- Posttraumatische Stresserkrankung
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Klassifikation nach ICD-10 F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung ICD-10 online (WHO-Version 2006) Die Posttraumatische Belastungsstörung (Abk.: PTBS; engl.: Post-traumatic Stress Disorder, Abk.: PTSD) entsteht „als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“.[1] Es werden unterschiedliche psychische und psychosomatische Symptome zusammengefasst, die als Langzeitfolgen eines Traumas oder mehrerer Traumata auftreten können. Schwere, Zeitpunkt und Dauer der zugrundeliegenden Traumatisierung haben dabei Auswirkungen auf das Ausmaß und den Grad der Manifestation der Störungen. Durch eine frühzeitige psychotherapeutische Intervention kann der Entwicklung einer PTBS entgegengewirkt werden, siehe Psychotraumatologie.
Besonders schwere Formen von PTBS sind etwa das so genannte KZ-Syndrom bei Überlebenden des Holocaust oder des sowjetischen Gulag-Systems und das speziell im englischen Sprachraum bekannte Post Vietnam Syndrome (PVS). Zur Zeit des Ersten Weltkriegs sprach man von der „bomb-shell disease”, in Deutschland wurden PTBS-Patienten damals als „Kriegszitterer” bezeichnet. In jüngster Zeit wurden weitere Unterformen der PTBS postuliert. Dazu gehört etwa das Post Cult Syndrome, das bei Leuten auftritt, die einen sektenähnlichen religiösen Kult verlassen haben. Auch das Adopted Child Syndrome wird inzwischen von einigen Wissenschaftlern als Unterform der PTBS betrachtet.
Weitere Synonyme für „Posttraumatische Belastungsstörung”: Posttraumatische Belastungserkrankung, Posttraumatisches Belastungssyndrom, Psychotraumatische Belastungsstörung.
Im Unterschied zur akuten Belastungsreaktion (Dauer der Symptome bis zu einem Monat) spricht man von PTBS ab einer Dauer von einem Monat. Ab einer Dauer von 3 Monaten ist von einer Chronifizierung der PTBS auszugehen.
Ursachen
Traumatische Erlebnisse
Die Posttraumatische Belastungsstörung wird ursächlich durch ein oder mehrere traumatische Erlebnisse ausgelöst. Dazu zählen zum Beispiel[2]
- Kriegserfahrungen
- sexueller Missbrauch oder Gewalterfahrungen in der Kindheit
- Terroristische Anschläge
- Vergewaltigung
- schwere Verkehrsunfälle
- Naturkatastrophen
- Todesfälle in näherem Umfeld
- Stalking
- Miterleben von Verbrechen wie zum Beispiel Amokläufen[3]
Das traumatisierende Ereignis geht meist mit Todesangst, Entsetzen oder Gefühlen von Hilflosigkeit einher.Eine Posttraumatische Belastungsstörung entsteht weder aufgrund einer erhöhten psychischen Labilität, noch ist sie Ausdruck einer (psychischen) Erkrankung – auch psychisch gesunde und gefestigte Menschen können eine PTBS entwickeln.[4] Es gibt jedoch bestimmte Risikofaktoren, die es wahrscheinlicher machen, dass eine Person das Vollbild der PTBS entwickelt (siehe unten).
Sie stellt einen Versuch des Organismus dar, eine mögliche Existenzbedrohung zu überstehen. Daher handelt es sich ursächlich nicht um eine Störung (Fehlfunktion), sondern um eine gesunde und zweckdienliche Reaktion. So konnten Neurowissenschaftler der Universität Utrecht zeigen, dass PTBS-Patienten ungewöhnlich schwach auf physischen Schmerz reagieren.[5] Die ebenfalls geläufige Bezeichnung „Posttraumatische Belastungsreaktion” weist auf diese Unterscheidung hin, gleichzeitig verdeutlicht sie in ihrer begrifflichen Anlehnung den Unterschied zur so genannten Akuten Belastungsreaktion, welche als eine kurzfristige, auf die Überlebenssicherung abzielende Reaktion auftreten kann und nicht wie die PTBS zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung führt.
