Geschichte Venezuelas

Geschichte Venezuelas
Die Geschichte der Eroberung Venezuelas von José de Oviedo y Baños ist eins der Referenzwerke über die Eroberung aus der Sicht der Spanier

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Geschichte Venezuelas von den Ureinwohnern bis zur Gegenwart.

Inhaltsverzeichnis

Indigene Bevölkerung

Petroglyphen der Ureinwohner in Piedra Pintada, im Norden Venezuelas

In Venezuela lebten in vorkolumbianischer Zeit indianische Gruppen, nomadisierende Jäger und Sammler sowie Fischer und Bauern.

Archäologen haben Beweise früherer Einwohner im venezolanischen Raum in Form von blätterartigen Steinwerkzeugen am Pedregalfluss im Westen Venezuelas gefunden.[1] Jagdwerkzeuge wie Speere wurden auch im Nordwesten, in El Jobo, entdeckt. Diese Werkzeuge sollen entsprechend einer Radiokohlenstoffdatierung aus 13000 bis 7000 v. Chr. stammen.[2]

Taima-Taima, Muaco und El Jobo im Bundesstaat Falcón sind einige der Gebiete, in denen Funde aus dieser Zeit entdeckt wurden.[3] Diese Gruppen lebten zu einer Zeit als Arten der Megafauna wie Megatherien, Glyptodonten und Todoxonen vorherrschten.

Indigene Völker am Ende des 15., Anfang des 16. Jahrhunderts

Im Zentrum und Osten des heutigen Venezuelas lebten u.a. Ethnien der Carib-Sprachgruppe: Meregotos und Caracas vom Araguatal bis zum Tuytal, Palenques und Cumanagotos östlich davon bis zum Neverifluss und Chaimas und Parias auf den Halbinseln von Araya und Paria und südlich davon. Die Waikerí lebten auf der Insel Margarita, auf Coche und auch auf dem Festland. Die Waraos lebten im Orinocodelta.

Im Westen Venezuelas lebten vorwiegend Arawakos. Im Gebiet der gegenwärtigen Bundesstaaten Falcón, Yaracuy und Lara waren unter anderen die Arawakoethnie der Caquetíos, sowie die Jirajas und Guayones, ansässig.

Entdeckung durch Europäer, erste Kontakte und Conquista

Bis zur europäischen „Entdeckung“ von Venezuela wurde das Land von den Ureinwohnern bewohnt, die Landwirtschaft betrieben und jagten. Sie siedelten hauptsächlich in El Tocuyo (Nordwesten), in den Anden und an der Küste.

Dritte Reise des Kolumbus

Christoph Kolumbus erreichte auf seiner dritten Reise 1498 die östliche Küste Venezuelas und ging an der Mündung des Flusses Orinoco an Land. Es war das erste Mal, dass er und seine Mannschaft das amerikanische Festland betraten.

Am 24. August 1499 folgte eine Expedition von Alonso de Ojeda und Amerigo Vespucci, die dem Land wegen der häufigen Verwendung von Pfahlbauten angeblich den Namen Venezuela (Klein-Venedig) gaben. Diese Theorie stammt aus Vespuccis Reisebericht Cuatro Navegaciones („4 Schifffahrten“) und ist auch allgemein bekannt, jedoch historisch nicht belegt. Martín Fernández de Enciso, der ebenfalls an der Expedition teilnahm, schrieb in seinem Buch Summa de Geografia von 1518 eine andere Theorie: „An einer Landzunge des Coquibacos-Golfes[4] befindet sich ein sandbankähnlicher, großer Felsen, auf dem ein Zaparas-Dorf[5] namens Veneciuela steht.“

In den ersten Jahrzehnten wurde die Region zwischen der Insel Margarita und dem Festland eine der Hauptquellen für die Gewinnung von Perlen in der Welt. Viele Uramerikaner wurden als Sklaven benutzt und gezwungen, immer wieder zu tauchen, um Perlen für die Europäer zu liefern.

Dazu schreibt Alexander von Humboldt[6]:

„In der ersten Zeit der Eroberung lieferte die Insel Coche allein 1500 Mark Perlen monatlich. Der Quint, den die königlichen Beamten vom Ertrag an Perlen erhoben, belief sich auf 15,000 Dukaten, nach dem damaligen Werth der Metalle und in Betracht des starken Schmuggels eine sehr bedeutende Summe. Bis zum Jahre 1530 scheint sich der Werth der nach Europa gesendeten Perlen im Jahresdurchschnitt auf mehr als 800,000 Piaster belaufen zu haben. Um zu ermessen, von welcher Bedeutung dieser Handelszweig in Sevilla, Toledo, Antwerpen und Genua seyn mochte, muß man bedenken, dass zur selben Zeit alle Bergwerke Amerikas nicht zwei Millionen Piaster lieferten und daß die Flotte Ovandos für unermesslich reich galt, weil sie gegen 2600 Mark Silber führte.“

Alexander von Humboldt: Reise in die Äquinoctial-Gegenden des neuen Continents

Massaker in Cumana, 1521

Die Franziskaner sandten eine Mission, die sich im zweiten Jahrzehnt des sechzehnten Jahrhunderts an der Küste um Cumana ansiedelte, um dort zu predigen. Europäische Sklavenhändler versuchten gleichzeitig, Uramerikaner zu entführen und für ihre Plantagen auf Hispaniola oder Kuba zu benutzen, was für die Franziskaner fatal wurde. Um das Jahr 1519 hatten die Mönche schon zwei Kirchen in der Cumana-Region. Bartolomé de las Casas kam im Jahre 1521 in Cumaná an. Kurz vor seiner Ankunft hatten die Streitzüge der Conquistadores dazu geführt, dass die Indianer alle Europäer, einschließlich der Mönche, angriffen.

Die Ruinen von Nueva Cádiz, auf Cubagua

Die erste feste Siedlung der Spanier mit dem Namen Nueva Cádiz wurde 1522 gegründet.

Im Jahr 1527 sandte der Gouverneur von Santo Domingo Juan Martín de Ampués nach Venezuela, um dem Sklavenhandel an der Küste ein Ende zu machen. Juan Martín und 60 Spanier kamen in Coriana an, eine Region, wo die Caquetíos wohnten. Der Cacique Manaure empfing ihn mit 100 Indianern. Sie waren mit Federkronen, Perlenarmbänden und goldenen Ohrringen geschmückt. Juan Martín schloss ein Abkommen mit den Indianern und gründete die Stadt Coro.[7]

Kolonisationsversuch durch die Welser

Hauptartikel: Klein-Venedig (Venezuela)
Welser-Wappen

1528 hatte der in Geldnöten befindliche Kaiser Karl V. dem Augsburger Handelshaus der Welser gegen Bargeld das Recht auf Kolonisation in Südamerika zugebilligt. Im selben Jahr noch schickte Bartholomäus Welser eine Expedition nach Venezuela, die die Reichtümer des Landes erkunden sollte. Fast 20 Jahre lang wurden im Landesinneren entlang der Küste Naturschätze abgebaut und gewinnbringend nach Europa verfrachtet.

Der Ulmer Ambrosius Ehinger wurde erster Gouverneur der Provinz von Venezuela. Er kam in Coro 1529 an und marschierte von dort in Richtung Westen. Bei einem Streifzug bei der Verbindung zwischen dem Maracaibosee und der Karibik griff er den Stamm der Region an und gründete Maracaibo am 8. September 1529. Von da kehrte Ehinger an Malaria erkrankt nach Coro zurück. Dort ließ er am 30. Juli 1530 Nikolaus Federmann als Vertreter und reiste nach Santo Domingo, um sich zu erholen.

Im September 1530 beschloss Federmann, ohne Erlaubnis Coro zu verlassen und die Region zu erforschen. Mit ihm gingen 110 Soldaten zu Fuß, 16 Reiter und etwa 100 Indianer. Sie überquerten die venezolanischen Llanos auf der Suche nach dem „Südsee“. Im Februar 1531 mussten sie nach Coro zurückkehren. Die Truppe war krank und müde wegen der vielen Schlachten gegen die Einwohner. Diese Einwohner, die die Welser zunächst freundlich empfangen hatten, flohen nun aus ihren Dörfern und zerstörten ihren Proviant, damit die Europäer ihn nicht benutzen konnten.

Zwischen 1529 und 1538 versklavten und verkauften die Welser mindestens 1005 Indianer, obwohl der spanische König die Versklaverei der Uramerikaner im Jahr 1528 verboten hatte.[8] Die Welser wollten vorwiegend Gold finden und Sklaven verkaufen, was gegen die von ihnen unterzeichneten Abkommen stieß. Dies und wirtschaftliche Interessen der spanischen Siedler führte zu ständigen Konflikten.

