- Bahnstrecke Freiburg–Colmar
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Die Bahnstrecke Freiburg–Colmar ist eine ehemals durchgehende Eisenbahnstrecke von Freiburg im Breisgau über Breisach am Rhein nach Colmar, die seit Zerstörung der Breisacher Eisenbahnbrücke über den Rhein im Jahr 1945 unterbrochen ist. Sie verläuft südlich am Kaiserstuhl vorbei durch die oberrheinischen Tiefebene.
Die Strecke wurde in zwei Abschnitten 1871 bzw. 1878 als staatlich betriebene Privatbahn eröffnet und 1881 verstaatlicht. Nach ihrem jeweiligen Endbahnhof ist die Strecke als Breisacher Bahn bzw. Colmarer Bahn bezeichnet worden.
Die Strecke ist heute zwischen Freiburg und Breisach als eingleisige, nicht elektrifizierte Eisenbahnnebenstrecke klassifiziert und wird von der Breisgau-S-Bahn bedient.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Planung und Bau
Bereits 1846 schlug die Stadt Breisach den Bau einer Eisenbahn von Breisach nach Freiburg vor. 1860 wurde in Colmar das Projekt einer Eisenbahn von Freiburg über Breisach, Colmar und Münster über die Vogesen nach Nancy vorgestellt. Bei Breisach sollte der Rhein mit einer „fliegenden Brücke“ (Gierseilfähre) überquert werden. Auf deutscher Seite war geplant, die Strecke von Freiburg durch das Höllental über den Schwarzwald in Richtung Ulm und Bodensee zu verlängern. Die geplante Eisenbahn Colmar-Freiburg als Teil einer internationalen Fernverbindung über die Vogesen und den Schwarzwald von Paris nach Wien kam nie zur Ausführung.[1] 1864 beschlossen die Städte Breisach und Freiburg sich an einer Eisenbahngesellschaft zum Bau der Bahn zu beteiligen.[1] Eine 1864 eingesetzte Eisenbahnkommission plante den Bau einer Strecke von Freiburg über Hugstetten, Oberschaffhausen (Bötzingen) und Wasenweiler nach Breisach, doch unter anderem verzögerte der Preußisch-Österreichische Krieg von 1866 die Planungen.
Am 11. Februar 1868 erließ die Badische Regierung das „Gesetz zum Bau einer Eisenbahn zwischen Freiburg und Breisach“ und erteilte bereits am 21. April 1868 die Konzession. Eine Motivation für den Bahnbau war der Transport von Holz aus dem Schwarzwald an den Rhein und Kohle aus dem Saargebiet nach Freiburg.[2] Zur Finanzierung des Bahnbaus nahmen Freiburg und Breisach ein Darlehen über 1200000 Goldmark zu 4,5 % beim Basler Bankierverein auf.[3] 1869 änderte man die Trassenführung zugunsten einer kürzeren und kostengünstigeren Strecke von Hugstetten über Gottenheim nach Wasenweiler. Der erste Spatenstich erfolgte am 7. Juni 1870. Wegen personeller und materieller Engpässe durch den Deutsch-Französischen Krieg wurde die Strecke erst am 14. September 1871 eröffnet.[4] Den Betrieb der staatlich betriebene Privatbahn übernahm die Großherzoglich Badische Staatseisenbahn.
Verlängerung Breisach-Colmar
Nach dem von Napoleon III. erklärten und verlorenen Deutsch-Französischen Krieg war das Elsass ab 1871 Teil des Reichslandes Elsass-Lothringen. Als Kriegsfolge verzögerte sich der Weiterbau der Bahn um mehrere Jahre. Da Breisach nun kein Grenzbahnhof mehr war und die ursprünglich geplanten Räume für Zoll- und Grenzüberwachungsbehörden entfallen konnten, erhielt 1871 der Bahnhof als Empfangsgebäude zunächst nur eine provisorische Baracke. Nachdem 1874 ein Staatsvertrag zwischen dem Großherzogtum Baden und dem Deutschen Reich die Aufgabenverteilung bei der Colmarer Bahn geregelt hatte, begann man 1875 mit dem Bau der Rheinbrücke bei Breisach, welche am 5. Januar 1878 dem Verkehr übergeben werden konnte. In der 1875 erteilen Konzession zur Herstellung einer Bahn von Altbreisach nach Colmar wurde festgelegt, dass die Staatsbahn die Gesamtstrecke der Freiburg-Breisacher Bahn bis zur Rheinmitte auf unbeschränkte Zeit in Pacht nimmt, falls die Großherzogliche Regierung von ihrem Rückkaufsrecht keinen Gebrauch macht.[1] Am 7. Januar 1878 wurde die Colmarer Bahn durchgehend eröffnet.[5] Die Züge benötigten für die Strecke Freiburg-Colmar ca. 70 Minuten Fahrzeit.
