Baschqortostan

Baschqortostan
Башҡортостан Республикаһы
Republik Baschkortostan
Flagge von Baschkortostan
Wappen von Baschkortostan
Flagge Wappen
Lage in Russland
Staat: Russland
Föderationskreis: Wolga
Fläche: 142.900 km²
Einwohner: 4.052.700 (1. Januar 2008)
Hauptstadt: Ufa
Bevölkerungsdichte: 28 Einwohner je km²
Kfz-Kennzeichen: 02

Baschkortostan (baschkirisch Башҡортостан / Baschqortostan; russisch Башкортостан/ Baschkortostan, tatar. Башкортостан /Başqortostan; offiziell Republik Baschkortostan, baschkir. Башҡортостан Республикаһы / Baschqortostan Respublikahy, russ. Республика Башкортостан / Respublika Baschkortostan, tatar. Başqortostan Respublikası) oder auch (älter) Baschkirien ist eine Republik im östlichen Teil des europäischen Russland.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Baschkortostan liegt am äußersten Ostrand Europas, westlich des Uralgebirges im Föderationskreis Wolga. Das Land, im Osten bis zu 1640 m hoch, fällt gegen Westen hin ab. Die höchsten Erhebungen sind Yamantau (1640 m), Bolshoy Iremel (1582 m) sowie Bolshoy Shelom (1427 m). Die wichtigsten Flüsse sind die Belaja, ein Nebenfluss der Kama, und die Ufa. Der größte See ist der Aslikoul mit einer Fläche von 23,5 Quadratkilometern. Baschkortostan gehört im nordwestlichen Teil zur Klimazone der subkontinentalen Klimate, im Süden zu den winterkalten Feuchtsteppenklimaten. Im Ural herrscht ein kontinentales Borealklima vor. Die Temperaturen liegen im Sommer im Durchschnitt bei etwa 20 °C (40 °C im Extrem), im Winter bei etwa -13 °C (-40 °C im Extrem). Der durchschnittliche Jahresniederschlag beträgt ca. 430 mm, im Ural sind es etwa 800 mm.

Bevölkerung

Namensgebende Nation sind die Baschkiren, ein Turkvolk. Diese sind allerdings nur eine Minderheit in der eigenen Republik. Die Bevölkerung betrug bei der Volkszählung 2002 4.104.336 Personen. Davon waren 1.490.715 (= 36,32 %) Russen, 1.221.302 (= 29,76 %) Baschkiren und 990.702 (= 24,14 %) Tataren. 117.317 (= 2,86 %) der Einwohner sind Tschuwaschen, 105.829 (= 2,58 %) Mari und 55.249 (= 1,35 %) Ukrainer.

Noch um 1990 hatte der Anteil der Baschkiren an der Bevölkerung Baschkiriens (Baschkirische ASSR) nur etwa 20 % betragen - gegenüber 37,5 % Russen und 27,5 % Tataren. (In der baschkirischen Hauptstadt Ufa sind auch heute noch rund 30% der Einwohner Tataren.)

Amtssprachen sind Russisch und Baschkirisch.

Die Mehrheit der Bevölkerung bekennt sich zum sunnitischen Islam, daneben finden sich orthodoxe und evangelische Christen. Baschkortostan ist die flächengrößte und bevölkerungsreichste muslimische Teilrepublik, siehe Islam in Russland. Ufa ist seit 1980 der Sitz des Großmuftis Talgar Tadschuddin, der in muslimischen Angelegenheiten auch für Sibirien verantwortlich ist.

Geschichte

Im heutigen Baschkortostan wird die Magna Hungaria, die Heimat eines magyarischen Stammes vermutet, über den Ungarn und Baschkiren miteinander verwandt sein sollen. Informationen über die Baschkiren am südlichen Ural datieren zurück auf das 10. Jahrhundert. So erwähnt Ibn Fadlan das Volk der „Basqort“ in seinem Reisebericht. Um 1220 unterwarf Dschingis Khan die baschkirischen Stämme, die Ungarn wurden dabei endgültig vernichtet. Die Baschkiren blieben unter der Herrschaft der Mongolen bis Mitte des 16. Jahrhunderts.

