- Politische Parteien in der Schweiz
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Die politischen Parteien der Schweiz sind stark vom Schweizer Föderalismus geprägt. Die Schweiz ist in drei Ebenen aufgeteilt: die nationale Ebene, die kantonale Ebene und die Gemeindeebene. Auf allen drei Ebenen werden Parlamente gewählt (auf Gemeindeebene bestehen heute noch vielerorts einfache Gemeindeversammlungen, auf denen jeder in der Gemeinde ansässige Schweizer (vereinzelt auch ansässige ausländische Staatsangehörige) Rede-, Stimm- und Wahlrecht besitzt). Deshalb gibt es auf jeder dieser Ebenen Parteien. Die grossen nationalen Parteien sind meist auf allen drei Ebenen durch kantonale und kommunale Sektionen aktiv, während es auf kantonaler und vor allem auf Gemeindeebene viele kleine Parteien gibt, die sich auf die politische Arbeit im jeweiligen Kanton oder die Gemeinde beschränken. Das nationale Parlament, die Bundesversammlung, besteht aus zwei Kammern, die kantonalen und kommunalen Parlamente bestehen aus einer Kammer.
Besonderheiten
Nationale Ebene
Die wichtigsten Parteien der Schweiz sind die sogenannten Bundesratsparteien. Dabei handelt es sich um die wählerstärksten Parteien, die mindestens einen Vertreter in der Landesregierung, also im Schweizerischen Bundesrat haben. 1959 bis 2008 waren dies Konservative (SVP), Sozialdemokraten (SP), Freisinnige (FDP) bzw. Liberale (LPS) und Christdemokraten (CVP). Nach der Abwahl von Bundesrat Christoph Blocher bei den Bundesratswahlen 2007 erklärte sich die SVP jedoch zur Oppositionspartei und schloss ihren bisherigen Bundesrat Samuel Schmid und die neu gewählte Eveline Widmer-Schlumpf aus der Parlamentsfraktion aus. 2008 folgten der Ausschluss von Widmers Kantonalpartei sowie der Austritt Schmids aus der SVP Schweiz. Seit der Wahl von Ueli Maurer als Nachfolger von Schmid am 10. Dezember 2008 ist die SVP wieder im Bundesrat vertreten.[1]
Die Bezeichnung «Regierungsparteien» für jene politischen Kräfte ist unüblich, da in der Schweiz keine parlamentarische Opposition im eigentlichen Sinne besteht. In der Schweiz ist es dafür durchaus üblich, dass eine im Bundesrat vertretene Partei bei einer bestimmten Sachfrage in Opposition zu diesem agiert, z. B. bei Parolen zu Volksabstimmungen (insbesondere bei den «Polparteien» SP und SVP) (siehe Konkordanzdemokratie, Politisches System der Schweiz).
Die Schweizer Parteienlandschaft ist traditionell in ein bürgerliches (d. h. liberal-konservatives) und ein links-grünes Lager geteilt. Das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Lagern hat sich auf der nationalen Ebene seit der Einführung der Proporzwahl 1919 kaum geändert (ca. zwei Drittel wählen bürgerlich, ein Drittel links-grün). Diese Politische Stabilität ist ebenfalls auf die Besonderheiten des politischen Systems zurückzuführen.
