bei der Mehrheit der in den letzten Jahrzehnten in Erscheinung getretenen Kleinparteien jedoch um Gruppierungen, die die demokratischen Spielregeln dieses Staates akzeptieren und sich von den etablierten Parteien zunächst nur durch ihre organisatorische Schwäche und eine geringere Resonanz bei den Wählern unterscheiden. Während ein beträchtlicher Teil dieser Kräfte ein möglichst breites Spektrum an Interessenten ansprechen möchte, gibt es andere Parteien, die sich auf die Wahrnehmung partikularer Interessen beschränken. Diese finden sich mehr oder weniger in Bezug auf das Gesamtsystem mit der Rolle einer Kleinpartei ab, können jedoch durch die Konzentration auf bestimmte Teilbereiche mitunter dort eine gewisse Relevanz erreichen.
Die partikulare Orientierung kann sich auf verschiedene Bereiche beziehen:
- eine Partei, die nur in einer Stadt oder Region in Erscheinung tritt, wird häufig als Lokal- oder Regionalpartei bezeichnet. Beispiele dafür sind u.a. die Bayernpartei, die Volkspartei Mecklenburg-Vorpommern oder der Süd-Schleswigsche Wählerverband. Die letztgenannte Formation beschränkt ihre Wirksamkeit auf Schleswig-Holstein. Da sie dies aber tut, weil nur dort die dänische Bevölkerungsminderheit eine Rolle spielt, könnte sie auch als Beispiel für die nächste Gruppe gelten:
- Parteien, die nur die Interessen einer bestimmten sozialen Gruppe vertreten, lassen sich eventuell als "Interessenparteien" bezeichnen, sofern man nicht davon ausgeht, dass es zum Wesen jeglicher Partei gehört, bestimmte Interessen mehr oder weniger explizit zu vertreten. Bei diesen sozialen Gruppen kann es sich um bestimmte Altersgruppen handeln (zum Beispiel Die Grauen – Graue Panther oder Jugendparteien wie future! oder PETO) oder um Geschlechter (Frauenpartei und andere feministische Gruppierungen), aber auch um Gruppen mit bestimmtem sozialen Status wie Arbeitslose (PASS), Rentner oder Mittelständler (Mittelstands-Partei u.a.). Eine gewisse Rolle spielten in den Anfangsjahren der Bundesrepublik Parteien, die wie der BHE die Interessen der Heimatvertriebenen vertraten, diese haben jedoch zunehmend an Bedeutung verloren. Je enger umrissen die von ihr vertretene Gruppe oder das von ihr artikulierte Interesse ist, desto mehr nähert sich eine Partei der dritten Kategorie:
- Parteien, die nur ein Thema oder eine Forderung in den Fokus ihres Interesses rücken und dies zumeist auch bei der Namensgebung berücksichtigen, werden in der Forschung oft als "Single-issue-Parteien" bezeichnet. Sie können, wenn sie das richtige Thema zum passenden Zeitpunkt aufgreifen, kurzfristige Wahlerfolge erzielen, stehen dann aber oft vor der Alternative, sich entweder auch mit anderen Politikfeldern zu befassen oder wieder in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Parteien, die sich sehr spezifischen und nicht im engeren Sinne politischen Themen widmen, sind kaum noch von den so genannten Spaß- oder Anti-Parteien zu unterscheiden, hinsichtlich deren "Ernsthaftigkeit" zumindest Zweifel berechtigt erscheinen.
