- Interzonenzug
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Als Interzonenzug wurden die Reisezüge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bzw. Berlin bezeichnet. In späteren Jahren wurde zwischen Transitzügen und den eigentlichen Interzonenzügen unterschieden. Erstgenannte dienten in erster Linie dem Transitverkehr nach West-Berlin; die eigentlichen Interzonenzüge bedienten dagegen eine Reihe von Orten in der DDR, meist auch für den DDR-Binnenverkehr. Berliner Bahnhöfe wurden von ihnen generell nicht angefahren.
Inhaltsverzeichnis
Bezeichnungen
Der Begriff Interzonenzug wurde im Jahre 1946 von der Deutschen Reichsbahn in der Sowjetischen Besatzungszone eingeführt.[1] Er war auch nach der Bildung der beiden deutschen Staaten eine Zeitlang die offizielle Bezeichnung für deutsch-deutsche Reisezüge bei beiden Bahnverwaltungen, bei der Deutschen Reichsbahn (DR) bis 1954, bei der Deutschen Bundesbahn (DB) bis in die 1960er Jahre. Umgangssprachlich hat sich Interzonenzug bis zum Ende der DDR gehalten. Erst mit der Wiedervereinigung entfiel der Begriff. Im offiziellen Sprachgebrauch änderte sich die Bezeichnungen als Folge der jeweiligen politischen Situation mehrfach. Bei der DR war beispielsweise 1960 von Zügen DDR−Westdeutschland die Rede, in den 1970ern und 1980ern von Zügen DDR−BRD. Die Züge galten als Internationale Reisezüge und standen daher im Internationalen Kursbuch der DR. Bei der DB sprach man von Zügen DB−DR (1970), in den 1980er Jahren ebenfalls von Zügen Bundesrepublik Deutschland − Deutsche Demokratische Republik bzw. Berlin (West). Auf Fachebene war auch der Ausdruck Wechselverkehrszüge üblich.
Interzonenverkehr nach 1945
Bereits am 5. August 1945 fuhr der erste Güterzug aus dem Ruhrgebiet nach Berlin. Der durchgehende Personenverkehr wurde jedoch erst im Mai 1946 aufgenommen. Der erste (und bis 1949 einzige) Interzonen-Schnellzug – ausschließlich für ausländische Reisende reserviert – verkehrte zwischen Berlin und Osnabrück. Dort bestand Anschluss an den Nord-Express nach Amsterdam und Paris. Der Eisenbahnverkehr zwischen Berlin und den Westzonen war vom 23. April 1948[2] an bis zum 12. Mai 1949 während der Berlinblockade wegen angeblicher „technischer Schwierigkeiten“ auf sowjetische Weisung unterbrochen.[3]
Da das einzige Schnellzugpaar im Interzonenverkehr (FD 111/112) zwischen Köln und Berlin ständig überlastet war, wurden ab dem 10. September 1949 fünf zusätzliche Schnellzugpaare über die innerdeutsche Grenze angeboten, die erstmalig auch Wagen der (damaligen) zweiten Klasse mitführten:
- FD 1/2 zwischen Berlin und Frankfurt am Main
- FD 63/64 zwischen Berlin und Hamburg
- FDt 65/66 als Schnelltriebwagen zwischen Berlin und Hamburg
- FD 109/110 als zweites Zugpaar zwischen Berlin und Köln
- FD 149/150 zwischen Berlin und München
Im Sommer 1949 gab es eine Besonderheit: Die Reichsbahndirektion Nürnberg setzte zur Bewältigung des ansteigenden Verkehrs zusätzliche Züge ein, die über Ludwigsstadt bis an die Demarkationslinie fuhren. Hier mussten die Reisenden aussteigen und die Grenze zu Fuß überqueren (Übergang Fernverkehrsstraße 85). Ab Probstzella bestand neben lokalem Verkehr ab dem 25. August 1949 eine Verbindung mit einem Schnelltriebwagen nach Berlin-Friedrichstraße (FDt79/80).
Reiseverkehr zwischen beiden deutschen Staaten bis 1961
DDR-Bürger, die in die Bundesrepublik reisen wollten, brauchten, um diese Züge nutzen zu dürfen, einen Interzonenpass, ab 1953 eine Ausreisegenehmigung der DDR.
