Schwundgeldexperiment

Schwundgeldexperiment
Wappen Karte
Wappen von Wörgl
Wörgl (Österreich)
DEC
Wörgl
Basisdaten
(Quelle: Gemeindedaten bei Statistik Austria)
Bundesland Tirol
Politischer Bezirk Kufstein (KU)
Fläche 19,78 km²
Koordinaten 47° 29′ N, 12° 4′ O47.48305555555612.066388888889511Koordinaten: 47° 28′ 59″ N, 12° 3′ 59″ O
Höhe 511 m ü. A.
Einwohner 12.076 (31. Dez. 2008)
Bevölkerungsdichte 611 Einwohner je km²
Postleitzahlen 6300-6302
Vorwahl 05332
Gemeindekennziffer 7 05 31
AT335
Adresse der
Gemeindeverwaltung
Bahnhofstraße 15
6300 Wörgl
Offizielle Website
Politik
Bürgermeister Arno Abler (ÖVP)
Gemeinderat (2004)
(21 Mitglieder)
ÖVP (8), SPÖ (5),
Die Grünen (2), FPÖ (2),
Unabhängiges Forum (2),
Liste Petzer (2)
Lage der Stadt Wörgl
Karte
Wörgl vom Hennersberg aus gesehen
Wörgl vom Hennersberg aus gesehen

Wörgl ist eine Stadt im Inntal des Bezirks Kufstein in Tirol, etwa 55 Kilometer (Luftlinie) östlich der Landeshauptstadt Innsbruck gelegen.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Wörgl liegt am Ufer des Inns, direkt an der Mündung der Brixentaler Ache, am Schnittpunkt zwischen Inntal, Brixental, Wildschönau und dem Sölllandl.

Nachbargemeinden

Angath, Angerberg, Breitenbach am Inn, Hopfgarten im Brixental, Itter, Kirchbichl, Kundl, Wildschönau

Geschichte

Wörgl ist uraltes Siedlungsgebiet. Ausgrabungen beweisen, dass hier schon in der frühen Eisenzeit reger Handel getrieben wurde. Bei der Ausgrabungsstätte im Egerndorfer Feld wurden etwa 500 rund 2500 Jahre alte Urnengräber frei gelegt und detailliert untersucht. Eine römerzeitliche Siedlung ist im heutigen Stadtgebiet jedenfalls einwandfrei nachweisbar. Römisches Wörgl, Vergilianum, noch irren Sprach- und Heimatforscher durch das Gestrüpp der Sprachwurzeln und Wortstämme, um der Bedeutung des seltenen Namens auf die Spur zu kommen (erste urkundliche Nennung 1120: Henricus de Uuergile). Immerhin kamen bereits 1842 im Anger des Unterkrumbacherhofes die Reste eines römischen Landhauses zum Vorschein (Terra-sigillata-Schale und bemalte Mauerteile in den Vitrinen der Hauptschule 1). Seither gab der Boden in und um Wörgl immer wieder große Flächenfunde frei, die eine Besiedlung zurück bis in die frühe Eisenzeit (rd. 1000 Jahre vor Christus) in so reichem Umfang dokumentieren, dass der Raum Wörgl als der umfassendste prähistorische Grabungsplatz Nordtirols anzusehen ist (Grattenbergl, Egerndorfer Feld, Wimpissinger-Schottergrube). Ein Anziehungspunkt lag in den erst jüngst nachgewiesenen Erzabbauten des hier ausstreichenden Schwazer Dolomits, doch sicher gab auch die Verkehrslage (Weg von den Kupfergruben um Kitzbühel zum Inntal) den Anreiz zum Entstehen dieser Siedlungen; ein Prädikat der Natur, was auch im Prozess der Stadtwerdung des letzten Jahrhunderts wieder zum Tragen kam. Ein paar Jahrzehnte Stadt, doch drei Jahrtausende alt! So lange hat dieser Boden Menschen verschiedener Völker und Kulturen ernährt und erhalten, hat sie getragen und ihnen Heimat bedeutet.