Risiko- und Schutzfaktoren
Risikofaktoren sind belastende Lebensereignisse oder Lebensumstände, die einzeln oder in ihrem Zusammenwirken die Entstehung einer PTBS begünstigen. Risikofaktoren können entweder zeitlich vor dem Trauma liegen (prätraumatische Risikofaktoren), in der traumatischen Erfahrung selbst begründet sein oder zeitlich nach dem Trauma liegen (posttraumatische Risikofaktoren). Risikofaktoren sind unter anderem eine lange Dauer und schwere Stärke des Traumas. Menschen, die bereits vor dem Trauma unter psychischen Problemen litten, sind besonders oft betroffen. Personen ohne soziales Netzwerk sind ebenfalls besonders anfällig.[6] Das Erleben von „mental defeat” (zu deutsch: sich aufgeben) wird mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit posttraumatischer Symptombildung in Zusammenhang gebracht. Professionelle Helfer (zum Beispiel Feuerwehrleute, Polizisten) entwickeln im Fall einer Katastrophe seltener eine PTBS, als Personen, die nicht speziell geschult sind.[6] Egle und andere konnten eine Reihe von prätraumatischen Risikofaktoren identifizieren. Zu diesen gehören unter anderem das Aufwachsen in Armut, eine schlechte Schulbildung der Eltern, das Aufwachsen in einer Großfamilie mit wenig Wohnraum, Kriminalität oder Dissozialität mindestens eines Elternteiles, geringe familiäre Harmonie, psychische Störungen mindestens eines Elternteiles, autoritäres elterliches Verhalten, Unehelichkeit, Aufwachsen bei einer alleinerziehenden Mutter, geringer Altersabstand zum nächsten Geschwisterkind und schlechte Kontakte zu Gleichaltrigen.[7] Die 1983 durchgeführte National Vietnam Veterans' Readjustment Study lieferte wichtige Erkenntnisse über Risiko- und Schutzfaktoren. Zum Zeitpunkt der Befragung litten 15,2 der männlichen und 8,5% der weiblichen Veteranen unter einer PTBS. Im Laufe ihres Lebens erkrankten 30,9 der Männer und 26,9% der Frauen. Als Risikofaktoren wurden identifiziert:[8]
- Risikofaktoren vor dem Kampfeinsatz:
- hispanische Ethnizität
- Herkunft aus instabilen Familienverhältnissen
- bestrafender Erziehungsstil der Eltern
- Depressionen bereits vor dem Kampfeinsatz
- Risikofaktoren während des Kampfeinsatzes
- peritraumatische Dissoziation (darunter werden Dissoziationen direkt nach dem Trauma verstanden)
- Risikofaktoren nach dem Kampfeinsatz:
- weitere Traumata
- aufreibende Lebensereignisse (wie zum Beispiel Scheidung, Verlust von Angehörigen, Krankheit)
Umgekehrt schützen korrektive Faktoren und Lebensumstände vor Traumatisierung trotz potentiell traumatisierender Ereignisse und Situationsfaktoren. Als Schutzfaktoren wurden identifiziert:[9]
- Schutzfaktoren vor dem Kampfeinsatz:
- japanisch-amerikanische Ethnizität
- Collegeabschluss
- hoher sozioökonomischer Status
- eine enge Beziehung zu den Eltern
- Schutzfaktoren während des Kampfeinsatzes
- keine
- Schutzfaktoren nach dem Kampfeinsatz:
- Soziale Unterstützung
PTBS und Gene
Für die Anfälligkeit, nach Misshandlungen antisoziale Symptome zu entwickeln, scheint nicht nur das Trauma, sondern auch die Veranlagung eine Bedeutung zu haben. Kinder mit X-chromosomal vererbter niedriger MAO-A-Aktivität scheinen etwa doppelt so häufig im Jugendalter Verhaltensstörungen zu entwickeln, wie Traumaopfer ohne diese genetische Variante. Bis zu ihrem 26. Lebensjahr werden sie fast zehnmal so häufig als Täter in Straftaten verwickelt, wie Traumaopfer ohne die genetische Variante. [10] [11] [12] [13] [14]
PTBS und Rauchen
Ein Team um Koenen untersuchte die Gesundheitsakten von 6.744 männlichen Zwillingspaaren, die während des Vietnamkrieges in den amerikanischen Streitkräften gedient hatten. Die Analyse ergab, dass bereits vor der Traumatisierung rauchende Soldaten, die einer traumatischen Erfahrung ausgesetzt waren, über ein doppelt so hohes PTBS-Risiko verfügten. Koenen erklärte gegenüber New Scientist, dass Nikotin einige der gleichen neurobiologischen Bahnen stimuliert, die auch mit Stress und Sucht in Verbindung stehen. Rauchen könnte daher diese Bahnen sensibilisieren. Zusätzlich zeigte sich, dass Menschen nach einer traumatischen Erfahrung eher dazu neigten, mit dem Rauchen anzufangen. Ein Teufelskreislauf, da Rauchen die Symptome der PTBS nur kurzfristig abmildert, auf lange Sicht jedoch verstärkt.[15] [16]
Diagnoseschemata
Die Symptome der PTBS gibt es wahrscheinlich schon so lange es die Menschheit gibt. Immer wieder lassen sie sich in historischen Berichten feststellen, zum Beispiel in dem von Samuel Pepys der 1666 das große Feuer von London miterlebte.[17] Sechs Monate nach der Katastrophe schrieb er etwa in sein Tagebuch: Wie merkwürdig, dass ich bis zum heutigen Tag keine Nacht schlafen kann, ohne von grosser Angst vor dem Feuer erfasst zu werden; und in dieser Nacht lag ich bis fast zwei Uhr morgens wach, weil mich die Gedanken an das Feuer nicht losliessen.[18] In der Medizin fand die PTBS aber erst in jüngster Zeit Beachtung. Ende des 19. Jahrhunderts prägte der deutsche Psychiater Emil Kraepelin den Begriff Schreckneurose um die Symptome zu beschreiben, die sich bei Opfern von schweren Unfällen und Verletzungen, besonders von Feuersbrünsten, Entgleisungen oder Zusammenstößen auf der Eisenbahn zeigten. Schon früh wurden die Symptome der PTBS vom Freud-Schüler Abram Kardiner beschrieben. Erst 1980 fand die Diagnose erstmals Eingang in das international bedeutsame amerikanische Diagnose-Manual DSM III (aktualisierte Version: DSM IV), das von der American Psychiatric Association (APA)[19] herausgegeben wird. Dort ist das Syndrom heute unter 309.81 als eine Form der Angststörung gelistet. Nach der ICD-10 (International Classification of Diseases) der WHO hat die PTBS den Code F 43.1.