Diego de Ordás am Orinoco

Diego de Ordás
Die Truppen des G. von Speier und Philipp von Hutten, als sie in Coro mit dem Schiff La Santa Trinidad im Februar 1535 ankamen

Diego de Ordás hörte seinerseits über die mögliche Existenz eines Dorados und beschloss 1530 nach Venezuela zu reisen. 1531 kam er am Orinocodelta an. Im Juni segelte er mit mehreren kleineren Schiffen flussaufwärts bis er den Meta und dann die Raudales de Atures am Orinoco erreichte. Während dieser Reise entstanden Streitigkeiten mit den Indianern. An den Raudales de Atures sah sich Ordás schließlich gezwungen, unter dem Druck seiner Soldaten zurückzukehren. Als er an die Küste der Karibik ankam, verwickelte er sich in Diskussionen mit den Siedlern der Region, die seine Forschungsrechte bestritten. Sie brachten ihn als Gefangenen nach Santo Domingo.[9] Jerónimo de Ortal (oder Dortal), früherer Schatzmeister von Ordás, kam nach der Pariahalbinsel im Oktober 1534 an. Von da segelte er zusammen mit Alonso de Herrera den Orinoco entlang, um Gold zu suchen. De Ortal reiste zuerst nach Cubagua, um Unterstützung zu bekommen. Herrera wollte auf ihn nicht warten und reiste daher ab. Er erreichte den Metafluss, wurde dort aber von Indianern getötet. Seine Begleiter kehrten zurück, um Ordal zu begegnen. Ordal startete eine neue Expedition. Als er den Ort erreichte, wo Herrera umgebracht wurde, überzeugte er sich, dass man kein Gold finden würde und gab auf. Trotzdem blieb der Mythos vom Eldorado bestehen.

Das Ende von Nueva Cádiz

1541 zerstörte ein starkes Erdbeben die Stadt von Nueva Cádiz. Zwei Jahre später wurde Cubagua von französischen Piraten angegriffen. Die Bewohner beschlossen, die Insel zu verlassen und nach Margarita bzw. zum Festland umzuziehen.

Ende der Welser-Herrschaft

Nach Meinungsverschiedenheiten zwischen dem spanischen Hof und den Welsern übernahmen die Spanier 1546 die Verwaltung vor Ort. Mit der Abdankung von Karl V. im Jahr 1556 verloren die Welser endgültig die vom Kaiser persönlich gewährten Rechte und ihr Handelsgebiet in Spanisch-Amerika.

Zweite Phase der Kolonisation durch die Spanier im 16. Jahrhundert

Francisco Fajardo, der auf Margarita geborene Sohn eines Spaniers und einer Indianerin, landete im Jahre 1555 in Chuspa, im gegenwärtigen Bundesstaat Vargas und begann einen Streifzug, um das Tal von Caracas zu erobern. Er kehrte aber bald zurück.

Der Gouverneur von Venezuela, Alonso Arias de Villasinda, sandte Alonso Díaz Moreno zur Region des Tacariguasees, um dort eine Stadt zu gründen. Im März gründete Alonso Díaz Moreno Valencia. Die Spanier wollten eine Stadt in der Nähe der Karibik haben, die nicht so offen für Angriffe der Piraten sein sollte wie der Hafen von Borburata.

Spätestens seit der Einführung der Neuen Indiengesetze Karls V., kam es in den Kolonien immer wieder zu Aufständen gegen die spanische Krone. Gründe dafür waren die restriktiven Handelsbestimmungen, Staatsmonopole, Versuche, die indigene Urbevölkerung besserzustellen, die schlechte Behandlung der Sklaven und nicht zuletzt Steuererhöhungen. Ein Beispiel dafür ist die Rebellion des karibischen Kaziken Guaicaipuro. Ein Sklavenaufstand unter Leitung des Sklaven Miguel fand im Jahr 1552 im heutigen Yaracuy statt.[10]

Los Teques

1560 segelte Francisco Fajardo aus Margarita nach Mittel-Venezuela zurück. Er landete in Caruao und marschierte von da nach Valencia. Dann ging er mit einer kleinen Gruppe Soldaten zum Tuy-Tal. Dort konnte er sich mit dem Kazike Terepaima verständigen. Er ging nach Valencia zurück und sandte nach El Tocuyo eine Bitte an den Gouverneur Pablo Collado, um Verstärkung zu bekommen. Collado sandte ihm 30 Soldaten. Fajardo marschierte mit diesen und mit seinen Soldaten Richtung Teques und gründete eine Siedlung und eine Viehhacienda am Guairoufer. Er nannte den Ort Valle de San Francisco. Die Hacienda wurde kurz danach wegen des Widerstands der Indianer wieder aufgegeben.

Venezuelakarte am Ende des 16. Jahrhunderts

Caracas

Die heutige Hauptstadt Caracas wurde 1567 gegründet. 1577 setzte die spanische Krone zur Verwaltung einen Gouverneur ein.

Ende des 16. Jahrhunderts

Zwischen 1579 und 1580 führte Garci González de Silva mehrere Streitzüge gegen die Cumanagotos in den Tuytälern.

Am Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Tal von Caracas zu einem Zentrum für den Anbau von Weizen. Das Säen fand im September und Oktober statt und die Ernte im März und Anfang April. Der Weizen wurde im Mai gemahlen und zum Hafen von La Guaira transportiert, wo die Schiffe ihn nach Cartagena de Indias und in andere Städte der Karibik brachten.[11] Das Geschäft mit dem Weizen setzte sich einige Jahrzehnte fort, aber Klimaveränderungen und eine größere Konkurrenz anderer Regionen führten dazu, dass der Weizenanbau durch den Anbau anderer Produkte wie Kakao ersetzt wurde. Dennoch trug der Weizen dazu bei, die ersten landwirtschaftlichen Beziehungen zwischen Venezuela und der Umgebung zu etablieren und die Entwicklung von Caracas zu fördern.

Im letzten Jahrzehnt fingen die Spanier an, Encomiendas in den Tälern von Aragua zu etablieren und Siedlungen in den Llanos zu gründen. 1591 gründete eine Gruppe Siedler unter Leitung von Portugiesen das Dorf Guanare im heutigen Bundesstaat Portuguesa. 1595 gründeten Spanier aus dem Caracastal, die neue Regionen suchten, um Gold abzubauen und von Indianerarbeit zu profitieren (in encomiendas, die de facto Sklavenarbeit bedeuteten), den Ort San Juan de los Morros. Die Spanier drangen weiter westlich von Cumaná ins Gebiet der Palenques und Cumanagotos ein. 1594 gründeten sie das Dorf Clarines.

Antonio de Berrío ernannte 1597 seinen Sohn, Fernando de Berrío, zum neuen Gouverneur von Guayana. Fernando arbeitete in den folgenden Jahren daran, die spanische Präsenz in Guayana zu verstärken.

Walter Raleigh

Im April 1595 kam Walter Raleigh nach Trinidad, damals in spanischem Besitz aber mit wenigen spanischen Beamten. Er landete mit hundert Soldaten, nahm das erste Dorf, San José de Oruña, ein und den Gouverneur, Berrío, fest. Dort etablierte er eine Basis. Ende Mai fuhr eine Gruppe seiner Soldaten durch das Orinoco-Delta in der Suche nach El Dorado. Sie hatten eine Galeere und mehrere kleinere Boote. Sie tauschten Waren mit den Einheimischen aus und es kam zu Gefechten mit den Spaniern.[12]

Im Osten

Die Niederländer unternahmen im Jahr 1598 eine Expedition über den Orinoco. Die Reise wurde von Nicolaes De Haen, einem Flamen, der für die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen arbeitete, geleitet. Die Niederländer fuhren mit zwei Schiffen, der Zeeridder und der Jonas, und kamen an der Orinocomündung am 27. Juli an.[13] 22 Tage später erreichten sie Santo Tomé de Guayana, ein Dorf das gerade vom Conquistador Antonio de Berrío wieder errichtet war. Die Niederländer begannen auch den Esequibofluss zu erforschen.[14] Seit dieser Zeit versuchten die Niederländer, in Guayana Fuss zu fassen. Manchmal verkauften sie Waffen an die Indianer, die Sklaven anderer Stämme bzw Produkte der Region lieferten.

