- Corps Brunsviga Göttingen
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Das Corps Brunsviga Göttingen ist ein Corps (Studentenverbindung) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen. Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Georg-August-Universität Göttingen.
Die Corpsmitglieder werden "Göttinger Braunschweiger" genannt oder – unter Anspielung auf die Mützenfarbe – "Schwarze Braunschweiger".
Inhaltsverzeichnis
Couleur
Brunsviga hat die Farben "schwarz-weiß-hellblau" mit silberner Perkussion. Dazu wird von den Aktiven und Inaktiven eine kleine schwarze Mütze ("Hinterhauptcouleur") getragen (siehe auch: Studentenmütze); Alte Herren tragen eine Mütze in größerem Format.
Wie bei allen Göttinger Corps tragen auch die Füchse bei Brunsviga kein Fuchsenband. Die Fuchsenmütze weist zusätzlich am oberen Rand eine weiße Litze auf.
Der Wahlspruch lautet "Fortiter adversis opponite pectora rebus!" (Zitat von Horaz: "Haltet dem Unglück stets eine starke Brust entgegen!").
Vorgeschichte
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Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels ("Schwarzer Herzog"), gemalt im Jahre 1809
Bereits im Laufe des 18. Jahrhunderts bestanden in Göttingen landsmannschaftliche Zusammenschlüsse der Braunschweiger Studenten. Das in Göttingen verwahrte Stammbuch Rupstein vermittelt mit Zeichnungen aus dem Jahr 1773 die studentische Uniform eines Mitgliedes der Braunschweiger Landsmannschaft jener Zeit im Vergleich zu denen der anderen bestehenden Landsmannschaften.[1] Mit den Farben weiß und blau nimmt diese Uniform bereits die späteren Corpsfarben vorweg.
Geschichte
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Mensur 1847: v. Korff (links), Corps Brunsviga, und Meyer, Corps Saxonia
Das Corps wurde unter dem Namen "Brunsvigia" am 11. August 1813 von Studenten aus dem Herzogtum Braunschweig und dem Bistum Halberstadt gegründet. Bisher waren die Studenten aus dem Herzogtum Braunschweig und dem Bistum Halberstadt zusammen mit den hessischen Studenten Mitglied einer "Hassonia" gewesen. Als aber im Jahre 1810 die frühere Landesuniversität des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel, die Universität Helmstedt, geschlossen wurde, kamen mehr braunschweigische und halberstädtische Studenten nach Göttingen, der traditionellen hannoverschen Landesuniversität. So stieg der Bedarf nach einem speziell braunschweigischen landsmannschaftlichen Zusammenschluss.
Die erste überlieferte Constitution des Corps datiert vom 18. Februar 1814 [2].
Die Farben waren anfangs "schwarz-blau-rot"[3], wobei das schwarz-blau aus den Uniformfarben der "Schwarzen Schar" des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels ("Schwarzer Herzog") abgeleitet wurde, das Rot stammte aus den Farben des Bistums Halberstadt (weiß-rot). Weitere Farbänderungen folgten (schwarz-blau, schwarz-blau-weiß), seit dem Jahre 1828 trägt Brunsviga "schwarz-weiß-hellblau".
Die braunschweigischen Studenten drückten durch die Farbwahl ihre Begeisterung für ihren Herzog aus, der in den Befreiungskriegen die Eigenständigkeit des Herzogtums Braunschweig gesichert hatte. Zur Legendenbildung trug bei, dass der Herzog in der Schlacht bei Quatre-Bras, wenige Tage vor der Schlacht bei Waterloo, sein Leben verlor (siehe auch: The Black Brunswicker).
Aus dem Kreise der Mitglieder des Corps gingen im Laufe des 19. Jahrhunderts mindestens vier Staatsminister (entsprechend dem heutigen Ministerpräsidenten) und weitere bedeutende Politiker des Herzogtums und der Stadt Braunschweig hervor. Dies zeigt die starke landsmannschaftliche Ausrichtung des Corps auf das Braunschweiger Land und die große Anziehungskraft auf führende Kreise des Herzogtums, aber auch des späteren Freistaates Braunschweig.
Brunsviga ist seit der Gründung des Verbandes im Jahre 1848 Mitglied im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV). 1855 stellte sie den ersten regulären Vorort.
