Kilo-Klasse

Kilo-Klasse
Iranian kilo class submarine.jpg
Daten
Herkunftsland Sowjetunion / Russland
Typ Dieselelektrisches
Patrouillen-U-Boot
Erste Einheit fertiggestellt 1980
Bauwerften Komsomolsk am Amur

Admiralitätswerft, Sankt Petersburg
Nischni Nowgorod
Sewerodwinsk

Technische Daten
Länge Projekt 877: 72,6 m

Projekt 636: 73,8 m

Breite 9,9 m
Tiefgang 6,6 m
Verdrängung (aufgetaucht) Projekt 877: 2300 t

Projekt 636: 2350 t

Verdrängung (getaucht) Projekt 877: 3076 t

Projekt 636: 3126 t

Höchstgeschwindigkeit

(über Wasser)

Projekt 877: 10 kn

Projekt 646: 11 kn

Höchstgeschwindigkeit

(unter Wasser)

Projekt 877: 17 kn

Projekt 636: 20 kn

Max. Tauchtiefe ca. 300 m
Besatzung 39–60 Mann
Antrieb 2 Dieselaggregate, je 2685 kW
1 Elektromotor, 4045 kW
Bewaffnung 6 Bugtorpedorohre 533 mm mit wahlweise 18 Torpedos oder Klub-S-Lenkwaffen (nur Projekt 636) oder 24 Minen

Das Projekt 877 Paltus (russisch Палтус, dt. Heilbutt), von der NATO mit dem Codenamen Kilo- oder Kilo-I-Klasse bezeichnet, und das verbesserte Projekt 636 Warschawjanka (russisch Варшавянка), von der NATO Improved Kilo oder Kilo-II-Klasse genannt, stellen einen Typ ursprünglich sowjetischer Jagd-U-Boote aus den 1980er-Jahren dar. Oft werden beide Varianten unter dem Begriff Kilo-Klasse zusammengefasst, was auch in diesem Artikel geschehen soll. Boote beider Varianten befinden sich bis heute bei der russischen Marine im Einsatz. Zudem entwickelte sich die Kilo-Klasse mit 37 an sieben verschiedene ausländische Marinen verkauften Booten zu einem Exporterfolg. Für die Zukunft ist sowohl bei der russischen Marine als auch im Export ein Ersatz durch Boote des Projekts 677 Lada / Amur geplant.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das erste Exportboot, die polnische ORP Orzeł

Nach den Projekten 641 und 641B Som, die jeweils Weiterentwicklungen des Vorgängertyps waren, stellte die Kilo-Klasse eine komplette Neuentwicklung dar. Diese letzte Entwicklung konventionellen sowjetischen U-Boot-Baus wurde in den 70er-Jahren vom Designbüro Rubin entwickelt und ab 1980 auf verschiedenen Werften gebaut. Das bereits Ende 1980 fertiggestellte Typboot wurde 1982 in Dienst gestellt; je nach Quelle wurde das zweite Boot der Klasse jedoch bereits im Jahr 1981 in Dienst gestellt. Insgesamt wurden 24 Boote für die Russischen Marine gebaut, wovon heute je nach Quelle noch 16 oder 17 Boote in Dienst stehen. Diese verteilen sich auf die Pazifik-, die Nord- und die Schwarzmeerflotte sowie die Baltische Flotte. Ein Teil der Boote wurden dabei in den leicht verbesserten Versionen 887K mit einer verbesserten Feuerleitanlage und 877M mit der Möglichkeit zum Einsatz drahtgelenkter Torpedos gefertigt.