Diagnostische Kriterien für eine PTBS nach ICD-10
Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in die Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung über.[20]
Diagnostische Kriterien für eine PTBS nach DSM-IV 1996
A. Es war eine Konfrontation mit einem traumatischen Ereignis gegeben und zwar:
- 1. Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod oder ernsthafter Verletzung oder Gefahr für eigene oder fremde körperliche Unversehrtheit (objektiv) und 2. Reaktion: Intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen (subjektiv)
B. Es kommt zum beharrlichen Wiedererleben des Ereignisses in Form von
- 1. Wiederkehrenden und eindringlichen belastenden Erinnerungen (Bildern, Gedanken, Wahrnehmungen) und/oder Wiederkehrende belastenden Träume und/oder 3. Handeln oder Fühlen, als ob das Ereignis wiederkehrt
C. Anhaltendes Vermeidungsverhalten bzgl. Traumaassoziierter Reize oder Abflachung der allgemeinen Reagibilität. Drei der sieben folgenden Kriterien sind erfüllt:
- 1. Bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen in Bezug auf das Trauma, 2. Bewusstes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen wachrufen, 3. Unfähigkeit, sich an einen wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern, 4. Deutlich vermindertes Interesse oder Teilnahme an wichtigen Aktivitäten, 5. Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von anderen, 6. Eingeschränkte Bandbreite des Affektes, 7. Gefühl einer eingeschränkten Zukunftsperspektive
D. Anhaltende Symptome erhöhter Erregung. Zwei der folgenden fünf Kriterien sind erfüllt
- 1. Schwierigkeiten, ein- oder durchzuschlafen, 2. Reizbarkeit oder Wutausbrüche, 3. Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz (extreme Wachsamkeit), 5. Übertriebene Schreckreaktionen
E. Das Störungsbild dauert länger als einen Monat
F. Das Störungsbild verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen
Weitere Symptome
Speechless Terror
Trauma-Überlebende berichten immer wieder von „speechless terror“[21](sprachlosem Entsetzen), das sie überkommt, wenn sie sich an das Trauma zurück erinnern. Sie sind oft nicht fähig auszudrücken, wie sie über die Ereignisse fühlen oder denken, und unfähig, das Trauma mit Worten zu beschreiben. Dadurch wird die Verarbeitung des Geschehenen erschwert (vgl. Eye Movement Desensitization and Reprocessing).
Gefühle der Hilflosigkeit, des Ausgeliefertsein und der Sinnlosigkeit
Nach Abraham Maslow gehört das Bedürfnis nach Sicherheit zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Menschen ziehen eine sichere, berechenbare, kontrollierbare Umgebung einer Umgebung vor, die gefahrvoll, unkontrollierbar und wenig berechenbar ist. Normalerweise lernt der Mensch im Laufe seiner Kindheit und Jugend, dass seine Bedürfnisse nach Sicherheit und Schutz vor Gefahren befriedigt werden - eine Ausnahme bilden hier Kinder die von ihren Eltern vernachlässigt, misshandelt oder missbraucht wurden, Kinder die im Krieg aufwachsen und Kinder in ähnlichen Ausnahmesituationen.[22] Ein Mensch, dessen Sicherheitsbedürfnisse befriedigt wurden, kommt zu folgenden Grundüberzeugungen:[23]
- Die Welt ist ein sicherer Platz, die meisten Leute sind wohlmeinend
- Die Dinge, die auf der Welt passieren, passieren aus bestimmten Gründen. Das menschliche Leben hat eine Bedeutung
- Guten Leuten werden gute Dinge passieren
Nach einem Trauma scheinen diese Grundüberzeugungen oft in Frage zu stehen. Die Welt erscheint nun feindselig, unberechenbar und chaotisch. Die Überzeugung, dass die Welt verlässlich ist und das Leben einen Sinn hat, geht verloren.[24]
Symptome können sowohl direkt nach Erleben des Traumas, aber auch mit Verzögerung von vielen Jahren oder Jahrzehnten auftreten.Allgemeine Symptome
- Teilamnesie
- Depressionen
- Dissoziative Störungen
- Persönlichkeitsveränderungen
- Bindungsstörungen
- Suchtverhalten
- Aggressive Verhaltensmuster
- Selbstverletzendes Verhalten
- Suizidversuche
- sexuelle Probleme (bei Opfern sexuellen Missbrauchs)
Spezielle Symptome bei Kindern als Opfer von sexueller Gewalt
Zu den oben genannten, allgemeinen Symptomen kommt es bei Kindern als Opfer von sexueller Gewalt zu speziellen Symptomen:
- Einnässen (Enuresis), nachdem das Kind bereits „trocken” war oder altersuntypische langanhaltende Enuresis ohne „Trockenwerden”
- Einkoten (Enkopresis)
- stark sexualisiertes Verhalten
- nicht altersgemäßes und sexuell geprägtes Spiel
Bei Kindern kann es im Anschluss an ein Trauma zum so genannten „traumatischen Spiel” kommen. Hierbei wird das Trauma vom Kind im Spiel nachempfunden. Dies kann auch bei erwachsenen Betroffenen geschehen.
Zusammenhang mit der Borderlinestörung bei Kindheitstraumata
Inwieweit im Kindesalter erlittene Traumata später zu anderen Störungen, wie der Borderline-Persönlichkeitsstörung, führen können, wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert.
