- Dänemark unter deutscher Besatzung
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Während des Zweiten Weltkriegs stand Dänemark fünf Jahre lang, vom 9. April 1940 bis zum 5. Mai 1945, unter deutscher Besatzung. Im Unterschied zu anderen besetzten Ländern blieben die Institutionen Dänemarks bis 1943 intakt.
Inhaltsverzeichnis
Die Invasion
Ziel des Unternehmens Weserübung der Wehrmacht unter General Leonhard Kaupisch war die Sicherung der Nachschubwege nach Norwegen, das ebenfalls besetzt wurde. Ab 4:15 Uhr erfolgte die Invasion in Südjütland gemäß Unternehmen Weserübung-Süd auch mit gleichzeitigen Truppenanlandungen in Kopenhagen. Besonders wichtig war der Flughafen Aalborg an der Nordspitze Jütlands. Flugblätter mit dem Titel OPROOP (Aufruf) wurden abgeworfen, die dänische Armee bzw. die Regierung kapitulierte nach etwa vier Stunden. Bis dahin kostete der Widerstand 16 dänische Uniformierte das Leben.
Die Färöer blieben im britischen Einflussgebiet, ebenso Island; auf Grönland errichteten die USA ihrerseits Militärstützpunkte.
Die Besatzung 1940–1943
Die deutsche Seite garantierte die territoriale Integrität des Landes, denn man hatte keine ideologischen Ziele, konnte weiter auf dänische Lebensmittellieferungen zurückgreifen, wollte eine Art Modellprotektorat schaffen und schließlich betrachtete die nationalsozialistische Ideologie die Dänen als Arier. Oberster deutscher Repräsentant war der Reichsbevollmächtigte und Botschafter Cécil von Renthe-Fink; ihm stand der dänische Staatsminister Thorvald Stauning (Sozialdemokratische Partei) gegenüber. Das Staatsoberhaupt, König Christian X., blieb im Land.
Politik
Der Regierungschef bildete eine Große Koalition ohne die schwachen dänischen Nationalsozialisten. Die Zeitungen wurden der Zensur unterworfen. Die diplomatischen Beziehungen des Landes blieben bestehen.
Am 22. Juni 1941 wurden einige Hundert dänische Kommunisten verhaftet. Sie kamen in das dänische Lager Horserød, 1943 wurde etwa die Hälfte von ihnen in das deutsche Konzentrationslager Stutthof verbracht. Nach dem Beginn der Operation Barbarossa im Jahre 1941 zwang Adolf Hitler Dänemark zur Unterzeichnung des Antikominternpaktes, was mit dem dänischen Ziel der Neutralität nicht vereinbar war; ein dänischer Widerstand entstand. Die Regierung lehnte eine Diskriminierung der Juden ab, ebenso die Einführung der Todesstrafe und von Militärgerichten mit Jurisdiktion über Dänen.
Nach dem Tod von Thorwald Stauning im Jahr 1942 übernahm Erik Scavenius die Regierung. Auch er konnte manches verhindern, so lehnte er eine Zollunion und eine Währungsunion mit Deutschland ab und nahm keine Nationalsozialisten in seine Regierung auf.
Im November 1942 verschärfte Berlin den Druck: Werner Best wurde Reichsbevollmächtigter, während Hermann von Hanneken als Wehrmachtbefehlshaber eingesetzt wurde. Am 23. März 1943 fand eine Wahl zum Folketing statt, bei der die dänischen Nationalsozialisten etwa 2 % der Stimmen erhielten.
Militär
Das Heer wurde bis auf 2.200 Soldaten demobilisiert, es wurden auch keine Einheiten der dänischen Armee in die Wehrmacht integriert.
Die SS stellte das Frikorps Danmark auf; etwa 6.000 Nazis und Angehörige der deutschen Minderheit meldeten sich. Die Regierung verhinderte die Rekrutierung von Minderjährigen.
