- Viermächte-Status
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Der Viermächte-Status begründete die rechtliche und organisatorische Umsetzung der gemeinsamen Verantwortung der Hauptsiegermächte des Zweiten Weltkrieges, zunächst der USA, der Sowjetunion und Großbritanniens, später auch Frankreichs, für Deutschland wie Österreich als jeweils Ganzes nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht 1945.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Den Teilnehmermächten der Anti-Hitler-Koalition war bereits im Verlauf des Krieges bewusst gewesen, dass sie im Falle der militärischen Besetzung Deutschlands keine handlungsfähige Regierung (vgl. Regierung Dönitz) mehr antreffen würden. Die vereinbarte Vorgehensweise sollte das Deutsche Reich nicht abschaffen oder annektieren.[1] Die vier Siegermächte übernahmen demnach die Aufgaben des besiegten deutschen Staates als Ganzes, ohne sich finanzielle und rechtliche Verpflichtungen als Rechtsnachfolger anzueignen; das Völkerrechtssubjekt wurde fortan durch sie vertreten.[2] Die rechtstheoretischen Überlegungen für die angewendete Konstruktion gehen auf Arbeiten Hans Kelsens sowie des britischen Staatsrechtlers William Malkin zurück.[3]
Bei der Konferenz von Jalta wurde die Besatzungsplanung für Deutschland von den damals drei Alliierten im Februar 1945 konkretisiert. Für Österreich hingegen war die Moskauer Deklaration 1943 maßgeblich, in der die Alliierten die Wiedererrichtung eines von Deutschland unabhängigen Staates versprochen hatten.
Die besondere Rechtslage Deutschlands nach 1945 spielte neben den rechtlichen Umständen der deutschen Kapitulation auch bei der Wiedererrichtung Österreichs und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland sowie bei den diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik und der DDR bis hin zur deutschen Wiedervereinigung eine wichtige Rolle. Dabei kam es zu gravierenden territorialen wie auch staatsrechtlichen Änderungen.
Nachdem Österreich mit der in Wien verkündeten Unabhängigkeitserklärung vom 27. April 1945 von ÖVP, SPÖ und KPÖ mit Billigung der Roten Armee als eigenständiger Staat in den Grenzen von 1938 wiederhergestellt war, wurden die Hauptstädte Berlin und Wien im Sommer 1945 in je vier Sektoren aufgeteilt und vom Herbst 1945 an als Viersektorenstädte regiert. Der Staat Preußen als größter Bestandteil Deutschlands wurde durch das Kontrollratsgesetz Nr. 46 im Jahre 1947 abgeschafft.
1944 war die Teilung beider Hauptstädte in drei Sektoren beschlossen worden. Der Entschluss, in beiden Ländern auch französische Besatzungszonen einzurichten, fiel im Sommer 1945; dadurch ergab sich die Notwendigkeit, in beiden Hauptstädten auch französische Sektoren einzuplanen. Der Französische Sektor von Berlin wurde am 30. Juli 1945 in der ersten Sitzung des Alliierten Kontrollrates festgelegt.[4]
Gremien
Als höchstes Gremium wurde für Deutschland wie für Österreich zunächst je ein Alliierter Kontrollrat eingesetzt. Während der folgenden deutschen Teilung blieb die Souveränität der beiden deutschen Staaten eingeschränkt; in Österreich fiel die Souveränitätseinschränkung mit dem Staatsvertrag von Wien 1955 weg.
Für die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin war die Alliierte Hohe Kommission, abgekürzt AHK, mit drei Hohen Kommissaren (auch „Hochkommissaren“) von 1949 bis 1955 oberstes Kontrollorgan der drei Westmächte. Diese wurde mit Aufhebung des Besatzungsstatuts durch Inkrafttreten der Pariser Verträge 1955 aufgelöst, aber das alliierte Vorbehaltsrecht schränkte die staatliche Souveränität der Bundesrepublik Deutschland weiterhin ein.