Koloniale Zeit im 17. Jahrhundert

Anfang des Jahrhunderts

Kirche von Asunción, auf Margarita, zwischen 1609 und 1621 gebaut
Festung von Carlos de Borromeo auf Margarita, zwischen 1622 und 1642 gebaut, in den 1660er Jahren von Piraten zerstört
Festung von San Antonio de la Eminencia in Cumaná, zwischen 1659 und 1686 gebaut

Die Kolonie wurde im 16. und 17. Jahrhundert von den Spaniern eher vernachlässigt, da sie sich mehr auf das Gold aus anderen Teilen Amerikas konzentrierten. Der Anbau von Kakao, Zucker, Tabak, Kaffee und Baumwolle führte dazu, dass eine große Anzahl an Sklaven nach Venezuela gebracht wurden, die, nachdem die einheimische Kultur zu einem Großteil zerstört war, die Kultur in Venezuela nachhaltig beeinflussten.

Am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts hatten die Spanier keine gute Kontrolle über Guajira und die Regionen östlich des Tuy-Tals und westlich von Cumaná. Die Cumanagotos leisteten resoluten Widerstand gegen die Spanier. Im Jahre 1603 brachten sie den Conquistador Sebastián de Roa um. Ein Streifzug unter Leitung von Juan Pérez de Agorreta brauchte 14 Monate, um die Indianer im Neverí-Becken zu befrieden. Gegen 1618 gründeten spanische Mönche neue Dörfer. Sie wollten die Indianer dort missionieren. So entstanden Turmero, Guarenas, Choroní, Petare, Baruta, La Victoria, Cagua, San Mateo, Santa Lucía, El Valle und Antímano. Im Jahr 1628 gelang es den Spaniern, die letzten Widerstandskämpfer der Jirajara im Yaracuygebiet zu besiegen. Sie gründeten eine Siedlung in Nirgua, wo sie Gold ausgraben wollten. Die Funde waren aber nur mittelmässig.

Von 1632 an führte der Katalane Joan Orpí einen Streifzug, um das Gebiet der Unare- und Neveríbecken, wo die Cumanagotos noch Widerstand leisteten, unter Kontrolle zu bringen.

Verlust vor den Niederlanden

Im Jahr 1634 besetzten 400 Niederländer unter Leitung von Johannes van Walbeeck die Inseln von Curaçao, Bonaire und Aruba, Inseln, die Spanien nie wieder zurückerobern konnte. Bei der Ankunft der Niederländer wohnten auf Curaçao 32 Spanier, von denen 11 Kinder waren. Diese mussten zum Festland auswandern, zusammen mit den einheimischen Arawaco-Indianern, die sich geweigert hatten, den Niederländern treu zu sein.

1650-1659

Die Franzosen griffen den Hafen von La Guaira im Jahr 1651 an.

Spanische Franziskaner gründeten ein Kloster in Cumaná und eine Mission in Píritu im Jahr 1656, um bei Cumanagotos zu predigen.

Im Jahr 1657 tötete eine Epidemie eine grosse Anzahl Menschen in Caracas und anderen spanischen Städten.

Der britische Pirat Christopher Myngs plünderte Cumaná, Puerto Cabello und Coro im Jahr 1659 während des Englisch-Spanischen Krieges.

1660-1670

In den Sechzigern setzten die spanischen Geistlichen die Gründung von Indianermissionen fort. Gegen 1661 fingen die Jesuiten z.B. an, im Zentralgebiet der Llanos zu predigen.

Der Kazike Chiparara konnte Caribstämme und Otomaken unter seiner Leitung organisieren und begann um diese Zeit, die Spanier anzugreifen.[15] Die Uramerikaner wurden im März 1663 definitif zurückgedrängt. Viele flohen nach Süden und andere blieben auseinandergestreut in den Llanos. Langsam etablierten die katholischen Orden weitere Missionen in den Llanos.

Charles François d’Angennes, Marquis von Maintenon, griff im Jahr 1667 mit einer Flotte von 10 Schiffen und 800 Freibeutern die Insel Margarita und die Hafenstadt Cumaná an.[16]

1671-1690

Einwanderung aus den Kanarischen Inseln

Die Unabhängigkeit von Portugal im Jahr 1670 führte zu Wirtschaftsproblemen für die Kanarischen Inseln, die von den portugiesischen Märkten abhängig waren. Dies trug zur Auswanderung bei. Venezuela empfing viele dieser Siedler.[17] Die Kanarier siedelten an der Küste, aber auch in den Llanos. Am Ende des Jahrhunderts gab es große Gruppen von Kanariern in Caracas und La Guaira. Ende des siebzehnten Jahrhunderts hatten Kanarier einen Anteil von 16% an den Heiraten in Venezuela. Im Jahr 1683 gründeten sie San Antonio de los Altos. Viele der kanarischen Einwanderer beschäftigten sich mit der Landwirtschaft. Sie stellten die Mehrheit der Kleinhändler. Manche Dörfer der kanarischen Insel stellten besonders viele Einwanderer, wie z.B. El Sauzal oder Vilaflor.

Französische Piraten plünderten zum letzten Mal Valencia im Jahr 1677.

Ende des 17. Jahrhunderts

Im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts wurden weitere Siedlungen an der Küste gegründet. 1694 gründete Gouverneur Francisco Berroterán die Indianerdörfer von Guacara, San Diego und Los Guayos nördlich vom Valenciasee. Kariben griffen im Jahr 1697 die Missionsdörfer der Chaima-Indianer an und verursachten große Schäden.

Koloniale Zeit im 18. Jahrhundert

Vizekönigreich Neu-Granada

Das Land wurde bis 1718 vom Königlichen Gerichtshof (Real Audiencia) in Santo Domingo, die vom Vizekönigreich Neu-Spanien (Mexico) abhing, und anschließend bis 1742 vom Königlichen Gerichtshof in Bogotá, im Vizekönigreich Neu-Granada verwaltet und regiert. Danach wurden einzelne Provinzen von beiden Vizekönigreichen beziehungsweise direkt von Spanien aus verwaltet.

Im März 1723 gründeten Kapuziner mit 500 Indianern verschiedener Ethnien Calabozo in den Mittel-Llanos. Unter den Indianern gab es Mapoyes, Tamanaken, Otomaken und andere. Gegen 1726 entstand die Stadt Valle de Pascua, auch in den Llanos. Das Unternehmen der Guipuzcoana oder Compañía de Caracas wurde 1728 errichtet. Diese Firma monopolisierte den Kakaohandel und den Verkauf der Importe aus Spanien, wie Wein, Getreide, Stoff und Eisen. Das Monopol führte zu ständigen Konflikten mit den Produzenten in Venezuela.

Angriff in La Guaira 1743

Von 1739 bis 1742 fand zwischen Großbritannien und Spanien ein Kolonialkrieg statt, der sogenannte War of Jenkins’ Ear. Am 18. Februar 1743 griff eine Flotte unter Leitung von Charles Knowles den Hafen von La Guaira an. Die Briten werden aber zurückgeschlagen.

Die Jesuiten gründeten Cabruta zwischen 1740–1743.[18]

Von 1730 bis 1733 und erneut zwischen 1748 und 1752 richteten sich zwei Bewegungen gegen die von Philipp V. mit einem weitreichenden Handelsmonopol für die Provinz Caracas ausgestattete Real Compañía Guipuzcoana:[19] Zunächst kämpfte ein Schmuggler, der Zambo Andresote, mit Unterstützung oder Duldung mancher kreolischer Grundbesitzer gegen die Compañía. Zwischen 1748 und 1752 erhoben sich mehrere hundert Grundbesitzer unter Juan Francisco de León gegen die Gesellschaft.[20]

Aufstand von Juan Francisco de León

Der kanarische Landbesitzer Juan Francisco de León leitete einen Aufstand, der in der Barlovento-Region anfing. Alle Sektoren, die sich von der Guipuzcoana benachteiligt fühlten, von Sklaven, Pardos bis Kanariern, schlossen sich an. Die Aufständischen konnten am Anfang Waffen aus Curaçao kaufen und einige Erfolge erzielen. Echeverría, Leiter der Guipuzcoana, musste fliehen. Am Ende wurde der Aufstand aber niedergeschlagen. Juan Francisco de León wurde Mitte 1752 festgenommen und am 25. September 1753 hingerichtet.

Orinoco-Expedition

Die Portugiesen waren über den Negro-Fluss und das Pimichín-Kanal zum Temifluss gekommen. Sie errichteten Lager in Javita und San Baltasar, im spanischen Territorium. Indianer unter ihrer Leitung führten Streitzüge aus, um andere Indianer der Region als Sklaven im portugiesischen Gebiet zu verkaufen.

