Werner Hartenstein

Werner Hartenstein

Gustav Julius Werner Hartenstein (* 27. Februar 1908 in Plauen; † 8. März 1943 im Atlantik, östlich von Barbados) war ein deutscher Marineoffizier, zuletzt Korvettenkapitän und Kommandant des U-Bootes U 156 im Zweiten Weltkrieg. Bekannt wurde er durch den Laconia-Zwischenfall.

Inhaltsverzeichnis

Militärische Laufbahn

Turmabzeichen von U 156.jpg

Feindfahrten U 156

  • 24. Dezember 1941 bis 10. Januar 1942
  • 19. Januar bis 17. März 1942
    (5 Schiffe mit 22.723 BRT versenkt)
  • 22. April bis 7. Juli 1942
    (12 Schiffe mit 44.102 BRT versenkt)
  • 20. August bis 16. November 1942
    (3 Schiffe mit 30.381 BRT versenkt)
  • 16. Januar bis 8. März 1943


Beförderungen

Ausbildung

Hartenstein trat am 1. April 1928 in die Reichsmarine (Crew 1928) ein und absolvierte seine infanteristische Grundausbildung bis Ende Juni 1928 bei der II. Abteilung der Schiffsstammdivision der Ostsee in Stralsund. Noch im selben Jahr wurde er Mitglied des Corps Hasso-Borussia Freiburg.[1] Nach seiner Grundausbildung begann Hartenstein eine praktische Bordausbildung, die er von Juli bis Mitte Oktober 1928 auf dem Segelschulschiff Niobe und vom 16. Oktober 1928 bis 3. Januar 1930 dem Leichten Kreuzer Emden absolvierte. Hier erfolgte am 11. Oktober 1928 seine Ernennung zum Seekadetten und am 1. Januar 1930 zum Fähnrich zur See. Vom 4. Januar 1930 bis Anfang April 1930 stand Hartenstein bei seiner Schiffsstammdivision zunächst „zur Verfügung“, bevor er am 4. April 1930 den Hauptlehrgang für Fähnriche an der Marineschule Mürwik aufnehmen konnte. Hier absolvierte Hartenstein seine beiden Navigationsbelehrungsfahrten auf dem Vermessungsschiff Meteor. Ende März 1931 schloss er seinen Hauptlehrgang ab und besuchte anschließend bis September 1931 mehrere Waffenlehrgänge für Fähnriche. Im Anschluss daran nahm Hartenstein seine praktische Bordausbildung wieder auf, die er am 24. Oktober 1932 auf dem Leichten Kreuzer Köln beendete. Hier war er zuvor am 1. April 1932 zum Oberfähnrich zur See bzw. am 1. Oktober 1932 zum Leutnant zur See ernannt worden. Nach einem abschließenden Flak-Waffenlehrgang an der Küstenartillerieschule in Wilhelmshaven wurde Hartenstein am 16. November 1932 als Stammpersonal der Köln zugeteilt.

Weitere Verwendung

Auf der Köln fungierte Hartenstein sodann bis zum 23. September 1934, zuletzt als Divisionsleutnant. Seine Beförderung zum Oberleutnant zur See erfolgte bereits zum 1. September 1934. Danach verließ Hartenstein die Köln und war bis Ende September 1935 als Kompanieoffizier in der II. Marine-Abteilung eingesetzt. Während dieser Zeit besuchte er einen Flak-Leiterlehrgang. Am 30. September 1935 nahm Hartenstein eine Tätigkeit als Lehrer an der Küstenartillerieschule in Wilhelmshaven auf, deren Aufgaben er bis Anfang Juni 1936 wahrnahm. Danach wechselte er, in gleicher Funktion, zur Schiffsartillerieschule nach Kiel-Wik über, wo er bis Ende September 1936 verblieb. Am 30. September 1936 wurde Hartenstein zum I. Wachoffizier auf dem Torpedoboot Greif ernannt, welches im Rahmen der 4. Torpedobootsflottille operierte. Am 1. Juni 1937 erfolgte in dieser Position seine Beförderung zum Kapitänleutnant. Am 13. November 1938 gab er dieses Bordkommando ab und absolvierte vom 14. November bis 19. November 1938 einen Sportlehrgang an der Marineschule Mürwik. Am Folgetag, dem 20. November 1938 wurde Hartenstein zum Kommandant des Torpedobootes Seeadler in der 6. Torpedobootsflottille ernannt, welches er bis Oktober 1939 führte. Mit diesem nahm er im Rahmen des Spanischen Bürgerkrieges an Sicherungsfahrten in spanischen Hoheitsgewässern teil, wofür ihm am 6. Juni 1939 das Spanienkreuz in Bronze verliehen wurde.