Eine andere Möglichkeit, Kleinparteien zu typisieren, ist ihre Entstehung bzw. Herkunft. Ein Teil von ihnen wurde als Abspaltung (aus programmatischen oder persönlichen Motiven) von einer bereits bestehenden, oft schon etablierten Partei gegründet; in der deutschen Nachkriegsgeschichte konnte jedoch keine solche Gruppierung sich zu einer ernsten Konkurrenz für ihre "Mutterpartei" entwickeln. Eine andere Gruppe entstand in Situationen, wo sich gesellschaftliche Kräfte oder soziale Bewegungen dazu entschlossen haben, den Status einer Partei anzunehmen, um nach Möglichkeit auch im parlamentarischen Raum wirksam werden zu können. Prominenteste Vertreter dieses Typs sind die Grünen, denen es im Grunde als einziger Neugründung der letzten Jahrzehnte in Deutschland gelungen ist, in den Kreis der etablierten Parteien vorzustoßen. Daneben gibt es immer wieder Parteigründungen "am grünen Tisch", d.h. von kleinen Gruppen ohne Bezug zu gesellschaftlich relevanten Kräften; diese blieben jedoch meist ebenso marginal wie kurzlebig.
Rechte Kleinparteien
Am rechten Rand der deutschen Gesellschaft können beispielsweise die NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) und die DVU genannt werden. Rechtspopulistische Parteien sind beispielsweise die Republikaner, und die Partei Rechtsstaatlicher Offensive, wobei sich letztere, ähnlich wie die DSU, um ein seriöseres Erscheinungsbild bemüht, indem sie eine politisch korrekte und stilistische Sprache verwendet und versucht, die Immigrantenpolitik nicht überzubewerten. Auch erfolgt eine Abgrenzung zum Rechtsextremismus. Einige von ihnen konnten zeitweise in manchen Bundesländern die 5%-Hürde überschreiten. Ende der 1960er Jahre etwa schaffte die NPD den Einzug in einige Landesparlamente, konnte sich dort aber nicht lange halten. Erst 2004 konnte sie in Sachsen wieder in einen Landtag einziehen. Seit der Landtagswahl vom 17. September 2006 ist sie auch im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern mit 6 Mandaten vertreten. Die DVU ist derzeit im Landtag von Brandenburg vertreten sowie mit einem Sitz in der Bremischen Bürgerschaft. Auch der Erfolg der Partei Rechtsstaatlicher Offensive in Hamburg bei den Bürgerschaftswahlen 2001, der sogar zu einer Regierungsbeteiligung dieser Partei im Hamburger Senat geführt hatte, war nur von kurzer Dauer. Nach einem Zerwürfnis zwischen Bürgermeister Ole von Beust und dem damaligen Zweiten Bürgermeister Ronald Schill entzweite sich die Partei. Bei den anschließenden vorgezogenen Neuwahlen konnte weder die Partei Rechtsstaatlicher Offensive noch die Liste Pro DM/Schill die 5%-Hürde überspringen.
Allerdings erhielten die entsprechenden Parteien vor allem in den ostdeutschen Bundesländern seit den Protesten gegen die von großen Teilen der Bevölkerung als ungerecht empfundene Sozialpolitik der Agenda 2010, vor allem der Hartz-IV-Gesetzgebung der Bundesregierung der Koalition SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit dem Bundeskanzler Gerhard Schröder bis 2004, zunehmend neuen Auftrieb. Bei den Landtagswahlen vom 19. September 2004 in Brandenburg schaffte die DVU den Wiedereinzug in den dortigen Landtag. Gleichzeitig erzielte die NPD in Sachsen mit 9,2% einen Wahlerfolg und zog nach 36 Jahren das erste Mal wieder in ein deutsches Landesparlament ein. Kurz nach diesem Erfolg beschlossen beide Parteien Anfang Oktober 2004, für die nächstfolgende Bundestagswahl eine gemeinsame Liste aufzustellen. Zwar blieb ein ähnlicher Erfolg der Rechtsextremen wie in den vorausgehenden Landtagswahlen bei der Bundestagswahl am 18. September 2005 aus, allerdings konnte die NPD mit 1,6% der Zweitstimmen ihr Ergebnis um 1,2 Prozentpunkte steigern und damit vervierfachen. Von den Erststimmen entfielen sogar 1,8% auf sie. 2002 waren es lediglich 0,2%. Zu berücksichtigen ist auch, dass damals die DVU ihr nicht als Partner, sondern als Konkurrent gegenüber stand.