Borderliner berichten überdurchschnittlich oft von sexuellen Gewalterfahrungen (etwa 65 Prozent), körperlichen Gewalterfahrungen (etwa 60 Prozent) und schwerer Vernachlässigung (etwa 40 Prozent)[25], kumuliert über 85 Prozent und mehr an erinnerbaren einschlägigen traumatischen Kindheitserfahrungen, zumeist Mehrfachtraumatisierungen. Dazu kommen noch mögliche Schädigungen während der ersten Lebensjahre. Diese wirken sich aufgrund der neurologischen Entwicklungsphase wesentlich stärker aus. Besonders auffällig ist, dass die neurologischen Schädigungen von PTBS-Patienten (schwere Fälle) und von Borderline-Patienten identisch sind. Und beide Krankheitsbilder weisen dieselben Symptombilder auf, die sich ohne Kenntnis des Zusammenhangs praktisch nicht unterscheiden lassen.
Andererseits kritisieren viele Wissenschaftler die Vermutungen und Behauptungen, dass die Borderline-Persönlichkeitsstörung ein chronisches posttraumatisches Belastungssyndrom sei. Sie sind der Meinung „...dass sexuelle Traumatisierung weder eine notwendige noch hinreichende Voraussetzung für die Entwicklung einer BPS darstellt. Die unter Klinikern stark verbreitete Annahme, dass es sich bei der BPS um ein chronisches posttraumatisches Belastungssyndrom handelt, findet auf wissenschaftlicher Ebene keine Evidenz.“[26]
Schwierigkeiten ins spätere Leben zurückzufinden
Viele Menschen haben nach einem Trauma Schwierigkeiten, ihr altes Leben wieder aufzunehmen. Es gibt Statistiken, nach denen jeder vierte Obdachlose auf Amerikas Straßen Veteran eines Krieges ist. Nach Angaben des Ministeriums für Veteranenangelegenheiten sind fast 200.000 Ex-Soldaten ohne feste Bleibe. Viele davon sind Vietnamkriegsveteranen. Doch es gibt auch zunehmend arbeitslose und obdachlose Irakkriegsveteranen.[27]
Häufigkeit
Ob eine PTBS auftritt, ist stark abhängig von der Art des erlebten Traumas. Mit entscheidend sind traumatische Geschehen in der Vorgeschichte, beispielsweise frühkindliche Trennung oder Vergewaltigung. Bis zu 90 % der Erwachsenen und Kinder haben in ihrem Leben ein Trauma-bezogenes Problem, was nicht unbedingt zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) führen muss. Die Lebenszeitprävalenz einer PTBS liegt bei etwa 8 %, kann aber bei exponierten Personen wie Rettungskräften, Ärzten, Polizisten oder Soldaten auf über 50 % ansteigen.
Nach Flatten und Hoffmann 2001 liegt die Eintrittswahrscheinlichkeit für eine PTBS nach politischer Haft und Verfolgung deutlich höher als hier angegeben, nämlich bei 50–70 %.[28] Allerdings legen diese Autoren andere Kriterien für die Diagnose an, als von der Weltgesundheitsorganisation gefordert.
Zu Heilungschancen beim Trauma
Clark und Hanisee untersuchten den Lebensweg von aus Entwicklungsländern adoptierten Kindern, die unterernährt waren und traumatische Kindheitserfahrungen gemacht hatten. Die Kinder wurden von amerikanischen Familien aus der oberen Mittelschicht adoptiert. Entgegen der Annahme, dass diese Kinder unter schweren Beeinträchtigungen leiden würden, erwiesen sie sich als überdurchschnittlich intelligent und überdurchschnittlich sozial kompetent. Beim Peabody Picture Vocabulary Test erreichten sie einen IQ von 120, auf der Vineland Social Maturity Scale erreichten sie im Schnitt 137 Punkte. 100 Punkte gelten als Durchschnitt, 137 als außerordentlich gut. Clark und Hanisee kamen zu dem Ergebnis, dass unterernährte und traumatisierte Kinder sich als erstaunlich resilent erweisen, wenn sie in stabile Familienverhältnisse adoptiert werden.[29]
Unter Resilienz wird die Fähigkeit verstanden schwierige Lebenssituationen erfolgreich zu meistern. Resiliente Personen haben typischerweise eine Reihe von Eigenschaften:[30]
- Sie gehen mit Stress effektiv um
- Sie haben gute Problemlösefähigkeiten
- Bei Problemen bitten sie um Hilfe
- Sie glauben, dass es Möglichkeiten gibt mit Lebensproblemen umzugehen
- Ihre Beziehungen zu Freunden und Familienmitgliedern sind eng
- Mit Freunden und Familie sprechen sie über das Trauma und ihre Gefühle
- Sie sind oft spirituell/religiös eingestellt
- Statt als "Opfer" (victim) sehen sie sich als "Überlebende" (survivor) - diese Unterscheidung im Englischen betrifft, ob sich die traumatisierte Person als passiv und hilflos ("Opfer") oder als stark und selbstbestimmt, in der Regel in Verbindung mit einem bewussten Umgang mit dem Trauma, ("Überlebender") erlebt.
- Sie helfen Anderen
- Sie versuchen, dem Trauma etwas positives abzugewinnen
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam Aaron Antonovsky. Er untersuchte eine Gruppe von Frauen, die in einem nationalsozialistischen Konzentrationslager gewesen war. Ihre emotionale Befindlichkeit wurde mit der einer Kontrollgruppe verglichen. Der Anteil der in ihrer Gesundheit nicht beeinträchtigten Frauen betrug in der Kontrollgruppe 51%, im Vergleich zu 29% der KZ-Überlebenden. Nicht der Unterschied an sich, sondern die Tatsache, dass in der Gruppe der KZ-Überlebenden 29% der Frauen trotz der unvorstellbaren Qualen eines Lagerlebens mit anschließendem Flüchtlingsdasein als körperlich und psychisch ‚gesund’ beurteilt wurden, war für ihn ein unerwartetes Ergebnis.
