- Atze Brauner
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Artur „Atze“ Brauner (* 1. August 1918 in Łódź, Polen, als Abraham Brauner) ist ein Filmproduzent und Unternehmer.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Er wurde 1918 als Sohn des jüdischen Holzgroßhändlers Moshe Brauner und seiner Frau Brana im polnischen Łódź geboren. Der Vater stammte aus Kattowitz, die Mutter aus Odessa. In Łódź machte er sein Abitur. Mit jungen Zionisten reiste er 1936 in den Nahen Osten, wo die Gruppe zwei Dokumentarfilme drehte. Danach studierte er bis zum Beginn des II. Weltkrieges am Polytechnikum.
Mit seinen Eltern und vier Geschwistern flüchtete er in die Sowjetunion, wo er unerkannt überlebte. Nach Brauners Angaben fielen 49 seiner jüdischen Verwandten dem Holocaust zum Opfer. Seine Eltern wanderten nach Israel aus.
Nach vorübergehenden Plänen, in die USA auszuwandern, gründete er unterstützt von Verwandten und Freunden am 16. September 1946 in Berlin die Central Cinema Compagnie (CCC-Film). 1949 baute er seine Studios auf einem ehemaligen Fabrikgelände in Spandau-Haselhorst auf, in denen seit den ersten Dreharbeiten, im Februar 1950 für Maharadscha wider Willen, über 500 Filme, die Hälfte davon eigene Produktionen, entstanden.
Brauner versuchte sehr bald, in seinen Filmen die deutsche Nazi-Vergangenheit aufzubereiten. Der Film Morituri (1948), den er mit Unterstützung der sowjetischen Militärbehörden produzierte, wurde jedoch ein völliger Misserfolg. In den folgenden Jahren setzte Brauner deshalb mehr auf Unterhaltungsfilme, die meist dem Publikumsgeschmack entsprachen. Sein schärfster Konkurrent Horst Wendlandt, der früher bei Brauner tätig war, war seinem früheren Chef immer eine Schrittlänge voraus, was die Sicherung von Rechten von Filmstoffen betraf. So schnappte er Brauner die Verfilmungsrechte der Karl-May-Western-Stoffe weg, ebenso wie davor die Rechte an den Edgar Wallace-Büchern. Brauner musste sich dann mit den Filmen nach Stoffen von Bryan Edgar Wallace, dem Sohn von Edgar Wallace und den Karl May-Büchern nach den Orientstoffen zufriedengeben.
Nach eigener Aussage mischte Brauner sich in die Arbeit eines Regisseurs nicht ein. Nur wenn die täglichen Kopien Mängel aufgewiesen hätten, hätte er sich eingemischt.[1] Allerdings scheute sich Brauner auch nicht, notfalls den Regisseur mitten in den Dreharbeiten auszutauschen, wie beim Karl-May-Film Durchs wilde Kurdistan (1965) mit dem Regisseur Franz Josef Gottlieb geschehen, der den Drehplan in Spanien völlig überzogen hatte. Auch Brauners Vertragsverhandlungen mit Schauspielern und anderen Filmschaffenden waren berüchtigt. So verpflichtete er zum Beispiel den US-amerikanischen Schauspieler Lex Barker für einen Karl-May-Film (wieder Durchs wilde Kurdistan) und drehte dann mit ihm gleich zwei Filme (auch die Fortsetzung Im Reiche des silbernen Löwen), wollte Barker aber nur für einen Film bezahlen. Barker verlangte nun in einem Gerichtsprozess eine Nachzahlung seines Honorars in Höhe von 100.000 DM und gewann den Prozess.
Mit den Problemen von „Opas Kino“ und dem Aufkommen des Neuen deutschen Films kam Brauner in den 1970er-Jahren in erhebliche Schwierigkeiten. Brauner überwand die Probleme durch die Konzentration auf die Produktion von Filmen, die sich mit dem NS-Regime auseinandersetzten. In den Mittelpunkt rückte er immer wieder Menschen, die als Juden den Verfolgungen der Naziherrschaft ausgesetzt waren (Eine Liebe in Deutschland, Hitlerjunge Salomon).
Nach der Produktion von Hitlerjunge Salomon (1990) machte er in zahlreichen Talkshows seinem Ärger Luft, als der Film von deutscher Seite nicht für den Oscar vorgeschlagen wurde, obwohl er nach seiner Aussage bereits Zusagen aus den USA für die Preisvergabe erhalten habe und der Film auch schon mit einem Golden Globe ausgezeichnet worden war.