Eine Alliierte Kommandantur, das entsprechende Gremium für die Viersektorenstadt, regelte in Berlin und in Wien die Zusammenarbeit der Besatzungsmächte; sie war dem jeweiligen Alliierten Kontrollrat, der die gleiche Aufgabe für das ganze Land ausübte, unterstellt.
Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) bis 1949 und die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) waren die Überwachungs- und Leitungsinstitution der sowjetischen Besatzungsmacht zur Führung der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) beziehungsweise später der Deutschen Demokratischen Republik bis zum 28. Mai 1953. Nach dem Tod Josef Stalins 1953 wurde die SKK in die „Hohe Kommission der UdSSR in Deutschland” umgewandelt. Der damalige politische Berater General Tschuikows, Wladimir Semjonow (später stellvertretender Außenminister der Sowjetunion), wurde zum Hohen Kommissar ernannt.
Der Alliierte Kontrollrat für Deutschland wurde formal erst mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten aufgelöst, als 1990 durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag die vollständige Souveränität Deutschlands hergestellt wurde. In Österreich beendete der Kontrollrat seine Tätigkeit 1955.
Besatzungszonen in Deutschland und Österreich
Deutschland
→ Hauptartikel: Deutschland 1945 bis 1949
Mit der Berliner Erklärung stellten die Alliierten am 5. Juni 1945 die Übernahme der Regierungsgewalt im Gebiet des Deutschen Reiches fest. Das betraf auch die Befugnisse der deutschen Regierung, des Oberkommandos der Wehrmacht und der Regierungen, Verwaltungen und Behörden der Länder, Städte und Gemeinden. Die Besatzungszonen umfassten das Staatsgebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937, ohne die okkupierten Gebiete ostwärts der Oder-Neiße-Linie – diese standen zunächst unter sowjetischer, später hauptsächlich polnischer Verwaltung –, und waren durch Zonengrenzen voneinander getrennt. Diese waren in der Regel identisch mit den Verwaltungsgrenzen ehemaliger Länder, vereinzelt auch mit Kreisgrenzen. Dadurch wurde erreicht, dass eine ordnungsgemäße Verwaltung auch weiterhin sichergestellt werden konnte.
Durch die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen war der preußische Staat zerrissen worden und hatte faktisch aufgehört zu bestehen. Am 25. Juli 1947 wurde er durch den Alliierten Kontrollrat per Kontrollratsgesetz Nr. 46 auch staatsrechtlich aufgelöst.
Österreich
→ Hauptartikel: Besetztes Nachkriegsösterreich
Wie Deutschland war Österreich schon vor Kriegsende von den Alliierten in von ihnen zu besetzende Zonen geteilt worden. Nach Kriegsende wechselten daher im Sommer 1945 einige von anderen Alliierten eroberte Gebiete ihre Besatzer. Im Unterschied zu Berlin wurde in Wien der 1. Bezirk, das Stadtzentrum, zum interalliierten Sektor bestimmt, in dem die Besatzungsmacht monatlich wechselte und die interalliierte Militärpolizei patrouillierte.
Die Besatzungszeit dauerte bis zum österreichischen Staatsvertrag im Jahre 1955, womit das Ende des Besatzungsrechts und die Wiedererlangung der vollen völkerrechtlichen Souveränität für ein fortan neutrales Österreich erreicht wurden. Die letzten Besatzungssoldaten zogen im Oktober 1955 ab.[5]
Aufteilung der Hauptstädte
Berlin
Den Bewohnern der drei West-Sektoren Berlins wurde 1952 das Betreten des Umlandes (SBZ/DDR) verboten, die Stadtgrenze wurde mit Stacheldrahtzäunen abgesperrt. Der Wechsel zwischen den Sektoren war jedoch noch weitgehend ungehindert möglich bis zur physischen Zementierung der Teilung der Stadt in West-Berlin (Westsektoren) und Ost-Berlin (sowjetischer Sektor) durch den Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961. Im Jahr 1971 wurde das viele praktische Fragen regelnde Viermächteabkommen über Berlin abgeschlossen. Die Sektoren existierten bis zum Vorabend der Deutschen Einheit, also bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990.