Wirtschaft
Mit der Besetzung Dänemarks brach der Kontakt zum vormals wichtigsten Handelspartner, dem Vereinigten Königreich, komplett weg und an dessen Stelle trat nun Deutschland. Dies war jedoch kein kompletter Bruch mit der vorherigen Wirtschaftspolitik Dänemarks, sondern verstärkte nur die 1934 in einen deutsch-dänischen Handelsabkommen zur Festlegung des genauen jährlichen Warenaustausches begründete Trendwende.
Dänemark sollte nun vor allem Waren produzieren, die für Deutschland von besonderem Interesse waren. Im Fokus standen die Eisen- und Stahlindustrie sowie der Konserven- und Zuckerexport. Von Dänemark wurde zudem eine Rückkehr zu einer stärker agrarisch geprägten Wirtschaft erwartet. Im deutsch-dänischen Ausschuss für Handelsabkommen wurde zudem eine Vereinbarung über dänische Leiharbeiter in Deutschland getroffen. Bis 1941 wurden insgesamt 64.000 dänische Staatsbürger angeworben.
Wirtschaftlich kam es zu einem starken Anstieg der Inflation, da sehr viel deutsches Militärgeld im Umlauf war. Im Sommer 1940 wurden Verhandlungen über eine deutsch-dänische Zoll- und Handelsunion geführt. Der dänische Außenminister Erik Scavenius hoffte auf einen festen Wechselkurs zwischen der dänischen Krone und der Reichsmark, während die deutsche Verhandlungsseite die Reichsmark als alleiniges Zahlungsmittel in Dänemark einführen wollte. Die Verhandlungen wurden von dänischer Seite abgebrochen. Scavenius wollte unter dem Eindruck deutscher Siege Dänemark eine gute Position in der für nach den Krieg zu erwartende Neuordnung Europas sichern. [1]
Die Besatzung 1943–1945
Streiks, Sabotage und Widerstand gegen die Staatsgewalt des dänischen Widerstands führten am 28. August 1943 zu einem deutschen Ultimatum: Es wurden ein Versammlungsverbot, die Einführung einer Ausgangssperre, Militärgerichte und die Todesstrafe gefordert. Die Regierung weigerte sich. Am nächsten Tag wurde die Regierung aufgelöst und das Standrecht eingeführt. Das Parlament tagte nicht mehr; die Staatssekretäre der Ministerien übernahmen die Führung der Regierungsgeschäfte. Es kam zur Selbstversenkung der dänischen Flotte.
Die Rettung der dänischen Juden gelang: Der deutsche Diplomat Georg Ferdinand Duckwitz erreichte in Stockholm eine Aufnahmezusage für diese 7.000 Exil-Dänen, die daraufhin von ihren Helfern mit Schiffen und Booten in das Nachbarland gebracht wurden.
Nach der Landung in der Normandie 1944 blockierte der dänische Widerstand die Dänische Staatsbahn für Tage, so dass keine deutschen Soldaten zur Verstärkung nach Frankreich geschickt werden konnten. Es gelang der Regierung, die Deportierung dänischer Staatsbürger durch die Einrichtung des Internierungslagers Frøslev in Dänemark zu verhindern.
Wirtschaft
Die wirtschaftliche Lage wurde schwieriger; allerdings war die Lage Dänemarks eine der besten in Europa. Die Kosten für Kohle und Erdöl stiegen stark, viele Güter des täglichen Bedarf wurden rationiert.
Deutsche Flüchtlinge in Dänemark
Nach dem Vorrücken der Roten Armee wurden auf Befehl Hitlers ab Februar 1945 Hunderttausende Menschen vor allem aus Hinterpommern, Danzig sowie West- und Ostpreußen über die Ostsee evakuiert. Am 9. Februar 1945 kamen die ersten Flüchtlinge mit dem Flüchtlingsschiff in Kopenhagen an. Es wurden Schulen, Hotels und Sportanlagen für ihre Aufnahme requiriert.
