Johannes Dyba

Johannes Dyba
Johannes Dyba, 1995

Johannes Dyba (* 15. September 1929 in Berlin; † 23. Juli 2000 in Fulda) war ein römisch-katholischer Theologe und Diplomat. Von 1983 bis zu seinem Tode war er Bischof von Fulda, von 1990 bis zum Juli 2000 außerdem auch Militärbischof der Bundeswehr.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ausbildung

Johannes Dyba wurde als drittes von vier Kindern des Lehrerehepaares Felix und Johanna Dyba, geb. Brüll, in Berlin-Wedding geboren und in der Pfarrkirche St. Georg in Berlin-Pankow getauft. Er besuchte in Berlin-Tegel die Volksschule und Oberrealschule für Jungen. 1941 wechselte er aufgrund der wachsenden Kriegsgefahr an die Oberrealschule in Heiligenstadt (Eichsfeld), wo er nach verschiedenen Unterbrechungen bis zum Abitur im Jahr 1947 blieb. Nach der bestandenen Reifeprüfung floh er über die Zonengrenze nach Fulda. In Bamberg studierte er Rechts- und Staatswissenschaften an der Philosophisch-Theologischen Hochschule. Hier wurde er am 14. Mai 1949 bei der Katholischen Deutschen Studentenverbindung Fredericia im CV als Urmitglied aufgenommen. Schon seit seiner Gymnasialzeit engagierte sich Dyba in der Politik. Er gehörte dem Allgemeinen Studentenausschuss an und hielt im Wahlkampf 1948 Reden für die neu gegründete CSU. Im Rahmen des Demokratieförderprogramms der amerikanischen Regierung erhielt Dyba im Jahr 1949 ein Stipendium an der Duke University in Durham in den Vereinigte Staaten, im folgenden Jahr wechselte er zur University of Denver.

Nach seiner Rückkehr immatrikulierte er sich an der Universität Heidelberg, wo er im Jahr 1952 das erste juristische Staatsexamen ablegte. Seinen politischen Interessen ging er dort als Mitglied des Bundesvorstandes und zeitweilig als Pressereferent des RCDS nach. Zudem war er Mitglied der Katholischen Deutschen Studentenverbindung Arminia zu Heidelberg im CV.

Im Sommer 1953 trat er, mit dem Ziel Priester zu werden, in das Kölner Diözesankonvikt Albertinum in Bonn ein und nahm an der Universität seine theologischen Studien auf. Im folgenden Jahr wurde er mit einer Arbeit über den Einfluss des Krieges auf die völkerrechtlichen Verträge an der Universität Heidelberg zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Nach Abschluss des Theologiestudiums wurde er 1957 in das Kölner Priesterseminar in Bensberg aufgenommen und empfing am 2. Februar 1959 im Kölner Dom durch Josef Kardinal Frings die Priesterweihe.

Diplomatenkarriere

Nach einem kurzen pastoralen Einsatz in Köln-Junkersdorf wurde er Kaplan in Wuppertal-Barmen. Im September 1960 wurde er zum Dienst an der römischen Kurie freigestellt, die im Zuge des konziliaren aggiornamento internationalisiert werden sollte. Dyba nahm in Rom das Studium der Kanonistik an der Päpstlichen Lateranuniversität auf und absolvierte die Päpstliche Diplomatenakademie. Im Jahr 1962 beschloss er seine kirchenrechtlichen Studien mit der Promotion zum Doctor iuris utriusque. Seine Dissertation behandelte die Frage nach den Gründen für die einseitige Aufhebung von internationalen Verträgen und Konkordaten.

Als Diplomat des Heiligen Stuhls war Dyba zunächst Attaché in der deutschsprachigen Abteilung der damaligen zweiten Sektion des Staatssekretariates und avancierte später zu deren Leiter. Am 1. Juli 1966 verlieh ihm Papst Paul VI. den Ehrentitel Überzähliger Geheimkämmerer Seiner Heiligkeit[1] (Monsignore). Im Zuge der nachkonziliaren Kurienreform von Papst Paul VI. wurde Dyba in den Außendienst versetzt: 1967 berief man ihn an die Apostolische Nuntiatur in Buenos Aires, ein Jahr später wechselte er als Botschaftssekretär nach Den Haag. 1968 wurde er offizielles Mitglied im Rat der römischen Kurie für Außenbeziehungen. Im Sommer 1972 wurde er als uditore an die Nuntiatur nach Kinshasa versetzt, wo er in einer kirchenpolitisch schwierigen Lage nach der Abberufung des Nuntius interimistischer Geschäftsträger wurde. 1974 erfolgte eine Versetzung als Nuntiaturrat nach Kairo. Am 29. Januar 1976 verlieh ihm Paul VI. den Titel Ehrenprälat Seiner Heiligkeit.[2]