Der Berliner Filmproduzent ist Vater von zwei Söhnen und zwei Töchtern und lebt mit seiner Frau Maria, einer ehemaligen polnischen Fremdarbeiterin, die er am 28. Februar 1947 heiratete, in Berlin.
Ab 2004 geriet Brauners Immobilienfirma zusehends in finanzielle Schwierigkeiten, inzwischen droht die Pleite, viele seiner Häuser stehen bereits unter Zwangsverwaltung.[2][3]
Filmografie (Auswahl)
- 1948: Morituri
- 1949: Mädchen hinter Gittern
- 1950: Maharadscha wider Willen
- 1950: Epilog
- 1951: Sündige Grenze
- 1952: Der keusche Lebemann
- 1953: Hollandmädel
- 1954: Der Raub der Sabinerinnen
- 1954: Große Star-Parade
- 1955: Die Ratten
- 1955: Der 20. Juli
- 1955: Liebe, Tanz und 1000 Schlager (mit Caterina Valente und Peter Alexander)
- 1956: Du bist Musik
- 1956: Die Letzten werden die Ersten sein
- 1957: Die Unschuld vom Lande
- 1957: Siebenmal in der Woche
- 1957: Der achte Wochentag - Regie: Aleksander Ford (mit Sonja Ziemann und Zbigniew Cybulski) nach einer Novelle von Marek Hłasko
- 1957: Liebe, Jazz und Übermut
- 1958: Mädchen in Uniform
- 1958: Wehe, wenn sie losgelassen
- 1958: Der Tiger von Eschnapur - Regie: Fritz Lang
- 1958: Das indische Grabmal - Regie: Fritz Lang
- 1958: Münchhausen in Afrika
- 1959: Du bist wunderbar - Regie: Paul Martin
- 1959: Peter schießt den Vogel ab
- 1959: Ein Engel auf Erden
- 1959: Am Tag, als der Regen kam
- 1960: Die tausend Augen des Dr. Mabuse - Regie: Fritz Lang (mit Gert Fröbe)
- 1960: Der brave Soldat Schwejk - Regie: Axel von Ambesser (mit Heinz Rühmann)
- 1961: Via Mala (mit Gert Fröbe und Edith Schultze-Westrum)
- 1961: Es muss nicht immer Kaviar sein (mit O. W. Fischer und Senta Berger)
- 1961: Diesmal muss es Kaviar sein (mit O. W. Fischer und Senta Berger)
- 1961: Im Stahlnetz des Dr. Mabuse - Regie: Harald Reinl (mit Lex Barker)
- 1961: Das Geheimnis der schwarzen Koffer
- 1962: Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse (mit Lex Barker und Karin Dor)
- 1962: Ein Toter sucht seinen Mörder
- 1962: Das Testament des Dr. Mabuse
- 1962: Endstation 13 Sahara
- 1962: Sherlock Holmes und das Halsband des Todes - Regie: Terence Fisher
- 1963: Der Fluch der gelben Schlange
- 1963: Mensch und Bestie
- 1963: Der Würger von Schloss Blackmoor - Regie: Harald Reinl
- 1963: Scotland Yard jagt Dr. Mabuse
- 1963: Der Henker von London
- 1963: Old Shatterhand
- 1964: Das Phantom von Soho
- 1964: Das Ungeheuer von London-City
- 1964: Fanny Hill - Regie: Russ Meyer
- 1964: Der Schut (1964)
- 1964: Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse
- 1964: Das 7. Opfer
- 1965: Der Schatz der Azteken
- 1965: Die Pyramide des Sonnengottes
- 1965: Durchs wilde Kurdistan (1965)
- 1965: Im Reiche des silbernen Löwen (1965)
- 1966: Die Nibelungen 1 - Siegfried - Regie: Harald Reinl (mit Uwe Beyer)
- 1966: Die Nibelungen 2 - Kriemhilds Rache - Regie: Harald Reinl
- 1967: Lucky M. füllt alle Särge - Regie: Jess Franco
- 1967: Geheimnisse in goldenen Nylons
- 1968: Kampf um Rom 1 - Regie: Robert Siodmak (mit Orson Welles)
- 1968: Kampf um Rom 2
- 1968: Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten (1968)
- 1969: Die Hochzeitsreise
- 1969: Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe
- 1970: Der Garten der Finzi Contini
- 1970: Vampyros Lesbos – Erbin des Dracula - Regie: Jess Franco
- 1970: Sie tötete in Ekstase - Regie: Jess Franco
- 1970: Der Teufel kam aus Akasava - Regie: Jess Franco
- 1970: Black Beauty
- 1971: X 312 - Flug zur Hölle - Regie: Jess Franco