Siehe auch: Berlin-Frage
- Die ursprüngliche Gliederung der vier Sektoren
Der französische Sektor bestand aus den Bezirken Wedding und Reinickendorf. Der sowjetische Sektor umfasste Pankow, Weißensee, Prenzlauer Berg, Mitte, Friedrichshain, Lichtenberg, Köpenick und Treptow. Der amerikanische Sektor unterteilte sich in Neukölln, Kreuzberg, Tempelhof, Schöneberg, Steglitz und Zehlendorf. Der britische Sektor bestand aus den Bezirken Charlottenburg, Spandau, Tiergarten und Wilmersdorf.
Die Bezirke Marzahn, Hellersdorf und Hohenschönhausen, die sich auch auf den abgebildeten Karten wiederfinden, sind erst ab 1979 durch Veränderungen der Bezirksgrenzen in Ost-Berlin entstanden. Nach alliiertem Recht hätte dies einer Zustimmung der Alliierten, also auch der Westalliierten bedurft, die es tatsächlich nicht gab; die DDR handelte insofern mit Rückendeckung der Sowjetunion eigenmächtig.
Wien
Ähnlich der Situation in Berlin wurde auch Wien in vier Sektoren aufgeteilt, wobei aber bis zum Ende der Besetzung im Jahr 1955 Reisefreiheit innerhalb der gesamten Stadt herrschte. Die Sektorenaufteilung bezog sich auf das Gebiet Wiens in den Grenzen von 1937; alle durch die Entscheidung des NS-Regimes zur Bildung Groß-Wiens 1938 hinzugekommenen Gebiete, insbesondere die damaligen Bezirke 22 bis 26, wurden Niederösterreich und somit der sowjetischen Besatzungszone außerhalb Wiens zugerechnet.[6]
Die Innere Stadt wurde keiner Besatzungsmacht allein zugesprochen, sondern zum Interalliierten Sektor erklärt und von allen vier Mächten (nach einem monatlichen Turnus in der Leitung) besetzt.
Während die sowjetische Besatzungsmacht innerhalb der Stadt über den Flughafen Aspern verfügte, befanden sich der US-amerikanische Flughafen Langenlebarn und der britische Flughafen Schwechat in Niederösterreich – und damit in der sowjetischen Besatzungszone. Nur kleine Air strips wurden innerhalb der Stadt angelegt.
Berühmtheit erlangten die sogenannten Vier im Jeep durch den gleichnamigen Film. Es handelte sich dabei um von allen vier Besatzungsmächten gemeinsam durchgeführte Patrouillenfahrten, wodurch symbolisch die funktionierende Vier-Mächte-Verwaltung propagiert wurde.
Der Roman und der Film Der dritte Mann von Graham Greene spielen im Wien dieser Zeit.
- Dem sowjetisch besetzten Umland zugeordnetes Gebiet
(*) Mit diesem Zeichen versehene Gebiete zählten zum Verwaltungsgebiet der Stadt Wien, besatzungsrechtlich jedoch nicht zur Viersektorenstadt, sondern zum sowjetisch besetzten Niederösterreich. Die Regelung betraf Albern (seit 1956 im 11. Bezirk), Liesing (seit 1954 23. Bezirk), den Lainzer Tiergarten, die Friedensstadt, die Siedlung Auhofer Trennstück und die Siedlung im ehemaligen Lainzer Tiergarten (alle seit 1954 im 13. Bezirk) sowie Teile der heutigen Bezirke 21 und 22.
Internationaler Sektor
Französischer Sektor Der französische Sektor erstreckte sich als zusammenhängendes Gebiet vom Stadtzentrum nach Westen:
- Mariahilf
- Penzing ohne das 1938 eingemeindete Hadersdorf-Weidlingau*
- Rudolfsheim-Fünfhaus
- Ottakring
Britischer Sektor Der britische Sektor südöstlich und südwestlich des Stadtzentrums war von sowjetisch besetzten Bezirken unterbrochen:
- Landstraße
- (Die zwischen der Landstraße und Margareten liegende Wieden war sowjetisch besetzt.)
