Günther Hermann Oettinger

Günther Hermann Oettinger
Günther Oettinger 2007

Günther Hermann Oettinger (*  15. Oktober 1953 in Stuttgart) ist ein deutscher Politiker der CDU. Er ist seit 2005 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Nach dem Abitur in Korntal absolvierte Oettinger ein Studium der Rechtswissenschaft und der Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen, welches er 1978 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Nach dem zweiten Staatsexamen 1982 war er zwei Jahre bei einem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater tätig. Seit 1984 arbeitet er als Rechtsanwalt in einer Wirtschaftsprüfer- und Anwaltskanzlei, deren Mitinhaber er seit 1988 ist.

Günther Oettinger ist seit 1994 mit Inken Oettinger geb. Stange verheiratet und hat einen Sohn. Am 9. Dezember 2007 gab das Ehepaar Oettinger seine Trennung bekannt. [1] Am 14. November 2008 stellte er Friederike Beyer, eine Veranstaltungsmanagerin aus Hamburg und dort Vorstandsmitglied in der Stiftung „Lebendige Stadt“, als seine neue Partnerin der Öffentlichkeit vor.

Partei

Junge Union

1977 gründete Oettinger in seiner Heimatstadt Ditzingen einen Ortsverband der Jungen Union. Aus dieser Zeit in der Jungen Union stammt auch seine Mitgliedschaft im sogenannten Andenpakt. Von 1983 bis 1989 war Oettinger deren Landesvorsitzender in Baden-Württemberg. Im Jahre 1988 sorgte Oettinger bundesweit für Aufsehen, als er den Rücktritt des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl forderte.

Erneut für Aufsehen sorgte Oettinger 1989 als Landesvorsitzender der Jungen Union mit der Forderung, das Motorradfahren auf öffentlichen Straßen aus Sicherheitsgründen zu verbieten, die er in einem Interview mit der Zeitschrift Motorrad bekräftigte. In einem Interview 2006 erklärte er, die Forderung sei „unter dem Eindruck des Besuchs einer Unfallklinik entstanden“ und das Motorradfahren sei „eine schöne und reizvolle Freizeitbeschäftigung.“ [2] Im Jahr 1991 hatte Oettinger wegen Fahren mit 1,4 Promille Alkohol im Blut seinen Führerschein abgeben müssen.

CDU

Von 1977 bis 1985 war Oettinger der Vorsitzende der CDU Ditzingen. 1982 kandidierte Oettinger erfolglos um das Amt des Ditzinger Oberbürgermeisters. Trotz der Unterstützung der CDU schied er mit rund 20 Prozent der Wählerstimmen bereits im ersten Wahlgang aus. Gewählt wurde letzten Endes der ehemalige Hirschlander Bürgermeister Alfred Fögen, der wegen der Oettinger-Kandidatur aus der CDU ausgetreten war. Von 2001 bis 2005 war Oettinger Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Nordwürttemberg. Außerdem ist Oettinger seit 1999 Vorsitzender des Bundesfachausschusses für Medienpolitik der CDU.

Im März 2004 kündigte Oettinger seinen Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg an. Ministerpräsident Erwin Teufel kündigte im Oktober 2004 an, zum 19. April 2005 seine Ämter als Landesvorsitzender der CDU und Ministerpräsident aufzugeben.

Oettinger wurde durch eine Mitgliederbefragung, deren Ergebnis am 2. Dezember 2004 verkündet wurde, zum Spitzenkandidaten der CDU für die Landtagswahl 2006 gewählt. Seine Konkurrentin, die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan, die von Erwin Teufel favorisiert wurde, hatte nach der Niederlage bei der Mitgliederbefragung den Verzicht auf ihre Kandidatur bekannt gegeben.

Am 29. April 2005 wurde Oettinger auch zum Landesvorsitzenden der CDU Baden-Württemberg gewählt.

Abgeordneter

Von 1980 bis 1994 gehörte Oettinger dem Gemeinderat in Ditzingen an. Hier war er auch ab 1982 Vorsitzender der CDU-Fraktion.

Seit 1984 ist er Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg. Dort war er vom 29. Januar 1991 bis zum 21. April 2005 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion.