Diese Beobachtung führte ihn zu der Frage, welche Eigenschaften und Ressourcen diesen Menschen geholfen hatten, unter den Bedingungen der KZ-Haft sowie in den Jahren danach ihre körperliche und psychische Gesundheit zu erhalten. So schuf Antonovsky (im Gegensatz zum Pathogenesekonzept der traditionellen Medizin) das Konzept der ‚Salutogenese’ – der Entstehung von Gesundheit [31]
PTBS verläuft oft chronisch, kann sich aber durch Therapien oder auch spontan von selbst bessern.
Immer wieder beweisen Studien wie wichtig soziale Unterstützung bei der Überwindung traumatischer Erfahrungen ist.[32] Dabei kommt es darauf an, dass der Traumaüberlebende verlässliche Beziehungen hat, die von Ehrlichkeit, Geduld und gegenseitigem Respekt geprägt sind und in denen er/sie offen über seine/ihre Gefühle reden kann.[33] Schädlich ist es hingegen wenn Angehörige mit Unverständnis reagieren oder abwertende Kommentare machen, etwa darüber, dass der Heilungsprozess nun schon sehr lange dauere.[34]
Posttraumatic Growth
Einige Menschen zerbrechen nicht an traumatischen Erlebnissen, sondern können sogar daran wachsen. Es handelt sich hier um Menschen mit ausgeprägter Resilienz. Posttraumatic Growth ist ein Reifeprozess, der bestenfalls in Weisheit mündet.[35]
Therapie
Prävention Vorbeugend wird versucht, durch eine frühzeitige Intervention die akute Belastungsreaktion für den Betroffenen handhabbar zu machen und frühzeitig adäquate Bearbeitungsstrategien zu aktivieren. Für Einsatzkräfte sind die SbE-Teams (in Deutschland PSU-Teams (Psychosoziale Unterstützung für Einsatzkräfte) genannt), für Angehörige und sonstige Betroffene ist die Krisenintervention im Rettungsdienst zuständig. Beide geben konkrete Hinweise auf weiterbetreuende psychosoziale Einrichtungen. Beim Verfahren der "Normalitätsintervention" werden dem Patienten detailliert seine Symptome als normale Reaktion auf ein unnormales Ereignis gedeutet,[36] z.B. kann die Schlafstörung erklärt werden als Wunsch des Körpers, sich wach zu halten, um nicht wieder überfallen zu werden. Nicht in jedem Fall ist eine Intervention nötig. Vor allem Fälle mit einem hohen Risiko der Chronifizierung sollten früh therapiert werden. Zur Beurteilung dieses Risikos gibt es diverse Checklisten wie z. B. den Kölner Risiko Index. Das Rote Kreuz berät die Opfer in Katastrophengebieten routinemäßig auch im Hinblick auf PTBS. Das National Institute for Clinical Excellence (NICE) empfiehlt, die Psychotherapie dem Einsatz von Medikamenten vorzuziehen. Medikamente können aber dann notwendig sein, wenn die Psychotherapie allein nicht ausreicht oder der Patient selbst Medikamente der traumafokussierten Therapie vorzieht.[37]
Pharmakotherapie
Vom englischen National Institute for Clinical Excellence (Nice) werden vor allem Paroxetin, Mirtazapin, Amitryptilin und Phenelzin empfohlen.[38] In Deutschland ist Paroxetin zur Behandlung der PTBS zugelassen, in der Schweiz Sertralin und Paroxetin. Bei schwerer Traumatisierung (Kriegsveteranen) scheint Mirtazapin besser zu wirken als die SSRI.[39][40] Außerdem kann Venlafaxin[41] genutzt werden. Unter den TCA scheint Amitriptylin eine Wirkung zu zeigen. Imipramin dagegen scheint wirkungslos zu sein.[42][43] Auch Neuroleptika können zur Behandlung der PTBS genutzt werden. Studien lassen vermuten, dass bei schweren Formen der PTSD, wo Antidepressiva allein nicht helfen, das Neuroleptikum Quetiapin die Symptome mildern kann.[44] Risperidon kann möglicherweise Intrusionen und Reizbarkeit reduzieren.[45] Ziprasidon ist möglicherweise ebenfalls zur Behandlung der PTBS geeignet.[46] Trazodon kann benutzt werden, um die Schlafqualität zu verbessern.[47] Gegen Albträume und Schlafstörungen bei schweren Formen der PTBS scheint Olanzapin hilfreich zu sein.[48] Opiodanatagonisten wie Naltrexon sind geeignet, um Dissoziation, die Flashbacks und die Gefühlsbetäubung zu bekämpfen. Noradrenerg wirkende Substanzen (Propranolol oder Clonidin) werden gegen Intrusionen und die Übererregbarkeit eingesetzt.[49]
Zu vermeiden
Benzodiazepine wie zum Beispiel Diazepam, Alprazolam und Lorazepam sollten vermieden werden, das gleiche gilt für Alkohol. Yohimbin kann bei Patienten mit PTBS Panikattacken und Flashbacks auslösen.[50]
Psychotherapien
Bei schwerer Traumatisierung kann eine stationäre Traumatherapie sinnvoll sein. Auf jeden Fall sollte sichergestellt werden, dass die betroffene Person keinen weiteren Traumaeinwirkungen ausgesetzt ist/wird.