In den folgenden Jahren wurde das Angebot nach und nach erweitert. Es verkehrten im Jahr vor dem Mauerbau (Fahrplan 1960/61):
- über Lübeck/Herrnburg: D 1061/1062 Hamburg–Güstrow und D 161/162 Hamburg–Saßnitz Hafen
- über Büchen/Schwanheide: D 163/164, Ex 165/166 und D 1065/66 (nur im Sommer) Hamburg–Berlin
- über Wolfsburg/Oebisfelde: D 135/136 Düsseldorf–Leipzig, D 1035/1036 Aachen–Leipzig
- über Helmstedt/Marienborn: D 109/110, D 111/112, D 119/120 (Aachen–)Köln–Berlin, D 105/106 Paris–Moskau, D 1009/1010 Paris–Berlin und D 1011/1012 Hannover–Magdeburg (nur im Sommer).
- über Bebra/Wartha: D 1/2 Basel–Berlin, D 197/198 Mönchengladbach–Leipzig, D 199/200 und D 1001/1002 Frankfurt–Leipzig, D 1099/1100 Frankfurt–Weimar
- über Ludwigsstadt/Probstzella: D 129/130 München–Saßnitz Hafen, D 151/152 München–Leipzig–Berlin, D 1029/1030 München/Augsburg–Leipzig (nur im Sommer), D 1051/1052 Stuttgart–Leipzig
- über Hof/Gutenfürst: D 137/138 München–Gera–Leipzig, D 145/146 München–Dresden
Die meisten dieser Züge hielten auch auf Bahnhöfen in der DDR, waren jedoch dort nur in Ausnahmefällen für den Binnenverkehr freigegeben (D 1035 ab Magdeburg, D 197 ab Eisenach, D 1001 und D 1099 ab Gotha, D 1029 ab Saalfeld, D 137 ab Gera, D 145 ab Plauen. Bei den jeweiligen Gegenzügen mussten DDR-Binnenverkehrsreisende den Zug spätestens an diesen Bahnhöfen verlassen).
Reiseverkehr zwischen beiden deutschen Staaten zwischen 1961 und 1989
Nach dem Mauerbau wurden die Kontrollen an der DDR-Grenze intensiviert und die Grenzbahnhöfe wurden verstärkt gesichert. Es kam zu einer deutlichen Angebotstrennung zwischen den Zügen nach Berlin und den Zügen in die DDR.
Die Interzonenzüge waren D-Züge zu Endbahnhöfen in der DDR mit teilweise langen Laufwegen, zum Beispiel Köln–Rostock über Lübeck, Frankfurt am Main–Frankfurt (Oder) oder München–Rostock über Leipzig und Potsdam. Ab dem ersten Halt im Hinterland nach dem Grenzkontrollbahnhof dienten die Züge auch dem Binnenverkehr der DDR. Daher verkehrten sie nicht über West-Berliner Gebiet. Interzonenzüge, die durch den Großraum Berlin fuhren, benutzten daher den Berliner Außenring und hielten im damaligen Potsdamer Hauptbahnhof, auf der Route Köln–Görlitz auch im außerhalb des Berliner Stadtgebiets gelegenen Berlin Schönefeld. Für Reisen zwischen der Bundesrepublik und Ost-Berlin nutzten die meisten Reisenden die Züge des Transitverkehrs, die den in Ost-Berlin gelegenen Bahnhof Friedrichstraße bedienten, wobei die Grenzkontrollen an der Kontrollstelle des Bahnhofs stattfanden. Pro Tag und Strecke gab es bei den Interzonenzügen in der Regel nur ein bis zwei Zugpaare.
Die Grenzkontrollen waren recht umfangreich. So blieb der Interzonenzug nach Rostock in Herrnburg bei Ein- und Ausreise in die DDR 40 Minuten für eingehende Personen- und Gepäckkontrollen stehen. Im anschließenden Streckenabschnitt bis Bad Kleinen wurde weitere 40 Minuten im fahrenden Zug kontrolliert. Analog wurde an den anderen Grenzübergängen verfahren. Auch innerhalb der DDR wurden diese Züge – zumindest in Grenznähe – von Mitarbeitern der DDR-Transportpolizei begleitet. Auf bundesdeutscher Seite wurden die Passkontrollen ohne weitere Verzögerung der Fahrt im fahrenden Zug vorgenommen.