Innerhalb der beiden Lager finden jedoch teilweise grössere Verschiebungen statt, so während der 2000er-Jahre auf der bürgerlichen Seite mit dem Aufstieg der Schweizerischen Volkspartei, auf der linken Seite mit dem Erstarken der Grünen; zudem war seit Ende der 1990er-Jahre eine Schwächung der bürgerlichen Mitte (FDP, CVP) zugunsten der «radikaleren» Rechten (SVP) feststellbar. Nach den Wahlen 2011 mit Verlusten besonders für die SVP und die Grünen einerseits, andererseits Erfolgen der gemässigteren bürgerlichen SVP-Abspaltung BDP sowie der Grünliberalen Partei gilt die Mitte hingegen wieder als gestärkt.[2]
Kantonale Ebene
Die Parteiensysteme der einzelnen Kantone unterschieden sich bis zum Ende des 20. Jahrhunderts teilweise stark sowohl voneinander als auch von der nationalen Konstellation. Mit der Vereinheitlichung und Zentralisierung der Mediensituation (Pressekonzentration, elektronische Medien) hat sich seither die Parteienlandschaft der Kantone derjenigen in den urbanen Zentren der Deutschschweiz angeglichen. Die einzelnen kantonalen Sektionen einer Partei haben aber immer noch teilweise unterschiedliche Profile oder unterscheiden sich von ihrer Mutterpartei. So ist in den katholischen deutschschweizer Kantonen die Linke schwach vertreten, dafür beherrschen die CVP und die FDP (bzw. seit neustem auch die SVP) die Politik. In den reformierten Kantonen ist die ursprünglich katholische CVP nur eine Kleinpartei, während SVP, SP und FDP die Politik bestimmen. Das Profil der CVP ist in den katholischen Hochburgen ausgesprochen konservativ, während es z. B. im Kanton Zürich liberal ausgerichtet ist. Die SVP hat seit der Abspaltung der BDP in allen Kantonen und auf nationaler Ebene ein rechtskonservatives bis rechtspopulistisches Profil.
In der Bundesversammlung vertretene Parteien
Name der Partei Ausrichtung Sitze im Nationalrat Sitze im Ständerat Sitze im Bundesrat Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP) bürgerlich, wirtschaftsliberal, konservativ, Mitte-rechts 9 1 (als SVP-Mitglied gewählt) 1 (als SVP-Mitglied gewählt) Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
früher Katholisch-Konservative Partei (KK)christdemokratisch, bürgerlich, breites Spektrum von leicht links der Mitte bis klar rechts 28 14 1 Christlichsoziale Partei der Schweiz (CSP) christlich, ökologisch, gesellschaftsliberal, steht christlichen Gewerkschaften nahe, links 1 - – Evangelische Volkspartei (EVP) evangelisch, wertekonservativ, ökologisch, Mitte 2 - – FDP.Die Liberalen (FDP) bürgerlich, wirtschaftsliberal, gesellschaftsliberal, Mitte-rechts 30 12 2 Grüne Partei der Schweiz (GPS) ökologisch, pazifistisch, feministisch, links 15 2 – Grünliberale Partei (GLP) ökologisch, wirtschaftsliberal, gesellschaftsliberal, Mitte 12 2 – Lega dei Ticinesi (Lega) isolationistisch, konservativ, stark rechts (Kanton Tessin) 2 - – Mouvement Citoyens Romands/Genevois (MCR/MCG) Protestpartei, populistisch, gegen Grenzgänger, Romandie (von Bedeutung nur in Kanton Genf) 1 - – Schweizerische Volkspartei (SVP) rechtspopulistisch, nationalkonservativ, teils wirtschaftsliberal, isolationistisch 54 7 1 (+1 als SVP-Mitglied gewählt) Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) gewerkschaftsnah, für starken Sozialstaat, ökologisch, gesellschaftsliberal, links 46 8 2 Kantonale und regionale sowie nicht in der Bundesversammlung vertretene nationale Parteien
- Aktive Senioren: Kantone Zürich und Luzern, für die Interessen der Senioren und Rentner, konservativ, der SVP nahe stehend
- Alliance de Gauche: Wahlbündnis zwischen der Partei der Arbeit und SolidaritéS
- Alpenparlament: rechts-esoterisch, für Naturheilkunde, vertritt Verschwörungstheorien[3]. Mit dem Alpenparlament verbunden war die 2003 und 2007 bei den Nationalratswahl angetretene Partei Interessengemeinschaft Gesundheit.