Bereits im späten 6. Jahrhundert waren die Bayern auf ihrem Zug nach Süden bis in den Raum Wörgl vorgedrungen, in der die römische Provinzialverwaltung schon seit langer Zeit festen Fuß gefasst hatte. St. Laurentius, der Pfarrpatron, weist auf eine vorgermanische Christianisierung hin und selbst noch in den Flurkarten der Jahre vor dem Bahnbau zeigen die Grundstücke an der damaligen Reichsstraße jene Quadratform und Größe, wie sie vom römischen Ackermaß her bekannt sind.

Erst 1504 fiel das Land unterhalb der Zillermündung endgültig an die Gefürstete Grafschaft Tirol (Eroberung der Festung Kufstein durch Kaiser Maximilian).

Trotz der administrativen Aufteilung auf zwei Landgerichte seit 1410, waren ältere Gemeinsamkeiten weiterhin lebendig geblieben. Es gab wohl zwei Dorfmeister und zwei „Trüchl“ (Gemeindekassen), doch einen Namen, eine gemeinsame Kirche und eine einheitliche Wirtschaftsgemeinde, die Flur und Wald gemeinsam nutzte und miteinander die Lasten trug, wie der Dorfbrief von 1609 beweist, ein aufschlussreiches Rechtsdokument über die Lebensumstände unserer Vorfahren.

Im Jahre 1607 zum Vikariat erhoben, auch von einem in Wörgl stationierten Vikar versorgt, war es nur mehr eine Frage der Zeit, dass sich Wörgl auch eine Kirche im damaligen Zeitgeschmack, eben eine barocke Kirche leisten konnte. 1748 war es dann soweit. Sie sollte in dieser Form bis 1836 bestehen bleiben. Durch die ruchlose Hand eines – wie es damals hieß – Mordbrenners in Brand gesteckt war sie zur Ruine geworden. Im Zuge des Wiederaufbaus hat man sie dann um zwei Joch nach hinten verlängert und den eingestürzten Turm an anderer Stelle neu errichtet.

Am 13. Mai 1809 fand bei Wörgl eine entscheidende Schlacht im Tiroler Freiheitskampf unter Andreas Hofer statt. Napoleon entsandte starke Heeresabteilungen zur Rückeroberung Tirols. Die Truppen bestanden vor allem aus bayrischen und sächsischen Soldaten, während die Franzosen die Führung übernahmen. Sie rückten über Kufstein und den Pass Strub ins Land. Die Tiroler stellten sich dem anrückenden Feind in den Feldern von Wörgl, mussten jedoch unter der Führung von General Chasteler eine entscheidende Niederlage einstecken. Die Bayern, Sachsen und Franzosen zogen daraufhin brandschatzend und mordend durch das Unterinntal gegen Innsbruck. Noch heute erinnert ein von Christian Plattner gestaltetes und zum 100-jährigen Jubiläum 1909 eingeweihtes Denkmal vor der Stadtkirche an diesen Tag (Wörgler Reara).

In den Jahren 1863/1864 wurde das Siedlungsgebiet Wörgl zu zwei selbstständigen Gemeinden erhoben, Wörgl-Rattenberg und Wörgl-Kufstein. Die Grenze zwischen den beiden Teilgemeinden bildete der Wörgler Bach, der ebenfalls die Grenze der Gerichtsbezirke Rattenberg und Kufstein bildete. Bis heute erinnert die Tatsache an diese Teilung, dass Wörgl zwei Grundbücher entsprechend den alten Gemeindegebieten besitzt.

Der wirtschaftliche Aufstieg Wörgls begann mit dem Bau der Giselabahn in den Jahren 1873 bis 1875 und deren Anbindung an die 1858 gebaute Westbahnstrecke (Teilstück Unterinntalbahn), wodurch Wörgl zum Bahnverkehrsknoten wurde. Der Wörgler Hauptbahnhof ist aus diesem Grund heute nach dem Innsbrucker Hauptbahnhof der höchstfrequentierte in Tirol und wurde u. a. aus diesem Grund mit Wirkung Herbst 2006 ebenfalls zum Hauptbahnhof erhoben.