Die spanische Regierung entschied sich, eine Expedition zu schicken, um die Grenzen festzulegen. Am 14. Dezember 1753 wurde eine Kommission unter Leitung von José de Iturriaga zusammengebildet. Unter den Expeditionsmitgliedern befanden sich José Solano y Bote und der schwedische Botaniker Pehr Löfling. Die Expedition verließ Cádiz am 15. Februar 1754 und kam in Cumaná am 11.03 an. Die Gruppe blieb jahrelang in Venezuela. Es gelang ihr, spanische Wachtposten zu etablieren und die portugiesische Expansion zu stoppen.

Generalkapitanat von Venezuela

1777 schuf Carlos III per Dekret die Statthalterschaft von Venezuela.

Ab 1780 fing Spanien an, die Handelsbeziehungen zwischen den Kolonien zu lockern. Im Jahr 1789 beschloss die spanische Regierung, Freihandel für Venezuela und Neuspanien zuzulassen.[21] Die Borbonreformen fingen an, positive Folgen zu haben, die Handelszunahme blieb aber bescheiden: viele der anderen spanischen Kolonien hatten nicht viel Bedarf für die Produkte Venezuelas.

Im Jahr 1788 befahl der Gouverneur der Provinz Barinas, San Fernando de Apure zu gründen.

Wirtschaftslage am Ende der Kolonialzeit

Am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts fuhr Venezuela für über 35 Millionen Franken Waren ein. Über 4/5 dieser Waren kamen aus Europa.[22] Venezuela produzierte Kakao, Kaffe, Baumwolle und Tabak. Darüber hinaus produzierte es Lederprodukte, vor allem in der Carora-Region, Hängematten auf Margarita und Baumwolledecken in El Tocuyo. Diese letzten Produkten konnten aber kaum den internen Markt befriedigen. Anderseits bemerkte Humboldt, dass die Städte und Dörfer im Aragua-Tal so wohlhabend waren wie die Dörfer am Rhein und in der Niederlande. Diese Regionen produzierten vor allem Kaffee, Kakao, Indigo und Baumwolle.

Unabhängigkeitsbestrebungen

Erst mit der Aufklärung, der Unabhängigkeit der USA, der Französischen Revolution und der Verbreitung dieser Ideen kam eine weitere Komponente hinzu, die auch die Loslösung der Kolonien vom monarchistischen Mutterland und deren republikanische Ausrichtung einforderte. So führte José Leonardo Chirino 1795 in der Stadt Coro einen Sklavenaufstand an und bezog sich dabei in seinen Forderungen explizit auf die Menschenrechtsdeklaration der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung; in diesem Falle schlugen spanische Behörden und einheimische Grundbesitzer den Aufstand gemeinsam nieder. Ähnliche Forderungen, die in einer autonomen venezolanischen Republik verwirklicht werden sollten und die diesmal die Unterstützung vieler Criollos und sogar mancher Spanier fanden, formulierten 1797 in La Guaira Manuel Gual und José Maria España. Doch noch war der spanische Kolonialapparat stark genug, diese Bewegung zu zerschlagen.[23]

Der weltläufige und belesene Francisco de Miranda, der auch in der französischen Revolutionsarmee gedient hatte, war schon seit Jahren in Sachen Unabhängigkeit in Europa unterwegs gewesen, doch die Briten zögerten, und vielen Venezolanern war dieses Vorgehen de Mirandas suspekt, dem sie vorwarfen, „sich nahezu zum Instrument britischer Politik unter William Pitt“ zu machen;[24] die spanische Fremdherrschaft gegen die englische einzutauschen waren sie nicht bereit. So scheiterte de Miranda im April 1806 zunächst mit einem Landemanöver, für das er englische, irische, französische und nordamerikanische Freiwillige angeworben hatte, bei Ocumare de la Costa, um Puerto Cabello einzunehmen, an der spanischen Küstenwache und im August – trotz Unterstützung durch den britischen Gouverneur von Trinidad – nach diesmal geglückter Landung an den zumeist loyalen, royalistischen Bewohnern der Provinz Coro.[25]

Die Bildung der Junta am 19. April 1810 war der Auftakt zur Revolution

Am 19. April 1810, nachdem es in anderen südamerikanischen Ländern zu Aufständen gekommen war und sich der größte Teil der Venezolaner gegen die von den Behörden geduldete französische Besatzung stellte, formierte sich eine Junta, die den Generalkapitän Vicente Emperan y Orbe absetzte. Obwohl an diesem Tag noch nicht die Unabhängigkeit ausgerufen wurde, ist dies heute – neben dem 5. Juli – der Nationalfeiertag Venezuelas. Die Zustimmung für diesen Akt einer kleinen Gruppe von Aktivisten bei der Bevölkerung und die Begeisterung, endlich ein Stück mehr Selbstbestimmung zu erlangen, war groß. Die Schwierigkeiten die auf die nun selbstregierten Patrioten zukamen, erwiesen sich allerdings als übermächtig. Was in der Verwaltung noch halbwegs funktionierte, war im bewaffneten Kampf gegen die königstreuen Landsleute und die Spanier nur Anfangs halbwegs erfolgreich. Eine Delegation, der auch Simón Bolívar angehörte, verhandelte mit dem britischen Außenminister wegen Unterstützung. Ihr größter Erfolg war, den im englischen Exil lebenden Francisco de Miranda Anfang 1811 mit nach Venezuela zu bringen. Dieser übernahm zuerst militärisch und später auch politisch das Ruder, während die Attacken der Spanier und ihrer venezolanischen Verbündeten heftiger wurden. Die Unabhängigkeitskriege wurden vor allem zwischen Venezolanern durchgeführt. Die Spanier bei den spanischen Truppen bildeten eine Minderheit. Auf der Seite der Unabhängigkeitstruppen gab es vor allem nach 1818 zahlreiche Söldner, vor allem aus Großbritannien.

Die Unabhängigkeitskriege in Venezuela, die 1810 begannen und 1823 endeten, dezimierten die Bevölkerung drastisch und schwächten die Wirtschaftskraft erheblich, brachten aber letztlich das Ende der spanischen Bevormundung und eine selbstbestimmte Republik.

Unabhängiges Venezuela im 19. Jahrhundert

Zahlreiche Bürgerkriege und Revolutionen bremsten die kontinuierliche Entwicklung des Landes. Der schlimmste Krieg nach der Unabhängigkeit war der Föderale Krieg, der von 1859 bis 1865 dauerte und das Leben von mehr als 150.000 Menschen bei einer Bevölkerung unter 3 Millionen kostete.

Der erste Caudillo im unabhängigen Venezuela war José Antonio Páez, der am 11. April 1831 Präsident wurde. Er war der Leiter der Konservativen Partei. Viele der Führer dieser Partei waren Militärs, die an den Unabhängigkeitskriegen teilgenommen hatten. Die Kaffeeausfuhr nahm in diesen Jahren zu. Im Jahr 1835 wurde Páez in seiner Funktion als Präsident von dem Arzt José María Vargas abgelöst.

José María Vargas

Verschiedene Gruppen fingen an, gegen die Regierung Vargas und vor allem gegen die Macht von Páez zu protestieren. Sie wollten keine zentralisierte Regierung. Sie wollten darüber hinaus Venezuela wieder mit Kolumbien zusammenschließen. Am 7. Juli 1835 begann ein Aufstand in Maracaibo. Der General Santiago Mariño wurde Führer dieser Bewegung. Der Aufstand scheiterte, er war aber der Zünder für Unruhen anderswo in Venezuela. In Caracas setzten Pedro Carujo und der Kapitän Julián Castro den Präsidenten Vargas am 8. Juli unter Hausarrest. Vargas und der Vizepräsident Andrés Narvarte mussten ins Exil gehen: sie wurden zuerst nach Saint Thomas geschickt. Páez marschierte über Valencia, Maracay und La Victoria nach Caracas. Wegen seiner Popularität als General der Unabhängigkeitskriege gelang es Paéz, Truppen zu rekrutieren. Er kam in Caracas am 28. Juli 1835 an. Die Reformisten hatten die Stadt verlassen. Páez bildete einen Regierungsrat und beauftragte den General José María Carreño, die Regierung provisorisch zu leiten. Er schickte dann eine Kommission nach Saint Thomas, um Vargas und Narvarte zurückzubringen. Am 20. August 1835 wurde Vargas wieder Präsident der Republik.

Bauernaufstand von 1846 und die Monagasdynastie

Venezuelas Wirtschaftslage verschlechterte sich Anfang 1846. Die Vorbereitungen für die für August geplanten Wahlen hatten auch Spannungen erhöht. Die wichtigsten Kandidaten waren José Tadeo Monagas, Antonio Leocadio Guzmán, Bartolomé Salom, José Félix Blanco und José Gregorio Monagas. Der erste hatte die Unterstützung der Regierung. Der zweite war der Kandidat der Liberalen Partei. Soublette beschleunigte die Wehrpflicht, was von der Opposition als Einschüchterungstechnik denunziert wurde.

