Sankt Jürgen

Sankt Jürgen
St. Georg – Standbild in der Kapelle auf der Burg Hohenzollern bei Hechingen im Zolllernalbkreis
Bulgarische Ikone des Heiligen Georg

Der Heilige Georg (* im 3. Jahrhundert evtl. in Kappadokien/Byzanz; † 23. April um 303 evtl. in Lydda, Palästina oder in Nikomedia) war ein Märtyrer, der zu Beginn der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian (284–305) gestorben sein soll. Im Laufe der Jahrhunderte wurde er zum beliebtesten Heiligen des Christentums. In den Ostkirchen wird er als Großmärtyrer und Erzmärtyrer verehrt.

Besondere Verbreitung hat die Drachentöter-Legende Georgs gefunden. Mit dem Drachen wird Georg erst etwa 800 Jahre nach der Verbreitung seiner Märtyrer-Legende in der Zeit der Kreuzzüge in Verbindung gebracht. Historische Angaben zu seiner Person sind ungewiss. 1969 wurde Georg aus diesem Grund in einem Reformakt von Papst Paul VI. offiziell aus dem katholischen Heiligenkalender entfernt. 1975 taucht der Name jedoch wieder im Römischen Generalkalender auf. Die Popularität und Verehrung des Heiligen wurde hierdurch kaum berührt.

St. Georg zählt zu den 14 Nothelfern, ist Namensgeber von Georgien und der Schutzpatron verschiedener Länder, (Adels-) Familien, Städte und Ritterorden. Der Vorname Georg (und sprachliche Abwandlungen) gehört zu den beliebtesten Vornamen in Europa.

Sein Symbol ist das sogenannte Georgskreuz. Das rote Kreuz auf weißem Grund ist in vielen Wappen und Flaggen enthalten. Weitere Heiligenattribute, die neben dem Georgskreuz als Erkennungsmerkmal dienen, sind der Drache, die Lanze sowie seine Darstellung als Ritter und Reiter. Der Märtyrer wird teilweise mit Palmwedel dargestellt.

Inhaltsverzeichnis

Die Legenden des Heiligen Georg

Die Quellenforschung an der Georgslegende deckt zwei Erzählkränze auf, wobei der Drachenkampf später der Legende zugefügt wurde. Inhaltlich haben sie außer dem Mut Georgs nichts gemeinsam. Während Georg in der älteren Legende den Tod als Märtyrer stirbt, ist er der Macht ausübende Held und aktiver Besieger des Bösen in der moderneren Drachenlegende. Beides im Zeichen Gottes, wie es der christlichen Legende entspricht.

Georg als Märtyrer

Die älteste Erwähnung Georgs vom Kirchenvater Eusebius († 339) berichtet knapp von seinem Tod als Märtyrer. Hierbei wird sein Todesdatum genannt, der heutige Namenstag des Heiligen. Um den kleinasiatisch-syrischen Raum bildeten sich bald Legenden, die von unterschiedlichen Daten und Ereignissen berichten, jedoch als Kern der Aussage die Grausamkeit der Folter haben und die Überwindung der Qualen Georgs durch seinen Glauben. Konkret protestiert Georg gegen Verfolgung und Diskriminierung von Christen und durchsteht unterschiedliche Foltermethoden, mit denen er dazu gebracht werden soll, dem Christentum abzusagen. Georg überlebt – je nach Legende – einige hiervon, bis zum (selbst angekündigten) Ende. Weitere Elemente betreffen in verschiedenen Quellen und späteren Zusätzen beispielsweise das christliche Armutsideal (Georg, dargestellt als edler Ritter, verschenkt sein Land an die Armen, bevor er seinen Protest offen macht) und die Zerstörung von Götzenbildern heidnischer Tempel.