Kaiser Franz Joseph I. beförderte schließlich im Jahre 1891 – mit einem Federstrich – alle Vikariate der Monarchie zu Pfarren. So auch Wörgl. Somit Pfarre geworden und mit einem enormen Bevölkerungszuwachs konfrontiert, wurde bald über eine Kirchenerweiterung nachgedacht, die dann auch im Jahre 1912 realisiert werden konnte. Somit war das Kirchenbauwerk entstanden, wie es sich heute präsentiert und an dem, in seinem äußeren Erscheinungsbild, bis heute kaum etwas verändert wurde.

1911 Die kurz vorher vereinigten Dorfgemeinden Wörgl-Kufstein und Wörgl-Rattenberg („entern und herentern Bach“) waren zum Markt erhoben worden. Dies sogar in Anwesenheit Seiner Majestät Kaiser Franz Joseph, dem man allerdings einen Ausflug über den roten Teppich hinaus ersparen wollte; bot sich doch zwischen Bahnhof und Dorfkern eher das Bild einer Pioniersiedlung im hitzigen Fortschrittsoptimismus der Gründerzeit.

Am 13. Februar 1934 kam es in Wörgl zu Gefechten zwischen dem sozialdemokratischen Republikanischen Schutzbund und bewaffneten Kräften der autoritären Regierung Dollfuß (Austrofaschismus). Wörgl war der westlichste Kampfschauplatz im Österreichischen Bürgerkrieg, der Großteil der Gefechte spielte sich in den östlichen Industrieregionen Österreichs ab (Oberösterreich, Steiermark, Wien). In der ehemaligen Wörgler Zellulosefabrik kam es am 13. Februar zu heftigen Schusswechseln zwischen dem Republikanischem Schutzbund und der Heimwehr, wobei jeweils zwei Mann auf beiden Seiten verletzt wurden. [1]

Durch den Zweiten Weltkrieg war Wörgl schwer gekennzeichnet. Ab Ende 1943 war Wörgl, zur gewaltsamen Beendigung der Nazidiktatur und der damit einhergehenden Befreiung Österreichs, alliierten Bombardements ausgesetzt. Bombenabwürfe auf den Bahnhof zerstörten Teile der Stadt. Die Wörgler Bombentage am 22./23. Februar 1945 forderten 69 Menschenleben. Es fielen 46 in Wörgl wohnhafte Menschen und 23 Fremde. In Wörgl wurden 43 Häuser gänzlich zerstört, 105 Häuser wurden erheblich beschädigt. Noch heute werden auf Baustellen immer wieder Blindgänger von Fliegerbomben ausgegraben.

Im Jahr 1951 konnte auf Initiative des damaligen Wörgler Bürgermeisters und Vizepräsidenten des Tiroler Landtages, Kommerzialrat Martin Pichler, die Stadterhebung gefeiert werden.

Heute ist Wörgl die zweitgrößte Stadt im Bezirk Kufstein und eines der wichtigsten Wirtschaftszentren in Westösterreich, sowie im Bezug auf Umsätze im Einzelhandel die wichtigste Stadt im Tiroler Unterland. Durch die große Anzahl von Schulen wird Wörgl auch als Schulstadt bezeichnet.

Im August 2005 brach kurz vor Wörgl der Inndamm, wodurch große Teile der Stadt überflutet wurden. Auch viele andere Gemeinden in Tirol und Bayern gerieten durch das Jahrhunderthochwasser stark in Mitleidenschaft.

Wappen

Die roten Dachsparren verweisen auf die Wehrburg (N 47°28'25" E 012°07'23"), die zerstört wurde, und das gleichnamige Adelsgeschlecht. Die goldenen, ineinandergreifenden Ringe im Wappen der Stadt Wörgl erinnern daran, dass Wörgl aus der Vereinigung zweier Gemeinden, Wörgl-Kufstein und Wörgl-Rattenberg, entstanden ist. Die Flügel symbolisieren den wirtschaftlichen Aufschwung.

