- Bairisch-Österreichischer Küchenwortschatz
-
Vor allem im Bereich der Lebensmittelbezeichnung gibt es im Bairischen einen sehr charakteristischen, vom übrigen deutschen Sprachraum abweichenden, Wortschatz. In Österreich und Altbayern betrifft das nicht nur bairische Dialektausdrücke. Viele davon sind Lehnwörter aus dem Tschechischen, Italienischen, Ungarischen und Kroatischen (siehe dazu die jeweils knappe Etymologie in der mittleren Spalte).
Die Wörter werden mit ihrem (vom Hochdeutschen zuweilen abweichenden) Genus und ggf. Numerus angegeben: m = maskulin, f = feminin, n = neutrum, pl = Plural. Die Apokope des -e (wie in „Eierspeis-e“) wird verschriftlicht.
Wörter, die nur innerhalb Österreichs, aber nicht in Altbayern, verbreitet sind, werden mit A (= Austriazismus) gekennzeichnet. Für speziell altbairische Wörter wird das Kürzel B (=Bavarismus) verwendet. Zusätzlich werden in Österreich zum Hochdeutschen gehörige Bezeichnungen mit H gekennzeichnet.
Für die Wiedergabe der Wörter wird die hochdeutsche Orthographie verwendet; sie gehören zwar teilweise dem Dialektwortschatz an, werden jedoch häufig schriftlich verwendet (v. a. auf Speisekarten etc.), so dass eine Umschrift in den bairischen Dialekt hier nur begrenzt sinnvoll wäre.
Altbairisch (B), Austriazismen (A), Hochdeutsch in Österreich (H) Herkunft (Etymologie) Bundesdeutsch Agrasel (f) A slawisch Stachelbeere Aschanti, Aschantinuss (f) A Die Aschanti sind ein Volk in Ghana, wo die Erdnuss zu den Grundnahrungsmitteln gezählt wird. Erdnuss Beiried (n) AH Roastbeef Boasinger (n) AH Wallnuss Beuschel (n) AH, Lüngerl (n) B Lungenhaschee Blaukraut (n) HB farblich motiviert Rotkraut, Rotkohl Blunze (f) A zu einem alten Wort für „aufblähen“ Blutwurst Erdapfel (m) HB, Grundbirne (f) 1. Lehnübersetzung aus franz. „pomme de terre“; 2. (v. a. Bgld.) slaw. krumpirn Kartoffel Eierschwammerl H(n), Reherl B(n) Diminutiv zu Schwamm in der Bedeutung „Pilz“; Eier- wegen der Farbe (?) oder der haupts. Zubereitung mit Eiern (?) Pfifferling Eierspeis (f) H Eiserspeise Rührei Eitrige (f) A von Eiter in Anspielung auf den flüssigen Käse in der Mitte Slang für Käsekrainer, eine Wurstsorte Extrawurst (f) AH von lat. extra, eigentlich „außerhalb“, in der Bedeutung „besonders (fein)“ Kalbswurst (als Aufschnitt) Faschiertes (n) H von französisch farce Hackfleisch, Gehacktes Fischlaberl (n) AH, Fischpflanzerl (n) B Diminutiv zu Laib bzw. Umdeutung aus Pfanzelte, also „Pfannkuchen“ zu Pflanzerl Fischfrikadelle Fisole (f) H, Strankerl (n) bot. phaseolus grüne Bohne Fleischlaberl (n) AH
Fleischpflanzerl (n) Bsiehe Fischlaberl/-pflanzerl Bulette, Frikadelle Frittaten (f/pl) AH zu italienische frittata, Eierpfannkuchen in Streifen geschnittene Pfannkuchen (Suppenbeilage) Gelbe Rübe (f) Anm.: die gelbe Karottensorte Goliath ist in Deutschland unbekannt, regional wird auch die orange Karotte als gelbe Rübe genannt (gelbe) Mohrrübe Germ (m) H von „Gerbe(n)“, altes Wort für „Hefe“ (vgl. englisch yeast) < german. ger-) Hefe Geselchtes (n) H zu selchen „räuchern, trocknen“ gepökelt und heiß geräuchertes Fleisch, Geräuchertes Golatsche (f) H slawisch, vgl. tschechischen koláč von kolo = Rad Teigtasche, Kolatsche Grammeln (f/pl) H Grieben Gröstl (n/pl) HB von deutsch „rösten“ Angebratenes Gespritzter (m) H zu spritzen = „mit Sodawasser verdünnen“ Schorle Guatl (n) von ahd. guot „gut“, evtl. Lehnbildung zu französisch „bon(bon)“ A: Bonbon B: Weihnachtsplätzchen Guggummer (n) lateinisch (vgl. englisch cucumber) Gurke