Georg als Drachentöter

Darstellung in der Kirche Sogn Gieri

Als während der Zeit der Kreuzzüge der Erzengel Michael, ein beliebter Schutzpatron, an Popularität verlor, wurde die Eigenschaft des Drachentöters (Off 12,7-9) auf Georg übertragen. Dies geschah mehr als ein halbes Jahrtausend nach der Verbreitung seiner Märtyrer-Legende. Da die Märtyrer-Legende mit dem Tod endet, wurde die Drachen-Legende vorangestellt. Besonders verbreitet hat sich später die Version der Legenda aurea, die selbst aus verschiedenen Textversionen zusammen gesammelt wurde. In ihr befinden sich auch Anklänge an weitere Legenden (wie beispielsweise die Drachen-Legende der Heiligen Martha von Bethanien). Die Drachenlegende des Georgs von Kappadokien ähnelt verschiedenen Rittermärchen. Der Unterschied liegt in der Aussage. Georg rettet die jungfräuliche Königstochter vor einer Bestie, dem Drachen, indem er diesen tötet. Die Königstochter ist ein Opfer, das der Drache von der Bevölkerung fordert. Das Land ist nach der Tötung befreit und Georg rät zur Taufe. Diese wird im großen Stil veranlasst. In verschiedenen Versionen der Legende an einer unterschiedlich großen Menschenanzahl, die die Wirkung des Wunders verdeutlichen soll. Hubertus Halbfas weist darauf hin, dass Georg nicht die Königstochter heiratet, da die Taufe das inhaltliche Ziel der Legende ist. Der Drachenkampf ist der mutige Kampf gegen das Böse. Im christlichen Zusammenhang lässt sich der Drache zumeist mit dem Teufel gleichsetzen.

Weitere Georgslegenden

Neben den beiden Hauptlegendensträngen, die im fortgeschrittenen Mittelalter gemeinsam die Lebensgeschichte Georgs bilden, gibt es weitere um ihn herum. So beispielsweise eine Legende, die berichtet, wie ein Drache mit Hilfe einer abgebrochenen Finger-Reliquie Georgs bezwungen wird.

Das Wunder am jungen Paphlagonier (Wandmalereien-Zyklus in der Kirche in Pawnisi, Georgien; 3. Viertel 12. Jh.) wird auf vielen Ikonen durch einen Jungen, der auf dem Pferd mitreitet und ein Gefäß in der Hand hält, illustriert. Das Sujet hat historischen Hintergrund: 917/918 wurde die byzantinische Armee vom bulgarischen Zaren Simeon I. bei Anchialos und Katasirti geschlagen. Die Legende erzählt, dass ein junger Paphlagonier in Gefangenschaft gerät und einem bulgarischen Adligen in der bulgarischen Hauptstadt Preslaw dienen muss. Eines Tages, als er ein Gefäß (Kukumion) mit warmem Wasser ins Obergeschoss bringt, erscheint ein Reiter und bringt ihn augenblicklich zu seinem Elternhaus in Paphlagonien zurück. Dort feiern gerade seine Eltern die Trauerliturgie, da sie ihn für tot halten.

Wichtig für die Ausbreitung des Georgkultes in christlichen Ländern ist die Einnahme Jerusalems durch das internationale Kreuzritterheer. Hierbei erscheint Georg als weißer Ritter und hilft bei der Einnahme der Stadt. Georg als weißer Ritter entstammt eventuell der georgischen Tradition. Durch die Internationalität der Kreuzzüge verbreitete sich dieses spezielle Bild rasch und prägt bald die Darstellungen, zu der dann auch der Drache kommt.

Die Georgsverehrung

Georg war ursprünglich ein Heiliger der östlichen Christenheit, ausgehend vom Vorderen Orient, Äthiopien und Ägypten. Im merowingischen Frankenreich ist die Georgsverehrung schon im 6. Jahrhundert bezeugt, die größte Popularität wurde Georg jedoch im hohen Mittelalter zuteil. Im Zeitalter der Kreuzzüge und des Rittertums verbreitete sich der Kult um den orientalischen Märtyrer zusehends. Georg wurde zum Schlachtenhelfer bei der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer (15. Juli 1099), wurde als miles Christi, als Soldat Christi zur Identifikationsfigur der Ritter und Krieger, zum Heiligen von Ritterorden wie dem gegen Ende des 12. Jahrhunderts entstandenen Deutschen Orden oder den Templern. In den letzten Jahrhunderten des Mittelalters war Georg der Patron von Städten, Burgen, Herrscherhäusern; er wurde der Erste der 14 Nothelfer. Die im Zeichen des Heiligen Georg geschlossenen Schwureinungen (Austrags- bzw. Fehdegenossenschaften) des spätmittelalterlichen Ritteradels (zum Beispiel: Gesellschaften mit St. Jörgenschild) gehören ebenso hierher wie die Adaption Georgs durch das städtische Bürgertum.