In den 1860er Jahren bildete Brunsviga zusammen mit seinem Kartellcorps Corps Thuringia Jena ("Jenenser Thüringer") den Kern des "schwarzen Kreises", des ältesten Kreises innerhalb des KSCV. Der Name "schwarzer Kreis" wurde von der Mützenfarbe der Braunschweiger und Thüringer abgeleitet. Weitere Kreisgründungen mit anderen Farbbezeichnungen folgten.
Brunsviga ist seit 1846 durch ein "Kartell" mit Thuringia verbunden. Dieses ist das älteste ungebrochene Kartell im KSCV und damit vermutlich auch das älteste ununterbrochen bestehende Verhältnis von Studentenverbindungen im deutschsprachigen Raum überhaupt. Brunsviga und Thuringia bilden mit dem Corps Hassia-Gießen zu Mainz und dem Corps Suevia München seit 1909 das "Eisenacher Kartell", das als Kern des "Schwarzen Kreises" im KSCV gilt.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts übernahm Brunsviga Göttingen zwei Corps, die in der militärärztlichen Kaiser-Wilhelm-Akademie wurzelten: 1956 fusionierte sie mit der Saxonia Hann. Münden, nahm ihre Mitglieder auf und verpflichtete sich, ihre Tradition weiterzuführen. Mit der Franconia Hamburg wurde 1979 ein ähnlicher Vertrag abgeschlossen.
Corpshaus
Auf dem Stiftungsfest im Sommer 1894 fasste das Corps den prinzipiellen Beschluss, ein Corpshaus zu bauen. Erste Anregungen dazu kamen aus dem Jahre 1890. Die meisten Göttinger Corps hatten zu diesem Zeitpunkt bereits Corpshäuser oder planten den Bau. Wichtiger Grund war auch, dass den Corpsmitgliedern das traditionelle Verkehrslokal Deutscher Garten, nach seinem Wirt auch „auf dem Kaiser“ genannt, nicht mehr gefiel. Dort war die „lästige Nachbarschaft nichtfarbentragender Verbindungen“ zu ertragen.
Im Sommer 1896 konnte von den aufgebrachten Mitteln ein Grundstück in der Nähe des Bismarckhäuschens gekauft werden, direkt außerhalb des alten Stadtwalles im Süden der Stadt, heute Bürgerstr. 31.
Zum Stiftungsfest im Sommer 1899 wurde in Gegenwart von 150 Festteilnehmern der Grundstein des Corpshauses gelegt. Unmittelbar nach der Veranstaltung begann der Bau unter der Leitung des Baumeisters Wilhelm Rathkamp im Stile der Neorenaissance. Drei Alte Herren des Corps bildeten den Bauausschuss.
Bereits am 25. November 1899 wurde das Richtfest des Corpshauses im kleinen Rahmen gefeiert. Nach den Schlussfeierlichkeiten des Sommersemesters konnte das Corpshaus am 4. August 1900 seiner Bestimmung übergeben werden. Der Corpsdiener Kastner zog mit seiner Familie in die für ihn bestimmte Wohnung ein. In den Ferien wurde letzte Hand an die Inneneinrichtung gelegt.
Der tatsächliche Bezug des Corpshauses fand zu Beginn des Wintersemesters 1900/1901 statt. Das Haus wurde mehr und mehr zum Mittelpunkt des ganzen Corpslebens.[4]
Verhältnisse
Das Corps Brunsviga hat seit dem 19. Jahrhundert - hauptsächlich durch Vermittlung gemeinsamer Mitglieder - zahlreiche Beziehungen zu Corps an anderen Universitäten aufgebaut.[5]
Kartelle
- Corps Thuringia Jena (Kartell seit 1846)
- Corps Suevia München (Kartell seit 1888, befreundet seit 1868)
- Corps Hassia-Gießen zu Mainz (Kartell seit 1892, befreundet seit 1868)
- Corps Franconia Tübingen (Kartell seit 1920, befreundet seit 1876)
Befreundete Verhältnisse
- Corps Borussia Greifswald (befreundet seit 1879)
- Corps Hansea Königsberg (befreundet seit 1897, Vorstellungsverhältnis seit 1889)
- Corps Suevia-Straßburg zu Marburg (befreundet seit 1919, Vorstellungsverhältnis seit 1878)
- Corps Suevia Freiburg (befreundet seit 1919, Vorstellungsverhältnis seit 1889)
- Corps Bavaria Würzburg (befreundet seit 1924, Vorstellungsverhältnis seit 1912)
