Finanzplatz Frankfurt am Main

Finanzplatz Frankfurt am Main
Finanzplatz Frankfurt am Main
Commerzbank Tower und Eurotower (Sitz der Europäischen Zentralbank)
Westend Tower: Sitz der DZ Bank
Frankfurter Wertpapierbörse
Bundesbank
Main Tower: Sitz der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und von Standard & Poor's
Westhafen Tower: Sitz der Europäischen Versicherungsaufsicht (EIOPA)
KfW Bankengruppe

Der Finanzplatz Frankfurt am Main hat sich durch seine hohe Konzentration von Unternehmen der Finanzbranche als der führende Finanzplatz in Deutschland etabliert und zählt zu den wichtigsten internationalen Finanzzentren weltweit. Die herausragende Stellung von Frankfurt am Main ist vor allem durch den starken Bankensektor, die mit Abstand größte deutsche Wertpapierbörse und die internationale Ausrichtung der Stadt geprägt. 73.200 Menschen waren 2010 bei Frankfurter Kreditinstituten beschäftigt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung des Finanzplatzes

Bereits seit dem Mittelalter gehört Frankfurt am Main zu den urbanen Zentren Deutschlands. Der Aufstieg der Stadt zur Handels- und Messestadt lag vor allem an ihrer geographischen Lage an der Kreuzung wichtiger Handelswege am Main und in der Nähe des Rheins, sowie an ihrer politischen Bedeutung als Wahlstadt der deutschen Könige, was 1352 durch das Reichsgesetz festgeschrieben wurde. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts fanden in Frankfurt auch Krönungszeremonien statt, dies begünstigte den Handel und brachte der Stadt wichtige Privilegien ein, darunter das Recht Münzen zu prägen. Die im 11. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnte Frankfurter Messe etablierte sich als Knotenpunkt der Fernhandelsbeziehungen zu allen bedeutenden Handelszentren Europas.

Durch den geschäftigten Handel kursierten in Frankfurt viele unterschiedliche Währungen und da es keine festgelegten Wechselkurse gab kam es häufig zu Betrug und Wucher. Im Jahr 1585 einigten sich die Frankfurter Messekaufleute erstmals auf Wechselkurse für die unterschiedlichen Währungen sowie auf Regeln für deren Handel: Die Frankfurter Börse war gegründet. Mit der Ausweitung der Handelsgeschäfte ging die Entwicklung von Geld- und Kreditgeschäften einher. Vermögende Kaufleute und Bankiers niederländischer und wallonischer Herkunft fanden nach der Flucht vor der spanischen Gegenreformation in Frankfurt eine neue Heimat. Mitte des 18. Jahrhunderts florierte das Geschäft mit Staatsanleihen in Frankfurt. Die führenden Frankfurter Bankiers (Bankhaus Bethmann, Bankhaus Metzler, Rothschild) emittierten große Anleihen für Österreich, Preußen und weitere deutsche und europäische Staaten. Frankfurts Stellung als wichtigster deutscher Finanzplatz wurde durch die Gründung des Deutschen Reichs 1871 herausgefordert, da durch die Politik der eigene geldpolitische Spielraum eingeschränkt wurde und sich die Hauptstadt Berlin als wichtigster Markt für Aktien etablierte. Ende des 19. Jahrhunderts waren die Berliner Aktienbanken den Frankfurter Privatbanken an Kapitalkraft weit überlegen und die Berliner Börse war zur neuen Leitbörse Deutschlands geworden.