Georg, Märtyrer und Ritter, wurde in der Ikonografie (Darstellung des Heiligen im späteren Mittelalter) mit Palme, (abgebrochener) Lanze, Schwert und Schild versehen, er war der Siegbannerträger mit Fahne und der (reitende) Drachenkämpfer mit dem besiegten Drachen, dem Sinnbild des Bösen, zu seinen Füßen. Georg galt als Ritter der Gottesmutter Maria auf Erden, dem im Übrigen der drachentötende Erzengel Michael im Himmel entsprach.

Dabei dokumentiert der Wandel der Verehrung Georgs vom passiven, schmerzleidenden Märtyrer zum Patron der Kriegsleute den entsprechenden Wandel des Christentums von einer pazifistischen Religion zur Religion der Kreuzzüge. Vermutlich übernahm Georg hier das Drachenattribut vom Erzengel Michael, der durch Misserfolge bei den Kreuzzügen an Popularität verloren hatte. Zwar wurde Georg auch schon vor den Kreuzzügen als Ritter dargestellt, doch verfestigte sich dieses Bild durch diese Ereignisse.

Spätantike und frühmittelalterliche Reiseberichte über Palästina (6.-7. Jahrhundert)

Georg mit friedfertigem Palmwedel, aber als Ritter erkennbar (1473)

Der Georgsverehrung im 5. bis 7. Jahrhundert im damals christlichen, dann auch frühislamischen Palästina können wir auf Grund von Reiseberichten von Pilgern, die ins Heilige Land kamen, nachspüren. Schon bald nach dem Tod des Heiligen bildete sich an dessen Grab in Diospolis, dem früheren Lydda und heutigem Lod (bei Tel Aviv), das Zentrum der orientalischen Georgsverehrung. Der aus Nordafrika stammende Archidiakon (und Bibliothekar?) Theodosius, wenn der Name denn authentisch ist, berichtet um 518/530 in seinem Reisebericht von Diospolis als Ort des Martyriums Georgs. Ein anonymer Pilger aus dem norditalienischen Piacenza erwähnt um 570 dasselbe. Erst die von dem irischen Abt Adomnanus († 704) vom Inselkloster Iona verfasste Pilgergeschichte des gallischen Bischofs Arkulf, der um 680 Palästina bereiste, schildert ausführlicher einige orientalische Georgslegenden. In frühislamischer Zeit verband sich dann der christliche Märtyrer mit dem jüdisch-christlichen Propheten Elija, dem jüdisch-samaritanischen Priester Pinehas und dem islamischen Heiligen al-Khidr („der Grüne“) zu einer synkretistischen Figur, die in allen drei abrahamitischen Religionen zuhause ist.

Georgslegenden des späten Mittelalters (13.-15. Jahrhundert)

Der umfangreichen Georgsverehrung im späten Mittelalter entsprachen die damals verbreiteten Georgslegenden, die sich bei den Gläubigen großer Beliebtheit erfreuten. Variationen und Bearbeitungen des Lebens und Leidens des Erzmärtyrers begleiteten die ganze mittelalterliche Geschichte. Bis ins 12. Jahrhundert war so der Drachenkampf und die Errettung der Prinzessin in die Georgslegende mit einbezogen worden, und die um 1263/67 verfasste Legenda aurea des Jacobus de Voragine (ca. 1230–1298), eine umfangreiche Sammlung von Heiligenviten, berichtet ausführlich über den Heiligen. Eine Georgslegende in Versform ist die Reinbots von Durne (um 1240), die sich am „Willehalm“ und „Parzival“ Wolframs von Eschenbach (um 1200/20) anlehnt. Die Georgslegende Reinbots wurde dann im späten Mittelalter in die Prosafassung „Buch vom heiligen Georg“ umgeformt.

