- Ernst Friedrich Brockmann
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Ernst Friedrich Ludwig Brockmann - später auch Ernesto Frederico - (* 26. September 1920 in Hannover; † 24. September 1978 in Bosco Luganese) war ein deutscher Architekt, Bildhauer[1] und Grafiker.[2] Der vormalige Häftling im „KZ Eschershausen“[1][3] entwarf in den Wiederaufbaujahren große Büro-, Verwaltungs- und Messebauten und bekleidete zahlreiche Ehrenämter bis in die Spitze des Bundes Deutscher Architekten BDA.[4]
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ernst Brockmann besuchte das Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in Hannover und schloss 1935 mit dem Abitur ab. Ab 1937 studierte er Architektur an der Technischen Hochschule in Hannover,[4] dort unter anderem bei Friedrich Fischer. Während des Studiums wurde Brockmann ab 1938 Mitglied der Bauhütte zum weißen Blatt.[1] Mitten im Zweiten Weltkrieg besteht er 1941 seine Diplom-Hauptprüfung.[4]
Nach seinem Studium mußte Brockmann jedoch nicht als Soldat an die Front: Da seine Mutter Jüdin war, stuften ihn die Nationalsozialisten als „wehrunwürdig“ ein. Die Reichskammer der bildenden Künste untersagte Brockmann aber auch jegliche selbständige berufliche Betätigung. Brockmann fand jedoch 1942 eine Anstellung als Angestellter bei dem Architekten Hans List, wo er Innenarchitektur und Möbel entwarf, um dann bis zum 1. Januar 1945 Anstellung bei dem Architekten Ernst Zinsser zu finden.[4] Schließlich wird Brockmann jedoch „interniert im KZ Eschershausen“.[1][3]
Ernst Brockmann überlebte Krieg und KZ: Nach der Befreiung der Stadt Hannover durch die Alliierten machte er sich - während in Berlin noch gekämpft wurde - schon am 1. Mai 1945 selbständig.[1] In der durch die Luftangriffe auf Hannover großflächig zerstörten Stadt[5] begann er 1946 mit der Einrichtung des Thalia-Theaters im Ernst-Winter-Saal der HANOMAG.[1]
1947 bewarb sich Brockmann in einem beschränkten Wettbewerb um einen Neubau für das im Krieg zerstörte Café Kröpcke. Teilnehmer des Wettbewerbs waren die ebenfalls freischaffenden Architekten Dieter Oesterlen, Adolf Falke, Ernst Zinsser, Professor Otto Fiederling sowie die verbeamteten Architekten Baurat Bettex und Zenker und Oberbaurat Dr. Kleffner. 1948 erhielt der Entwurf von Oesterlen den Zuschlag für das „Café am Kröpcke“,[6] das in den darauf folgenden Jahren wieder zum Treffpunkt der Kulturschaffenden in Hannover werden sollte.[7]
Ebenfalls 1947 wurde Brockmann als Mitglied im Bund Deutscher Architekten aufgenommen, in dem er ab 1955 bis 1967 zahlreiche Ehrenämter bekleidete: Ein Jahr lang war er Vorsitzender des Bezirks Hannover, neun Jahre Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen und 2 Jahre bis 1967 Vizepräsident des BDA auf Bundesebene. Parallel war er von 1955 bis 1964 Mitglied des Sachverständigen-(Baupflege-)Beirats der Stadt Hannover sowie Vertreter des BDA im Bauauschuß des Rates der Stadt.[4] In dieser Funktion kam es 1961 hinsichtlich des Baus des Schauspielhauses zu Auseinandersetzungen, ja fast zu einem Zerwürfnis zwischen Brockmann als BDA-Vertreter und dem Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht.[8]