Wörgler Geldexperiment

In Wörgl war um 1932 die örtliche Zement- und Zellulosefabrikation stark zurückgegangen und die Arbeitslosenquote bedrohlich angestiegen. Die Gemeinde hatte einerseits beträchtliche Steuerausfälle, andererseits hohe Lasten durch Unterstützungsleistungen an Arbeitslose. Die Kasse war leer, und ein Ende war nicht abzusehen. Ab Anfang Juli 1932 gab die Gemeindeverwaltung unter Bürgermeister Michael Unterguggenberger als Lohn der Gemeindeangestellten eigene sogenannte Arbeitswertscheine aus, den Wörgler Schilling. Die Scheine gab es in Nennwerten von 1, 2 und 5 Schilling. Bis zum Ende der Aktion im August 1933 waren insgesamt Scheine im Wert von etwa 34.500 Schilling ausgegeben worden. Maximal wurden 12.000 Schilling gleichzeitig emittiert.

Die Arbeitswertscheine waren umlaufgesichertes Freigeld. Ideenlieferant war dabei die Freiwirtschaftslehre Silvio Gesells. Monatlich musste eine Marke zu einem Prozent des Nennwertes der Note gekauft und in ein dafür vorgesehenes Feld auf der Vorderseite des Geldscheins geklebt werden, um ihn gültig zu erhalten. Das Geld war durch Hinterlegung von Schillingen der Gemeinde bei der örtlichen Raiffeisenkasse gedeckt und gleichwertig an Schillinge gekoppelt. Mit diesen Scheinen konnten Gemeindesteuern bezahlt werden. Einheimische Geschäftsleute nahmen das Geld in Zahlung.

Das Experiment glückte. Geldkreislauf und Wirtschaftstätigkeit wurden wiederbelebt, während das übrige Land tief in der Wirtschaftskrise steckte. Überall in Wörgl wurde gebaut und investiert. Noch heute zeugt unter anderem eine Straßenbrücke mit der Aufschrift „mit Freigeld erbaut“ davon. In den vierzehn Monaten des Experiments nahm die Arbeitslosenquote in Wörgl von 21 auf 15 Prozent ab, während sie im übrigen Land weiter anstieg.

Die positiven Auswirkungen führten dazu, dass der Modellversuch in der Presse als das „Wunder von Wörgl“ gepriesen wurde. Das Interesse daran stieg derart, dass über hundert weitere Gemeinden in Österreich dem Beispiel folgen wollten. Auch im Ausland und in Übersee fand die Aktion starke Beachtung und Nachahmer. Aus Frankreich reiste der Finanzminister und spätere Ministerpräsident Édouard Daladier nach Wörgl, und in den USA schlug der Wirtschaftswissenschaftler Irving Fisher der amerikanischen Regierung – wenn auch vergeblich – vor, ein Wörgl-ähnliches Geld mit Namen Stamp Scrip zur Überwindung der Wirtschaftskrise einzuführen.

Allerdings erhob die Oesterreichische Nationalbank gegen die Wörgler Freigeld-Aktion vor Gericht erfolgreich Einspruch, weil allein ihr das Recht auf Ausgabe von Geld zustand. Das Experiment von Wörgl und alle weiteren Planungen wurden verboten. Unter Drohung von Armeeeinsatz beendete Wörgl das Experiment im September 1933. Da bald darauf der Zweite Weltkrieg ausbrach, gerieten das Modell und sein Erfolg weitgehend in Vergessenheit.