In den letzten Jahren der Existenz der DDR wurde das Angebot schrittweise ausgeweitet. So verkehrten seit Mitte der 1980er Jahre einige Eilzüge am Wochenende im kleinen Grenzverkehr für Tagesreisende aus der Bundesrepublik etwa zwischen Lübeck und Schwerin, Lichtenfels und Saalfeld oder Helmstedt und Eilsleben. Als Folge von Reiseerleichterungen für DDR-Bürger wurden 1988/89 zusätzliche Züge eingeführt.
Nach dem Mauerfall versuchten beide deutsche Staatsbahnen, durch viele neu eingelegte Züge die sprunghaft gestiegene Nachfrage zu bewältigen. Nach der Wiedervereinigung wurden die Züge in das normale Angebot der Bahnen integriert.
Transitzüge ab 1961
Im Verkehr mit Berlin fuhren die Transitzüge ohne planmäßigen Verkehrshalt durch die DDR. Vor dem Transitabkommen betrug die Wartezeit an den Grenzbahnhöfen der DDR bis zu einer Stunde. Kontrolliert wurde bei Einreise in und Ausreise aus der DDR, wobei auch das Gepäck der Reisenden kontrolliert wurde. Durch das Transitabkommen wurde geregelt, dass eine einmalige Passkontrolle während der Fahrt durch die DDR stattfinden sollte. An den Grenzbahnhöfen der DDR betrug die Standzeit nun nur noch 5 – 20 Minuten (länger als 5 Minuten nur bei Lokwechseln in Gerstungen und Probstzella). Die Züge wurden auf DDR-Gebiet von Angehörigen einer Passkontrolleinheit des Ministeriums für Staatssicherheit und Transportpolizei begleitet. Notwendige Betriebshalte sicherte die Transportpolizei ab, indem sie den Zug so umstellte, dass kein DDR-Bürger den Zug betreten und Republikflucht begehen konnte. Derartige Betriebshalte gab es seit Mitte der 1980er Jahre regelmäßig für die Transitzüge zwischen Bebra und Berlin in Neudietendorf und Dessau, da zwischen diesen Bahnhöfen elektrisch gefahren wurde. Die Transitzüge waren auf DDR- und West-Berliner Gebiet mit Reichsbahn-Personal besetzt, Speise-, Liege- und Schlafwagen bewirtschafteten Mitarbeiter der Mitropa, umgekehrt galt das gleiche für DSG-Wagen. In Berlin begannen und endeten die Züge im Bahnhof Berlin Friedrichstraße im Ostteil der Stadt. Wer nach Berlin-Ost einreisen wollte, musste hier die Grenzkontrolle innerhalb des Bahnhofs passieren. In West-Berlin hielten die Züge am Bahnhof Berlin Zoologischer Garten, ab 1976 je nach Laufweg auch in Berlin-Spandau oder Berlin-Wannsee. Nach bzw. vor dem Bahnhof Zoologischer Garten hielten alle Züge zwischen dem Bundesgebiet und Berlin auch noch im Ost-Berliner Bahnhof Friedrichstraße, der sowohl den Übergang im Transit zur S-Bahn nach West-Berlin als auch über die Grenzkontrollstelle die Einreise nach Ost-Berlin und den Übergang zur Ost-Berliner S-Bahn ermöglichte. In den Zuglaufanzeigen war das Fahrtziel in Berlin mit Berlin Stadtbahn umschrieben.
In die Transitzüge durfte zwischen dem Bundesgebiet und Berlin auf DDR-Gebiet niemand einsteigen. Ausnahme waren manche Grenzbahnhöfe an der DDR-Westgrenze zur Ausreise in die Bundesrepublik. Hierbei war die Praxis unterschiedlich: Ein- und Ausstieg in Gerstungen war verboten, ebenso seit den 1970er Jahren in Probstzella. Ausnahme war dort ein besonderer Zubringerzug von Saalfeld zu einem der Transitzüge. In Schwanheide, Gutenfürst und Marienborn durfte in Züge des DDR-Binnenverkehrs umgestiegen werden. In Potsdam Griebnitzsee an der Grenze zu West-Berlin durften - außer in der ersten Zeit nach Mauerbau bis 1964 - keine Fahrgäste aus- und einsteigen, der Halt wurde als Betriebshalt auch nicht in den Kursbüchern aufgeführt.