Linke Kleinparteien; Kommunistische Gruppierungen
Im linken Spektrum entstanden Ende der 1960er Jahre mit dem Abflauen der Studentenbewegung (APO) mehrere heftig gegeneinander konkurrierende Kleinparteien, die sich an verschiedenen Richtungen des Kommunismus orientierten (die sogenannten K-Gruppen).
Über einen längeren Zeitraum am stabilsten erwies sich die an der SED der DDR orientierte 1968 gegründete Deutsche Kommunistische Partei, die sich selbst als Nachfolgerin der 1956 verbotenen verfassungsfeindlichen Kommunistischen Partei Deutschlands betrachtete. Sie konnte auf Bundes- oder Landesebene jedoch parlamentarisch nicht Fuß fassen. Lediglich in einigen Kommunalparlamenten (zum Beispiel in Tübingen, Marburg, einigen Städten des Ruhrgebiets und Mörfelden-Walldorf/Hessen (dort erzielte sie 2006 11,6%)) war und ist sie teilweise bis in die Gegenwart vertreten. Nach dem Ende der DDR und damit auch der SED traten viele Mitglieder aus der DKP aus.
Andere kleine kommunistische Parteien in der Bundesrepublik gingen zwischen den 1970er und 1990er Jahren verschiedentlich Bündnisse miteinander ein, spalteten sich dann oft wegen ideologischer Grabenkämpfe, lebten als Neugründungen unter anderen Namen wieder auf, bis sich viele von ihnen im Laufe der 1980er und 1990er Jahre schließlich auflösten. Zu diesen Parteien gehörten unter anderem der Kommunistische Bund, der Kommunistische Bund Westdeutschland, von dem sich dann der Bund Westdeutscher Kommunisten abspaltete, die trotzkistische Gruppe Internationale Marxisten, der stalinistische Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands, aus dem später die heute noch aktive Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands hervorging, oder die maoistische Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten. GIM und KPD/ML vereinigten sich 1986 zur Vereinigten Sozialistischen Partei, die bis Ende der 1990er Jahre existierte. 2004 gründete sich in Stuttgart die Sozialistische Volkspartei, eine demokratisch-sozialistische Vereinigung, deren Ansichten der ehemaligen PDS nahe stehen.
Die Internationale Kommunistische Partei (IKP), die zwischen 1974 und 1981 auch in Westdeutschland aktiv war, stellte hingegen eine Sektion einer Strömung dar, die sich auf den Gründer und ersten Vorsitzenden der Italienischen Kommunistischen Partei, Amadeo Bordiga, stützte.
Vom Status der Kleinpartei zur Regierungsbeteiligung: Die Grünen
Anfang der 1980er Jahre schlossen sich einige ehemalige Anhänger der K-Gruppen der neu gegründeten Partei Die Grünen (heute Bündnis 90/Die Grünen) an, in der sich Anhänger der Neuen sozialen Bewegungen wie etwa der Friedensbewegung oder der Anti-Atomkraft-Bewegung sowie der Neuen Linken aber auch einige rechtspopulistische und teilweise auch rechtsextreme Blut-und-Boden-Ökologen sammelten, um ein parlamentarisches Spielbein der bis dahin außerparlamentarischen Bewegung zu bilden. Schon früh trennten sich die Grünen von den Rechtskonservativen in ihren Reihen. Diese gründeten die bis heute über den Status einer Kleinpartei nicht hinaus gekommene ökologisch-wertkonservative ödp.