Nach zehnjährigem diplomatischem Außendienst wurde Dyba im Jahr 1977 nach Rom zurückberufen und zum Vizesekretär der Päpstlichen Kommission iustitia et pax bestellt. Am 25. August 1979 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Apostolischen Pronuntius in Liberia und Gambia sowie zum Apostolischen Delegaten für Guinea und Sierra Leone. Gleichzeitig wurde er zum Titularerzbischof von Neapolis in Proconsulari bestimmt, und am 13. Oktober 1979 empfing er durch Kardinalstaatssekretär Agostino Casaroli im Kölner Dom die Bischofsweihe. Die Mitkonsekratoren waren Joseph Kardinal Höffner und Duraisamy Simon Kardinal Lourdusamy (Indien). Sein Amtssitz wurde Monrovia (Liberia).

Bischof von Fulda

1983 wurde Dyba nach der Resignation des Fuldaer Bischofs Eduard Schick vom dortigen Domkapitel zu dessen Nachfolger gewählt. Am 4. Juni 1983 ernannte ihn der Papst unter Beibehaltung des persönlichen Titels eines Erzbischofs zum Bischof von Fulda. Am 4. September wurde er in sein Amt eingeführt. Sein Wahlspruch war Filii Dei Sumus (Wir sind Kinder Gottes). Innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz leitete Dyba von 1983 bis 1989 die Arbeitsgruppe für das neue Kirchenrecht und gehörte der Kommission Weltkirche an. Am 30. November 1990 wurde er zusätzlich mit dem Amt des Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr betraut. In dieser Eigenschaft war er von 1991 bis 1999 Mitglied des Zentralbüros für die Militärordinariate in Rom. Ferner war er ab 1993 Mitglied in der römischen Kongregation für die Bischöfe. 1994 wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Dyba erlag im Schlaf dem Herztod und wurde in der Johanneskapelle des Doms zu Fulda beigesetzt.

Privates

Dyba war ein leidenschaftlicher Ansichtskartensammler.[3][4] Seine umfangreiche Sammlung lithografischer deutscher Ansichtskarten erbrachte nach seinem Tod bei mehreren Auktionen in den Jahren von 2001 bis 2005 über 500.000 EUR.[5]

Kontroversen

Dyba galt innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz als einer der konservativsten Repräsentanten der katholischen Kirche in Deutschland. Er galt als kompromissloser Kämpfer gegen die von der rot-grünen Bundesregierung geplante Gleichstellung homosexueller Partnerschaften.[6] In diesem Zusammenhang bezeichnete Dyba in einem Gastbeitrag für den SpiegelHomosexualität als eine Degeneration“ und fügte an, „importierte Lustknaben“ hätten keinen Anspruch auf die Fürsorge der Gemeinschaft.[7] Besonderes Echo, auch innerhalb der katholischen Kirche, verursachte im September 1993 sein Entschluss, aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung auszusteigen. Er bezeichnete den für straffreie Abtreibung nach dem Gesetz benötigten Beratungsschein als „Lizenz zum Töten“.[8]

Kritiker warfen Dyba vor, zu lax mit Geistlichen umzugehen, die in den Verdacht des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger geraten waren[9]. – Siehe auch „Sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche“.

Posthume Rezeption

Dybas früher und unerwarteter Tod fand ein großes Medienecho. Zum Beispiel schrieb die Katholische Kirchenzeitung für das Erzbistum Berlin: Dyba führte als gebürtiger Berliner in seinem bischöflichen Wappen keinen Teddy, sondern einen Bären und erwies sich oft genug als solcher. In der Bischofskonferenz galt er manchen als „enfant terrible“, die zugleich froh waren, dass er sagte, was sie so deutlich nicht zu sagen wagten; anderen galt er als das Salz in der Suppe. Für die Medien gab es kein Thema, zu dem sie neben, ja oft sogar vor dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz nicht auch Johannes Dyba hören wollten.

Dyba war so häufig wie kein zweiter Bischof in den Medien präsent, weil sich andere Hirten davor drückten. In ihm vernahmen Fernsehen, Radio und Zeitungen nicht nur eine Stimme, sondern einen Begeisterten aus Fleisch und Blut, ein Original. Es sprach ein Mann, der manches zurücknehmen und sich bisweilen entschuldigen musste, aber das auch konnte, und dem nach seinem Tod verbale Fehltritte verziehen wurden, weil man nicht nur seine klare Haltung, sondern seine Person und sein Berliner „Herz mit Schnauze“ vermisste.[10]

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung charakterisieierte 2010 Dyba so: Die Rolle des agent provocateur der Bischofskonferenz und des Lieblingsgegners des juste milieu in den Medien und der Politik füllte Dyba bis zu seinem frühen Tod allein aus.[11]