Staatsbahnzeit
Da die Zinsen massiv gefallen waren und der Staat den Kaufpreis von 1.687.100 Goldmark bezahlen konnte, gab der Landtag seine Zustimmung zum Rückkauf der Strecke, die am 6. Dezember 1881 verstaatlicht wurde.[6] Am 3. September 1882 geschah das Zugunglück von Hugstetten, das mit 64 Toten und 230 Schwerverletzten als das bis dahin schwerste und folgenreichste Eisenbahnunglück in Deutschland in die Geschichte einging.
Durch den Bau der Privatbahnstrecke der Kaiserstuhlbahn erhielt die Breisacher Bahn 1894 in Gottenheim Anschluss an die Strecke nach Riegel (Ort)-Endingen und 1895 in Breisach an den Streckenast nach Endingen-Riegel Staatsbahn. Um die Rentabilität der Kaiserstuhlbahn zu sichern, musste gemäß Staatsvertrag der gesamte aus Colmar-Breisach in nördliche Richtung zur Rheintalbahn führende Güterverkehr ab dann nicht mehr über Freiburg, sondern direkt über die Kaiserstuhlbahn nach Riegel Staatsbahn geführt werden. Ab dem Jahr 1910 wurde eine Eilzugverbindung zwischen Freiburg und Colmar eingerichtet.[6] 1914 erhielt Breisach anstelle der provisorischen Baracke das heutige Empfangsgebäude. Im ersten Weltkrieg verzeichnete die Strecke zwischen Breisach und Colmar durch den Militärverkehr einen erheblichen Verkehrzuwachs. Auf Betreiben des deutschen Militärs baute man 1917 die abzweigende Bahnstrecke Neuf-Brisach–Bantzenheim.
Da das Elsass ab 1918 nicht mehr zum Deutschen Reich gehörte, wurde Breisach zum Grenzbahnhof und die Bedeutung der Breisacher Bahn nahm stark ab.[7] Im Zweiten Weltkrieg wurde die Rheinbrücke bei Breisach erstmalig 1939 gesprengt, repariert und schließlich beim deutschen Rückzug 1945 endgültig zerstört. Seitdem ist die Strecke nach Colmar unterbrochen. Die heutige Straßenbrücke wurde auf den Fundamenten der ehemaligen Eisenbahnbrücke erbaut. Trotz wiederholter Diskussionen scheiterte ein Wiederaufbau der Brücke bis heute stets an den Kosten für den Neubau der Brücke. Im Sommer 1960 befuhren die Bahn an Sonn-, Werk- und Feiertagen 36 Reisezüge (10 Triebwagen) mit überwiegend einer Wagenklasse.[1] Der Betrieb wurde von der Deutschen Bundesbahn nach und nach ausgedünnt, wodurch die Strecke zeitweise von der Einstellung bedroht war.
Übernahme durch die Breisgau-S-Bahn
Bis zur Übernahme des Verkehrs durch die Breisgau-S-Bahn (BSB) im Jahre 1997 wurde die Breisacher Bahn stets von der Staatsbahn betrieben, die nach wie vor Eigentümer der Strecke ist.