Georg als Schutzpatron

Beispiele der Verehrung Georgs als Schutzheiliger
(unvollständig - Wappen zeigen Beispiele der Benutzung der Heiligenattribute Georgs oder seiner Farben.)
Länder und Regionen
Äthiopien
Byzantinisches Reich
England
Georgien
Kappadokien
Katalonien
Litauen
Malta
Historisches Palästina
Serbien
Sizilien
Tirol
Zuständigkeit
gegen Fieber
gegen Hautkrankheiten
gegen Herpes
gegen Kriegsgefahren
gegen die Pest
Spitäler und Siechenhäuser
gegen Syphilis
gegen Versuchung
für das Vieh
für gutes Wetter
Berufe und Gruppen
Bauern
Bergleute
Böttcher
Feldarbeiter
Gefangene
Pfadfinder
Reiter
Ritter und Ritterorden
Sattler
Schmiede
Schlachter
Soldaten
Wanderer
Städte
Amersfoort (Niederlande)
Bad Aibling (Deutschland)
Barcelona (Spanien)
Bensheim (Deutschland)
Beit Jala (West Bank)
Eisenach (Deutschland)
Ferrara (Italien)
Freiburg im Breisgau (Deutschland)
Genua (Italien)
Grebenstein (Deutschland)
Haldern (Deutschland)
Hattingen (Deutschland)
Heide (Holstein)
Konstantinopel (Türkei)
Lod (Israel)
London (UK)
Moskau (Russland)
Ptuj (Slowenien)
St. Georgen (Deutschland)
Stein am Rhein (Schweiz)
Rio de Janeiro (Brasilien)

Reliquienverehrung

Georgs Reliquien werden an verschiedenen Orten verehrt. So z. B. in Toulouse, wo sein ganzer Körper liegen soll. Georgs Arm-Reliquie wird vielerorts gehuldigt. Der Kopf sollte zunächst in Ferrara aufbewahrt worden sein. Seit dem 8. Jahrhundert wird er in Rom verehrt. Der Schädel, oder ein Schädelteil, wird im Georgskloster auf der Insel Reichenau verehrt. Weitere Vermehrungen und Aufteilungen von Reliquien werden berichtet. Auch die Fahne Georgs wird als Reliquie verehrt.

Gedenktag

Katholisch Evangelisch Anglikanisch Orthodox (außer Georgien) Georgisch
23. April 23. April 23. April 23. April 23. November
(Nicht gebotener Gedenktag im Allgemeinen Römischen Kalender) Gedenktag in manchen anglikanischen Kirchen*) Die Altkalendarier feiern in den Jahren 1900 bis 2099 am westlichen 6. Mai, dem 23. April des alten Kalenders. Wenn der Feiertag in die Woche vor dem östlichen Ostersonntag fällt, dann verschiebt sich der Gedenktag zum östlichen Ostermontag. (gesetzlicher Feiertag)
*) z. B. in der Church of England, nicht jedoch in der Episcopal Church in the USA

Georg in Georgien

Georgsdenkmal im Zentrum von Tiflis

In Georgien entsteht der Mythos des Weißen Georg, Tetri Giorgi, bezeugt seit der Mitte des 9. Jahrhunderts. Georgische Ethnologen stellen die Entstehung des Namens in einen Zusammenhang mit einem heidnischen Mondgott, dem mythologischen Krieger Giorgi. Er soll in den Augen der Bevölkerung später mit dem Schutzheiligen Georgiens, dem Heiligen Georg verschmolzen sein. Giorgi besitzt die kämpferischen Eigenschaften Georgs und kämpft gegen Ungerechtigkeit.

Dem Mythos nach, griff der Heilige persönlich in Kämpfe gegen Georgiens Feinde ein. Er soll am 12. August 1121 an der Schlacht von Didgori gegen die Seldschuken und 1659 am Bachtrioni-Aufstand gegen die Perser teilgenommen haben.

Eine andere Legende berichtet, der Heilige sei nach dem Tod in 365 Stücke zerteilt und seine sterblichen Überreste in ganz Georgien bestattet worden. Viele Kirchenbauten in Transkaukasien sollen auf Bestattungsorten Georgs errichtet worden sein.