Neben seinen Ehrenämtern und den zahlreichen Arbeiten aus seiner selbständigen Architektentätigkeit nahm Ernst Brockmann mit eigenen Beiträgen erfolgreich an Wettbewerben teil, aber auch selbst Gutachter- und Preisrichteraufgaben wahr.[4]
Im Alter von nur 47 Jahren zog sich Brockmann 1967 aus gesundheitlichen Gründen aus seinen beruflichen Tätigkeiten zurück. 1970 wurde Brockmanns Architekturbüro umgewandelt in die „Dipl.-Ing. Brockmann Baukontor KG“. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Brockmann im Tessin, wo er unter dem Künstlernamen „Ernesto Frederico“ als Bildhauer wirkte.[1]
Auszeichnungen
- 1954 wurde Ernst Brockmann für den Bau der Europahalle. die er 1950 gemeinsam mit Gerd Lichtenhahn auf der (heutigen) Messe Hannover errichtet hatte, mit dem Laves-Preis geehrt.[4]
Werke (unvollständig)
Ernst Friedrich Brockmann entwarf unter anderem Industriedesign, Möbel und Messestände sowie Läden, diverse Wohn-, Geschäfts- und Gewerbebauten.[1] In den Wiederaufbaujahren schuf er neben Gebäuden für die (heutige) Hannover Messe insbesondere auch große Büro- und Verwaltungsbauten für Versicherungen und Kammern.[4]
Gebäude in Hannover (unvollständig)
- 1946: Thalia-Theater (Ernst-Winter-Saal der Hanomag)[1]
- 1947/48: Geschäftshaus Erdmann,[1] Große Packhofstraße[9], Hausnummer 34 (heute stark verändert)[4]
- 1948/49: Grenzburg-Lichtspiele[1]
- 1950:
- Glashalle an der Stadthalle sowie das Ausstellungscafé „Oase“ für die Bundesgartenschau 1951[1]
- mit Gerd Lichtenhahn: Europahalle auf dem Messegelände[4]
- 1950: Industrie- und Handelskammer Hannover IHK am Schiffgraben 49[10]
- 1952/53: eigenes Wohn- und Bürohaus in der Jungfernstraße 9[4]
- (ehemaliges) Reformhaus Schmelz. Karmarschstraße 16[10]
- 1954: Erweiterungsbau der IHK entlang des Schiffgrabens[10]
- 1954/55:
- Geschäftshaus Lommitz. Georgstraße 18[4]
- Geschäftshaus Beckmann. Georgstraße 48[4]
- Gebäude der Nürnberger Lebensversicherung, Schiffgraben 47[4]
- 1955/56: Geschäftshaus mit Ernst-August-Markthalle (früher: City-Passage), Bahnhofstraße 8/Ecke Ernst-August-Platz[10]
- 1956/57: Möbelhaus Borsum. Limburgstraße 1[4]
- 1957: Kaufmännische Krankenkasse Halle, Leibnizufer 13–15 (heute verändert)[4]
- 1958 (mit den Architekten Lichtenhahn, Fr. Hüper und E. Teerling): Leuchtenhochhaus und Elektrohalle auf dem Messegelände[4]
- 1959: Raiffeisenhaus, Kaiserallee/Ecke Hindenburgstraße[4]
- 1959/60: Concordia Lebensversicherungs AG, Friedrichswall/Ecke Osterstraße[4]
- 1960:
- Bau der Volkswohl Krankenversicherung. Lavesstraße/Ecke Schiffgraben
- Brüder-Grimm-Schule, Constantinstraße 63
- 1960/61: Möbelhaus Böhme (Hängekonstruktion),[1] Hamburger Allee 12–16 (heute verändert);[4] Möbel Boehme (später: Möbel Unger) war das erste Gebäude, das im Zuge eines neuen städtebaulichen Konzeptes für die Raschplatztangente errichtet wurde.[11]
- 1961: Deutscher Lloyd, Berliner Allee 9–11[4]
- 1964:
- Provinzial Lebensversicherung, Berliner Allee/Ecke Heinrichstraße[4]
- Erste Allgemeine Versicherung, Thielenplatz 3[4]
- 1965/67: Ärztekammer Niedersachsen, Berliner Allee 20 (heute verändert)[4]