Die Strecke liegt seit 1994 im Tarifgebiet des Regio-Verkehrsverbunds Freiburg (RVF). Das 1995 vorgelegte Nahverkehrskonzept der Breisgau-S-Bahn sah auf der Breisacher Bahn als Pilotstrecke die Einführung eines S-Bahn-Betriebes mit Taktverkehr und innovativen Leichtbau-Triebwagen vor. In gleicher Weise sollte das Angebot der Kaiserstuhlbahn verbessert und in ein gemeinsames Konzept integriert werden. Zum 1. Juni 1997 wurde die Betriebsführung der Breisacher Bahn von der 1996 gegründeten Breisgau-S-Bahn (BSB) übernommen, die als Tochtergesellschaft zu je 50 % der Südwestdeutschen Verkehrs-Aktiengesellschaft (SWEG) und der Freiburger Verkehrs AG (VAG) gehört. Seitdem liegt praktisch der gesamte Schienenverkehr rund um den Kaiserstuhl in der Hand der SWEG, die Konkurrenzsituation zwischen Staatsbahn- und Privatbahnstrecken in der Kaiserstuhlregion endete damit. Als Fahrzeuge wurden neun Dieseltriebwagen VT 001 bis 009 Regio-Shuttle RS1 von Adtranz beschafft, die zusammen mit den baugleichen, jedoch anders lackierten Regio-Shuttles der SWEG im Bahnbetriebswerk Endingen der Kaiserstuhlbahn beheimatet sind. Zwischen 1999 und 2003 stieg die Zahl von 6000 auf 9000 Fahrgäste pro Werktag – auf einer Strecke, die unter DB-Regie zeitweise von der Stilllegung bedroht war. Gemeinsam mit der 2002 ebenfalls übernommenen Elztalbahn konnte die BSB ihre Fahrgastzahl von 1,5 Million Fahrgästen im Jahre 1999 auf rund 6,5 Millionen Fahrgäste bis 2006 mehr als vervierfachen.[8] Im Güterverkehr brachte die BSB-Übernahme eine Verlagerung der Verkehrsströme, da die bisher von Breisach über die Kaiserstuhlbahn nach Riegel Bahn DB zur Rheintalbahn gefahrenen Güterzüge seitdem im Freiburger Güterbahnhof übergeben werden. Auf Grundlage einer Partnerschaft zwischen der SWEG und DB Schenker Rail wird seit 2007 der Güterverkehr auf der Breisacher Bahn, im Freiburger Güterbahnhof sowie im Industriegebiet Nord von der SWEG durchgeführt.[8] Die Kooperationsvereinbarung zwischen RVF und Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) vom 11. März 2009 beinhaltet die Elektrifizierung des S-Bahn-Netzes im Freiburger Raum bis zum Jahr 2018. Dabei soll auch die Strecke Freiburg–Breisach elektrifiziert werden.
Heutige Situation
Im Ausgangsbahnhof Freiburg Hbf besteht Anschluss an den Fernverkehr über die Rheintalbahn sowie seit 1887 an die Höllentalbahn. In Gottenheim und Breisach gibt es seit 1894/1895 Übergang zur nichtbundeseigenen Nebenbahnstrecke der Kaiserstuhlbahn mit den zwei Streckenästen Gottenheim-Riegel Ort-Endingen (KBS 724) und Breisach-Endingen-Riegel Bahnhof DB (KBS 723), die den Kaiserstuhl östlich, nördlich und westlich umfährt.
Literatur
- Günther Haselier: Anschluß Breisachs an das Eisenbahnnetz, in: Geschichte der Stadt Breisach am Rhein. 2. Bd. Der Niedergang Breisachs von 1700 bis 1890, S. 610–662. Selbstverlag Stadt Breisach am Rhein, Karlsruhe 1971.
- Peter-Michael Mihailescu, Matthias Michalke: Vergessene Bahnen in Baden-Württemberg. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-8062-0413-6, S. 96–98.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Günther Haselier, Anschluß Breisachs an das Eisenbahnnetz, in: Geschichte der Stadt Breisach am Rhein. 2. Bd. Der Niedergang Breisachs von 1700 bis 1890, Selbstverlag Stadt Breisach am Rhein, Karlsruhe 1971, S. 610–662
- ↑ Johann Hansing: Die Eisenbahnen in Baden. Ein Beitrag zur Verkehrs- und Wirtschaftsgeschichte, Fleischhauer & Spohn, Stuttgart 1929, S. 8
- ↑ Karl Müller: Die badischen Eisenbahnen in historisch-statistischer Darstellung., Hörning und Berkenbusch, Heidelberg 1904, S. 187 f.
- ↑ Albert Kuntzemüller: Die badischen Eisenbahnen im deutsch-französischen Krieg 1870/71 in: Bericht des Realgymnasium mit Realschule Mannheim, Lessing-Schule – Schuljahr 1913/14, Masur, Mannheim 1914, S. 35
- ↑ Freiburger Zeitung, Ausgabe vom 8. Januar 1878
- ↑ a b Gerhard Greß: Verkehrsknoten Freiburg und seine Umgebung in den fünfziger und sechziger Jahren. EK-Verlag, Freiburg 1997, ISBN 3-88255-263-8, S. 62
- ↑ Der Umbau des Freiburger Personenbahnhofs in: Zweites Abendblatt der Freiburger Zeitung vom 20. Juli 1927
- ↑ a b Rainer Humbach, Kaiserstuhlbahn, in: Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland einst und jetzt. 78. Ergänzungsausgabe. GeraMond Verlag, München 2009, ISSN 0949-2143, S. 9–10
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