Zweiter Weltkrieg

Noch im Oktober 1939 wurde Hartenstein zum Kommandanten des Torpedobootes Jaguar ernannt, welches er bis 30. März 1941 befehligte - unter anderem auch bei der Eingliederung des Memellandes. Während dieser Zeit fungierte er von Mai bis Januar 1941 zugleich als Chef (m.d.W.d.G.b.) der 6. Torpedobootsflottille. Am 31. März 1941 gab Hartenstein das Bordkommando ab und wechselte zur U-Boot-Waffe über. Hier absolvierte er bis zum 2. Juni 1941 einen U-Lehrgang bei der 1. U-Lehr-Division und besuchte anschließend mehrere U-Lehrgänge. Am 12. August 1941 erfolgte seine Delegierung zur Baubelehrung für das im Bau befindliche U 156, zu dessen Kommandanten er am 4. September 1941 ernannt wurde. Dieses Boot führte Hartenstein, der am 1. Juni 1942 zum Korvettenkapitän befördert worden war, bis zum 8. März 1943 auf insgesamt fünf Feindfahrten, wobei er 20 Schiffe mit 97.206 BRT versenken sowie 4 Schiffe mit 20.001 BRT beschädigen konnte. Am 8. März 1943 wurde U 156 östlich von Barbados von einer amerikanischen Catalina P-1 (Lt. E Dryden) auf Position 12°38′Nord/54°39′West versenkt. Es gab keine Überlebenden.

Laconia-Zwischenfall

U 156 (Vordergrund) mit Überlebenden der Laconia auf dem Vorschiff. Vor dem Bug U 506 unter ihrem Kommandanten Kapitänleutnant Erich Würdemann.

Seine spektakulärste Aktion war der am 12. September 1942 vor Westafrika durchgeführte Angriff auf den 19.695 BRT großen britischen Truppentransporter RMS Laconia. Auf dem Schiff befanden sich zu diesem Zeitpunkt ca. 2.741 Personen, darunter 1.809 italienische Kriegsgefangene. Nach dem Untergang des Schiffes kam es zu einer dramatischen Rettungsaktion, an der auch U 506 und U 507 beteiligt waren. Hartensteins Boot hatte zahlreiche Rettungsboote mit Schiffbrüchigen im Schlepp und weitere an Bord, als es am 16. September 1942 von amerikanischen Kampfflugzeugen bombardiert und schwer beschädigt wurde. Zwar hatte das Boot während der Rettungsaktion deutlich sichtbare Rotkreuz-Flaggen aufgesteckt, was jedoch keinen Schutz im Sinne der Haager Konventionen bedeutete. Hier war festgelegt, dass Lazarettschiffe der gegnerischen Partei bekannt gemacht werden und weiß mit einem roten Kreuz gestrichen sein mussten; darüber hinaus durften sie zu keinen anderen Zwecken mehr verwendet werden. Dennoch war die amerikanische Reaktion von großer Härte geprägt, wobei die Nähe des strategisch wichtigen Stützpunktes Ascension ebenso eine Rolle gespielt haben dürfte wie die Vermutung, dass es Hartenstein vor allem um die Bergung der italienischen Kriegsgefangenen ging. Mehrere Schiffbrüchige des Truppentransporters fanden durch das Bombardement den Tod. Die Stellungnahme des Befehlshaber der U-Boote (BdU) zu dieser Unternehmung lautete lapidar:

„Gut durchgeführte Unternehmung. Der Kommandant befand sich sich bei der Rettungsaktion der LACONIA-Schiffbrüchigen in einer schwierigen Lage. Falsch war die Annahme des „Stillschweigenden Waffenstillstandes“. Sie hätte beinahe zum Verlust des Bootes geführt. Da es von der Führung aber unterlassen wurde, den Stand und Ablehnung der Neutralisation zu übermitteln, handelte er im besten Glauben. Der Vorfall ist ein erneuter Beweis, wie nachteilig sich menschliche Empfindungen gegenüber einem solchen Gegner auswirken können. Die Sicherheit des eigenen Bootes muß stets voll gewahrt bleiben.“

Im Zusammenhang mit diesem Ereignis erließ Karl Dönitz am 17. September 1942 den sogenannten Laconia-Befehl. Darin hieß es u. a.:

  • Alle Bemühungen, Mannschaften versenkter Schiffe zu retten, werden hiermit eingestellt. Dieses Verbot gilt gleichermaßen für die Rettung von Menschen aus dem Wasser und Rettungsbooten, für das aufrichten von gekenterten Rettungsbooten wie auf die Zurverfügungstellung von Nahrung und Wasser. Solche Aktivitäten stellen einen Widerspruch zum ursprünglichen Zweck des Krieges dar, nämlich die Zerstörung von feindlichen Schiffen und deren Mannschaften.
  • Der Befehl bezüglich des Aufnehmens von Kapitänen und Chefingenieuren bleibt in Kraft.
  • Überlebende sind nur dann zu retten, wenn sie Informationen von Wichtigkeit für das U-Boot besitzen.
  • Seien Sie kompromißlos. Denken Sie daran, daß der Feind keine Rücksicht auf unsere Frauen und Kinder nimmt, wenn er Bombenangriffe auf deutsche Städte durchführt.