- Margareten
- Simmering (ohne Albern*)
- (Das zwischen Simmering und Meidling gelegene Favoriten war sowjetisch besetzt.)
- Meidling
- Hietzing ohne den Lainzer Tiergarten* und ohne die Friedensstadt*, die Siedlung Auhofer Trennstück* und benachbarte Siedlungen*
Amerikanischer Sektor Der amerikanische Sektor erstreckte sich nordwestlich und nördlich des Stadtzentrums als zusammenhängendes Gebiet:
Sowjetischer Sektor Abgesehen von zwei sowjetisch besetzten Bezirken in ansonsten von den Briten besetztem Stadtgebiet umfasste der sowjetische Sektor alle Bezirke, die vom Stadtzentrum aus gesehen jenseits des Donaukanals bzw. der Donau lagen, darunter die flächenmäßig größten Wiens:
- Leopoldstadt
- Wieden (zwischen zwei britisch besetzten Bezirken)
- Favoriten nördlich der Donauländebahn (zwischen zwei britisch besetzten Bezirken; südlich der Bahn siehe *)
- Brigittenau
- Floridsdorf ohne die 1938 eingemeindeten Gebiete*
- Donaustadt ohne die 1938 eingemeindeten Gebiete*
(Sowjetisch besetztes Stadtgebiet außerhalb der vier Sektoren: siehe oben Anmerkung *)
Siehe auch
- Berlin-Frage
- 6941st Guard Battalion
- Groß-Berlin, Geschichte Berlins, Ost-Berlin, West-Berlin
- Geschichte Wiens
- Besetztes Nachkriegsösterreich
Literatur
- Uwe Andersen, Wichard Woyke (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 5. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Leske + Budrich, Opladen 2003, ISBN 3-8100-3670-6 (Lizenzausgabe: Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2003, ISBN 3-89331-389-3 (Bundeszentrale für Politische Bildung Schriftenreihe 406)).
- Peter Csendes: Geschichte Wiens. 2. durchgesehene Auflage. Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1990, ISBN 3-7028-0295-9 (Geschichte der österreichischen Bundesländer).
- Hans Rauschning: Berlin halb und halb. Gezeichnete Viersektorenstadt. Verlag Food Promotion, München 1985, ISBN 3-7605-8510-8.
- Arthur Schlegelmilch: Otto Ostrowski und die Neuorientierung der Sozialdemokratie in der Viersektorenstadt Berlin. In: Jahrbuch für die Geschichte und Mittel- und Ostdeutschlands. Bd. 14, 1993, ISSN 0075-2614, S. 59–80.
- Darf Genscher nach Berlin? In: Die Zeit, Nr. 23/1975.
- Die Geschichte der Mauer – Eine Chronik in Zahlen, Bildern und Filmdokumenten
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. dazu den sog. Teso-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Oktober 1987 (Az.: 2 BvR 373/83) in BVerfGE 77, 137 (154 ff.)
oder NJW 1988, S. 1313 (siehe dejure.org). - ↑ Kay Hailbronner in: Graf Vitzthum (Hrsg.): Völkerrecht, 4. Aufl. 2007, S. 224, Rn 196.
- ↑ Matthias Etzel: Die Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948) (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts; Bd. 7). Mohr Siebeck, 1992, ISBN 3-16-145994-6.
- ↑ Gerhard Keiderling: Es herrschte das Prinzip der Einstimmigkeit, in: Berlinische Monatsschrift 12/2000 beim Luisenstädtischen Bildungsverein
- ↑ Nach Artikel 1 StV die „Wiederherstellung Österreichs als freier und unabhängiger Staat“
- ↑ Abkommen betreffend die Besatzungszonen und die Verwaltung der Stadt Wien vom 9. Juli 1945, Anhang 2 zum 1. Kontrollabkommen vom 4. Juli 1945, in: Manfried Rauchensteiner: Der Sonderfall. Die Besatzungszeit in Österreich 1945 bis 1955, hrsg. v. Heeresgeschichtlichen Museum / Militärwissenschaftlichen Institut, Sonderdruck, Wien 1985, S. 342 f.
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