Über Lautsprecher am DDR-Grenzbahnhof – beispielsweise in Schwanheide – wurden die Fahrgäste mit Fahrtziel Berlin wie folgt begrüßt: “Schwanheide, hier ist Schwanheide! Werte Reisende, wir begrüßen Sie in der Deutschen Demokratischen Republik! Alle Reisende, die nicht nach Berlin fahren, werden aufgefordert, sofort auszusteigen, da dieser Zug bis Berlin nicht hält! Ich wiederhole...!" [4]
Ein Teil der Zugpaare, die über den Grenzübergang Helmstedt–Marienborn dem Transitverkehr mit Westberlin dienten, waren internationale Züge. Sie endeten ostwärts nicht in Ostberlin, sondern in Warschau oder Moskau. Westwärts fuhren diese Züge bis Paris, Oostende oder Hoek van Holland.
Grenzbahnhöfe
Folgende Grenzbahnhöfe wurden benutzt (von Nord nach Süd bzw. West nach Ost)
BRD/DDR:- Lübeck/Herrnburg: für den Transitverkehr nach Berlin (West) nicht zugelassen
- Büchen/Schwanheide (Hamburg, Norddeutschland)
- Wolfsburg/Oebisfelde: für den Transitverkehr nach Berlin (West) nicht zugelassen
- Helmstedt/Marienborn: Grenzübergang Helmstedt-Marienborn (Hannover, Westdeutschland)
- Bebra/Wartha, ab 1963 Bebra/Gerstungen (Hessen, Frankfurt am Main, Saarbrücken)
- Ludwigsstadt/Probstzella: Frankenwaldbahn (Süddeutschland, Nürnberg, München, Stuttgart)
- Hof/Gutenfürst (Regensburg, München) ab Oktober 1972
DDR/West-Berlin (nur für Transitverkehr):
- Staaken (DDR)/Berlin-Spandau ab 1976, Berliner Stadtbahn Richtung Hamburg)
- Griebnitzsee/Berlin-Wannsee, Berliner Stadtbahn (Zoologischer Garten, Friedrichstraße, bis 1961: Ostbahnhof)
- Drewitz/Berlin-Wannsee nur für Sonderzüge und bei Umleitungen wegen Bauarbeiten
Aus der DDR konnte West-Berlin mit der Eisenbahn nur über den Grenzübergang im Bahnhof Friedrichstraße mit der Berliner S-Bahn erreicht werden.
Im Güterverkehr wurden zusätzlich die Grenzübergänge Walkenried/Ellrich an der innerdeutschen Grenze und Drewitz/Berlin-Wannsee genutzt.
Militärverkehr
Für den Transitverkehr von und nach West-Berlin hatten das US Army Transportation Corps, das Royal Corps of Transport (RCT) sowie die französische Armee (Train Militaire Français de Berlin) eigene Züge. Lokomotiven und Lokpersonal wurden auf dem jeweiligen Netz von der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn gestellt. Die Grenzformalitäten wurden gemäß dem Viermächteabkommen durch Angehörige der Sowjetarmee vorgenommen. Wenn Kontrollen auf dem Abschnitt Berlin-Wannsee–Potsdam vorgenommen wurden, geschah dies jedoch nicht in Griebnitzsee, sondern auf dem damaligen Bahnhof Potsdam Stadt (heute Potsdam Hauptbahnhof).
Literatur
- Peter Bock: Interzonenzüge. Eisenbahnverkehr im geteilten Deutschland. GeraMond, München 2007, ISBN 978-3-7654-7118-6.
- Bernd Kuhlmann: Züge durch Mauer und Stacheldraht. Sechs Kapitel zur Geschichte des Eisenbahnverkehrs über die Grenzen zwischen Deutschland Ost und Deutschland West. GVE, Berlin 1998, ISBN 3-89218-050-4.
Einzelnachweise
- ↑ Eisenbahn-magazin, Ausgabe Oktober 2008, Seite 10 ff.
- ↑ http://www.berliner-untergrundbahn.de/cs-40.htm#1948
- ↑ http://www.verkehrswerkstatt.de/blockade/presse2/gb0175.htm (Link nicht mehr abrufbar)
- ↑ Grenzbahnhof Schwanheide
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