Der Verein Unterguggenberger Institut hält das Erbe des Wörgler Geld-Experimentes hoch und bringt historische Erfahrungen mit aktuellen Projekten zusammen. Gemeinsam mit dem Heimatmuseum und dem Stadtarchiv wird eine Ausstellung bereitgehalten. Zeitgemäße Lösungen rund um das Thema Komplementärwährung werden umfassend zusammengetragen und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

In den Jahren 1951 und 1983 erinnerten Freiwirtschaftskongresse in Wörgl an das Währungsexperiment, ebenso eine Tagung 1996. Das Jahr 2007 wurde von der Stadt Wörgl offiziell zum "Wörgler Freigeldjahr" erklärt.[2]

In zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen wurde den Bürgern der Stadt und anderen Interessenten das Freigeldexperiment nähergebracht.

In einer persönlichen und sehr skeptischen Einschätzung erklärte der amtierende Wörgler Bürgermeister, dass das Freigeldexperiment in der heutigen Zeit nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen funktionieren würde. Darunter findet sich die Bedingung, das Freigeld rein virtuell auf entsprechenden Konten verwalten zu lassen (inkl. der Abzinsung am Ende jeden Monats), sowie die Ausdehnung des Geltungsbereichs des "Experiments" um Währungsflucht zu verhindern. Ende März 2009 schlägt der Bürgermeister wegen der anhaltenden Wirtschaftskrise die Einführung einer Komplementärwährung nach historischem Vorbild vor.

Partnerstädte

Die Gemeinde hat etwa 1000 Einwohner und liegt östlich von Königgrätz nahe der polnischen Grenze.

Bildung

Pflichtschulen:

  • Zwei Volksschulen
  • Zwei Hauptschulen (mit Sporthauptschule)

Weiterführende Schulen:

  • Bundeshandelsschule
  • Bundeshandelsakademie
  • Bundesrealgymnasium
  • Tiroler Fachberufsschule Wörgl - Rotholz
  • Fachschule für wirtschaftliche Berufe mit Haushaltungsschule

Sonstige Schulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen:

  • Polytechnische Schule
  • Sonderpädagogisches Zentrum
  • Landesmusikschule
  • Volkshochschule
  • Tagungshaus der Erzdiözese Salzburg

Aufgrund dieser Fülle an Bildungseinrichtungen gilt Wörgl als Bildungsstadt im Tiroler Unterland.

Sehenswürdigkeiten

Stadtpfarrkirche Hl. Laurentius

Stadtpfarrkirche Wörgl

Die Pfarrkirche von Wörgl wurde in der Römischen Zeit als kleine Kapelle auf einer Anhöhe, welche unter dem heutigen Bau kaum bemerkbar ist, errichtet. Im frühen Mittelalter entstand erstmals ein gemauerter Bau. Die einfachen Mauern schlossen eine Fläche von ca. 6x10 Metern ein. Im Jahre 1479 wurde eine neue Kirche im gotischen Stil errichtet. Bei dieser Kirche stand der Kirchturm an der Südseite. Diese Annahme wurde durch Ausgrabungen im Jahr 1961 bestätigt. Von einem Kufsteiner Maler wurden vier Altäre geschaffen von denen nur mehr die „Wörgler Madonna“ erhalten blieb. Sie wird auf 1500 bis 1510 datiert, steht heute im Querschiff und ist der wertvollste Besitz der Kirche.