In der sogenannten „Pizzeria-Affäre“ wurde bekannt, dass auf einer Aufzeichnung des Verfassungsschutzes eines unter Mafia-Verdacht stehenden Wirtes auch die Stimme Oettingers zu hören ist. Da der Wirt mit Oettinger befreundet war, wurde der Verdacht geäußert, dass Oettinger unwissentlich Geheimnisse an die Mafia verraten hätte. Das konnte er jedoch später glaubhaft widerlegen. Ein Untersuchungsausschuss kam 1994 nach der sogenannten Pizzeria-Affäre zu dem Ergebnis, Oettinger habe sich nicht des Verrats von Dienstgeheimnissen schuldig gemacht.

Oettinger konnte sich stets als Direktkandidat im Wahlkreis Vaihingen (Enz) durchsetzen - bei der Landtagswahl 2006 erreichte er 45,3 % der Stimmen.

Öffentliche Ämter

Am 21. April 2005 wurde Oettinger vom Landtag mit den Stimmen von CDU und FDP zum Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg gewählt. Oettinger setzte 2005 die Einführung von Studiengebühren an den Hochschulen und Berufsakademien ab dem Sommersemester 2007 durch. In der Schulpolitik setzte sich Oettinger für das dreigliedrige Schulsystem bei gleichzeitig hoher Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Schulformen sowie den flächendeckenden und bedarfsgerechten Ausbau von Ganztagesschulen ein.

Günther Oettinger im Wahlkampf 2006

Bei der Landtagswahl am 26. März 2006 konnte die von ihm geführte Schwarz-Gelbe Koalition ihre Mehrheit behaupten, wobei die CDU die absolute Mehrheit mit nur einer Abgeordnetenstimme verfehlte. Der Landtag wählte ihn am 14. Juni 2006 mit 85 Stimmen erneut zum Ministerpräsidenten und Chef der Landesregierung.

Im September 2006 kündigte Oettinger an, mittelalterliche Handschriften und Inkunabeln aus Beständen der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe im Wert von bis zu 70 Millionen Euro zugunsten des Hauses Baden verkaufen zu wollen. Wissenschaftler und wissenschaftliche Organisationen aus aller Welt reagierten auf dieses Vorhaben mit großer Empörung und bezeichneten es u. a. als „beispiellosen Akt der Barbarei“.[3]

Im Bereich des öffentlichen Verkehrs einigten sich Oettinger, Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Bahnchef Hartmut Mehdorn am 19. Juli 2007 bei den Verhandlungen über die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm und das Projekt Stuttgart 21 (die Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart). Bei voraussichtlichen Kosten von rund zwei Milliarden Euro für die Neubaustrecke erklärte sich Baden-Württemberg bereit, bis 2016 insgesamt 950 Millionen Euro zu investieren.

Kritik

Günther Oettinger in Bopfingen, CDU Neujahrsempfang, 2009

„Sprachpanscher des Jahres“

2005 wurde Oettinger von der Zeitschrift Deutsche Sprachwelt als „Sprachsünder“ angeprangert und 2006 vom Verein Deutsche Sprache zum „Sprachpanscher des Jahres“ gewählt. Anlass waren seine Äußerungen in einem SWR-Interview im November 2005: „Englisch wird die Arbeitssprache. Deutsch bleibt die Sprache der Familie und der Freizeit, die Sprache, in der man Privates liest.“

Filbinger-Trauerrede

Für sehr heftige öffentliche Kritik sorgte Oettinger am 11. April 2007 mit seiner Trauerrede beim Staatsakt im Freiburger Münster zum Begräbnis von Hans Filbinger, einem seiner Vorgänger im Amt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten, der 1978 nach öffentlichem Druck zurückgetreten war. Oettinger hatte in dieser Rede ausgeführt:

„Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes. […] Es bleibt festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte.“ [4]

Oettinger wurde dafür von verschiedener Seite öffentlich kritisiert, u.a. vom Dramatiker Rolf Hochhuth,[5] der seinerzeit den Skandal, der zum Rücktritt Filbingers führte, an die Öffentlichkeit gebracht hatte, vom Zentralrat der Juden in Deutschland und von Bundeskanzlerin Angela Merkel.[6] Rufe nach einer Entschuldigung und Rücktrittsforderungen wurden laut. Oettinger verteidigte seine Äußerungen zunächst in einem offenen Brief[7] und sagte: „Meine Rede war öffentlich, ernst gemeint, und die bleibt so stehen.“ Er habe auch viel Zustimmung und Lob erhalten.[8][9] Am 16. April erklärte Oettinger dann, dass er sich von seinen eigenen Äußerungen distanziere.[10]

