Eindimensionales politisches Spektrum

Eindimensionales politisches Spektrum

Politische Parteien und Ideen innerhalb der modernen Demokratien werden häufig vereinfachend anhand der eindimensionalen Systematik des politischen Spektrums klassifiziert. Dabei werden sie auf einer Achse platziert, deren Enden mit den einprägsamen und in ihrer wörtlichen Bedeutung wertneutralen Attributen links und rechts bezeichnet werden, mit einer dazwischenliegenden Mitte oder dem Zentrum. Diese Sichtweise wird heute von den meisten politischen Parteien und auch von den meisten Medien angewandt, obwohl sie bei differenzierteren Betrachtungen – insbesondere bei politischen Randthemen – versagt und diese Unzulänglichkeit auch allgemein anerkannt wird.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Das Aufkommen der Links-Rechts-Unterscheidung im Sinne politischer Richtungsbegriffe wird auf die französische Nationalversammlung von 1789 zurückgeführt [1]. Dadurch blieb die Sitzordnung nicht länger das Spiegelbild festgefügter gesellschaftlicher Hierarchien, sondern brachte bald die Dynamik politischer-ideologischer Auseinandersetzungen zum Ausdruck. Es entstand eine Spaltung in zwei gegnerische Lager der Nationalversammlung: „le côté gauche“ mit entschieden revolutionärer Stoßrichtung und „le côté droite“ mit mehr zurückhaltenden, der Monarchie freundlich gesinnten Vorstellungen. Bald wurden die räumlichen Adjektive „links“ und „rechts“ substantiviert und man sprach nun einfach von „la droite“ und „la gauche“. Innerhalb dieser Lager bildeten sich wiederum Flügelgruppen: „l’extrémité gauche“ und „l’extrémité droite“.

Die sich allmählich ausbildenden Sprachkonventionen konnten sich jedoch aufgrund der turbulenten Entwicklung der Revolution nicht fest verwurzeln. Die Machtübernahme der Jakobiner hatte eine rigorose Beschneidung des als legitim geltenden politischen Spektrums zur Folge. Zu Beginn der Restaurationsphase wirkte die Erlahmung noch fort. Nach den Wirren der ersten hundert Tage erneuerte sich das politische Leben im Jahre 1814 rasch. Erst jetzt konnte sich die bereits im ersten Jahr der Großen Revolution entfaltete, an der parlamentarischen Sitzordnung anknüpfende Geographie revitalisieren. Dies geschah aber in etwas veränderten Formen: Zwischen die Lager der „Rechten“ und der „Linken“ trat eine auf Ausgleich setzende, gemäßigt-monarchisch orientierte Mitte („centre“). Man sprach nach wie vor von den „extrémités“, nun aber auch von „extrême gauche“ und „extrême droite“. Bereits vor 1820 gehörte das Kontinuum extrême droite - droite modérée - centre droite - centre gauche - gauche modérée - extrême gauche (Ultraroyalisten - gemäßigte Konservative - Liberale - Radikale/Demokraten - Sozialisten) zum festen politischen Sprachgebrauch.

Von Frankreich aus breitete sich die Links-Rechts-Unterscheidung in ganz Europa aus. In Deutschland konstituierte sich das Paulskirchenparlament von 1848 nach ihrem Muster. Hier saßen die republikanischen Abgeordneten, die einen sofortigen Sturz der damaligen Monarchie forderten, links und die Befürworter einer konstitutionellen Monarchie rechts.

Typische Interpretationen

Der Gegensatz links-rechts steht im allgemeinen Verständnis stellvertretend für die nachfolgend beschriebenen Gegensätze.