Vom Kongress Ende Januar 1847 bestätigt, trat Monagas sein Amt am 1. März an. Die Wahlergebnisse wurden bestritten. Um zu einem Kompromiss zu kommen, entschloss sich Santiago Mariño, ein Interview zwischen José Antonio Páez und dem zweiten Kandidaten, Antonio Leocadio Guzmán, zu organisieren. Guzmán reiste aus den Araguatälern mit vielen Anhängern an und viele andere schlossen sich auf dem Weg an. Die Armee sah dies als Bedrohung.

Das Gespräch fand nicht statt: am 2. September, als Guzmán in La Victoria war, brach die sogenannte Volksrevolution in Tacusuruma aus: Francisco José Rangel behauptete, die Regierung hätte ihm Land weggenommen und ihn verhindert, an der Wahl teilzunehmen. Rangel und seine Anhänger beriefen sich auf Guzmán, reisten nach Güigüe und überfielen die Hazienda Yuma, Eigentum des Páez-nahen Politikers und Anwalts Ángel Quintero. Die Aufständischen töteten den Haziendaverwalter, verletzten mehrere und befreiten die Sklaven.

Die Regierung machte Guzmán für diese Gewalttaten verantwortlich und nahm ihn kurz danach fest. Der Aufstand breitete sich aus, als viele Knechte und Sklaven die Haziendas verließen. Ezequiel Zamora, der in La Victoria Guzmán begleitete, schloss sich der Bewegung an und wurde zu einem der wichtigsten Führer.

Monagas tauschte konservative gegen liberale Minister aus und führte eine eher liberale Politik, worauf sich die Stimmung im Parlament gegen ihn wandte. Die Lage spitzte sich zu, als die Abgeordneten den Präsidenten zur Verantwortung ziehen wollten. Eine aufgebrachte Menschenmenge stürmte am 24. Januar 1848 den Kongress zugunsten von Monagas. Der Anschlag auf den Kongress, bei dem einige Abgeordnete umgebracht wurden, verhinderte die Verurteilung von Monagas und festigte auch die Macht späterer Präsidenten gegenüber dem Parlament.

Zamora wurde im Jahr 1848 festgenommen. Danach verlor der Aufstand an Kraft. Monagas' Nachfolger wurde 1851 sein Bruder José Gregorio.

In den folgenden Jahren gab es mehrere Aufstände, die von den Konservativen geführt wurden. José Gregorio Monagas billigte die endgültige Abschaffung der Sklaverei am 24. März 1854. Am 10. April ernannte der Kongress ihn zum Marschall. José Gregorio unterstützte dann die Rückkehr seines Bruders an die Macht.

José Tadeo Monagas wurde im Jahr 1855 zum Präsidenten gewählt. Er folgte seinem Bruder in der Regierung. Da er eine Familiendynastie auf dem Präsidentensessel einzurichten versuchte und sein Amt zur Selbstbereicherung im großen Stil missbrauchte, sank seine Popularität immer mehr. Ein Jahr vor dem regulären Ende seiner Amtszeit, 1858, kam er einem Aufstand gegen ihn zuvor. Er musste den Präsidentenpalast unter den Rufen der Bevölkerung „Tod den Dieben“ verlassen.[26] Monagas legte sein Amt nieder und floh in die französische Botschaft.

Der Föderale Krieg

Im Jahr 1859 brach der Föderale Krieg aus. Auf der einen Seite standen die Liberalen, auch Föderalen genannt, weil sie mehr Autonomie für die Bundesstaaten forderten, und auf der anderen Seite die Konservativen der Regierung.

Schlacht von Maiquetía

Am 20. Februar 1859 besetzte der Kommandant Tirso Salaverría das Militärkommando von Coro und eroberte eine große Menge Waffen.

Der Krieg verlief meistens in Form von Guerillakrieg. Die erste wichtige Schlacht war die Santa-Inés-Schlacht am 10. Dezember 1859. Dabei siegten die Aufständischen unter Leitung von Ezequiel Zamora. Zamora konnte die Kontrolle über die Llanos konsolidieren und den Vormarsch der Liberalen Richtung Norden vorbereiten.

Juan Crisóstomo Falcón und weitere Aufstände

Juan Crisóstomo Falcón wurde 1863 Präsident der Republik. Die Todesstrafe wurde in Venezuela als einem der ersten Staaten abgeschafft.[27]

Der Einheitsstaat wurde 1864 zu einer Bundesrepublik umgestaltet. Am 3. Mai 1864 erfolgte die Umgestaltung in den Bundesstaat Estados Unidos de Venezuela.

Die Politik Falcóns führte immer mehr zu Spannungen mit den Konservativen und mit den Dissidenten der Liberalen. Beide Gruppen versuchten ab 1867, die Regierung zu stürzen. Sie erklärten eine „Blaue Revolution“. Ein Heer unter Leitung von Miguel Antonio Rojas rebellierte im Zentrum Venezuelas, während der ehemalige Präsident José Tadeo Monagas im Osten zum Aufstand aufrief. Falcón übergab die Macht an Manuel Ezequiel Bruzual. Mitte 1868 belagerte Rojas die Hauptstadt Caracas. Nach kurzen Verhandlungen unterzeichnete er das Antímano-Abkommen mit der Regierung, nach dem er diese Regierung anerkannt hatte und nur die Militärkontrolle des Landes übernahm. Die Aufständischen im Osten, die diese Aktion als Verrat ansahen, marschierten weiter nach Caracas, das sie im Juni besetzten. So kamen „die Blauen“ unter Leitung von Guillermo Tell Villegas und José Ruperto Monagas an die Macht.

Guzmán Blanco

Am 27. April 1870 putschte Antonio Guzmán Blanco gegen Tell Villegas. Guzmán regierte zunächst fast sieben Jahre, bis er die Macht an den Militär Francisco Linares Alcántara übergab.

Guzmán Blanco gewann die Wahlen im Jahr 1885. Er trat für den Zeitraum 1886-88 an, musste aber wegen Gesundheitsproblemen im Jahr 1887 die Macht abgeben. Während dieser Amtszeit brach Venezuela die Beziehungen mit Großbritannien ab, als dieses Land seine Expansion im Guyanagebiet fortsetzte und venezolanisches Gebiet eroberte.

Ende des 19. Jahrhunderts

Raimundo Andueza Palacio gewann die Wahlen 1890. Als er zwei Jahre später, im Jahr 1892, seine Amtszeit verlängern wollte, wurde er von der sogenannten „revolución legalista“ abgesetzt. Joaquín Crespo, der Anführer, übernahm die Präsidentschaft.

Grenzstreitigkeiten mit dem Nachbarn Kolumbien in den Jahren 1891–1896 konnten schließlich friedlich beigelegt werden.

Auf dem Weg ins 20. Jahrhundert

Goldmünze von 1930 Estados Unidos de Venezuela, Vereinigte Staaten von Venezuela

Cipriano Castro (1899–1908)

Im Jahr 1899 erlangte der aus dem Bundesstaat Táchira stammende Cipriano Castro durch eine Invasion („Invasion der Sechzig“) von Kolumbien aus und durch einen Putsch gegen Ignacio Andrade die Macht. Seine Regierungszeit gilt vor allem als Beginn des Endes des sog. „Caudillismo“, in dem sich seit der Unabhängigkeit im Jahr 1821 lokale und regionale Herrscher („Caudillos“) die Macht aufgeteilt hatten. Unter Castro wurde das Nationale Heer (Ejercito Nacional) ins Leben gerufen und gegen die Einzelinteressen der Caudillos benutzt. Gleichzeitig wurden Waffen außerhalb der Armee konfisziert, die regionalen Armeen aufgelöst und das Heer modernisiert. Die Strukturen, die Cipriano Castro in den Jahren seiner Regierungszeit aufbaute gelten als der Beginn des Gomecismo, dem System des Diktators Juan Vicente Gómez. Dieser, Freund Castros und Divisionsgeneral in seiner Regierung, übernahm 1908 durch einen Putsch die Macht, als sich Castro wegen gesundheitlicher Probleme zur Behandlung außer Landes befand.