Verfilmung

Unter dem Titel Laconia strahlten die ARD und der ORF am 2. und 3. November 2011 das deutsch-britische TV-Drama von 2011 um die Versenkung des Truppentransporters RMS Laconia aus. Werner Hartenstein wird hier von dem deutschen Schauspieler Ken Duken gespielt.

Auszeichnungen

Literatur

  • Rainer Busch, Hans-Joachim Röll: Der U-Boot-Krieg 1939–1945: Die Ritterkreuzträger der U-Boot-Waffe von September 1939 bis Mai 1945. Mittler und Sohn, Hamburg 2003, ISBN 3-8132-0515-0, S. 257–259
  • Hans-Joachim Röll: Korvettenkapitän Werner Hartenstein - Mit U 156 auf Feindfahrt und der Fall "Laconia, Flechsig 2011, ISBN 978-3-8035-0012-0
  • David Cledlyn Jones: The Enemy We Killed, My Friend, Gomer Press 1999, ISBN 978-1-85902-624-3.
  • David Cledlyn Jones: Der Feind den wir töteten, mein Freund, Verlag Jean-Curt Röder, Plauen 2001, ISBN 978-3-929039-83-2.

Einzelnachweise

  1. Kösener Corpslisten 1996, 67, 433
  2. a b Veit Scherzer: Die Ritterkreuzträger 1939-1945 Die Inhaber des Eisernen Kreuzes von Heer, Luftwaffe, Kriegsmarine, Waffen-SS, Volkssturm sowie mit Deutschland verbündete Streitkräfte nach den Unterlagen des Bundesarchivs , Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2, S. 367

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Werner Hartenstein — Infobox Military Person name=Werner Hartenstein born=birth date|1908|2|27|df=y died=dda|1943|3|12|1908|2|27|df=y placeofbirth=Plauen placeofdeath=Atlantic Ocean coord|12|38|N|54|39|W| caption= nickname= allegiance=flagicon|Weimar Republic Weimar… …   Wikipedia

  • Werner Hartenstein (Oberbürgermeister) — Werner Hartenstein (* 6. Mai 1879 in Saarburg; † 11. Februar 1947 im Speziallager Jamlitz) war deutscher Kommunalpolitiker (NSDAP) und Oberbürgermeister der sächsischen Stadt Freiberg. Gedenktafel für Dr. W. Hartenstein Po …   Deutsch Wikipedia

  • Gustav Julius Werner Hartenstein — (* 27. Februar 1908 in Plauen; † 8. März 1943 im Atlantik, östlich von Barbados) war ein deutscher Marineoffizier im Zweiten Weltkrieg und zuletzt Kommandant des U Bootes U 156. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Dienstgrade …   Deutsch Wikipedia

  • Hartenstein — ist der Name folgender Orte: die Gemeinde Hartenstein (Mittelfranken) im Landkreis Nürnberger Land in Bayern die Stadt Hartenstein (Sachsen) im Landkreis Zwickau in Sachsen das bis 31. Dezember 2007 existierende gemeindefreie Gebiet im Landkreis… …   Deutsch Wikipedia

  • Burg Hartenstein — Hartenstein ist der Name folgender Orte: die Gemeinde Hartenstein (Bayern) im Landkreis Nürnberger Land in Bayern die Stadt Hartenstein (Sachsen) im Landkreis Zwickau in Sachsen das bis 1. Januar 2008 existierende gemeindefreie Gebiet im… …   Deutsch Wikipedia

  • Hartenstein (Bayern) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Hartenstein (Mittelfranken) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Hartenstein, Bavaria — Infobox German Location Name = Hartenstein Wappen = Wappen von Hartenstein.png lat deg = 49 |lat min = 35 |lat sec = 45 lon deg = 11 |lon min = 31 |lon sec = 26 Lageplan = Bundesland = Bayern Regierungsbezirk = Mittelfranken Landkreis =… …   Wikipedia

  • Liste der Biografien/Haq–Har — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Har — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”