Egalitär – Elitär

Ausgehend vom Gleichheitspostulat (Egalité) der französischen Revolution sind egalitäre politische Ansätze zentral für das Selbstverständnis der „Linken“. Diese richtete sich gegen Benachteiligungen bestimmter Bevölkerungsgruppen. Dies betraf zunächst die materiell schlechter gestellten Schichten (Arbeiterklasse), wurde später aber auch auf religiöse oder ethnische Minderheiten, Frauen, ältere Menschen, Behinderte, Homosexuelle und andere Bevölkerungsgruppen angewandt. Der Kampf für politische und gesellschaftliche Gleichberechtigung galt den Linken als Teil eines fortschrittlichen Strebens nicht nur nach Gleichheit, sondern auch nach Freiheit. Daher ist der Begriff der Emanzipation als Bezeichnung für die Befreiung und Selbstbestimmung benachteiligter Gruppen für das Selbstverständnis linker Gruppen und Organisationen ein wichtiger Bezugspunkt.

Die „Rechte“ rechtfertigt die Notwendigkeit einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Ungleichheit. Die Gründe dafür werden entweder in der Natur des Menschen (Begabung, Befähigung) gesehen oder die Ungleichheit wird auf gesellschaftliche Nützlichkeitserwägungen (Leistungsanreiz) zurückgeführt. In diesem Zusammenhang wird die Herausbildung von Eliten befürwortet, aus denen sich das Führungspersonal gesellschaftlich bedeutsamer (politischer, kultureller, wissenschaftlicher und wirtschaftlicher) Einrichtungen rekrutiert. Dagegen gelten linke/egalitäre Konzepte als „Gleichmacherei“ und werden als Eingriffe in individuelle Freiheitsrechte und Entfaltungsmöglichkeiten oder in die hergebrachte Gesellschaftsordnung abgelehnt.

Im demokratischen Rechtsstaat steht nach erfolgter politischer Gleichberechtigung die Verteilung gesellschaftlichen Reichtums im Zentrum der Auseinandersetzung über egalitäre bzw. antiegalitäre Ansätze. Differenzierungen beim Verdienst (Primärverteilung) werden mit unterschiedlicher „Begabung“ und „Leistung“ des Individuums begründet. Die Frage nach einer „angemessenen“ einkommensabhängigen Steuerbelastung (Sekundärverteilung) ist ein bedeutenderer Streitpunkt in der politischen Auseinandersetzung, da die Besteuerung im unmittelbaren Zugriff der Gesetzgebung liegt.

Willkürliche Ungleichbehandlung (Diskriminierung) aufgrund von Sprache, Geschlecht, „Rasse“, Herkunft, Religion, politischer Anschauungen oder Behinderungen sind in demokratischen Rechtsstaaten geächtet. Umstritten ist jedoch, ob und in welchem Umfang der Staat Maßnahmen zum Ausgleich von Benachteiligungen ergreifen soll und inwiefern der Staat Diskriminierung im gesellschaftlichen Bereich entgegentreten soll. Dabei wird zwischen Gleichstellung und Gleichbehandlung unterschieden. So werden von Teilen der heutigen Linken zur Durchsetzung gesellschaftlicher Gleichstellung Maßnahmen gerechtfertigt, die als Ungleichbehandlung im Sinne einer Besserstellung gesellschaftlich benachteiligter Gruppen konzipiert sind („umgekehrte Diskriminierung“).

Progressiv – Konservativ

In der Anfangszeit der westlichen Demokratien, insbesondere im 19. Jahrhundert, bemühten sich die Linken vor allem um die Verbesserung der Lebensbedingungen der unteren Schichten, insbesondere der Arbeiter, um die Durchsetzung der Menschenrechte und damit um eine kontinuierliche Erneuerung der Gesellschaft. Die Linke propagierte dies als gesellschaftlichen Fortschritt (Progressivität). Die Rechten traten hingegen für die Wahrung des Status quo in Bezug auf politische und ökonomische Verhältnisse ein und verwiesen auf „hergebrachte“ gesellschaftliche Normen, wodurch sie auch die Bezeichnung „konservativ“ („bewahrend“) erwarben.