Seit 1983 konnten die Grünen mit der Wahl in den Bundestag ihren außerparlamentarischen Status überwinden und etablierten sich zunehmend als weitere parlamentarische Kraft – bis hin zur Regierungsbeteiligung von 1998 bis 2005 in der Koalition mit der SPD. Am Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre waren aus Protest gegen den zunehmend realpolitischen Kurs der Partei relativ viele so genannte Ökosozialisten ausgetreten, unter ihnen 1991 auch eine Mitbegründerin der Grünen, Jutta Ditfurth, die in Frankfurt die Partei Ökologische Linke gründete, die ihre Existenz jedoch als außerparlamentarische Kleinpartei weiter führen musste. Nach der Zustimmung der Grünen zum Jugoslawienkrieg gab es weitere Versuche, eine neue linke Partei aus dem Umfeld enttäuschter ehemaliger Anhänger zu gründen, so etwa die Regenbogen-Fraktion in Hamburg oder die Demokratische Linke in Berlin.
Einige ehemalige Mitglieder kommunistischer Splittergruppen konnten über ihre Mitgliedschaft bei den Grünen bis heute hohe politische Ämter erringen (zum Beispiel Antje Vollmer als stellvertretende Bundestagspräsidentin oder Jürgen Trittin als Bundesumweltminister).
Etablierte Parteien, die zeitweilig und regional begrenzt Kleinparteien waren
In den alten Bundesländern erreichte die PDS bei Landtags- und Bundestagswahlen nur den Rang einer Kleinpartei. Nach dem Wahlbündnis mit der WASG konnte die Partei unter dem neuen Namen Die Linkspartei. für die Bundestagswahl 2005 diesen Status auch im Westen der Republik überwinden, wobei das Ergebnis dort trotzdem unter 5% lag. Erst 2007 konnte die neue gegründete Partei ins Bremer Landesparlament einziehen.
Ähnliches galt Ende der 1990er Jahre für die FDP in den neuen Bundesländern sowie in Bayern. Dort erreichte sie teilweise nur Wahlergebnisse von knapp über 1%. Sie konnte allerdings in der jüngeren Vergangenheit wieder deutlich aufholen und ist in den meisten Parlamenten wieder vertreten.
Einzelnachweise
- ↑ Regine Roemheld: Minorisierung als Herrschaftssicherung. Zur Innovationsfähigkeit des westdeutschen Parteiensystems. Frankfurt / New York 1983, S. 54ff.
- ↑ Olaf Jandura: Kleinparteien in der Mediendemokratie. Wiesbaden 2007, S. 19/20. Melanie Haas: Auswirkungen der Großen Koalition auf das Parteiensystem. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 35-36/2007, S. 24.
- ↑ Zitat nach Jan Köhler: Parteien im Wettbewerb. Zu den Wettbewerbschancen nicht-etablierter politischer Parteien im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland. Baden-Baden 2006, S.80
Literatur
- Richard Stöss (Hrsg.): Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945 - 1980. 2 Bde. Westdeutscher Verlag, Opladen 1983 - 1984
- Dirk van den Boom: Politik diesseits der Macht? Zu Einfluß, Funktion und Stellung von Kleinparteien im politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Leske + Budrich, Opladen 1999. ISBN 3-8100-2510-0
- Andreas Schulze: Kleinparteien in Deutschland. Aufstieg und Fall nicht-etablierter politischer Vereinigungen. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2004. ISBN 3-8244-4558-1
- Uwe Jun u.a. (Hrsg.): Kleine Parteien im Aufwind. Zur Veränderung der deutschen Parteienlandschaft. Campus Verlag, Frankfurt / New York 2006. ISBN 3-593-38015-3
- Jan Köhler: Parteien im Wettbewerb. Zu den Wettbewerbschancen nicht-etablierter politischer Parteien im Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2006 (Schriften zum Parteienrecht, Bd. 30) ISBN 3-8329-1679-2
- Olaf Jandura: Kleinparteien in der Mediendemokratie. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007. ISBN 978-3-531-15018-5
- André Freudenberg: Freiheitlich-konservative Kleinparteien im wiedervereinigten Deutschland: Bund Freier Bürger, Deutsche Partei, Deutsche Soziale Union, Partei Rechtsstaatlicher Offensive. Leipzig: Engelsdorfer Verlag 2009, ISBN 3-86901-228-5
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