Juan Vicente Gómez (1908–1935)

Von 1908 bis 1935 bestimmte der so zur Macht gekommene Diktator Juan Vicente Gómez 27 Jahre lang die Geschicke des Landes. Die Diktatur wird als personalisiert und militärisch bezeichnet, da sie sich einerseits auf die Armee stützte und andererseits in allen Belangen auf die Person des Diktators zugeschnitten war, der mit eiserner Hand das Land regierte. Auch wenn gewisse repräsentative Strukturen weiter bestehen blieben und während seiner Amtszeit sogar zwei andere Männer (Victorino Márquez Bustillos 1914–1915, Juan Bautista Pérez 1929–1931) das Präsidentenamt ausübten, lief alles über die Person Gómez, der zu keiner Zeit die Fäden aus der Hand gab. Dies zeigt sich unter anderem in der Tatsache, dass Großteile der Führungselite der Diktatur aus den Andenstaaten, besonders aus Táchira kamen: In einem engen Netz aus sozialen Beziehungen sorgte Gómez dafür, dass seine Interessen durchgesetzt wurden. So gehörten zu den Bedingungen für höhere Ämter im Staat fast immer die Zugehörigkeit zum Militär und die Herkunft aus den Anden. Die Gómez-Diktatur zeichnete sich durch massive Repression gegen die Opposition und die Korruption der Führungselite aus. Ihr Ende fand sie erst im Jahr 1935 als Gómez im Alter von 78 Jahren starb.

Eleazar López Contreras (1935–1941)

Nach Gómez' Tod wurde das politische System des Landes schrittweise liberalisiert, war aber noch über Jahre hin von den Strukturen und Persönlichkeiten des Gomecismo durchsetzt. Die provisorische Nachfolge des Präsidenten übernahm im Jahr 1935 der aus Táchira stammende Militär Eleazar López Contreras, der dann am 19. April 1936 vom Kongress zum Präsidenten gewählt wurde. In der Interimszeit forderte die gestärkte Opposition die Realisierung demokratischer Rechte, die zum Teil von der Regierung López' gewährt wurden. So wurden politische Gefangene aus den Gefängnissen entlassen, den Exilierten die Rückkehr erlaubt, die Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre verkürzt und Gewerkschaften und öffentliche Versammlungen erlaubt.

Isaías Medina Angarita (1941–1945)

Dieser Trend wurde von der folgenden Regierung unter dem 1941 gewählten Isaías Medina Angarita (ebenfalls Militär und Tachirense) fortgesetzt. So wurde im Juni 1941 die sozialdemokratische Partei Acción Democrática (AD) und im Oktober 1945 die Kommunistische Partei legalisiert und im April eine Verfassungsreform durchgesetzt. Diese etablierte die direkte Wahl der Parlamentsabgeordneten durch alle Männer über 21 und die Beteiligung von Frauen an den Wahlen der Gemeinderäte und strich den Absatz 6 des Artikel 32 der alten Verfassung, der „kommunistische und anarchistische Propaganda“ unter Verbot gestellt hatte. Jedoch wurde die von der Opposition geforderte universelle, freie und direkte Wahl des Präsidenten nicht verwirklicht und auch das Frauenwahlrecht nur eingeschränkt eingeführt. Die Unzufriedenheit über diese Mängel bei den politischen Parteien und, aus anderen Gründen, bei Teilen des Militärs, führte am 18. Oktober 1945 zu einem Putsch gegen die Regierung Medina Angaritas.

Rómulo Betancourt, Rómulo Gallegos (1945–1948)

Mit dem Putsch wurde der Revolutionäre Regierungsrat (Junta Revolucionaria de Gobierno) eingerichtet, die unter dem Vorsitz von Rómulo Betancourt (AD) aus fünf zivilen und zwei militärischen Vertretern bestand (Zivile: Rómulo Betancourt (AD), Raúl Leoni (AD), Gonzalo Barrios (AD), Luis Beltrán Prieto Figueroa (AD), Edmundo Fernández, Militärs: Carlos Delgado Chalbaud y Mario Ricardo Vargas). Die neue De-facto-Regierung setzte relativ schnell die vorher versprochenen Reformen zur Demokratisierung und Bekämpfung der Korruption um, richtete am 27. November 1946 eine Prüfungskommission ziviler und administrativer Verantwortung (Jurado de Responsabilidad Civil y Administrativa) ein und berief für Dezember 1946 Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung. Am 14. Dezember 1947 wurde zum ersten Mal in der Geschichte Venezuelas der Präsident von allen Männern und Frauen über 18 gewählt – einschließlich Analphabeten. Für die Wahl hatte der Revolutionäre Regierungsrat vereinbart, dass keines ihrer Mitglieder kandidieren würde. So gewann Rómulo Gallegos (AD) mit knapp 75 % der Stimmen die Wahlen vor den Kandidaten Rafael Caldera (COPEI, 22,4 %) und Gustavo Machado (PCV, 3,2 %) und wurde Anfang 1948 zum neuen Präsidenten vereidigt. Seine Regierungszeit endete jedoch bald. Am 24. November 1948 putschten die Militärs des Revolutionären Regierungsrats erneut, diesmal gegen die vorher von ihnen unterstützte Regierung.

Militärregierungen von 1948 bis 1958

Ab November 1948 regierte eine Militärregierung das Land, zuerst unter dem Vorsitz von Carlos Delgado Chalbaud (Amtszeit 1948–1950), nach dessen Ermordung 1950 von Germán Suárez Flamerich (Amtszeit 1950–1952). Im Jahr 1952 wurden Präsidentschaftswahlen angesetzt, aus denen Jóvito Villalba (URD) als Gewinner hervorging, dessen Sieg die Militärregierung jedoch nicht anerkannte und stattdessen Marcos Pérez Jiménez (Amtszeit 1952–1958) zum Präsidenten ernannte. Dieser regierte das Land diktatorisch bis er am 23. Januar 1958 gestürzt wurde.

Demokratische Entwicklung bis heute

Regierungen von 1958 bis jetzt

Im Jahr 1950 konnte fast die Hälfte der Bevölkerung weder lesen noch schreiben. In den folgenden Jahrzehnten investierten die verschiedenen Regierungen in Bildung, auch wenn die Maßnahmen nicht immer effizient implementiert wurden. Im Jahr 1991 betrug die Alphabetisierungsrate 90,61 % und im Jahr 2001 konnte schon 93,5 % der Bevölkerung lesen und schreiben.[28][29].

1958 wurde der Diktator Marcos Perez Jiménez gemeinsam von der sozialdemokratischen Acción Democrática und der Kommunistischen Partei gestürzt. Nach dem Sturz brach die AD jedoch mit den Kommunisten und verbündete sich mit der christdemokratischen COPEI. Beide Parteien vereinbarten mit dem Punto-Fijo-Abkommen, Wahlergebnisse zu respektieren. Von diesem Abkommen wurde allerdings die Kommunistische Partei Venezuelas ausgeschlossen. Bis in die 1990er Jahre waren so die herrschenden Parteien entweder die Acción Democrática oder die COPEI, sie stellten auch die Präsidenten.

Die enttäuschte und isolierte Kommunistische Partei begann einen Guerillakrieg, wurde aber im Laufe der 1960er Jahre entweder von der Allianz assimiliert oder militärisch zerschlagen. Bei den ersten freien Wahlen wurde Rómulo Betancourt, von Acción Democrática, gewählt. Er war Präsident von 1958 bis 1964.

Raúl Leoni

Von 1964 bis 1969 regierte Raúl Leoni, auch von Acción Democrática. Während seiner Amtszeit wurde der Bildungshaushalt um 98% erhöht. Die Regierung verabschiedete dazu ein Gesetz für Soziale Sicherheit. Unter anderem wurde die Universidad Simón Bolívar eröffnet und die erste Brücke über den Orinoco, die Angosturabrücke, fertig gestellt.

Die Wirtschaft wuchs 6,5% jährlich. Die Währung, der Bolívar, blieb stabil und die Inflation betrug etwa 1,4% jährlich. Leoni reduzierte die öffentlichen Ausgaben.

Rafael Caldera und die Christdemokraten

Die Wahlen von 1968 führten zum ersten demokratisch legitimierten Machtwechsel, Präsident wurde der christdemokratische Rafael Caldera. Er verfügte eine Generalamnestie für die immer noch zahlreich vorhandenen Guerilla-Kämpfer. Im Jahr 1969 entschied die Kommunistische Partei Venezuelas, an den Wahlen teilzunehmen und zwar als eine neue Partei mit dem Namen Unión Para Avanzar. Rafael Caldera beschloss im selben Jahr, die Kommunistische Partei Venezuelas zu legalisieren.

Erste Amtszeit von Carlos Andrés Pérez

Pérez verstaatlicht Erdölindustrie im Januar 1976

1973 schloss sich Venezuela der Andengemeinschaft an, die seit 1969 die wirtschaftliche Entwicklung der Region steuern sollte. Im selben Jahr gewann der Sozialist Carlos Andrés Pérez die Wahl zum Staatspräsidenten.