Während der Weltwirtschaftskrise (ab 1929) mussten zahlreiche Frankfurter Banken liquidiert werden, in der folgenden Zeit des Nationalsozialismus (ab 1933) wurden Privatbankhäuser, die jüdischen Ursprungs waren, „arisiert“. Im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) wurde die Stadt durch zahlreiche Luftangriffe schwer getroffen. Mit Kriegsende begann Frankfurts Wiederaufstieg zum führenden deutschen Finanzzentrum, da die in vier Sektoren aufgeteilte Hauptstadt Berlin als Konkurrenz ausgefallen war. 1948 gründeten die alliierten Besatzungsmächte in Frankfurt die Bank deutscher Länder als Zentralbank für Deutschland, die später durch die Deutsche Bundesbank abgelöst wurde. Die Nähe zur Notenbank veranlasste weitere Banken ihre Zentralen in Frankfurt anzusiedeln: 1957 wurde die Deutsche Bank, nachdem diese nach Kriegsende zunächst in zehn Regionalbanken zerschlagen und dann in drei Nachfolgeinstitute (mit Standorten in Hamburg, München und Düsseldorf) zusammengefasst war, neu gegründet und nach Frankfurt verlegt. Im gleichen Jahr wurde auch die Dresdner Bank durch Fusion von Nachfolgeinstituten neu gegründet und in Frankfurt angesiedelt. 1958 entstand die Commerzbank neu, der Sitz wurde allerdings nach Düsseldorf verlegt. Erst 1991 zog dann auch die dritte deutsche Großbank mit ihrer Zentrale nach Frankfurt.

Das deutsche Wirtschaftswunder in den 1950er- und 1960er-Jahren und die rasant wachsenden außenwirtschaftlichen Verflechtungen der Bundesrepublik beschleunigten den Wiederaufstieg Frankfurts als Wirtschaftszentrum enorm. Die steigende Internationalität des Finanzplatzes ließ sich auch an der Anzahl der vertretenen Auslandsbanken ablesen: 1967 waren diese erstmals zahlreicher in Frankfurt vertreten als in allen anderen deutschen Städten. Die Frankfurter Wertpapierbörse erhielt 1956 die Erlaubnis zum Handel ausländischer Börsenpapiere und konnte damit wieder ihre Spitzenpostion in Deutschland einnehmen. In den 1970er-Jahren erlebte die Börse eine Hochphase, als der Markt für DM-Auslandsanleihen stark expandierte und die Nachfrage nach deutschen Wertpapieren anstieg. Anfang der 1990er-Jahre wurde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Finanzmärkte durch mehrere Finanzmarktförderungsgesetze gestärkt, was insbesondere dem Finanzplatz Frankfurt zugute kam. 1998 wurde die Europäische Zentralbank als gemeinsame Zentralbank der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion in Frankfurt gegründet und 2004 folgte der EU-Ausschuss für das Versicherungswesen.

Zentralbanken

Seit 1957 hat die Deutsche Bundesbank als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland ihren Hauptsitz in Frankfurt. Mit der Gründung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde die bisher nationale Verantwortung für die Geldpolitk der Mitgliedstaaten der europäischen Währungsunion auf die Gemeinschaftsebene übertragen. Die EZB, verantwortlich für die Geldpolitk der 17 Euro-Länder, hat ihren Sitz seit 1998 ebenfalls in Frankfurt. Seitdem trägt die Stadt den Zusatz City of the Euro.

Banken

In Frankfurt haben die zwei größten deutschen Kreditinsitute ihren Sitz: Deutsche Bank und Commerzbank. Mit der DZ Bank ist das Zentralinstitut des genossenschaftlichen Finanzsektors ebenso vertreten wie die DekaBank als zentraler Asset Manager der Sparkassen-Finanzgruppe. Zu den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten zählen die Landesbank Hessen-Thüringen, die kfW Bankengruppe, die Rentenbank und die Frankfurter Sparkasse. Die größte deutsche Direktbank, die ING-DiBa, ist ebenfalls vertreten. Weitere bekannte deutsche Banken sind das Bankhaus Metzler, Hauck & Aufhäuser, Delbrück Bethmann Maffei, BHF-Bank, Reisebank, Corealcredit Bank und die DVB Bank. 2010 hatten nach Angaben der Deutschen Bundesbank 215 Banken ihren Sitz in Frankfurt (63 Inlandsbanken und 152 Auslandsbanken), dazu kamen noch 41 Repräsentanzen ausländischer Banken.[2] Zu den bekanntesten Auslandsbanken zählen Credit Suisse, UBS, Bank of America, Morgan Stanley, Merrill Lynch, JPMorgan Chase & Co., Bank of China, Société Générale, BNP Paribas und Barclays.