Ab 1985 wurden zudem erste Boote an Exportkunden ausgeliefert. Dazu zählten die Lieferungen von je einem Boot an die Warschauer-Pakt-Staaten Polen und Rumänien. Während die ORP Orzeł bis heute bei der polnischen Marine zur See fährt, ist die Delfinul der rumänischen Marine seit 1995 inaktiv. In den Jahren 1986 bis 1991 wurden außerdem entsprechend eines bereits im Jahre 1980 geschlossenen Vertrages acht Boote an die indische Marine abgeliefert, wo sie als Sindhughosh-Klasse bis heute in Dienst stehen. Zwei weitere Boote wurden 1986 respektive 1987 an Algerien abgeliefert. Anfangs der 90er-Jahre konnten zudem der Iran und die Volksrepublik China als Kunden gewonnen werden, welche drei respektive zwei Boote abnahmen. In den Jahren 1997 und 2000 erhielt die indische Marine noch je ein weiteres Boot. Die meisten dieser Exportboote entsprechen dem Projekt 877EKM, wobei das E für Export und KM für die bereits bei der russischen Marine auf späteren Booten eingeführten Verbesserungen steht. Nicht ganz klar ist die Einordnung der Orzeł und der Deflinul, die je nach Quelle entweder dem Projekt 8777E noch ohne die Verbesserungen oder bereits dem Projekt 877EKM entsprechen. Bei den beiden letzten indischen Booten, vor allem aber beim zweiten wurden Verbesserungen eingeführt, welche über das ursprüngliche Projekt 877EKM hinausgehen. Trotzdem werden sie meist noch nicht zum Projekt 636 gezählt. Die älteren acht Boote wurden ab 1997 auf russischen Werften auf diesen Stand aufgerüstet. Dabei wurde insbesondere das verbesserte Sonar des Projekts 636 (MGK-400EM statt MGK-400), der Klub-S-Raketenkomplex (NATO Codename: SS-N-27 Sizzler) und ein neuer in Deutschland entwickelter, aber in Indien gebauter Batterietyp eingerüstet.[1]

Das zweite chinesische Boot der Kilo-Klasse auf dem absenkbaren Schwerlasttransporter SS Sea Team am 15. Oktober 1995

Im Jahr 1996 bestellte die chinesische Marine als Erstkunde zwei Boote des in vielen Punkten verbesserten Projekts 636, im Westen als Kilo II oder Improved Kilo bezeichnet. Diese Boote sollen insbesondere die folgenden Verbesserungen aufweisen:

  • Stärkere Antriebsanlage für höhere Unterwassergeschwindigkeiten
  • Höhere Ausdauer im Dieselbetrieb
  • Verbesserte elektronische Komponenten
  • Verbesserte Sensoren (u.a. MGK-400EM Sonar anstatt MGK-400 Rubikon Sonar)
  • Reduzierte Schallabstrahlung
  • Möglichkeit zum Einsatz von Seezielflugkörpern vom Typ Klub-S

Im Jahr 2002 bestellte die chinesische Marine weitere acht Boote dieses Typs für rund 1,5 bis 1,6 Milliarden US-$. Diese Boote wurden in den Jahren 2004 bis 2006 fertig gestellt und in den Jahren 2005 bis 2006 in Dienst gestellt. Insgesamt besitzt die Volksrepublik China somit zwölf Boote der Kilo-Klasse. Seit 1999 wurden in China zudem eine zweistellige Anzahl Boote der Song- und der weiterentwickelten Yuan-Klasse in Dienst gestellt, deren Design wohl stark von der Kilo-Klasse beeinflusst wurde.

Mitte 2006 bestellte zudem Algerien zwei Boote des Projekts 636, welche im Jahr 2009 geliefert wurden.[2] Insgesamt besitzt Algerien somit vier Boote der Kilo-Klasse. Zu den weiteren Kunden zählt außerdem die Russische Marine, die drei Boote bestellte, wovon das erste im Jahr 2010 auf Kiel gelegt wurde. Als bislang letzter Kunde konnte schließlich die vietnamesische Marine gewonnen werden, welches im Dezember 2009 einen Kaufvertrag über sechs Boote unterschrieb.[3][4] Ab 2013 soll dabei jährlich ein Boot geliefert werden.[5] Bisher nicht in einen konkreten Vertrag umgesetzt werden konnte hingegen die Absichtserklärung Indonesiens zwei U-Boote zu erwerben.[6] Ebenfalls im Sand verlaufen sind die Verhandlungen über den Verkauf von sechs U-Booten an Venezuela. Die Verhandlungen über zwei Boote für Libyen und vier Boote für Ägypten sind bislang nicht über das Anfangsstadium hinaus gekommen.

Technik

Die INS Sindhurakshak (S63) im Hafen von Mumbai.

Die Kilo-Klasse ist eine konventionell angetriebene U-Boot-Klasse mit einem vielfältigen Fähigkeitenspektrum. Hierzu zählen insbesondere die Bekämpfung von U-Booten und Überwasserschiffen, das Legen von Minen sowie Patrouillen- und Überwachungsaufgaben.