Werke

  • Der Einfluss des Krieges auf die völkerrechtlichen Verträge. Heidelberg, Diss. iur. 1954, XIV [masch.]
  • Die Gründe für die einseitige Aufhebung von internationalen Verträgen und Konkordaten. Rom, Diss. iur. utr., Lateran-Univ. 1962 [masch.]
  • Das Wort des Bischofs. In: Bonifatiusbote. Kirchenzeitung für das Bistum Fulda, 1986–2000
  • Geistige Grundlagen der europäischen Einigung. Melle, 1988
  • Karl Lehmann, Johannes Dyba: Zu den künftigen Aufgaben der Streitkräfte. Bonn, Kath. Militärbischofsamt, 1992
  • Werner Kathrein (Hrsg.): Worte in die Zeit. Predigten, Ansprachen, Beiträge, im Auftr. d. Bischöfl. Domkapitels. Frankfurt am Main, 1994

Literatur

  • Gotthard Klein, Monica Sinderhauf: „Unverschämt katholisch“. Erzbischof Johannes Dyba (= Quaestiones non disputatae, Band VI., hrsg. v. Ulrich-Paul Lange), Siegburg 2002
  • Ludwig Schick: Artikel Johannes Dyba. In: Lexikon für Theologie und Kirche (LThK3), 3. Auflage, Band 11, Sp. 65
  • Erwin Gatz: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1945–2001. Berlin, 2001, S. 231–233
  • Werner Kathrein (Hrsg.): Kinder Gottes sind wir. Zum Gedenken an Erzbischof Johannes Dyba. Bischof von Fulda 1983–2000. (im Auftr. des Bischöfl. Domkapitels), Fulda, 2001
  • Michael Schwab, Bea Nolte-Schunck (Hrsg.): Mit Bonifatius verbunden - den Menschen zugetan. Zur Erinnerung an Leben und Wirken von Erzbischof DDr. Johannes Dyba und Bischof Prof. Dr. Dr. h. c. Eduard Schick. (= Dokumentationen zur Stadtgeschichte Fulda 21), Petersberg/Fulda, 2001
  • Jürgen Nabbefeld (Hrsg.): „Meinen Frieden gebe ich Euch“. Aufgaben und Alltag der Katholischen Militärseelsorge. Festschrift für den Katholischen Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr Erzbischof Dr. Dr. Johannes Dyba Bischof von Fulda, Köln 1999
  • Jürgen Nabbefeld (Hrsg.): In Respekt und Dankbarkeit. Der 70. Geburtstag von Erzbischof Dr. Dr. Johannes Dyba, Bischof von Fulda, Katholischer Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr, am 15. September 1999. Bonn, 1999
  • Josef Leinweber: Fuldaer Äbte und Bischöfe. Frankfurt am Main, 1989, S. 187f.
  • CV-Handbuch. Hrsg. v. der Gesellschaft für Studentengeschichte und studentisches Brauchtum e. V., 3. Aufl., Regensburg 2000, S. 542f.
  • Johannes Kreuzenbeck: Johannes Dyba. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 22, Nordhausen 2003, ISBN 3-88309-133-2, Sp. 292–300.
  • Martin Gehlen: Erzbischof Dyba gestorben: Der Poltergeist des Herrn. In: Der Tagesspiegel. 23. Juli 2000

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Annuario Pontificio per l’anno 1968, Città del Vaticano 1968, S. 1568.
  2. Annuario Pontificio per l’anno 1977, Città del Vaticano 1977, S. 1726.
  3. vgl. Uta Rasch: Die Leidenschaft des Erzbischofs. Johannes Dyba und seine Sammlung aus ungezählten Ansichtskarten. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 6. Juni 1999, S. 16
  4. AK Express Nr. 101, S. 6
  5. vgl. AK Express Nr. 123, S. 28
  6. Trauer in Fulda: Bischof Dyba gestorben. In: RP-Online, 23. Juli 2000 (abgerufen 8. Februar 2010)
  7. Importierte Lustknaben. In: Der Spiegel. Nr. 28, 2000 (Der Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba über das rot-grüne Gleichstellungsgesetz, online).
  8. Dyba lehnt Rückkehr zur Schwangerenberatung ab. In: Berliner Zeitung, 13. Juni 1998 (abgerufen 8. Februar 2010)
  9. Die Sünden des Bischofs Dyba – Mißbrauchte Meßdiener, verantwortungslose Kirchenfürsten. ARD-Panorama-Beitrag vom 5. Dezember 1996, moderiert von Joachim Wagner (abgerufen 8. Februar 2010)
  10. zitiert nach die-tagespost.de vom 23. Juli 2002
  11. Provokateur mit wenig Geschick. In: FAZ.NET, 14. April 2010


Vorgänger Amt Nachfolger
Eduard Schick Bischof von Fulda
1983–2000
Heinz Josef Algermissen
Elmar Maria Kredel Militärbischof für die Bundeswehr
1990–2000
Walter Mixa

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