In der dänischen Bevölkerung wurde dies als „zweite Besatzung“ erlebt. Die dänische Zentralverwaltung verweigerte die Kooperation und protestierte in einer offiziellen Protestnote unter Berufung auf die Haager Landkriegsordnung beim Reichsbevollmächtigen Werner Best. Der dänische Ärzteverband (Den Almindelige Danske Lægeforening, DADL) verweigerte die medizinische Versorgung der Flüchtlinge. Die dringend notwendige medizinische Hilfe für die Flüchtlinge wurde von dänischen wie deutschen Behörden als Verhandlungsmittel genutzt, um andere Interessen zu erreichen. So wollten die dänischen Verhandlungsführer unter Staatssekretär Nils Svenningsen eine Freilassung der etwa 4.000 dänischen Staatsbürger erreichen, welche nach Deutschland deportiert worden waren. Der Chef des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin, Ernst Kaltenbrunner, hingegen knüpfte dies an die Bedingung der Wiedererrichtung der dänischen Polizei, die in der Terrorbekämpfung eingesetzt werden sollte. De facto hätte dies bedeutet, dass die dänische Polizei gegen die dänische Widerstandsbewegung hätte aktiv werden müssen. Auch die deutschen Behörden in Dänemark räumten der medizinischen Versorgung der Flüchtlinge keine Priorität ein und Werner Best sprach im Zuge der Kriegspropaganda von Krankenhäusern, die eigens für die Flüchtlinge eingerichtet worden seien. So blieb die Hilfe aus und bis zum Kriegsende kamen etwa 6.580 Flüchtlinge ums Leben.[2]
Nach dem Abzug der Wehrmacht aus Dänemark im Mai 1945 wurden etwa 250.000 Displaced Persons in Dänemark in ehemaligen Kasernen untergebracht. Die letzten wurden erst im Februar 1949 nach Deutschland gebracht.
Bilanz
Dänemark ist mit Ausnahme von Bornholm 1945 kaum bombardiert worden. Es gab etwa 850 Tote bei der Widerstandsbewegung, 1.800 Seeleute kamen unter anderem durch U-Boote um, 600 Dänen fanden den Tod in deutschen Konzentrationslagern. Nach dem Kriegsende wurden 40.000 Menschen wegen Kollaboration festgenommen und davon 78 zum Tode verurteilt. Auch in Dänemark gibt es Besatzungskinder von deutschen Soldaten und dänischen Frauen.
Einzelnachweise
- ↑ Ruth Meyer-Gohde: Dänemarks wirtschaftspolitische Reaktion auf die Besetzung des Landes 1940/41. In: NORDEUROPAforum (2006:2), S. 51–70 unter http://edoc.hu-berlin.de/nordeuropaforum/2006-2/meyer-gohde-ruth-51/PDF/meyer-gohde.pdf
- ↑ Michael Schultheiss: Ob man an die kleinen Kinder gedacht hat ...? Die Verhandlungen über medizinische Hilfe für deutsche Flüchtlinge in Dänemark am Ende des Zweiten Weltkriegs. In: NORDEUROPAforum (2009:2), S. 37–59 unter http://edoc.hu-berlin.de/nordeuropaforum/2009-2/schultheiss-michael-37/PDF/schultheiss.pdf
Literatur
- Arne Gammelgaard: Ungeladene Gäste. Ostdeutsche Flüchtlinge in Dänemark 1945–1949. Leer 1985 (= Stunde Null und danach; 7)
- Ruth Meyer-Gohde: Dänemarks wirtschaftspolitische Reaktion auf die Besetzung des Landes 1940/41. In: NORDEUROPAforum (2006:2), S. 51–70 unter http://edoc.hu-berlin.de/nordeuropaforum/2006-2/meyer-gohde-ruth-51/PDF/meyer-gohde.pdf
- Gustav Meissner: Dänemark unterm Hakenkreuz. Ullstein, Berlin/Frankfurt 1990, ISBN 9783550076527.
- Michael Schultheiss: Ob man an die kleinen Kinder gedacht hat ...? Die Verhandlungen über medizinische Hilfe für deutsche Flüchtlinge in Dänemark am Ende des Zweiten Weltkriegs. In: NORDEUROPAforum (2009:2), S. 37–59 unter http://edoc.hu-berlin.de/nordeuropaforum/2009-2/schultheiss-michael-37/PDF/schultheiss.pdf
Weblinks
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