Nachdem Russland 1552 das Kasaner Khanat eingenommen hatte, wandten sich die baschkirischen Völker nach und nach dem Nachbarreich im Westen zu, vor allem weil sie in umherziehenden Nomadenvölkern, die von Osten her immer wieder über das Land herfielen, eine große Bedrohung sahen, vor denen sie die militärische Großmacht Russland schützen konnte. So schlossen sich in den Jahren von 1554–1557 alle baschkirischen Stämme nach und nach Russland an. An diesen zumindest teilweise freiwilligen Anschluss erinnert heute ein vom russischen Staat errichtetes Denkmal in der Hauptstadt Ufa, das Monument Druschby (übersetzt Freundschaft des russischen und baschkirischen Volkes). Ufa selbst wurde 1574 als Festung und damals östlichste Befestigung Russlands gegründet.

Russland gewährte den Baschkiren weitgehende Autonomie, Religionsfreiheit und ein Besitzrecht auf Grundlage der Erbfolge. Die Baschkiren stellten Russland in verschiedenen Kriegen ihre kämpferischen Fähigkeiten zur Verfügung – als Mitstreiter im Feldzug von Kusma Minitsch Minin und Dmitri Michailowitsch Poscharski befreiten sie 1612 Moskau von den Polen, unter Peter dem Großen stürmten sie 1697 die Stadt Asow im Kampf gegen die Osmanen. Auch im Großen Nordischen Krieg kämpften sie an der Seite Russlands. In den Befreiungskriegen halfen sie der russischen Armee, Napoleon zurückzuschlagen. Davon zeugt noch heute eine spezielle Gedenkschrift für die baschkirischen Regimenter am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig.

Anfang des 17. Jahrhunderts begann der russische Adel, sich in Baschkirien niederzulassen, Burgen und Betriebe zu errichten. Als die Steuern und der Umfang der Arbeitsverpflichtungen durch die Russen wuchsen und zudem noch versucht wurde, die Muslime Baschkiriens zu christianisieren, wuchs der Unmut in der Bevölkerung. Diese ersuchte in mehreren Bittschriften die zentrale Verwaltung um Hilfe, und als diese ausblieb, kam es mehrmals zu kleineren Aufständen, die niedergeschlagen wurden – so 1616, 1645, 1662–1664, 1681–1684, 1704–1711. Am 11. Februar 1736 gab es einen Erlass, der es den Adeligen erlaubte, baschkirisches Land zu erwerben.

Anlass zum großen Aufstand gaben die Repressionsmaßnahmen Russlands gegen die Jaizkischen (Ural-)Kosaken 1772. Alle Völker Baschkortostans unterstützten diesen Aufstand, und so mündete dieser in den Bauernaufstand 1773–1775 unter der Führung des Don-Kosaken Jemeljan Pugatschow. Zum Helden Baschkortostans wurde in diesem Aufstand der Baschkire Salawat Julajew, der an der Seite Pugatschows kämpfte und zur Freiheit Baschkiriens und zur Freundschaft zwischen Baschkiren und Russen aufrief. Sein Name und seine Lebensgeschichte wurden von der russischen Obrigkeit nach seiner Gefangennahme verdammt. Heute ist eine Großstadt in Baschkortostan nach ihm benannt, und seine Reiterfigur ziert sowohl das Staatswappen Baschkortostans als auch die Stadt Ufa in Form eines großen Denkmals.