Äußerungen zum Thema Krieg

Während einer Veranstaltung der Studentenverbindung Ulmia in Tübingen am 29. Januar 2007 äußerte sich Oettinger über die Wettbewerbsituation in Deutschland: „In einer Wohlstandsgesellschaft gibt es weniger Dynamik als in den Aufbaujahren nach dem Krieg. Wir sind in der unglaublich schönen Lage, nur von Freunden umgeben zu sein. Das Blöde ist, es kommt kein Krieg mehr. Früher, bei der Rente oder der Staatsverschuldung haben Kriege Veränderungen gebracht. Heute, ohne Notsituation, muss man das aus eigener Kraft schaffen.“[11]

Weitere umstrittene Äußerungen

Bei einem Neujahrsempfang der CDU in Markgröningen (Wahlkreis) am 8. Januar 2008 sagte Oettinger, dass das „Scheiß-Privatfernsehen eine Mitschuld an der zunehmenden Gewaltbereitschaft von Jugendlichen habe. Konkret nannte er die Sender Super RTL und RTL II, die sich heftig gegen die Angriffe wehren.[12]

Sonstiges

  • Während seines Studiums wurde Oettinger Mitglied der schlagenden Studentenverbindung Landsmannschaft Ulmia zu Tübingen.
  • Oettinger war einer Tradition baden-württembergischer Ministerpräsidenten folgend Mitglied des rechtskonservativen Studienzentrums Weikersheim, ließ seine Mitgliedschaft nach Kritik im Zuge der „Filbinger-Affäre“ jedoch zunächst ruhen und beendete sie am 22. Mai 2007, weil die Mitgliedschaft keinen Bezug zum Amt des Ministerpräsidenten habe und das Studienzentrum nicht originär Landesinteressen diene.[13][14]

Siehe auch

Quellen

  1. n-tv:Oettingers trennen sich
  2. Motorrad vom 17. März 2006, Seite 8
  3. Offener Brief; Pressemitteilung der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom 28. September 2006; Offener Brief des Verbands Deutscher Kunsthistoriker e. V. vom 28. September 2006; Offener Brief mit über 2500 Unterzeichnern aus der Fachwelt`` vom 28. September 2006; Leserbrief von 19 internationalen Kunsthistorikern, F.A.Z. vom 28. September 2006, Nr. 226/Seite 44
  4. Oettingers Ansprache beim Staatsakt am 11. April 2007 (PDF, 59 kB) − Die Ansprache war von dem Redenschreiber Michael Grimminger entworfen worden.
  5. Oettinger muss sich Inkompetenz vorhalten lassen, Handelsblatt (Online-Ausgabe) vom 12. April 2007.
  6. Merkel schließt sich Kritik an Oettinger an. Reuters, 13. April 2007.
  7. Günther Oettinger: Offener Brief an die Kritikerinnen und Kritiker meiner Trauerrede zu Hans Filbinger. Stuttgart, 14. April 2007 (PDF, 21 kB).
  8. Oettinger steht zu umstrittener Trauerrede. Netzeitung, 12. April 2007.
  9. „Oettinger muss seine Äußerungen zurücknehmen.“ Süddeutsche Zeitung, 13. April 2007.
  10. Oettingers Weltsicht Süddeutsche Zeitung vom 17.04.2007
  11. Auf die Frage, ob Deutschland im weltweiten Wettbewerb mithalten könne, zitiert in der Stuttgarter Zeitung Nr. 25/2007 vom 31. Januar 2007
  12. Süddeutsche Zeitung: Privatfernsehen und Jugendkriminalität - Die Mixtur des Grauens 10. Januar 2008
  13. queer.de: Homophobie: Kritik an Oettinger, 20. April 2007
  14. swr.de: Oettinger geht auf Distanz zu Studienzentrum, 20. April 2007

Weblinks


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