Georgsverehrung im deutschen Sprachraum (ab 896)

Georgskirche auf Reichenau

Georgskirche in Reichenau-Oberzell

In den ersten Jahrhunderten des Mittelalters waren Verehrung und Reliquien Georgs auch nach Italien und ins merowingische Frankenreich gelangt. Der Mainzer Erzbischof und Reichenauer Abt Hatto I. (891–913) erhielt 896 in Rom von Papst Formosus (891–896) Reliquien, die seitdem in der Georgskirche auf der Insel Reichenau verehrt wurden. Der durch den Mainzer Erzbischof eingeführte Kult um den heiligen Georg lässt sich auf der Insel Reichenau auch in den folgenden Jahrhunderten des hohen Mittelalters gut verfolgen.

Ob das althochdeutsche Georgslied an den Bodensee gehört, ist umstritten. Um die Mitte des 11. Jahrhunderts verfasste der bekannte Historiograf Hermann von Reichenau († 1054) eine Historia sancti Georgii („Geschichte des heiligen Georgs“), eine lateinische Dichtung, die leider verloren gegangen ist. Aus einer Reichenauer Handschrift des 12. Jahrhunderts stammen schließlich mehrere mit Neumen, der mittelalterlichen Notenschrift versehene, lateinische Zeilen, ein Loblied auf den Märtyrerheiligen.

Das althochdeutsche Georgslied (9.-11. Jahrhundert)

In einer Handschrift des ersten namentlich bekannten althochdeutschen Dichters Otfrid von Weißenburg (* um 800, † nach 870) trug an der Wende zum oder am Beginn des 11. Jahrhunderts ein unbekannter Schreiber die althochdeutsche Dichtung des Georgsliedes ein. Das Lied berichtet von der Bekehrung, der Verurteilung, dem Martyrium und den Wundern des Heiligen.

Erzbischof Anno II. von Köln (11. Jahrhundert)

St.Georg im Nordfenster des Kölner Doms

Als Beispiel für eine starke Georgsverehrung im deutschen Sprachraum kann die Person des heiligen Kölner Erzbischofs Anno II. (1010–1075) dargestellt werden. Anno stammte aus St. Gallen, wo seit der Wende zum 9. Jahrhundert der Georgskult belegt ist. Auch während Annos geistlicher Ausbildung in Bamberg, an der unter anderen dem heiligen Georg geweihten Domkirche, war der Heilige präsent. Somit war es folgerichtig, dass Anno weiter der Georgsverehrung anhing. Sichtbares Zeugnis ist die Gründung des Kölner Georgstifts in den Jahren 1056/1058. Vielleicht bewohnte Anno zeitweise auch ein Haus unmittelbar an St. Georg, das mit einer Georgskapelle ausgestattet war. Auch die Georgsverehrung im Kloster Siegburg, ebenfalls einer Gründung Annos, ist wahrscheinlich durch den Erzbischof vermittelt worden. Aus den folgenden Jahrhunderten sind dann weitere Zeugnisse des Georgskultes überliefert, die mit der Heiligenverehrung Annos in Verbindung gebracht werden können: Der Siegburger Benignusschrein, um 1190 entstanden, zeigt auf seiner rechten Seite die Heiligen Anno, Erasmus, Georg und Nikolaus. Der im Kölner Kloster St. Pantaleon um 1186 gefertigte Albinusschrein bildet ebenfalls – unter den sieben christlichen Haupttugenden – den Märtyrer ab. Umgekehrt waren im Kölner Georgstift Reliquien des Erzbischofs Anno zu finden.

St. Georgen im Schwarzwald (11. Jahrhundert)

Das Kloster Sankt Georgen im Schwarzwald geht zurück auf die Georgsverehrung auf der Insel Reichenau, die die Reichenauer Klostervögte, die im 11. Jahrhundert aus der Familie des St. Georgener Klostergründers Hezelo stammten, beeinflusst haben muss. Ihr Gebetshaus bei ihrer Stammburg in Königseggwald war wohl an der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert dem heiligen Georg geweiht und mit entsprechenden Reliquien versehen worden. Im Zuge der Schwarzwälder Klostergründung Hezelos und Hessos (1084/1085) gelangten Reliquien des Heiligen schließlich nach St. Georgen im Schwarzwald und führten zur Namensstiftung.