- Alternative Liste (AL): in Zürich und Schaffhausen im Kantonsparlament, sozialistisch, ökologisch, links
- Alternative Linke (AL): früher im Nationalrat, sozialistisch, ökologisch, links
- Auto-Partei (AP) (bis 1994 Autopartei, von 1994-2009 "Freiheits-Partei der Schweiz" (FPS)): antigrün, rechtspopulistisch, konservativ, isolationistisch, stark rechts
- Basels starke Alternative (BastA): Mitglied der Grünen
- Bewegung für den Sozialismus (BfS): Im Kantonsparlament des Kantons Tessin vertreten.[4]
- Bieler Volkspartei (BVP): 2010 von der SVP abgespalten, Stadt Biel/Bienne
- Bürger-Partei Schweiz (BPS): Kanton Bern, aus der Freiheits-Partei entstanden
- CHance21: im Kanton Luzern, für kleinräumige Strukturen (insb. gegen Gemeindefusionen), ökologisch, gegen NATO- und EU-Beitritt der Schweiz
- Demokratisch-Soziale Partei der Schweiz (DSP): reformorientiert, leicht links der Mitte
- Die Eidgenossen: Biel, aus der Freiheits-Partei entstanden, rechts
- Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU): nationalkonservativ, isolationistisch, christdemokratisch, rechts-aussen
- Entente Jurassienne: bürgerlich, für Vereinigung des Süd-Juras (Bern) mit dem Kanton Jura
- Europäische Reform Partei (ERP): proeuropäisch, Mitte
- Familiä-Partei: Kanton Aargau, finanzpolitisch konservativ, rechts
- Forum Liberale Mitte: Kanton Aargau, rechtsliberal, bürgerlich, ökologisch, Mitte-rechts
- Gruppe für Innerrhoden (GfI): Kanton Appenzell Innerrhoden, Mitte-links, Zusammenarbeit mit SP[5]
- Humanistische Partei der Schweiz (HPS): humanistisch, links, Teil der Humanistischen Bewegung
- Junge Alternative (JA!), Kanton Bern, Jugendpartei, links von SP und Grünen
- Katholische Volkspartei der Schweiz (KVP): katholisch-fundamentalistisch, isolationistisch, ökologisch, rechts aussen
- Die Kommunisten (Les Communistes): Genf
- Ligue vaudoise: eher eine politische Bewegung, gehörte zur Frontenbewegung
- Ökoliberale Bewegung Schaffhausen (ÖBS): Mitglied der Grünen
- Partei der Arbeit der Schweiz (PdA): kommunistisch, äusserst links
- Partei für Zürich (PFZ): liberal-konservativ, Abspaltung der SVP
- parteifrei.ch: Gruppierung, die parteilosen Bürgern die Wahl in Ämter ermöglichen will[6]
- Partei National Orientierter Schweizer (PNOS), nationalistisch, ausländerfeindlich, antistaatlich, rechtsextrem (gemäss Bundesamt für Polizei)
- Parti Socialiste Autonome (PSA): sozialdemokratisch, Teil der SP Kanton Jura, für Vereinigung des Süd-Juras (Bern) mit dem Kanton Jura
- Piratenpartei Schweiz (PPS), für Grundrechte, gegen Kontrollen und Zensur, freie Software, urheberrechtskritisch
- Les Rauraques, Jugendpartei,für Vereinigung des Süd-Juras (Bern) mit dem Kanton Jura, im Stadtparlament von Moutier vertreten.[7]
- Republikanische Reform Partei (RRP): Nachfolgerin der 2008 aufgelösten Sektion Oberer Zürichsee / Glarnerland der Schweizer Demokraten
- Schweizer Demokraten (SD) (bis 1990 Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat (NA)): isolationistisch, nationalistisch, ausländerfeindlich, ökologisch, rechts aussen
- Schweizerische Bürger Partei (SBP): Kanton Basel-Stadt, ähnliche Ansichten wie Schweizer Demokraten
- Sozial-Liberale Bewegung (SLB): sozial, gesellschaftsliberal, Mitte-links
- Subitas: maskulistisch,[8] Nachfolger der bei den Wahlen 2007 im Kanton Bern angetreten Männerpartei.[9]
- solidaritéS: Romandie, sozialistisch, äusserst links
- Team baden: Stadt Baden
- Tierpartei Schweiz: Für Tierschutz[10]
Nationale Jungparteien
- Junge Christlichdemokratische Volkspartei (JCVP)
- Junge Eidgenössisch Demokratische Union (JEDU)
- Junge Evangelische Volkspartei (*jevp)
- Junge Grüne, Jungpartei der Grünen Partei der Schweiz
- Junge Schweizer Demokraten (JSD)
- Junge Schweizerische Volkspartei (JSVP)
- Jungfreisinnige, Jungpartei der FDP.Die Liberalen Schweiz (JF)
- JungsozialistInnen (JUSO), Jungpartei der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz
Bedeutendere Parteien, die es nicht mehr gibt
- Freisinnig-Demokratische Partei (FDP): 2009 mit der LPS fusioniert zur FDP.Die Liberalen
- Liberale Partei der Schweiz (LPS): 2009 mit der FDP Schweiz fusioniert zur FDP.Die Liberalen
- Landesring der Unabhängigen (LdU): sozialliberal, Mitte, 1999 aufgelöst.