Mehrere Entwicklungen erschweren heute die Einteilung nach den Begriffen konservativ/progressiv: In den westlichen Demokratien nach 1945 haben auch eher rechts stehende Parteien eigenständige programmatische Fortschrittskonzepte entwickelt und eine eigene Politik der technischen wie auch gesellschaftlichen Modernisierung vertreten. Unterdessen ist es innerhalb und zwischen Organisationen mit linkem Selbstverständnis äußerst umstritten, welche Auffassungen und Maßnahmen als „progressiv“ anzusehen sind. Zudem entwickelte sich die Ideologiefigur der „Verteidigung fortschrittlicher Errungenschaften“, die als eine linke Variante konservativer Denkansätze angesehen werden kann.

Internationalistisch – Nationalistisch

Der egalitären Grundidee entsprechend verfolgte die Linke lange Zeit einen internationalistischen Ansatz, begriff sich als weltweite Bewegung und organisierte sich international. Nach 1945 begriffen allerdings viele linke Gruppierungen ihre Aufgabe als „nationalen Befreiungskampf“ und stützten sich dabei auf antiimperialistische Ideologien. Zur Befriedigung patriotischer Emotionen in der Bevölkerung, zur Durchsetzung territorialer Machtansprüche oder als Ausdruck eines antiimperialistischen Weltbildes wurden auch von Regierungen mit linkem Selbstverständnis nationalistische Ansätze vertreten. Im Zusammenhang einer globalisierungskritischen Vorstellungswelt wird heute von Teilen der „Linken“ die Souveränität der Nationalstaaten als Voraussetzung für die Absicherungen sozialer Errungenschaften angesehen und gegen eine Internationalität des Kapitalismus gedanklich in Stellung gebracht.

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts verfolgte das rechte Lager eine nationalistische Politik und vertritt eine entsprechende Ideologie noch heute. Zugleich versteht sich das „bürgerliche Lager“ in Westeuropa – inklusive der Liberalen – aber als treibende Kraft der wirtschaftlichen Globalisierung und verweist auf seinen Beitrag zur europäischen Einigung.

Libertär - Sicherheitsorientiert

Während die politische Linke sich oft nach emanzipatorischen Prinzipien definiert, legen Konservative Wert auf Sicherheit, was sich einerseits darin äußert, dass sie mehr Ressourcen dem Militär zukommen lassen wollen als dies tendenziell bei den Linken der Fall ist, und andererseits, dass sie dem Staat mehr Mitteln zur Überwachung und Vorbeugung vor potentiellen Verbrechen einräumen. Auch beim gesellschaftlichen Aufbau bevorzugen Konservative eher lang erprobten Rollenbilder für Familie und Geschlechter, während Linke dem Individuum mehr Raum zum Experimentieren und zur Selbstdefinition einräumen.

Weitere Gegensätze

Während die oben genannten Gegensätze zumindest ursprünglich auf das Links-Rechts-Spektrum abgebildet werden konnten, ist dies bei weiteren Gegensätzen nicht oder nur im Einzelfall möglich. Dies ist auch die Basis für alternative Modelle.

Ein typisches Beispiel hierfür ist der Gegensatz Zentralistisch – Separatistisch. Bei einigen Staaten mit starken Autonomie-Bewegungen, z. B. Spanien, gibt es sowohl im linken als auch rechten Teil des politischen Spektrums zentralistische und separatistische Parteien.

Einordnung der politischen Strömungen

Heutige demoskopische Untersuchungen zeigen, dass sich die Wähler der einzelnen parlamentarisch vertretenen Parteien in ihrem Selbstverständnis jeweils über weite Bereiche des politischen Spektrums verteilen. So sehen sich in einer 2007 von Emnid durchgeführten Umfrage bei den Wählern von Bündnis 90/Die Grünen 76 Prozent als „links“, bei denen der SPD 39 Prozent, bei denen der CDU 25 Prozent und bei denen der FDP 23 Prozent. Insgesamt sagten 34 Prozent der Bundesbürger, sie seien im politischen Spektrum „links“ zu verorten, 52 Prozent ordnen sich der „politischen Mitte“ zu und 11 Prozent der politischen Rechten.[2]

Konservatismus

Das „konservativ-bürgerliche Lager“ betont in der Selbstdarstellung meist den konservativen und seltener den elitären Aspekt der eigenen Politik. Gerade aus der Opposition heraus wird häufig mit egalitären Ideen geworben, zum Teil auch zur Abgrenzung zu liberalen Positionen.