- Corps Gothia Innsbruck (befreundet seit 1995, Vorstellungsverhältnis seit 1919)
- Corps Saxonia Konstanz (befreundet seit 2004, Vorstellungsverhältnis seit 1954)
Weitere Verhältnisse
- Corps Saxonia Hann. Münden (fusioniert seit 1956)
- Corps Franconia Hamburg (Freundschaftsvertrag mit Traditionsübernahme seit 1979)
- Andree’sche Tischgesellschaft (ATG) Münden zu Göttingen (inoffizielles Verhältnis seit dem 19. Jahrhundert)
Bekannte Corpsmitglieder
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Max Liebermann: Bildnis Dr. Wilhelm Bode, 1904
- Wilhelm von Bode, Kunsthistoriker, Generaldirektor der staatlichen Kunstsammlungen in Berlin, Mitbegründer des modernen Museumswesens (Bodemuseum)
- Heinrich Böhmcker (1896-1944), Bürgermeister von Bremen (NSDAP)
- Hans Böhmcker (1899-1942); Senator von Lübeck (NSDAP), Beauftragter für die Stadt Amsterdam (1940-1942) unter Arthur Seyß-Inquart
- Alexander Conze, deutscher Archäologe, Ausgrabungen in Pergamon und Samothrake (Pergamonmuseum, Pergamonaltar), Direktor der Berliner Skulpturensammlung, Generalsekretär des Deutschen Archäologischen Instituts
- Eugen von Finckh, Ministerpräsident des Freistaates Oldenburg
- Julius Fressel, Professor für Gynäkologie, Ärztlicher Direktor der Hamburger Frauenklinik in der Finkenau, einer der größten Frauenkliniken Deutschlands (auch Mitglied beim Corps Hasso-Borussia Freiburg)
- Richard Frommel (1854-1912), Gynäkologe, Direktor der Universitäts-Frauenklinik Erlangen (1887-1901) (Chiari-Frommel-Syndrom)
- Adolph Goeden (1811-1888), Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
- Carl Maximilian Grüel (1807-1874), Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
- Walter Hermann von Heineke (1834-1901), Professor für Chirurgie an der Universität Erlangen, Geheimer Medizinalrat, Generalarzt (auch Mitglied im Corps Vandalia Berlin)
- Rudolf Henneberg, deutscher Kunstmaler (auch Mitglied beim Corps Vandalia Heidelberg)
- Heinrich Homann, Mitbegründer des Nationalkomitees Freies Deutschland, Vorsitzender der NDPD (1972-1989), stellvertretender Vorsitzender des Staatsrates der DDR (1960-1989), (auch Mitglied beim Corps Thuringia Jena)
- Rudolf Huch, deutscher Schriftsteller, Bruder von Ricarda Huch
- Klaus Liesen (* 1931), Industriemanager
- Karl Lueder (1834-1895), ordentlicher Professor für Strafrecht an der Universität Erlangen (auch Mitglied im Corps Vandalia Berlin und im Corps Saxonia Leipzig)
- Leo Meyer (1830-1910), Linguist und Russischer Staatsrat in Dorpat
- Wilhelm von Meyeren (1905-1983), Physiker, Professor für Festkörperphysik in Hannover
- Franz Eduard Hermann Rittscher, Senator der Hansestadt Lübeck, Rechtsanwalt der Mutter von Thomas und Heinrich Mann (auch Mitglied beim Corps Thuringia Jena)
- Herbert Conrad Nöhring (1900-1986), Botschafter
- Heinrich Stilling (1853-1911), Professor für Pathologie an der Universität Lausanne (auch Mitglied im Corps Rhenania Straßburg)
- Carl Völckers (1836-1914), Ophthalmologe in Kiel, erster deutscher Professor für Augenheilkunde
- Hans Wolf (Jurist) (1876-1944), Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig (1904-1922), Mitglied des Regentschaftsrats des Herzogtums Braunschweig, „Exzellenz“
Braunschweiger Staatsminister
Das Corps Brunsviga Göttingen hat im Laufe des 19. Jahrhunderts mindestens vier Braunschweigische Staatsminister (was in etwa dem heutigen Ministerpräsidenten entspricht) hervorgebracht. In chronologischer Reihenfolge:
- Friedrich Schulz, Braunschweigischer Staatsminister (1843-1848), Präsident des Konsistoriums der Braunschweigischen Landeskirche, Präsident der herzoglichen Kammer, „Exzellenz“