- Frauen macht Politik (FraP!): feministisch, links; bis 1999 im Nationalrat vertreten.
- Liberalsozialistische Partei (LSP): 1946 hervorgegangen aus dem Schweizer Freiwirtschaftsbund, 1990 in der INWO Schweiz (Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung) aufgegangen.
- Revolutionäre Marxistische Liga (RML): trotzkistisch, gegründet 1969, 1980 Namensänderung in Sozialistische Arbeiterpartei (SAP), 1990 aufgelöst, Nachfolgeorganisationen u.a. SolidaritéS und Bewegung für Sozialismus (BfS) - entfernt auch in den Grünen.
- Republikanische Bewegung (Rep): ausländerfeindlich, rechtspopulistisch, nationalistisch, bürgerlich, 1989 in den Schweizer Demokraten aufgegangen.
- Kommunistische Partei der Schweiz/Marxisten-Leninisten (KPS/ML): hervorgegangen aus dem 1964 in Lausanne gegründeten Centre-Lénine, Organisation des Marxistes-Léninistes de Suisse; maoistische Gruppierung, 1987 übergegangen in die Freiheitlich-Sozialistische Partei (FSP), deren Spur sich nach 1989 verliert.
- Progressive Organisationen der Schweiz (POCH): 68er, stark links, zwischen 1985 und 1993 in den Grünen und der SP aufgegangen.
- Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB): bürgerlich, 1971 zusammen mit der Demokratischen Partei in der SVP aufgegangen
- Demokraten: unabhängig, anfangs eher links, später bürgerlich, 1971 aufgegangen in SVP und der damaligen FDP.
- Nationale Front: nationalsozialistisch, Teil der Frontenbewegung, 1940 aufgelöst, Nachfolgeorganisation Eidgenössische Sammlung 1943 verboten.
- Kommunistische Partei-Opposition (Schweiz), kommunistisch, gegründet 1930, mit einem Abgeordneten im Nationalrat vertreten, schloss sich 1935 der SP an.
Entwicklung des Wähleranteils bei Nationalratswahlen
Sitzverteilung im Bundesrat
Siehe auch
- Liste der politischen Parteien in Deutschland
- Politische Parteien in Österreich
- Jungpartei
- Politisches Spektrum
- Frontenbewegung
Literatur
- Michael Herrmann, Heiri Leuthold: Atlas der politischen Landschaften - ein weltanschauliches Porträt der Schweiz. vdf Hochschulverlag AG an der ETH, Zürich 2003, ISBN 3728129011
- Schweizerische Bundeskanzlei Auf eine farbige Schweiz
Einzelnachweise
- ↑ tagesschau.sf.tv: Maurer in den Bundesrat gewählt, abgerufen am 8. Februar 2009.
- ↑ Jubelnde «neue Mitte». Der Wahlsieg gehört den Kleinparteien GLP und BDP. NZZ Online (24. Oktober 2011). Abgerufen am 26. Oktober 2011.
- ↑ http://www.alpenparlament.ch
- ↑ http://mps-solidarieta.ch/index.php?option=com_content&view=article&id=200:intervista-a-matteo-pronzini-eletto-in-gran-consiglio-sulla-lista-mps-pc&catid=44:elezioni-cantonali&Itemid=69
- ↑ http://www.gfi-appenzell.ch/index.php?id=sst-ja0
- ↑ http://www.parteifrei.ch/
- ↑ http://www.moutier.ch/administration/autorites/conseil-de-ville/
- ↑ http://www.subitas.ch/Aktuell.php
- ↑ http://www.parlamentswahlen-2011.ch/detail/items/von-poetischen-narren-und-etablierten-piraten-welch-seltsame-kraefte-es-magisch-ins-bundeshaus.html, http://www.männerpartei.ch/
- ↑ http://www.tierpartei.ch/pages/partei.php
Weblinks
- Zur Geschichte der Parteien ab 1987 – Institut für Politikwissenschaft Uni Bern
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