Das Zarenreich, erschrocken von den Dimensionen des Aufstandes, änderte seine Politik hinsichtlich der Autonomie der baschkirischen Bauern ein wenig, doch es blieb im Allgemeinen bei der Unterdrückung. Im Zuge von Landreformen wurden die Gebiete der Gouvernements Russlands neu eingeteilt, und die Baschkiren verloren einen Großteil ihrer Ländereien an Nachbarregionen sowie an den russischen Adel und die orthodoxe Kirche. Anfang des 20. Jahrhunderts besaßen sie nur noch 20 % ihrer ursprünglichen Gebiete. Ein Manifest, das vom 19. Februarjul./ 3. März 1861greg. datiert und die Festungsrechte, die die Bürgerrechte von jeher beschnitten hatten, aufhob, wurde zu einem Meilenstein in der sozialen Entwicklung Baschkiriens. Das Wirtschaftswesen begann nun langsam, kapitalistische Formen anzunehmen.

In den Wirren nach der Oktoberrevolution Ende 1917 erklärte sich Baschkortostan unter Zeki Velidi Togan für unabhängig. 1919 wurde Baschkortostan zu einer Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR) innerhalb der Russischen SFSR.

„Die Natur hier war zauberhaft, dicht bewaldete Berge, sechshundert Flüsse und Bäche, tausend Seen. Zahlloses Getier, alle nur erdenklichen Arten von Vierbeinern, Schwärme flinker Vögel, Wolken emsiger Bienen. Bis die Chemie kam. Baschkortostan wurde zu einem Übungsplatz der Chemie verwandelt, in ein Zentrum der chemischen Industrie der damaligen UdSSR. Rauchschwaden bedeckten den Himmel, die Luft war geschwängert mit Staub, die Flüsse stanken nach Phenol.“ (Lit.: Kapuściński, S. 216)

1988 wurde auch in Baschkortostan eine Sektion des Tatarischen Zentrums gebildet, die für die Unabhängigkeit des Landes und für eine kulturelle Einheit der im Land lebenden Tataren mit denen in Tatarstan, Tschuwaschien und Sibirien eintrat.

Mit Auflösung der UdSSR wurden Baschkortostan weitreichende Autonomierechte eingestanden. Staatschef ist Murtasa Rachimow, dem eine totalitäre Art der Staatsführung nachgesagt wird.

Politik

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Seit dem Ende der Sowjetunion wird Baschkortostan von Murtasa Rachimow und seinem Clan beherrscht. So kontrolliert etwa sein Sohn Ural Rachimow als Vorstandsvorsitzender der Holding „Bashkirskij Kapital“ die Aktienmehrheit aller großen, gewinnbringenden Unternehmen im Erdölsektor wie z.B. „Bashneft“. Ob und wie weit Vorwürfe und Gerüchte, Rachimow und seine Familie seien in Korruption verwickelt oder beteiligt, tatsächlich zutreffen, läßt sich kaum einschätzen oder belegen. Laut dem russischen Wirtschaftsmagazin "Finans" gehöre Rachimows Sohn Ural mit einem Vermögen von 1,4 Milliarden US-Dollar aber zu den 33 reichsten Oligarchen Russlands.[1]

Von freien, unabhängigen und demokratischen Wahlen konnte und kann bisher keine Rede sein. Selbst nach der damals gültigen Verfassung von Baschkortostan hätte der Präsident nach seiner zweiten Amtszeit abtreten müssen. Die OSZE hat dies mehrfach kritisiert.

Problematisch ist die Politik der baschkirischen Elite, die als sehr nationalistisch kritisiert wird. Strittig sind z.B. die Ergebnisse der offiziellen Volkszählungen. Nichtstaatliche tatarische Organisationen wie der Tatarische Weltkongress sprechen von einem viel geringeren Anteil der Baschkiren von etwa 15 % an der Gesamtbevölkerung. Viele Tataren gäben sich bei Volkszählungen als Baschkiren aus, um keine beruflichen Nachteile zu haben. In den Dörfern übten Vorgesetzte Druck aus, damit sich Angehörige anderer Ethnien als Baschkiren registrieren lassen. Vor allem zwischen Baschkiren und Tataren tut sich ein weiter Graben auf, der sich inzwischen bis in die muslimische Gemeinschaft hineinzieht, in der ein baschkirischer Imam mit dem „gesamtrussischen“ Imam konkurriert.