- August von Geyso, Braunschweigischer Staatsminister (1859-1861)
- Carl Johann Ernst Wilhelm Schulz, Braunschweigischer Staatsminister (1876-1883)
- Hermann Graf von Görtz-Wrisberg, Braunschweigischer Staatsminister (1883-1889), Vorsitzender des Regentschaftsrats des Herzogtums Braunschweig (1884-1885)
Weitere Braunschweiger Politiker
- Wilhelm Bode (Politiker), Reichstagsabgeordneter
- Wilhelm Pockels, Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig (1879-1904), Präsident des Braunschweigischen Landtages
- August Hampe, Justizminister des Freistaates Braunschweig (1919-1920), Gründer (1920) und langjähriger Vorsitzender der Braunschweigisch-Niedersächsischen Partei (BNP), Mitglied der Weimarer Nationalversammlung (1919/1920), Mitglied des Reichstages (1924-1928)
- Gustav Langerfeldt, Geheimrat (Minister) für Inneres und Kultus im Herzogtum Braunschweig, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung (1848/49)
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Abb. aus: Hans-Georg Schmeling: Göttingen im 18. Jahrhundert. Katalog Göttingen 1987, S. 168
- ↑ abgedruckt bei Rainer Assmann: Constitutionen der Corps und ihrer Vorläufer 1810-1820 in Sonderheft Einst und Jetzt 1983, S.31-41
- ↑ Einl. zur Constitution von 1815 abgedruckt bei Rainer Assmann: Constitutionen der Corps III in Sonderheft Einst und Jetzt 1988, S.45-61
- ↑ Carl Reinbeck: Geschichte des Corps Brunsviga in Göttingen 1813-1924, Braunschweig 1928, S. 117ff.
- ↑ Vorstand des Verbandes Alter Corpsstudenten e.V. (VAC) Würzburg (Hrsg.): Handbuch des Kösener Corpsstudenten in zwei Bänden, 6. Auflage, Würzburg 1985, Loseblattsammlung, Register 1
Siehe auch
Literatur
- Carl Reinbeck: Geschichte des Corps Brunsviga in Göttingen 1813-1924, Braunschweig:Oeding 1928
- Georg Bacmeister: Die Geschichte des Corps Brunsviga. Teil II: 1924-1993, Celle 2002
- Hans Böhmcker: Brunsviga von 1813-1824. Ein Beitrag zur Geschichte des Göttinger SC, in: Deutsche Corps-Zeitung 41 (1924/25), S. 85-90
- Horst-Rüdiger Jarck, Günter Scheel (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert, Hannover 1996
- Helga-Maria Kühn: Studentisches Leben im Göttingen des 18. Jahrhunderts nach zeitgenössischen Berichten, Briefen, Reisebeschreibungen und Akten des Stadtarchivs, in: Göttingen im 18. Jahrhundert. Eine Stadt verändert ihr Gesicht. Texte und Materialien zur Ausstellung im Städtischen Museum und im Stadtarchiv Göttingen 26. April - 30. August 1987, Göttingen 1987
- Jan Volker Wilhelm: Das Baugeschäft und die Stadt. Stadtplanung, Grundstücksgeschäfte und Bautätigkeit in Göttingen 1861-1924. Studien zur Geschichte der Stadt Göttingen, Göttingen 2006, S. 333f, ISBN 3525854250, ISBN 9783525854259 Vorschau bei Google Books
- Wilhelm Rathkamp: Das Korpshaus der Brunsviga. In: Zeitschrift für Architektur- und Ingenieurwesen 46 (entspricht Band 5 der neuen Folge), Wiesbaden 1900, Sp. 721-723
- Hans-Bernhard Herzog (Hrsg.): 100 Jahre Eisenacher Kartell. 1909 - 2009, Neustadt an der Aisch 2009, ISBN 978-3-87707-754-2
Weblinks
Commons: Corps Brunsviga Göttingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von Corps Brunsviga Göttingen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Informationen zu Corps Brunsviga Göttingen im BAM-Portal
- Corps Brunsviga Göttingen - offizielle Webseite
- Kneipe des Corps Brunsviga Göttingen, aufgenommen im März 1954 von Ralph Crane für die Zeitschrift „Life“
- Das Braunschweigerhaus auf Panoramio
Kategorien:- Corps im Kösener Senioren-Convents-Verband
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