Die Narrative Expositionstherapie ist eine bei Mehrfachtraumatisierung und nach organisierter Gewalt angewendete Behandlungsmethode. Mittlerweile gibt es gute empirische Evidenz für die Wirksamkeit der NET bei einfachen und multiplen Traumata. Die Therapiemethode wird auch international empfohlen (vgl. 'NICE guidelines' - National Institute for Health and Clinical Excellence).[51]
Auch psychodynamische Verfahren werden eingesetzt; in Deutschland hat Luise Reddemann durch die Ausarbeitung imaginativer Behandlungsverfahren (PITT= Psychodynamische imaginative Traumatherapie) neue Ansätze zur Behandlung vor allem chronisch Traumatisierter (vgl. Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung geliefert. Auch die MPTT (Mehrdimensionale Psychodynamische Traumatherapie) von Gottfried Fischer, mit Peter Riedesser Autor des „Lehrbuch der Psychotraumatologie”, ist ein zur Behandlung dieser Störung angewendetes Verfahren. Ebenso die integrative Traumatherapie, entwickelt von Willi Butollo, LMU München.
Zur Behandlung von PTBS wie auch zur Prävention (bei Akuttraumatisierten) wird auch das EMDR (eye movement desensitization and reprocessing) nach Francine Shapiro (Shapiro, 1989) erfolgreich eingesetzt [52].
Ein neuropsychotherapeutisches Behandlungsprogramm wurde am Institut für Psychologie der Universität Göttingen von Dr. Stefan Jacobs, Micha Strack und Anna de Jong entwickelt: Ausgehend von neueren Befunden aus den Neurowissenschaften, die darauf hinweisen, dass eine Dissoziation zwischen implizitem und explizitem Traumagedächtnis die wesentliche Grundlage der PTB darstellt, wurden verschiedene Module in das Behandlungsprogramm integriert. Dazu gehören, neben der gezielten Bereitstellung von Informationen über die Störungszusammenhänge, ein Patientenedukationsfilm, spezielle kognitiv-behaviorale Interventionstechniken sowie Biofeedback-gestütztes EMDR. Ziel der Anwendung des Biofeedback im Rahmen der EMDR-Sitzungen ist es zum einen, den Patienten implizite Prozesse während der Traumaexposition zurückzumelden und zum anderen das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen subjektivem Belastungsgrad und physiologisch messbarer Erregung zu überprüfen. Erste Ergebnisse einer begleitenden Studie an 16 Patienten zeigen verschiedene EDA-Muster (Elektrodermale Aktivität) bei der EMDR-Desensitivierung (blandes und assoziatives Reprozessieren). Die PTB-Symptome (subjektive und objektive physiologische Entlastung) werden in einer durchschnittlichen Behandlungsdauer von 16 Sitzungen deutlich reduziert (Effektstärken liegen zwischen 1.0 und 2.5). Die Drop-out-Rate betrug 0 %. [53]
Ein biologisch orientierter Ansatz (Somatic Experiencing) zur Behandlung von Schock- und Traumafolgen wurde von Dr. Peter Levine entwickelt. Durch die dosiert und bewusst ausgeführte Komplettierung biologischer Selbstschutz- und Orientierungsreaktionen wird die im Trauma fixierte Energie freigesetzt und das Nervensystem kehrt zu seiner natürlichen Balance zurück.
Albträume können mit dem Verfahren „imagery rehearsal” [54] bekämpft werden: Dabei stellt sich der Betroffene untertags vor, dass der Albtraum ein gutes Ende nimmt. Es ist dabei nicht wichtig, jeden einzelnen Albtraum zu visualisieren. Der Patient verwendet eine typische wiederkehrende Traumhandlung, malt sie sich in allen Einzelheiten aus und erfindet ein gutes Ende. Durch dieses Verfahren können nicht nur die Albträume, sondern auch andere Symptome gebessert werden.
In den neunziger Jahren erfolgte die Behandlung im englischsprachigen Raum häufig im Rahmen des so genannten Recovery-Paradigmas mittels Regressionshypnose; heute ist dieses Verfahren der Rückerlangung von Erinnerungen an das traumatische Ereignis umstritten.
Oft erfolgt die Behandlung in mehreren Stufen, wobei der erste Schritt die Schaffung eines als sicher wahrgenommenen Umfelds ist.
Neueste Forschungen arbeiten mit MDMA in der psycholytischen Therapie.
Hintergrund und Geschichte
Zum ersten Mal wurden die psychischen Folgen eines Traumas 1900 v. Chr. von einem ägyptischen Arzt beschrieben (Veith 1965). 1895 wurden die möglichen Langzeitfolgen von Traumata von Josef Breuer und Sigmund Freud in ihren „Studien über Hysterie” als eine Unterklasse der hysterischen Erkrankung beschrieben, vgl. Traumatische Hysterie. Ende des 19. Jahrhunderts prägte der deutsche Psychiater Emil Kraepelin den Begriff Schreckneurose um die Symptome zu beschrieben, die sich bei Opfern von schweren Unfällen und Verletzungen, besonders von Feuersbrünsten, Entgleisungen oder Zusammenstössen auf der Eisenbahn zeigten.[55] Auch der Freud Schüler Abram Kardiner beschrieb schon früh die Symptome der PTBS. (Lamprecht & Sack 2002). PTBS-Symptome wurden im letzten Jahrhundert mit verschiedenen anderen Bezeichnungen belegt, zum Beispiel sprach man in Bezug auf die Kriegsgeschädigten des Ersten Weltkrieges von „shell shock”, „Granatfieber” oder einer Kriegsneurose.