- 1966/67: Württembergische Feuerversicherung, Berliner Allee/Ecke Königstraße
- 1968: Victoria-Versicherung, Klagesmarkt/Ecke Arndtstraße
- 1969/70: CeBIT-Halle[1]
Zu Lebzeiten hatte Brockmann ein ehemaliges Handelshaus in der Südstadt zu Archivzwecken umgebaut; das Stadtarchiv Hannover bezog 1992 dieses Gebäude Am Bokemahle.[12]
Gebäude in weiteren Städten
- 1956, gemeinsam mit Gerd Lichtenhahn:
- Grugahalle in Essen[1]
- Kleiderfabrik Odermark in Goslar[4]
Schriften
- Brockmann 1945–1970. 1970
- Entwürfe und Pläne 1970–1980, hrsg. von Brockmann & Decker, 1980
Kataloge
- E. F. L. Brockmann. Ausstellungskatalog, Galerie Wolfgang Gurlitt, München o.J. (1966)
- E. F. Brockmann. Ausstellungskatalog der Galerie KUBUS, Stadtverwaltung Hannover, 1968
- Ernesto Federico / Commedia dell'arte, Steintor-Verlag Jüdes (Burgdorf), Galerie Meiborssen (Meiborssen/Vahlbruch), 1978
Literatur
- Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 14, S. 302.
- Friedrich Lindau: Ernst Friedrich Ludwig Brockmann. In: Wiederaufbau und Zerstörung ; die Stadt im Umgang mit ihrer bauhistorischen Identität. Mit einem Vorwort von Paulhans Peters, 2. überarb. Auflage. Schlütersche, Hannover 2001, ISBN 3-87706-659-3, S. 321 u.ö.. (mit Foto u. A., online über Google-Bücher)
- ders.: Brockmann. In: Planen und Bauen der 50er Jahre in Hannover. Schlütersche, Hannover 1998, ISBN 3-87706-530-9.
- Hugo Thielen, Helmut Knocke: Brockmann, Ernst-Friedrich. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon. S. 89, 155, 193, 262.
- Helmut Knocke: Brockmann, Ernst. In: Hannoversches Biographisches Lexikon. S. 73 u.ö.
- Helmut Knocke: Brockmann, Ernst. In: Stadtlexikon Hannover. S. 85.
Weblinks
Commons: Ernst Friedrich Brockmann – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o Helmut Knocke: Brockmann, Ernst. In: Hannoversches Biographisches Lexikon. S. 73.
- ↑ PND-Nummer der Deutschen Nationalbibliothek
- ↑ a b Anm.: Das zitierte „KZ Eschershausen“ gab es unter diesem Namen nicht, wohl aber verschiedene Aussenlager der Konzentrationslager Buchenwald und Konzentrationslager Mittelbau-Dora bei Eschershausen. Brockmanns genauer Internierungsort ist somit derzeit noch unbelegt.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y Friedrich Lindau: Wiederaufbau und Zerstörung ... S. 321.
- ↑ Stadtplan Hannover: Wegweiser durch Hannover / Guide through Hanover. Patent-Stadtplan mit Messe-Plan und anderen Informationen zur Export Messe 1947. Falk-Landkarten-Verlag, Emil Falke, Hamburg 1947.
- ↑ Friedrich Lindau: Hannover, Wiederaufbau und Zerstörung ... S. 68
- ↑ Kröpcke. In: Friedrich Lindau: Hannover, Wiederaufbau und Zerstörung ...
- ↑ Friedrich Lindau: Dokument D. In: Hannover. Wiederaufbau ... S. 307 u.ö.
- ↑ Waldemar R. Röhrbein: Erdmann. In: Stadtlexikon Hannover, S. 162.
- ↑ a b c d Helmut Knocke, Hugo Thielen: Brockmann, Ernst-Friedrich. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon...
- ↑ Waldemar R. Röhrbein: 1961. In: Hannover Chronik, S. 252
- ↑ Karljosef Kreter: Stadtarchiv. In: Stadtlexikon Hannover. S. 584f.
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