Der Begriff rechts für die eigene Position wird von den Konservativen vermieden, der Begriff links – wenn überhaupt – meist nur abwertend für politische Gegner benutzt. Ebenso wie im sozialdemokratischen und liberalen Lager wird von einigen konservativen Volksparteien zunehmend der Begriff „Politische Mitte“ proklamiert.

Sozialdemokratie

Viele sozialdemokratische Parteien distanzieren sich zunehmend von der Klassifizierung als „linke Partei“, um eine breitere Akzeptanz zu erreichen.

Im Godesberger Programm der deutschen SPD von 1959 wurde der Begriff links nicht explizit verwendet, im Berliner Programm heißt es lediglich rückblickend: „Die Sozialdemokratische Partei stellte sich in Godesberg als das dar, was sie seit langem war: die linke Volkspartei.“ Im Bundestagswahlkampf 1998 warb die SPD mit dem Schlagwort der „Neuen Mitte“. Im Oktober 2007 verabschiedeten Hamburger Programm definiert sie sich als „linke Volkspartei“[3]. Im vorangegangenen Bremer Entwurf vom Januar 2007 wurde die SPD noch zusätzlich als „Partei der solidarischen Mitte“ definiert[4].

Liberalismus

Der Liberalismus lässt sich anhand dieser Sichtweise kaum einer bestimmten politischen Orientierung zuordnen, weil er einerseits sehr stark die rechtliche Gleichstellung propagiert, leistungsbedingte soziale Unterschiede jedoch als Anreiz für persönliches Engagement befürwortet. Oftmals wird von den Liberalen dem Gegensatz elitär-egalitär der Gegensatz liberal-regulativ entgegen gesetzt. Liberale streben sowohl in Bereichen des persönlichen als auch im Bereich des wirtschaftlichen Lebens nach der größtmöglichen Selbstbestimmung und Eigenverantwortung des Individuums.

In Deutschland und anderen europäischen Staaten wird der parlamentarische Liberalismus aufgrund seiner Wirtschaftsnähe („Leistungsgerechtigkeit“) teilweise als politisch „rechts“ oder „bürgerlich“ eingestuft.

In den Vereinigten Staaten wird „liberalism“ aufgrund der Betonung auf gesellschaftliche Gleichstellung und Individualrechte eher als politisch „links“ angesehen (vergleichbar mit der europäischen Sozialdemokratie), während Liberale nach europäischem Verständnis eher als „fiscal conservative“ oder „libertarian“ (vgl. Libertarian Party) bezeichnet werden.

Sozialismus

Viele Europäische Sozialisten definieren sich mittlerweile direkt über das Attribut links. Dies kommt am deutlichsten darin zum Ausdruck, dass sich viele Parteien direkt als Linkspartei bezeichnen.

In Deutschland gab sich 2005 die Partei des Demokratischen Sozialismus den neuen Namen Die Linkspartei.PDS, durch Fusion mit der WASG entstand daraus 2007 die Die Linke.

In Österreich wurde 2000 von Trotzkisten die Sozialistische Linkspartei gegründet, die neben der älteren, größeren und bei Wahlen erfolgreicheren KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs) als weitere Partei links der Sozialdemokratie agiert. Derzeit konstituiert sich im Zuge der Vorbereitungen zur Nationalratswahl 2008 ein Linksprojekt, das nach dem Vorbild der deutschen Linkspartei linke sozialdemokratische und gewerkschaftliche sowie weitere links der SPÖ stehende Kräfte vereinigen soll.