Durch die Übernahme von Sal. Oppenheim (Köln) und der Postbank (Bonn) durch die Deutsche Bank, sowie die Übernahme der vorher durch die Münchener Allianz SE geführte Dresdner Bank durch die Commerzbank ist der Finanzplatz Frankfurt in den letzten Jahren gestärkt worden. Die Finanzkrise ab 2007 hat Frankfurt weniger stark getroffen als etwa den Finanzplatz München, wo die BayernLB mit staatlicher Hilfe gestützt werden musste und die Hypo Real Estate verstaatlicht wurde.

Börse

Die von der Deutschen Börse AG betriebene Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) ist die mit Abstand bedeutendste Börse in Deutschland. Etwa 98% des Handels mit deutschen Aktien entfallen auf die FWB und Xetra, das elektronische Handelssystem der Deutschen Börse. Mit Aktien-Notierungen im Wert von 1,05 Billionen Euro (Stand: 31. Dezember 2010) ist die Deutsche Börse die drittgrößte europäische Börse nach der London Stock Exchange (2,6 Billionen Euro) und dem Europa-Ableger der amerikanisch-europäischen NYSE Euronext (2,14 Billionen Euro).[3]

Seit Februar 2011 verhandeln die Deutsche Börse und die NYSE Euronext über einen Zusammenschluss.[4] Im Juli 2011 stimmten sowohl die Aktionäre der NYSE Euronext als auch die Aktionäre der Deutschen Börse für eine Verschmelzung. Verschiedene Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden müssen die Fusionspläne noch absegnen, sollten diese keine Einwände haben würde der größte Börsenkonzern der Welt mit Zentralen in New York City und Frankfurt entstehen.[5]

Finanzmarktaufsicht

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit Sitz in Frankfurt und Bonn ist zuständig für die Beaufsichtigung und Kontrolle aller Bereiche des Finanzwesens in Deutschland.

Europäische Versicherungsaufsicht

2003 wurde durch die Europäische Union ein Ausschuss für das europäische Versicherungswesen (CEIOPS) mit Sitz in Frankfurt gegründet, Ausschüsse für die Bankenaufsicht (CEBS) und für die Wertpapieraufsicht (CESR) wurden in London und Paris angesiedelt. 2011 wurden diese drei Ausschüsse zu Regulierungsbehörden aufgewertet, seitdem ist Frankfurt Sitz der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA).

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften

Von den vier größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (Big Four) sind PricewaterhouseCoopers mit ihrer Deutschland-Zentrale und KPMG mit ihrer Europa-Zentrale in Frankfurt vertreten. Deloitte unterhält eine Niederlassung in Frankfurt, Ernst & Young hat sich unweit der Stadtgrenze im benachbarten Eschborn mit einer Niederlassung angesiedelt.

Fondsgesellschaften

Die DWS Investments ist die größte deutsche Fondsgesellschaft und zählt mit 288 Milliarden Euro verwaltetem Fondsvermögen zu den zehn größten Fondsanbietern weltweit.[6] Weitere große Fondsanbieter sind Deka Investmentfonds und Union Investment.

Ratingagenturen

Die drei weltweit führenden Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch Ratings leiten ihr Deutschlandgeschäft von Frankfurt aus.[7] [8] [9]

Anwaltskanzleien

Frankfurt hat mit 97 Einwohnern pro Anwalt die höchste Anwaltsdichte in Deutschland, gefolgt von Düsseldorf mit 117 und München mit 124 (Stand: 2005)[10]. Am Main sind nahezu alle der großen internationalen Anwaltskanzleien vertreten, beispielsweise Clifford Chance, Linklaters, Freshfields Bruckhaus Deringer, Baker & McKenzie, Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom, Latham & Watkins, Hogan Lovells, Shearman & Sterling sowie White & Case.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Finanzplatzbaromter 2010
  2. Bundesbank: Bankenplatz Frankfurt
  3. Größte Börse der Welt in Planung
  4. Spiegel-Online: Deutsche Börse will Weltmarkt dominieren
  5. Spiegel-Online: Deutsche-Börse-Aktionäre segnen Fusion ab
  6. DWS: Unternehmensprofil
  7. Standard & Poor's Europe Office Locations
  8. Moody's Worldwide Offices
  9. Fitch Ratings Unternehmensprofil
  10. Anwaltsdichte in Deutschland

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