Heiden (m) Heidenkorn Buchweizen Hiefe (f), Hetschipetsch (f), Hetscherl (n) Hagebutte Karfiol (m) H aus italienisch cavolfiore (wörtlich: „Kohlblume“) Blumenkohl Karotte (f) H aus französisch carotte Mohrrübe Kipferl (n) H zu Kipf „Wagenrunge“, seitliche (gebogene) Haltestange am Wagen (für Langholztransporte) Hörnchen, Croissant Kletze (f) H mhd. klœzen für „spalten“ Dörrbirne Kletzenbrot (n) H Früchtebrot Knödel (m) HB verwandt mit deutsch Knoten im Sinne von „Verdickung“ Kloß Kohlsprossen (f/pl) AH Rosenkohl Kranawitt (m) vgl. dt. Kranich und Wied für „Gehölz, Gebüsch“ Wacholder Krapfen (m) HB gleiche Wortwurzel wie mitteldt. „Kreppel“ Berliner Pfannkuchen, Kreppel Kraut (n) HB Kohl Kren (m) HB slawisch; vgl. sorbisch, tschechisch kren, russisch chren, kroatisch hren Meerrettich Kriecherl, Kriacherl (n) deutsch „Kriechenpflaume“ gelbe Zwetschke, Mirabelle Kukuruz (m) AH ungarisch kukorica oder slawisch; vgl. tschechisch kukuřice, vllt. auch von den Kuruzzen (aufständische ungarische Bauern) Mais Kutteln (f/pl) A germanisch; vgl. isländisch kvidh- „Magen“ Pansen Leberkäs (m) HB Fleischkäse, Leberkäse Leckerl (n) Diminutivbildung zu dt. lecker, vgl. oben Guatsl Keks, Plätzchen, Leckerli Löffelkäs (m) AH Frischkäse, Hüttenkäse Marille (f) AH vgl. kroatisch marelica Aprikose Marmelade (f) H italienisch Konfitüre, Marmelade Maroni (f/pl) HB italienisch Esskastanie Melange (f) H französisch Milchkaffee Melanzani (f) AH italienisch: melanzana, melanzane (pl.) Aubergine Mischung, rote oder weiße Weinsorten mit Mineralwasser; Gebrauchsform: „Gspritzter Rot, Gspritzter Weiß“ (f) A zu spritzen „mit Mineralwasser verdünnen“ Weinschorle Murke (f) A von tschechisch mrkev = Mohrrübe, Karotte Mohrrübe, Karotte, Wurzel Nockerl (n/pl), im Neuösterreichischen auch: Nockerln (n/pl) HB, (Salzburger Nockerl) von italienisch gnocco „(Kartoffel-)Klößchen“ Eischaumnocken (bei Somlauer oder Salzburger Art) und diverse mit 2 Löffeln geformte Nocken, Klöße, als Beilagen und Suppeneinlagen Obazder (m) B Bayrischer Brotaufstrich aus Käse Obers (n) für „obenauf“ (ungeschlagene) süße Sahne, Palatschinke (f) AH von rumänisch placinta, aus lateinisch placenta = Kuchen, in derselben Bedeutung über ungarisch (pl- zu pal-) und tschechisch palačinka dünner (meistens süßer) Pfannkuchen Paradeiser (m) H Kürzung aus dem alten Wort „Paradiesapfel“, das in deutsch mal auch den Granatapfel bezeichnet hat Tomate Potitze (f) A slawisch; vgl. slowenisch potica, aus kroatisch povitica „Rollkuchen (aus Hefeteig)“, ausgerollt, meistens mit gemahlenem Mohn gefüllt oder belegt, eingerollt und in einer Backform gebacken) (slowenischer) Hefekuchen Plunderteig (m) plundern = stark aufgehen (in der Bäckerei:) Hefeteig mit tourierter Butter. Powidl (m/n) H slawisch; vgl. tschechisch povidla, von povídat = erzählen Pflaumenmus Rahm (m) HB altes Wort; aus dem ahd. roam, nhd. Rahm für „abgeschöpftes Milchfett“ Sahne Reiberdatschi/Platzke (m) B, Platzki (pl), Platzka (f) A Placka tschechisch für Plätzchen, von lateinisch placenta = Kuchen, siehe auch Palatschinke Kartoffelpuffer, Kartoffelplätzchen u. ä. Küchenerzeugnisse Ribisel (f) AH lat. Ribes Johannisbeere Rote Rübe (f)H, Raaner (f), Rhonen Rote Bete Sauce (f) H französisch Tunke, Soße Sauerrahm (m) HB saure Sahne, Schmand Scherzerl (n) HB (Brot-)Kuppe, Anschnitt Schlagobers, Schlag (m) AH zu dt. schlagen und obers für „obenauf“ geschlagene süße Sahne, Schlagsahne, Schlagrahm Schupfnudeln (f/pl), Bauchstupferlen Bubespitzle (schwäb.), fingerdicke Nudeln aus Kartoffelteig Schwarzbeere (f) farblich motiviert Blaubeere, Heidelbeere Semmel (f) HB lat. simila (fein gemahlenes Weizenmehl) (helles Weizen-)Brötchen Spatzen (m/pl) Spätzle, Knöpfle (schwäb.), kleine Teigköße Staubzucker (m) H Puderzucker (Heiden-/Türken-)Sterz (m) A Plent, Schwarzplent (m) wohl kaum zu german. stert- für „Schwanz“ (Buchweizen-/Mais-)Polenta Stelze (f) AH, Haxn sinnverw. stelzen Eisbein, Unterschenkel vom Schwein Struzen (m) bezeichnet die längliche Brotform (im Unterschied zum runden Laib) Sturm (m) AH bezieht sich auf die „stürmische“ Vergärung Federweißer, junger Wein Topfen (m) HB seit 13. Jh., lässt Herstellung in einem „Topf“ anklingen Quark Umurke (f) A unklar; Parallelbildung zu Murke und Gurke wahrscheinlich (Salat-)Gurke, Kummer Verhackert(es) (n) H Geräucherter Speck und Schweineschmalz im Fleischwolf klein püriert als Brotaufstrich Vogerlsalat (m) H Feldsalat, Rapunzel Wecken (m) germanisch; vgl. engl. wedge „Keil“ bezeichnet die längliche Brötchenform (im Unterschied zum runden Laib) Weckerl (m) germanisch; vgl. engl. wedge „Keil“ (dunkles) längliches Brötchen Weichsel (f) HB slawisch, vgl. kroat. visnja Sauerkirsche Weinber (f) (ganze) Weintraube Weinbirl, Weinberl (n) (einzelne) Rosine, Weinbeere Zuckerl (n) AH Diminutivbildung zu dt. Zucker Bonbon, Süßigkeit Zwetschke (f) H,
Zwetschge B (f)griech. damaskēnón, lat. damascenum für „Pflaume“ über altfranzösisch davoise, Lyon davañi ins Deutsche als Tzwetzschen (14. Jh.) Pflaume Literatur
- Jakob Ebner: Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch des österreichischen Deutsch. 3. vollständig überarbeitete Auflage. Bibliographisches Institut, Mannheim 2009, ISBN 978-3-411-04983-7
- Susann Fleischer: Slawische Lexik in den deutschen Mundarten. Dargestellt anhand des Ostmitteldeutschen und Bairisch-Österreichischen. VDM Verlag, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-6978-4
- Martina Maier: Leben und Arbeiten in Österreich. Gentlemen’s Digest, Berlin 2007, ISBN 978-3-939338-21-5.
- Norbert Mappes-Niedieck: Österreich für Deutsche. Einblicke in ein fremdes Land. 4. aktualisierte und erweiterte Neuauflage. Links, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-454-9.
- Heinz Dieter Pohl: Die österreichische Küchensprache. Ein Lexikon der typisch österreichischen kulinarischen Besonderheiten (mit sprachwissenschaftlichen Erläuterungen). Praesens, Wien 2007, ISBN 978-3-7069-0452-0.
- Heinz Dieter Pohl: Von Apfelstrudel bis Zwetschkenröster. Kleines Handbuch der österreichischen Küchensprache. Ueberreuter, Wien 2008, ISBN 978-3-8000-7369-6.
- Heinz Dieter Pohl: Die Sprache der Kärntner Küche. Hermagoras, Klagenfurt 2004, ISBN 3-7086-0026-6.
- Alfred Schierer, Thomas Zauner: Sprechen Sie Österreichisch? Ein Sprachführer für Einheimische und Zugereiste. Ueberreuter, Wien 2002, ISBN 3-8000-3884-6.
- Heinrich Steinfest: Gebrauchsanweisung für Österreich. Piper, München 2008, ISBN 978-3-492-27568-2.
- Wolfgang Teuschl: Wiener Dialekt Lexikon. 3. überarbeitete Auflage. Residenz, Salzburg 2007, ISBN 978-3-7017-1464-3.
- Peter Wehle: Sprechen Sie Wienerisch? Von Adaxl bis Zwutschkerl. Ueberreuter, Wien 2003, ISBN 3-8000-3961-3.
- Astrid Wintersberger (Redaktion): Wörterbuch Österreichisch–Deutsch. 18. Auflage. Residenz, Salzburg 2008, ISBN 978-3-7017-0963-2.
Siehe auch
Weblinks
Kategorien:- Liste (Soziolekt)
- Bairischer Dialekt
- Österreichische Mundart
- Bayerische Küche
- Österreichische Küche
Wikimedia Foundation.