Carlos Andrés Pérez führte das Studentenprogramm Gran Mariscal de Ayacucho, das tausenden Studenten erlaubte, in ausländischen Universitäten zu studieren. Pérez errichtete neun Nationalparks. Er verstaatlichte im Jahr 1975 die Eisenindustrie. Venezuela gründete mit anderen erdölfördernden Staaten die OPEC. Der Ölpreis vervierfachte sich in der Folgezeit. An der venezolanischen Regierung wechselten sich Demokratische Aktion und die Christsozialen ab.

Nach der Ölkrise von 1973 stiegen in der ersten Amtszeit von Carlos Andrés Pérez (1974 bis 1979) die Einkünfte des Landes aus dem Erdölexport rapide und das Land wurde eines der wohlhabendsten Länder Südamerikas, „ […] durch den Verkauf von Erdöl hat Venezuela von 1973 bis 1983 rund 240 Milliarden Dollar eingenommen“ (Arturo Uslar Pietri); die damit einhergehende Verteilungspolitik führte zu einer für lateinamerikanische Verhältnisse außerordentlich hohen politischen Stabilität des Landes. 1976 wurde die Ölindustrie auf Druck der Bevölkerung verstaatlicht.

Luis Herrera Campins und die Christdemokraten zurück an der Macht

In den Wahlen von 1979 gewann der Christdemokrat Luis Herrera Campins die Präsidentschaft. Die Ölpreise verdreifachten sich während der zweiten Erdölkrise, was zu zusätzlichen Einnahmen führte. Dennoch bekam die Regierung die Auslandsschulden nicht in den Griff, auch weil der Ölpreis ab 1983 wieder einbrach.

Schon seit 1979 stagnierte die Wirtschaft und rutschte kurz darauf in die Rezession ab. Am 18. Februar 1983 wurde der Bolívar abgewertet (der alte Kurs von 4,3 Bolívar pro Dollar wurde durch ein System multipler Wechselkurse ersetzt), eine massive Kapitalflucht setzte ein, und die Auslandsschulden Venezuelas stiegen Anfang 1983 auf 30 Mrd. US-Dollar.

Mit dem eklatanten Verfall des Ölpreises seit 1983 brachen die Einkünfte jedoch weg und da es keine Investitionen in andere Wirtschaftszweige gegeben hatte, die die drastisch sinkenden Erdöleinnahmen zu kompensieren vermochten, führte dies, gemeinsam mit den immer höher werdenden Auslandsschulden (1993 etwa 35 Milliarden Dollar), zu einer anhaltenden Wirtschaftskrise. Darum war es leichtes Spiel für Acción Democrática, bei den nächsten Wahlen, am 4. Dezember 1983, zu gewinnen.

Jaime Lusinchi und das verlorene Jahrzehnt

Genscher und Lusinchi

Am 4. Februar 1984 begann Jaime Lusinchi seine Amtszeit. Er versuchte durch eine expansive Wirtschaftspolitik Stabilität zu erreichen. Am Ende war Venezuela so gut wie bankrott.

Im Jahr 1989 wurden 12 Fischer in El Amparo, Apure, von den venezolanischen Streitkräften unter unklaren Umständen umgebracht und als Guerrillakämpfer dargestellt, was später zu einem Skandal führte.[30]

Zweite Amtszeit von Carlos Andrés Pérez

Der am 26. Februar 1992, während der zweiten Amtszeit Carlos Andrés Pérez' (1989 - 1993) als Folge von Weisungen des Internationalen Währungsfonds angekündigte neoliberale Wirtschaftskurs führte ab dem 27. Februar 1989, ausgelöst durch eine Preiserhöhung im öffentlichen Verkehr, zum sogenannten Caracazo. Die ersten Unruhen fanden in Guarenas statt. Von den Barrios, den Slums der Hauptstadt, ausgehend, kam es über mehrere Tage zu schweren Aufständen und Plünderungen der Innenstädte und Einkaufszentren. Die Regierung Pérez ließ die Aufstände von Polizei und Militär gewaltsam niederschlagen. Zwischen 180 und 5.000 Menschen kamen dabei ums Leben.[31] Verschiedene Nichtregierungsorganisationen haben bis jetzt kritisiert, dass die Regierung keine unabhängige Kommission für die Untersuchung der Verbrechen zugelassen hat.[32]

Infolge der Krise kam es 1992 zu zwei blutigen Putschversuchen gegen die Regierung Pérez, einem am 4. Februar 1992 durch Hugo Chávez (Chávez scheiterte und wurde festgenommen, nach zwei Jahren Haft aber freigelassen) und einem am 27. November. Dutzende Menschen wurden bei beiden Putschversuchen umgebracht.[33]

1993, einem Jahr mit volkswirtschaftlichem Minuswachstum, wurde schlussendlich der Präsident Carlos Andrés Pérez durch den Obersten Gerichtshof wegen Veruntreuung und Korruption abgesetzt.

Caldera und die zweite Amtszeit mit der sozialistischen Koalition

Durch die Wahlen 1994 wurde Rafael Caldera neuer Präsident. Bis 1998 gelang ihm zwar die politische Stabilisierung, der Wirtschaftskrise wurde aber auch er nicht Herr. So lag bei seinem Amtsantritt 1994 die Inflationsrate bei 71 %, es gab eine schwere Währungskrise und einen Zusammenbruch des Bankensystems. Die Erdölpreise waren auch auf einen historischen Tiefpunkt gesunken, wodurch der Staat viel weniger Einnahmen erzielte als je zuvor.

Die Erdölpreise haben die politische Entwicklung in den letzten Jahren stark geprägt

Hugo Chávez seit 1999

Im Dezember 1998 wurde Hugo Chávez mit einem Stimmenanteil von 56 % zum Präsidenten gewählt. Seine erklärten Ziele waren unter anderem die Schaffung und Stärkung möglichst direkter Demokratie, sowie die nationale und ökonomische Unabhängigkeit. Die beiden etablierten Parteien (COPEI und Acción Democrática), denen er Vetternwirtschaft und Korruption vorwarf, erlitten dabei massive Stimmenverluste und erhielten nurmehr 9 % Zustimmung. Im Dezember 1999 wurde die neue Bolivarische Verfassung durch ein Referendum beschlossen und am 29. Dezember 1999 die Bezeichnung Bolivarische Republik angenommen. Am 30. Juli 2000 wurde Chávez mit fast 60 % der abgegebenen Stimmen im Amt bis 2006 bestätigt. Im April 2002 versuchte die Opposition durch Proteste einen Rücktritt von Hugo Chávez und vorgezogene Neuwahlen zu erzwingen. Dabei kam es zu Schießereien, bei denen insgesamt 19 Menschen starben, darunter sowohl Chávez-Anhänger als auch -Gegner. Die Oppositionssender behaupteten jedoch wahrheitswidrig, es seien Oppositionsanhänger angegriffen und getötet worden.[34][35] Kurz darauf setzte das Militär Chávez ab und an seiner Stelle Pedro Carmona als Übergangspräsidenten ein, flankiert durch eine Kampagne der privaten Medien. Dies löste Massenproteste von Millionen Chávez-Anhängern aus; der Putsch scheiterte, seine Anführer wurden festgenommen und Chávez wieder als Präsident eingesetzt.

Nach erneuten Protesten der Chávez-Gegner im Dezember 2002 begann am 3. Dezember 2002 der längste Generalstreik der venezolanischen Geschichte, der allerdings teilweise Züge einer Aussperrung trug, da er unter anderem durch die Unternehmerverbände initiiert wurde. Im Februar 2003 wurde der Streik erfolglos beendet.

Chávez (links) plante mit seinem argentinischen Amtskollegen Néstor Kirchner eine Erdgasleitung durch Südamerika

Am 3. Juni 2004 gab der Präsident des Nationalen Wahlrats, Francisco Carrasquero bekannt, dass von 3,4 Millionen von der Opposition für ein Referendum gegen Chávez gesammelten Stimmen 2,54 Millionen anerkannt würden und so das Referendum mit knapp 15.738 Stimmen Überschuss zugelassen würde. Bei dem Referendum am 15. August 2004 waren etwa 58 % aller Wahlberechtigten gegen eine Amtsenthebung von Hugo Chávez und somit gegen Neuwahlen. Die Wahlbeteiligung betrug laut der Wahlkommission 69,92 %[36]. Nach ersten Zahlen bescheinigten internationale Wahlbeobachter, unter ihnen der amerikanische Ex-Präsident Jimmy Carter, entgegen zuvor geäußerter Befürchtungen der Opposition über möglichen Wahlbetrug, der Wahl einen einwandfreien Verlauf. Als zentraler Faktor für Chávez' Erfolg galt die wirtschaftliche Erholung des Landes. Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Ergebnisses kam es zu Ausschreitungen in Caracas.