Als erstes konventionell getriebenes Serienboot aus sowjetischer Produktion ist die Kilo-Klasse nach der Tropfenform gestaltet. Dies erhöht die Unterwassergeschwindigkeit und senkt den Geräuschpegel. Der Antrieb erfolgt im Gegensatz zu den Vorgängerklassen mit nur noch einer anstelle von drei dieselelektrisch angetriebenen Schrauben, was die Effizienz und die Geräuschentwicklung verbessert. Angetrieben wird diese einzige Welle von einem 5500 PS starken Elektromotor. Dieser wiederum wird bei Unterwasserfahrt von den Batterien, bei Schnorchel- oder Überwasserfahrt von zwei Dieselmotoren mit angeschlossenen Generatoren gespeist. Der Rumpf ist als Zweihüllenrumpf ausgelegt. Dabei ist der innere Rumpf, der wiederum in sechs wasserdichte Abteilungen unterteilt ist, der Druckrumpf, während sich zwischen den beiden Rümpfen die Wassertanks zur Regulierung des Auftriebs befinden. Wie bereits beim Projekt 641B ist die gesamte Haut mit einer Gummischicht überzogen, die die Ortbarkeit durch Sonar reduzieren soll. Am Heck befindet sich ein T-förmiges Leitwerk. Konkret gibt es lediglich ein nach unten gerichtetes Seitenruder sowie auf beiden Seiten ein Höhenruder. Zwei weitere, ausfahrbare Höhenruder befinden sich vor dem Turm.

Die Bewaffnung besteht bei allen Booten der Kilo-Klasse aus sechs Torpedorohren, welche in zwei Reihen von je drei Rohren übereinander im Bug angeordnet sind. Mit Hilfe einer automatischen Schnellladevorrichtung kann binnen fünf Minuten nachgeladen werden. Zusätzlich zu den sechs vorgeladen Torpedos können zwölf weitere Torpedos mitgeführt werden, was insgesamt 18 Waffen ergibt. Alternativ können bis zu 24 Seeminen an Bord genommen werden, welche ebenfalls durch die Torpedorohre ausgestossen werden. Die Boote der Projekte 877M, 877EKM und 636 sind zudem in der Lage durch zwei der Rohre drahtgelenkte Torpedos einzusetzen, was die Präzision der Waffen erhöht. Die Boote des Projekts 636 sowie die nachgerüsteten indischen Boote des Projekts 877EKM sind zudem befähigt Klub-S Seezielflugkörper einzusetzen. Von diesen ebenfalls durch die Torpedorohre ausgestossenen Waffen werden üblicherweise vier Stück in Ergänzung zu 14 Torpedos mitgeführt.

Vergleichbare Typen

Die Kilo-Klasse zählte bei der Indienststellung in den 1980er-Jahren zu den leisesten und größten konventionellen U-Booten der Welt. Ein direkt vergleichbares westliches Muster gab es nicht. Am ehesten vergleichbar waren die jedoch deutlich kleineren Boote vom Typ A 90B Agosta sowie die größte Varianten der Klasse 209, der Typ 209/1500. Eher vergleichbar dürften die rund ein Jahrzehnt später entwickelten Boote der Upholder- und der Collins-Klasse sein. Auf den Exportmärkten konnte die Kilo-Klasse dieser Konkurrenz gegenüber einen erheblichen Anteil erobern, was vor allem auf das gute Preis-Leistungs-Verhältnis und die im Vergleich zu westlichen Staaten sehr lockeren Exportbeschränkungen zurückzuführen sein dürfte. Aus rein technologischer Sicht dürfte die Kilo-Klasse mit den neuesten westlichen Entwicklungen mit Außenluftunabhängigem Antrieb – und entsprechendem Preis – wie der Scorpène-Klasse, der U-Boot-Klasse 212 A oder U-Boot-Klasse 214 nicht gewachsen sein, weshalb in Russland derzeit am komplett neuentwickelten Projekt 677 Lada/Amur gearbeitet wird.

Einzelnachweise

  1. http://www.defenseindustrydaily.com/return-to-sender-india-rejects-kiloklub-sub-missile-upgrades-04581/
  2. http://www.defenseindustrydaily.com/algerian-arms-deal-brings-russia-75-billion-gas-market-leverage-02024/
  3. http://rusnavy.com/news/navy/index.php?ELEMENT_ID=9667
  4. http://de.rian.ru/safety/20090427/121324567.html
  5. http://rusnavy.com/news/navy/index.php?ELEMENT_ID=10685
  6. http://www.defenseindustrydaily.com/Vietnam-Reportedly-Set-to-Buy-Russian-Kilo-Class-Subs-05396/

Siehe auch

Weblinks


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