Georgsbrunnen in Augsburg

Georg als Patron der deutschen Ritter

Nachdem Georg der Heilige der Ritter und Kriegsleute geworden ist, wird seine Rolle auch durch den Deutschen Ritterorden weiter gefördert. So beispielsweise in Polen und im Baltikum. Noch heute ist er Nationalheiliger von Litauen. Alleine dreizehn Ritterorden benennen sich nach ihm.

Der habsburgische Kaiser Maximilian I. (1459–1519), der auch den Beinamen „der letzte Ritter“ trägt, lässt Sankt Georg in seinen Stammbaum eintragen und macht ihn zum Schutzherren seiner Familie. Beigesetzt ist Maximilian in der St. Georgskirche in Wiener Neustadt.

Georg im Volksbrauchtum

Neben den beschriebenen Verbreitungsanfängen und Beispielen der Verehrung im deutschen Sprachraum durch Kirchen und Klöster, Adel und Rittertum, sowie der Dichtung und Literatur spielt Georg auch im Volksglauben eine Rolle. So bildet seine Drachenlegende vermutlich die Vorlage zum Further Drachenstich (ab 1590), der bis zum Verbot Teil der Further Fronleichnamsprozession war.

Um Georg bildeten sich auch wichtige Bauernregeln heraus. Beispielsweise durften ab dem Georgstag (23. April) die Felder nicht mehr betreten werden.

Georg in England

St. Georg in St. Mary's Church in Sandwich/Kent
Revers eines britischen Goldsovereigns, St. Georg im Kampf mit dem Drachen

Auf der Synode von Oxford im Jahr 1222 soll Georg zum Patron Englands gewählt worden sein und wurde Schutzherr von Richard Löwenherz und seinen Nachkommen.

Verschiedene Orden, wie der noble Hosenbandorden (Gründung 1348), das Georgs-Kreuz oder die Georgsmedaille, verstehen sich im Zeichen Georgs. Edward III. (1312–1377) widmete ihm die Georgs-Kapelle in Schloss Windsor. William Shakespeare lässt in seinem Theaterstück Heinrich V. (1600) die Soldaten ausrufen „Gott mit Heinrich! England! Sankt Georg!”.

Dem roten Georgskreuz kommt vor allem Bedeutung in der Handels- und Kriegesgeschichte des Landes zu. Es gilt als eines der ersten Zeichen, die das Land repräsentieren. Das Kreuz auf weißem Gewand wird zur Kleidung der englischen Soldaten. Um 1277 wird die Flagge Nationalfahne und geht später auch in den Union Jack ein. Als Zeichen Englands zieht es mit den Eroberungen der englischen Krone um die Welt und wird von vielen ehemaligen Kolonien aufgenommen. Sowohl in Staatswappen, wie auch in Handels- und Kriegsflaggen. Noch heute ist das White Ensign mit dem Georgskreuz die Kriegsflagge des Vereinigten Königreichs und Indiens.

Auch über die Church of England verbreiteten sich die Symbole Georgs. Beispielsweise nutzt die Episcopal Church in the USA ebenfalls das Georgskreuz, auch wenn der Gedenktag des Heiligen im aktuellen Kalender des Book of Common Prayer aus dem Jahr 1979 nicht mehr erscheint.

Sankt Georg in der Kunst

Der heilige Georg war zu allen Zeiten ein beliebtes Motiv in der Kunst. Die vermutlich älteste gesicherte Darstellung ist ein Fresko aus dem 6. Jahrhundert in Ägypten. Die bekanntesten Gemälde stammen vielleicht von Albrecht Dürer (Paumgartner Altar, 1503, Alte Pinakothek München), Donatello und „Georg und Michael“ von Raffael im Pariser Louvre. Die wohl umfassenste Darstellung verschiedener Georgslegenden ist mit dem Bilderzyklus im Schloss Jindřichův Hradec in Neuhaus/Böhmen geschaffen worden. Im Ostseeraum ist die kolossale Reitergruppe des St. Georg als Drachentöter des Lübecker Bildhauers Bernt Notke, 1489 gefertigt für den schwedischen Reichsverweser Sten Sture in der Nikolaikirche von Stockholm, herausragend für das ausgehende Mittelalter. Ein Gipsabguss der Stockholmer Gruppe steht in der Lübecker Katharinenkirche. Im Lübecker St.-Annen-Kloster befindet sich eine weitere Skulpturengruppe des Lübecker Künstlers Henning von der Heyde im 3/4 Format. Unter der Vielzahl der Darstellungen ist auch die Bronzegruppe von Martin und Georg von Clausenburg (1373) im Prager Burghof erwähnenswert. Sehenswert ist auch das vergoldete Denkmal des St. Georg in der thüringischen Stadt Eisenach, das ihn mit einem Drachen zeigt.