Eine öffentliche Diskussion über die politische Lage unter gleichberechtigter Beteiligung aller Gesellschaftsgruppen findet nicht statt.

Das Verhältnis zu Moskau war in den 1990er-Jahren sehr gespannt, weil Baschkortostan keine Steuern aus dem boomenden Ölgeschäft an die Zentralregierung abführte.

Zu den Kuriosa der baschkirischen Autonomiebestrebungen gehört die Ausstellung von eigenen baschkirischen Pässen, die nirgendwo (selbst nicht in Russland) anerkannt werden.

Wirtschaft

Baschkortostan gehört zu den reichsten Republiken Russlands, was vor allem an der gut entwickelten Infrastruktur liegt. Das Gebiet verfügt über eigene Erdölvorkommen und petrochemische Industrie. Nördlich der Hauptstadt Ufa befindet sich der größte petrochemische Komplex Europas.

In Neftekamsk, rund 270 km nördlich von Ufa, befindet sich der zweitgrößte Omnibushersteller Russlands, die Firma NefAZ.

Die staatseigene Fluggesellschaft Air Bashkortostan wurde 2006 gegründet. Die Bashkirian Airlines sind ein Wirtschaftsunternehmen.

Verwaltungsgliederung

Die Republik Baschkortostan ist in 21 Stadtkreise und in 54 Rajons (Landkreise) unterteilt.

Siehe auch: Verwaltungsgliederung der Republik Baschkortostan

Städte

Hauptstadt der Republik ist Ufa (baschkirisch Öfö, tatarisch Efä). Andere wichtige Städte sind Sterlitamak, Salawat, Neftekamsk, Oktjabrski, Belorezk und Belebei.

Städte und städtische Siedlungen

In Baschkortostan gibt es 21 Städte und 2 Siedlungen städtischen Typs (Prijutowo und Tschischmy). Alle Städte bilden selbständige Stadtkreise (gorodskoi okrug); Prijutowo gehört zum Stadtkreis Belebei, Tschischmy zum gleichnamigen Rajon Tschischmy.

Name Russischer Name Baschkirischer Name Einwohner
(1. Januar 2008)
Agidel Агидель Ағиҙел 18.992
Baimak Баймак Баймаҡ 16.932
Belebei Белебей Бәләбәй 61.061
Belorezk Белорецк Белорет 68.842
Birsk Бирск Бөрө 41.913
Blagoweschtschensk Благовещенск Благовещен 33.639
Dawlekanowo Давлеканово Дәүләкән 24.466
Djurtjuli Дюртюли Дүртөйлә 31.202
Ischimbai Ишимбай Ишембай 68.121
Janaul Янаул Яңауыл 27.457
Kumertau Кумертау Күмертау 62.418
Meleus Мелеуз Мәләүез 61.792
Meschgorje Межгорье Межгорье 16.599
Neftekamsk Нефтекамск Нефтекама 117.987
Oktjabrski Октябрьский Октябрьский 108.211
Prijutowo Приютово Приютово 20.908
Salawat Салават Салауат 155.925
Sibai Сибай Сибай 65.223
Sterlitamak Стерлитамак Стәрлетамаҡ 268.303
Tschischmy Чишмы Шишмә 21.521
Tuimasy Туймазы Туймазы 65.706
Ufa Уфа Өфө 1.021.458
Utschaly Учалы Учалы 39.323

Literatur

  • Ryszard Kapuściński: Imperium. Sowjetische Streifzüge. Eichbornverlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8218-4707-7

Quellen

Weblinks


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