Die britische Armee allein zählte bis Kriegsende 80.000 Soldaten, die ihren „Breaking Point” erreicht hatten, die ausgebrannt und nicht mehr einsatzfähig waren. Doch die relativ schnell etablierte Erkenntnis der Ärzte, dass man es mit einem eigenständigen Krankheitsbild zu tun hatte, setzte sich weder in der Militärführung noch bei der Zivilbevölkerung durch. Letztere begrüßte psychisch traumatisierte Heimkehrer oft mit tiefster Verachtung. Man ließ die Soldaten spüren, dass man sie für Feiglinge hielt. Einige Hundert dieser Patienten kamen gar nicht zurück nach Großbritannien: Die Armeeführung hatte sie wegen Feigheit erschießen lassen. In Deutschland soll sich die Zahl der Hinrichtungen auf etwa zwei Dutzend belaufen haben.
Mit dem Begriff Überlebenden-Syndrom belegte der Psychiater William G. Niederland die psychischen Folgen der Verfolgung und der KZ-Inhaftierung im nationalsozialistischen Regime. In mehr als hundert Gutachterprozessen musste er sich auch mit den Gutachten der konservativen deutschen Psychiater auseinandersetzen, die in fast allen Fällen keinen Krankheitswert der KZ-Überlebenden feststellen konnten, eine Renten-Neurose attestierten oder aber die Erkrankung auf die „schwache Konstitution” der Überlebenden schoben.[56] Auch K. R. Eisler kritisierte die Unfähigkeit der deutschen Nachkriegspsychiatrie. In seinem Artikel „Die Ermordung von wievielen seiner Kinder muß ein Mensch symptomfrei ertragen können, um eine normale Konstitution zu haben?“ von 1963 setzt er sich mit der Fehde auseinander, die zwischen den US-amerikanischen und den deutschen Gutachtern bezogen auf die Anerkennung einer Posttraumatischen Belastungsstörung stattfand.[57] Milton Kestenberg untersuchte verschiedene diskriminierende Aspekte der deutschen Entschädigungspraxis und betonte, dass erst ab 1965 von deutschen Gerichten die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen psychiatrischen Zuständen und der Verfolgung anerkannt wurde.[58]
Der Begriff PTBS wurde vor allem von der US-amerikanischen Psychologin Dr. Judith Lewis Herman eingeführt, als Konsequenz aus ihrer Arbeit mit Vietnamkriegs-Veteranen wie auch von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen.
Soziale Erblichkeit der PTBS
Mütter, die die Anschläge des elften September miterlebt haben, könnten eine Empfänglichkeit für Stress an ihre Kinder weitergegeben haben. Es konnte festgestellt werden, dass ihre Kinder einen abnormal niedrigen Cortisol-Spiegel haben. Ein abnormal niedriger Cortisol-Spiegel wird typischerweise bei Trauma-Überlebenden gefunden. Noch sind nicht alle Auswirkungen des Hormons Cortisol bekannt. Ein niedriger Cortisol-Spiegel wird jedoch in Zusammenhang mit Konzentrationstörungen, Lernproblemen, erhöhter Reizbarkeit und Suchtverhalten gebracht. Außerdem hat er Auswirkungen auf das Immunsystem.[59][60]
Darstellung in den Medien
Die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung fand 1980 erstmals Eingang in das Diagnose-Manual DSM III (aktuell DSM IV), doch existieren schon in älteren literarischen Werken Hinweise auf eine PTBS. Jonathan Shay erkennt etwa bei der Darstellung des Sir Henry Percy („Hotspur“) in William Shakespeares Henry IV Symptome der PTBS. Hotspur hat Schlafstörungen und Albträume, verliert das Interesse an Beschäftigungen, die ihm früher Freude bereitet haben und wird schreckhaft und launisch. Bei der Darstellung des Achilleus erkennt Shay deutliche Kennzeichen der PTBS[61]. Verschiedentlich wurden Parallelen zwischen den Beschwerden des Frodo Beutlin in J. R. R. Tolkiens Fantasyroman Der Herr der Ringe und den Symptomen der Veteranen, die wie Tolkien auch, im ersten Weltkrieg gedient hatten gesehen[62]. Dichterinnen und Dichter haben immer wieder traumatisierende Lebensumstände beschrieben, sowie die Möglichkeiten der Betroffenen in ihnen zu überleben ausgeleuchtet. Oft hat die Darstellung die Leser aufgerüttelt oder hatte gar sozial verändernde Auswirkungen. Ein Beispiel dafür ist der Roman Oliver Twist von Charles Dickens. In diesem wird die psychische Situation eines Jungen, der seine Eltern verloren hat, beschrieben. Dickens zeigt, wie soziale Einrichtungen, die eigentlich die Notlage des Jungen mildern sollen stattdessen noch zur weiteren Traumatisierung beitragen[63]Bücher die sich explizit mit der PTBS befassen sind das autobiographische A Rumor of War von Philip Caputo, In the Lake of the Woods von Tom O'Brian und das mit dem National Book Award ausgezeichnete Paco's Story von Larry Heinemann.
Die posttraumatische Belastungsstörung wurde unter anderem in Filmen wie Birdy von Alan Parker, Coming Home – Sie kehren heim von Hal Ashby, Die durch die Hölle gehen von Michael Cimino und Geboren am 4. Juli und Zwischen Himmel und Hölle von Oliver Stone thematisiert. In der Flashcartoon-Serie Happy Tree Friends, leidet Flippy, ein grüner Bär in Uniform unter PTBS. Die Erkrankung wird jedoch nicht realistisch dargestellt. Immer wieder bringt ihn sein böses Ich dazu, ein furchtbares Blutbad unter den anderen Happy Tree Friends anzurichten, wenn er durch etwas wie ein Tortenmesser oder ein Knallen an den Krieg erinnert wird.