Die EU sandte eine Gruppe von Beobachtern. Der spanische Abgeordnete Willy Meyer Pleite, von Izquierda Unida und Mitglied der EU-Beobachterdelegation, bezeichnete die Wahl in Venezuela als „massiv, ordentlich und fröhlich“. Ein anderer Beobachter war viel kritischer und beklagte u.a. die Tatsache, dass Beobachter aufgrund eines Überfalls von einem von ihnen am Anfang bis zum Tag der Wahlen im Hotel blieben und dass es mehr Stimmen in den Wahlmaschinen vorkamen als Unterschriften bei den Wählerlisten.[37]

Im Jahr 2006 unterzeichnete Venezuela den Beitritt zum Wirtschaftsbündnis Mercosur.

Bei der Präsidentschaftswahl 2006 gewann der Kandidat Hugo Chávez Frias mit 62,84 % der abgegebenen Stimmen. Erklärtes wichtiges Vorhaben der neuen Regierung ist die Wiederverstaatlichung der in den 80er und 90er Jahren im Zuge einer neoliberalen Politik privatisierten Betriebe und Ölfelder. Eine diesen Weg unterstützende Verfassungsreform, welche aber auch unter anderem die unbegrenzte Wiederwahlmöglichkeit für den Präsidenten vorsah,[38] wurde im Dezember 2007 jedoch von 50,7 % der Abstimmenden abgelehnt. Chávez bezeichnete in einer nationalen Fernsehsendung kurz darauf den Sieg der Opposition als Scheißsieg.[39] Er erklärte ferner, er würde über dieselben Reformen wieder abstimmen lassen. „Wenn man Unterschriften sammelt, kann diese Reform wieder einem Referendum unterzogen werden, unter anderen Bedingungen, zu einem anderen Zeitpunkt, an diesem Ort, der Venezuela heisst“.

Venezuela spielte auch eine Rolle bei der Gründung der Union Südamerikanischer Nationen im Jahr 2008.

Chávez liess Anfang 2009 wieder über die unbegrenzte Wiederwahlmöglichkeit bei einem neuen Referendum abstimmen und gewann diesmal.[40]

Im Jahr 2010 erklärte Hugo Chávez, dass er wieder 2012 kandidieren will. Er sagte ferner, dass die PSUV keine internen Wahlen durchzuführen braucht, um ihn als Kandidat zu haben, denn das wäre Zeitverlust.[41]

Im September 2010 fanden die Wahlen für die Nationalversammlung statt. Die Opposition, die im Jahr 2005 die Wahlen boykottiert hatte, trat wieder an. Die PSUV und die PCV bekamen 98 Sitze mit einem Stimmenanteil von 48,13%, der Tisch der demokratischen Einheit erzielte 65 Sitze bei einem Stimmenanteil von 47,22% und Patria Para Todos bekam 2 Sitze für 3,14% der Stimmen. Später erklärte Patria Para Todos, dass sie den Tisch der demokratischen Einheit unterstützen würde. Die Menschenrechtsorganisation Provea hat kritisiert, dass einer der für die PSUV gewählten Abgeordneten, Róger Cordero Lara, einer der Militärs war, der am Cantaura-Massaker von 1982 beteiligt war.[42]

Literatur

  • Andreas Boeckh (Hrsg.): Venezuela heute|Politik - Wirtschaft - Kultur. Vervuert, Frankfurt/Main 2011, ISBN 9783865274892.
  • Orlando Araujo: Venezuela. Die Gewalt als Voraussetzung der Freiheit. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1971.
  • Federico Brito Figueroa: Historia economica y social de Venezuela. 2 Bde., Caracas 1966.
  • José Gil Fortoul: Historia constitucional de Venezuela. 5. Aufl., 2 Bde., Piñango, Caracas 1967.
  • John J. Johnson: Simón Bolívar and Spanish American Independence 1783-1830. Krieger Pub., Malabar, Fla. 1992 (=1968), ISBN 0-89464-687-7.
  • Guillermo Morón: A History of Venezuela. London 1964.
  • Michael Zeuske: Von Bolívar zu Chávez. Die Geschichte Venezuelas. Rotpunktverlag, Zürich 2008, ISBN 978-3-85869-313-6. (Rezension)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Barbara Ann Kipfer: Encyclopedic Dictionary of archaeology. New York: Kluwer Academic/Plenum 2000, ISBN 0-30646-158-7
  2. Kipfer 2000, p. 172.
  3. Silverman, Helaine; Isbell, William (Eds.) (2008): Handbook of South American Archaeology 1st ed. 2008. Corr. 2nd printing, XXVI, 1192 p. 430 .ISBN 978-0-387-74906-8. Pg 433-434
  4. indianische Bezeichnung für die Maracaibo-See
  5. Zaparas ist ein dort ansässiger Indianerstamm
  6. Alexander von Humboldt: Reise in die Äquinoctial-Gegenden des neuen Continents
  7. De Oviedo y Baños, José (2004): Historia de la Conquista y Población de Venezuela. Biblioteca Ayacucho, II Edición. Seite 84
  8. Mark Häberlein, Johannes Burkhardt: Die Welser: Neue Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses. Akademie-Verlag, 2005, ISBN 3-05-003412-2.
  9. Urs Bitterli: Die Entdeckung Amerikas. München, 1991, ISBN 3-406-35467-X. St. 287-288
  10. Araujo, S.136
  11. Ferry, Robert: The colonial elite of early Caracas: formation and crisis, 1567-1767. Pág. 16
  12. Marley, David (1998): Wars of the Americas: A Chronology of Armed Conflict in the New World. 1492 to the Present. Pág. 85
  13. Hulsman, L. (2009): De Nederlandse Verkenning van Guiana (en neerlandés)
  14. Raleigh, Walter, Whitehead, Neil (1997): The discoverie of the large, rich and bewtiful empyre of Guiana. Pág 50.
  15. Salcedo-Bastardo (2004): Historia Fundamental de Venezuela. Ediciones de la Biblioteca. Caracas. 11 edición. Seiten 7-79
  16. Société de statistique, d’histoire et d’archéologie de Marseille et de Provence: Provincia: bulletin trimestriel de la Société de Statistique, d’Histoire et d’Archéologie de Marseilles et de Provence. Band 16–17, 1853, S. 342.
  17. Auswanderung aus den kanarischen Inseln
  18. Del Rey Fajardo, José: Los Jesuítas en Venezuela. Seite 226
  19. siehe spanischsprachigen Artikel Compañía Guipuzcoana
  20. Morón, S. 78.
  21. Lumbreras, Luis Guillermo: Historia de América Andina, Band III, Seite 125
  22. Ottmar Ette (Hrsg.): Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents. Insel-Verlag, Frankfurt am Main/Leipzig, ISBN 3-458-16947-4, S. 1479.
  23. Morón, S. 86
  24. Johnson 1968, S. 34f.
  25. Morón, S. 88; Gil Fortoul, Band 1, S. 177
  26. Caballero, Manuel (2006): ¿Por qué no soy un bolivariano? Una Reflexión antipatriótica. Alfadil Ediciones. Caracas. 2 Auflage. Seite 113.
  27. Bernd Marquardt: Universalgeschichte des Staates, Seite 565. ISBN 978-3-643-90004-3, abgefragt am 31. August 2011
  28. Alphabetisierungsrate 1990
  29. Bildung in Venezuela, Alphabetisierungsrate
  30. Márquez, Walter: Comandos del Crimen, la masacre de El Amparo, Fuentes Editores, Caracas, ISBN 980-6297-15-6.
  31. Caracazo Human Rights Library (Englisch)
  32. Cofavic verlangt eine unabhängige Untersuchung
  33. Putschversuch von 4. Februar 1992
  34. Eva Gollinger: Mediawar against the People
  35. Dario Azzellini: Venezuela Bolivariana, S. 36 ff.
  36. BOLETIN ELECTORAL REFERENDUM 15 DE AGOSTO DE 2.004: TOTAL PAIS.
  37. Tom Castella: The truth about European Union election observers in Venezuela
  38. [http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,607735,00.html Referenden von 2007 und 2009 (Der Spiegel)
  39. [1]
  40. Neues Referendum günstig für Chávez (Der Spiegel)
  41. Chávez sagt, seine Partei braucht keine Wahlen, um ihn als Kandidat zu bestimmen
  42. Provea kritisiert, dass Cordero als Abgeordneter kandidieren durfte

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