1748 beschloss man wegen der steigenden Dorfbevölkerung die Kirche im barocken Stil umzubauen und zu vergrößern. 1836 wurde das Dorfzentrum von Wörgl in Brand gesteckt. Die Flammen griffen schnell auf das Kirchendach über und in kurzer Zeit stand auch der Turm in Flammen. Dabei verbrannte der Glockenstuhl und die herabstürzenden Glocken spalteten das Turmgemäuer. Nach dem Flammeninferno war die Kirche nicht mehr als eine Ruine und wenige Tage später stürzte auch das Gewölbe ein und zerstörte die gesamte Kircheneinrichtung. Binnen kurzer Zeit begann man mit dem Wiederaufbau der barocken Kirche im Ingenieurstil. Das Gotteshaus wurde nach hinten (Westen) verlängert und der Kirchturm wurde im Norden an der Straße errichtet. Zum Bau wurden Steine aus der Umgebung, Ziegel aus Hopfgarten, Buntsandstein und Schaftenauer Tuffstein verwendet. Aufgrund der Straßenverbreiterung zwischen den beiden Weltkriegen verschwand der rund um die Kirche angelegte Friedhof, von dem noch heute die übergebliebenen Gedenktafeln an der Kirchenwand zeugen. Im 2. Weltkrieg entstand durch den Bombenhagel im Bahnhofsbereich auch an der Kirche beträchtlicher Schaden. Weiters verschwanden die alten Glocken mitsamt der großen Kaiserglocke in den Schmelzöfen. Nach dem 2. Weltkrieg wurden ein neuer Dachstuhl und neue Fenster eingebaut. Das beachtliche Glockengeläute bestehend aus 5 Kirchenglocken wurde in Salzburg gegossen. Dabei errichtete man auch das Querschiff. Somit ist die Wörgler Kirche eines der größten Gotteshäuser im Tiroler Unterland.

Nach dem 2. Vatikanischen Konzil 1961 wurden der wertvolle Hochaltar, sämtliche Kircheneinrichtungen sowie Gemälde und Fresken entfernt. 1976 bedarf es einer Ausmalung doch schon 2000 musste das Kircheninnere renoviert werden. Die heutige Kirche ist ca. 50 Meter lang, etwa 25 Meter breit und der Turm hat eine Höhe von 45 Metern. Neben der Kirche steht noch die ehemalige "Totenkapelle" oder Friedhofskapelle, die heute die Wörgler Taufkapelle ist.

Weitere Sehenswürdigkeiten

Seit 2003 gibt es in Wörgl Tirols größtes Erlebnisbad mit Saunalandschaft namens Wörgler Wasserwelt (WAVE). Es wurde im August 2005 durch das Hochwasser beschädigt und ist seit dem 1. Januar 2006 wieder in Betrieb.[3]

Atatürk Brunnen in der Bahnhofstraße

Mit 23. Juni 2006 wurden die Wörgler Meilensteine eröffnet, welche eingelegt in die Gehsteige der Wörgler Innenstadt, maßstabsgetreu und unmittelbar begeh- und erlebbar auf ca. 1480 Metern (der Länge einer altrömischen Meile) einen Einblick in 304 der wichtigsten historischen Ereignisse der letzten 2000 Jahre geben. Beginn und Ende der Meile liegen jeweils gleich vor dem Eingang zum Hauptbahnhof.[4]

Wirtschaft und Infrastruktur

Bahnhofstraße Wörgl

Der Schwerpunkt der Stadt liegt im Bereich des regionalen Einzelhandels, wo alle wichtigen Handelsketten und Branchen vertreten sind. Die Wörgler Bahnhofstraße ist die zweitlängste Einkaufsstraße Tirols. Wörgl ist das wichtigste Handelszentrum im Tiroler Unterland. Der Gewerbepark vor den Toren der Stadt liegt unmittelbar an der Autobahn und wird im Endausbau auf rund 35 Hektar eine Heimat für klein- und mittelständische Unternehmen im Bereich von Produktion, Technologie und Logistik bieten.

Wörgl ist auch Standort Holz verarbeitender Industrie, einer der größten österreichischen Spanplattenhersteller betreibt ein Werk in der Stadt.

Der größte Tiroler Milchproduzent verlagert den Großteil der Produktion von Innsbruck nach Wörgl. Der Ausbau des Standortes Wörgl ist seit dem Frühjahr 2007 in Gange.

Verkehr

Der innerstädtische öffentliche Personennahverkehr Citybus wird mit 5 Buslinien, die großteils im Halbstundentakt verkehren, bedient.