PTBS bei Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens
PTBS kommt auch bei Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vor. Audie Murphy, ein bekannter Filmschauspieler und höchstdekorierter Soldat des 2. Weltkrieges, litt darunter.[64] Bei Ira Hayes wurde ebenfalls PTBS vermutet.[65] Bei Roméo Dallaire, der als Befehlshabender UN-General den Völkermord in Ruanda miterlebte, wurde im Jahr 2000 eine Posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. James Blake Miller, der als Marlboro Marine bekannt wurde, ist davon betroffen.
Chronologie der Bezeichnungen
- 1600 Nostalgie
- 1800 Effort-Syndrom
- 1910–20 traumatische Neurose, Zitterkrankheit (vgl. Kriegszitterer)
- 1940–50 Kriegsneurose, „neurozirkulatorische Asthenie”, engl. battle fatigue
- 1950-70 Überlebenden-Syndrom
- 1970–80 Post-Vietnam-Syndrom
- 1980 PTBS
Volksmund:
- Sezessionskrieg: „soldier's heart” (Soldatenherz)
- Erster Weltkrieg: „shell shock” (Granatenschock)
- Zweiter Weltkrieg: „war fatigue” (Kriegsermüdung)
- Vietnamkrieg: „combat stress” (Gefechtsstress)
Literatur
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- Huber, Michaela: Wege der Traumabehandlung. Trauma und Traumabehandlung, Teil 2. Junfermann: Paderborn, 3. Auflage 2006. ISBN 3-87387-550-0
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- Sebastian Roth: Krisen-Bildung – Aus- und Weiterbildung von KriseninterventionshelferInnen. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-3537-4. Link zum Buch
- Sachsse, Ulrich et al. (2004) „Traumazentrierte Psychotherapie“, Theorie, Klinik und Praxis: Schattauer Verlag; ISBN 3-7945-1971-X
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- Maggie Schauer, Frank Neuner, Thomas Ebert: Narrative Exposure Therapy. A short-term intervention for traumatic stress disorder after war, terror or torture. Hogrefe, Cambridge (Massachusetts)/Bern/Göttingen 2005, ISBN 0-88937-290-X.
- Anette Streeck-Fischer, Ulrich Sachsse, Ibrahim Özkan: Perspektiven der Traumaforschung. In: Anette Streeck-Fischer (Hrsg.): Körper, Seele, Trauma. Biologie, Klinik und Praxis. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-45868-1, S. 12–22.
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- van der Kolk, Bessel A. (Hrsg. 2000): Traumatic Stress. Grundlagen und Behandlungsansätze; Theorie, Praxis und Forschungen zu posttraumatischem Stress sowie Traumatherapie. Junfermann: Paderborn. ISBN 3-87387-384-2
- Wilson, John P. (1992): Post-traumatic Stress Disorder (PTSD) and Experiences Anomalous Trauma (EAT): Similarities in Reported UFO Abductions and Exposure to Invisible Toxic Contaminants. In: Anomalous Experience & Trauma. Current Theoretical, Research and Clinical Perspectives, Hrsg. Rima E. Laibow, Robert N. Sollod und John P. Wilson. New York: TREAT, S. 31–45.
- M. Zobel (Hrsg.): Traumatherapie. Eine Einführung. Psychiatrie-Verlag, Bonn 2006, ISBN 978-3-88414-404-6.
Siehe auch
- Adopted Child Syndrome
- Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung
- Posttraumatische Verbitterungsstörung
- Psychotraumatologie
- Somatic Experiencing
- James Blake Miller
- Thousand-yard stare
- Interventionen bei Helfern beim ICE-Unglück von Eschede (1998 f)
- Salutogenese, Resilienz (Psychologie und verwandte Disziplinen) (zum Thema Bewältigung von Traumen)
- The Courage to Heal
Weblinks
- Angriff auf die Seele: Information und Hilfe für Soldaten, Reservisten und ehemalige Soldaten nach Auslandseinsätzen der Bundeswehr
- Traumatherapie im Ruhrgebiet: Information und Hilfe nach Gewalttaten, Unfällen, Vernachlässigung, Naturkatastrophen und anderen traumatischen Ereignissen
- National Institute for Clinical Excellence: Post-traumatic stress disorder (PTSD): the treatment of PTSD in adults and children
- Zur Neurophysiologie der PTBS
- Die Posttraumatische Belastungsstörung
- Posttraumatische Belastungsstörungen nach Extrem-Belastung
- www.brainexplorer.org: Ausführliches zum Stand der Wissenschaft der Neurobiologie von PTBS sowie Studien zur Wirksamkeit verschiedener Medikamente
- Informationen für Traumapatienten, Informationen Gewalt- und Unfallopfer (TBZ Göttingen, PDF)
- Leitlinie der AWMF
- Buchauszug aus Morschitzky, H. (2002). Angststörungen. Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe.
- Spiegel Wissen: Krieg im Keller
- Spiegel Wissen: "Sie sind beste Kriegsware!"
Referenzen
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- ↑ Biographical Sketch of Audie Leon Murphy [10]
- ↑ Bradley, James & Powers, Ron (2001): "Flags of Our Fathers". Bantam, 2001, ISBN 0-553-38029-X
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