Patronanzen und Namensgebungen

Die koptische Georgs-Felsenkirche in Lalibela
Briefmarke der Deutschen Bundespost (1961) mit St. Georg als Schutzpatron aller Pfadfinder

Wichtige Georgsklöster und -kirchen:

Namensvarianten:

Spezielles:

Heraldik

Er ist in folgenden Wappen dargestellt:

Siehe auch Galerie Heiliger in Wappen

Literatur

  • Horst Brunner: Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters im Überblick (= RUB 9485). Stuttgart 2003, S.267, 326
  • Michael Buhlmann: Wie der heilige Georg nach St. Georgen kam. (= Vertex Alemanniae, H.1). St. Georgen 2001
  • Michael Buhlmann: Zu den Anfängen der Georgsverehrung im christlich-frühislamischen Palästina (6.-7. Jahrhundert), in: Der Heimatbote 14 (2003), S.37-47
  • Michael Buhlmann: Quellen zur mittelalterlichen Geschichte Ratingens und seiner Stadtteile: XII. Besitz des Kölner Georgstifts in Homberg (1067?; kurz vor 1148), in: Die Quecke 73 (2003), S.21ff
  • Herbert Donner: Pilgerfahrt ins Heilige Land. Die ältesten Berichte christlicher Palästinapilger (4.-7. Jahrhundert). Stuttgart 2. Aufl. 2002
  • Herbert Donner: St. Georg in den großen Religionen des Morgen- und Abendlandes, in: H. M. Müller (Hrsg.): Reformation und Praktische Theologie. Festschrift für W. Jetter. Göttingen 1983, S.51-60
  • Georg, in: H. L. Keller (Hrsg.): Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Stuttgart 1987, S.248-252
  • Wolfgang Haubrichs: Georgslied und Georgslegende im frühen Mittelalter. Text und Rekonstruktion. Königstein im Taunus 1979
  • A. Krefting: St. Michael und St. Georg in ihren geistesgeschichtlichen Beziehungen (= Deutsche Arbeiten an der Universität Köln, Nr. 14). Jena 1937
  • Eckhard Meineke, Judith Schwerdt: Einführung in das Althochdeutsche (= UTB 2167). Paderborn u.a. 2001, S.115ff
  • E. Lucchesi Palli u.a.: Georg, in: Lexikon der christlichen Ikonographie, Band 6: Ikonographie der Heiligen Crescentianus von Tunis bis Innocentia. Rom u.a. 1974, Sp.365-390
  • Gabriella Schubert: "Der Heilige Georg und der Georgstag auf dem Balkan". In: Zeitschrift für Balkanologie 4 (1985).
  • Ewald Volgger (Hrsg.): „Sankt Georg und sein Bilderzyklus in Neuhaus/Böhmen (Jindřichův Hradec) – Historische, kunsthistorische und theologische Beiträge“ Schriftenreihe: Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens;57 - N.G. Elwert Verlag, Marburg 2002 - ISBN 3-7708-1212-3
    • Darin unter anderem: „Hubertus Halfbas „Die Wahrheit der Legende
  • Jacobus de Voragine: Legenda aurea. Lateinisch/Deutsch, hg. v. R. Nickel (= RUB 8464). Stuttgart 1988, S.192-197
  • Hans Georg Wehrens: Die Stadtpatrone von Freiburg im Breisgau (Georg u.a.). Freiburg 2007, S.6-25 und 45 ff.

Weblinks


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