- 1971: Dr. M schlägt zu - Regie: Jess Franco
- 1971: Der Todesrächer von Soho - Regie: Jess Franco
- 1971: Das Geheimnis des gelben Grabes
- 1972: Die Schatzinsel - Regie: John Hough und Andrea Bianchi (mit Orson Welles, Rik Battaglia, Walter Slezak, Lionel Stander)
- 1972: Ruf der Wildnis (mit Charlton Heston)
- 1976: Die verrückten Reichen - Regie: Claude Chabrol
- 1978: Orgie des Todes
- 1981: Die Spaziergängerin von Sans-Souci - Regie: Jacques Rouffio (mit Romy Schneider, Michel Piccoli)
- 1982: S. A. S. Malko - Im Auftrag des Pentagon
- 1983: Eine Liebe in Deutschland
- 1983: Blutiger Schnee
- 1984: Bittere Ernte
- 1987: Hanussen - Regie: István Szabó (mit Klaus Maria Brandauer und Erland Josephson)
- 1989: Hitlerjunge Salomon - Regie: Agnieszka Holland (mit Marco Hofschneider und Julie Delpy)
- 1996: Von Hölle zu Hölle
- 2002: Babij Jar – Das vergessene Verbrechen (mit Michael Degen und Axel Milberg)
- 2006: Der letzte Zug - Regie: Joseph Vilsmaier (mit Lena Beyerling und Sibel Kekilli)
Auszeichnungen
- 1961: Bambi für Die Ratten
- 1963: Zürcher Filmpreis für Die Ehe des Herrn Mississippi
- 1965: Goldene Leinwand für Old Shatterhand
- 1965: Goldene Leinwand für Der Schut
- 1967: Goldene Leinwand für Die Nibelungen
- 1970: Goldener Bär für Der Garten der Finzi Contini
- 1972: Oscar (Bester nicht englischer Film) für Der Garten der Finzi Contini
- 1983: IFF Gijon: 3. Preis für Nach Mitternacht
- 1983: Deutscher Filmpreis: Filmband in Silber für Die weiße Rose
- 1985: Oscar-Nominierung für Bittere Ernte
- 1990: Deutscher Filmpreis: Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film
- 1992: Golden Globe für Hitlerjunge Salomon
- 1993: Bundesverdienstkreuz I. Klasse
- 1996: DIVA-Award (gemeinsam mit Franz Seitz)
- 1996: Scharlih-Preis, die bekannteste Auszeichnung, die mit dem Namen Karl May verbunden ist
- 2000: Goldene Kamera
- 2002: Deutscher Kritikerpreis (Ehrenpreis)
- 2008: Askania Award / Berlinale-Uhr für sein Lebenswerk
Literatur
- Artur Brauner: Mich gibt's nur einmal, München, Berlin, (Herbig) 1976 / Fischer-TB (1982) - ISBN 3-59621-945-0
- Claudia Dillmann-Kühn: Artur Brauner und die CCC. Filmgeschäft, Produktionsalltag, Studiogeschichte 1946 - 1990, Deutsches Filminstitut Frankfurt (1990) - ISBN 3-88799-034-X
Filmdokumentationen
- Ein Leben für die Traumfabrik. Porträt des Filmproduzenten Artur Brauner. Dokumentation von Michael Strauven, Deutschland 1998, NDR, 90 Minuten.
Einzelnachweise
- ↑ Ein Leben für die Traumfabrik, Dokumentarfilm zum 80. Geburtstag, D 1998, Regie Michael Strauven (unter gleichem Inhalt aus Anlass des 90. Geburtstages von NDR wieder ausgestrahlt)
- ↑ http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/1102/lokales/0155/index.html Artur Brauner in Schwierigkeiten, in Berliner Zeitung vom 2. November 2005
- ↑ http://www.tagesspiegel.de/berlin/Stadtleben-Artur-Brauner;art125,2516426 Artur Brauner: Sein letztes Kapitel, im Tagesspiegel vom 20. April 2008
Weblinks
- Artur Brauner in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Biographie mit Porträt
- Literatur von und über Artur Brauner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Artur Brauner-Archiv im Deutschen Filmmuseum, Frankfurt/Main
- Artur Brauner auf filmportal.de
- Spiegel, vom 20.11.1957
Personendaten NAME Brauner, Artur KURZBESCHREIBUNG deutscher Filmproduzent GEBURTSDATUM 1. August 1918 GEBURTSORT Łódź, Polen
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