Wörgl ist ein wichtiger Verkehrsknoten, sowohl für den Schienen- als auch für den Straßenverkehr. Über das Inntal gelangt man in NO-Richtung nach Kufstein und Bayern und in SW-Richtung nach Innsbruck, über das Brixental in Richtung Kitzbühel, über das Söll-Leukental in Richtung St. Johann und in südlicher Richtung in das Hochtal Wildschönau.

Wörgl ist mit zwei Ausfahrten an die A 12 Inntalautobahn angebunden: Wörgl-West und Wörgl-Ost. Weiters führen die B 171 Tiroler Straße und die B 170 Brixental Straße durch Wörgl.

Wörgl (Wörgl Hauptbahnhof) ist ein Schnellzug-, ICE- und ÖBB-Rail-Jet-Halt an der ÖBB-Westbahn (Teilstück Unterinntalbahn). Hier zweigt auch die Salzburg-Tiroler-Bahn (auch Gisela- oder Brixentalbahn genannt) nach Kitzbühel und Zell am See sowie weiter über Bischofshofen nach Salzburg ab. Am Bahnhof "Wörgl Terminal Nord" befindet sich eine stark frequentierte LKW-Verladestelle für die Rollende Landstraße (RoLa); dort ist auch der Frachtenbahnhof. Der "Wörgl Terminal Nord" wird im Jahr 2009 wesentlich vergrößert werden, um den gestiegenen Anforderungen insbesondere des RoLa-Verkehrs nachkommen zu können. Eine weitere Eisenbahnstation auf Wörgler Stadtgebiet ist „Wörgl Süd - Bruckhäusl“; im Bereich des Frachtenbahnhofes „Wörgl Terminal Nord“ wird mittelfristig eine neue Personenhaltestelle „Wörgl West - Terminal“ errichtet. „Wörgl Terminal Süd“ ist ein reiner Lokomotivwechsel-, Verschub- und Abstellbahnhof ohne Personenverkehr oder Güterverlademöglichkeiten. Der Bahnhof „Wörgl Kundl“ liegt auf dem Gebiet der Nachbargemeinde Kundl, die dortige Personenhaltestelle heißt „Kundl“.

Der Wörgler Hauptbahnhof wurde (gemeinsam mit der Eisenbahnstrecke Innsbruck - Wörgl - Kufstein - Rosenheim - München) am 24. November 1858 von Seiner Majestät Kaiser Franz Joseph I. eröffnet. Daher wurde im Jahr 2008 unter dem Motto „150 Jahre Eisenbahn in Wörgl“ ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm absolviert und ein großes Eisenbahnfest im August gefeiert.

Persönlichkeiten

Bekannte Wörgler Persönlichkeiten sind bzw. waren

Literatur

  • Fritz Schwarz: Das Experiment von Wörgl. Synergia, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-9810894-5-5 (überarb. Neuauflage, Original: Bern 1951).
  • Thomas Wendel: Der Geldzauberer. Geschichte des Wörgler Geldexperiments. in: brand eins. Hamburg 2003,9. ISSN 1438-9339
  • Michael Unterguggenberger: End results of the Wörgl Experiment. in: Annalen der Gemeinwirtschaft (Annals of Collective Economy). Genf 1934 (engl. Übers. Webreprint).
  • Josef Zangerl: Wörgl, Ein Heimatbuch. Eigenverlag, Wörgl 1998, ISBN 3-9500531-0-7
  • Gerhard Oberkofler: Februar 1934. Die historische Entwicklung am Beispiel Tirols. Innsbruck 1974
  • Adriane Gamper, Hannes Dabernig, Arno Abler: Wörgl - Die Stadt im Profil. Eigenverlag, Wörgl 2007

Einzelnachweise

  1. Gerhard Oberkofler: Februar 1934 Die historische Entwicklung am Beispiel Tirols, S88ff
  2. Wolfgang Broer: Schwundgeld. Michael Unterguggenberger und das Wörgler Währungsexperiment 1932/33. Studienverlag Wien, Innsbruck, Bozen 2007
  3. Pressebericht von der Neueröffnung der Wasserwelt
  4. Meilensteine

Weblinks


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