Grüne

Die Grünen in den westlichen Ländern entstanden aus der Friedens- und Umweltbewegung und galten deshalb lange Zeit als links bzw. links-liberal. Allerdings hatte sich die grüne Partei in Deutschland zunächst mit rechten Strömungen in den eigenen Reihen (z.B. Herbert Gruhl) auseinanderzusetzen, schlug dann jedoch einen durch linke Strömungen (z.B. Ökosozialisten) beeinflussten Kurs ein. Mit den zunehmenden Regierungsbeteiligungen in den 1990er Jahren haben sie sich jedoch in einigen Ländern von radikal-pazifistischen Positionen verabschiedet und in Wirtschaftsfragen „neoliberalen“ Konzepten angenähert, was diese Einstufung in Frage stellt. Zuletzt vollzogen sich bei der grünen Partei in Deutschland innerparteilich ein Prozess der Klärung von Positionen in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen, infolgedessen wirtschaftsliberale Kräfte (z.B. Oswald Metzger) die Partei verließen.

Ökologische Positionen sind nicht notwendigerweise mit traditionell „linken“ Positionen verknüpft. So gelten zum Beispiel die Grünen in Lettland eher als konservativ, ebenso die odp in Deutschland. Die Bürgerrechtler des Bündnis 90, welches 1993 mit den gesamtdeutschen Grünen fusionierte, sahen sich zwar eher „links“, grenzten sich aber radikal von der PDS ab. Einige Mitglieder vertraten sogar rechtskonservative Positionen, wie zum Beispiel Vera Lengsfeld und Günter Nooke, die sich später in der CDU organisierten.

Wertung der Randbereiche

Aufgrund der Vielzahl an Parteien erfolgt im deutschsprachigen Raum an den Enden des politischen Spektrums eine zusätzliche Abstufung mittels der Attribute radikal und extrem, wobei letzteres als weiter von der Mitte „entfernt“ betrachtet wird.

Hieraus ergibt sich folgende Skala:

linksextrem – linksradikal – links – Mitte – rechts – rechtsradikal – rechtsextrem

Nach Seymour Martin Lipset und Earl Raab bedeutet Extremismus „Antipluralismus“ und die „Schließung des politischen Marktes“.[5] Hiernach ist für Lipset auch ein Extremismus der Mitte denkbar.

Siehe auch: Radikalismus, Extremismus, Rechtsextremismus, Linksextremismus, Rechtsradikalismus, Linksradikalismus

Alternative und ergänzende Attribute

Da das Modell des politischen Spektrums nur bedingt dazu geeignet ist, die Parteienlandschaft umfassend zu beschreiben, werden zusätzliche Attribute für die Einordnung herangezogen. Dabei werden die Parteien und Strömungen allgemein oder in Bezug auf ein bestimmtes Themenfeld Ideologien und politischen Konzepten zugeordnet.

Durch weitere Zusätze wird versucht, zusätzliche Nuancen zu setzen:

  • Mit dem Zusatz neo wird die Renaissance bereits bestehender Strömungen bezeichnet. Meistens sind die Ableger inhaltlich flexibler oder methodisch radikaler. Die Vorsilbe hat allgemein eine negative Konnotation und wird deswegen selten bei der Selbstbezeichnung verwendet. Siehe Neoliberalismus, Neokonservatismus.
  • Mit dem Zusatz wert wird die Einstellung von Parteien zu Fragen von Moral und Ethik bewertet (meist wertkonservativ, seltener wertliberal).
  • Da gerade das Konzept des Liberalismus auf sehr unterschiedliche Themenfelder bezogen wird, wird es besonders oft mit Zusätzen versehen (z. B. wirtschaftsliberal, wertliberal). Als sozialliberal bezeichnet sich zum Beispiel die Demokratische Partei der Vereinigte Staaten, in Deutschland bezeichnet „sozialliberal“ meist eine Koalition aus Sozialdemokraten und Liberalen.
  • Mit dem Attribut alternativ haben sich Strömungen und Konzepte der Umwelt- und Friedensbewegung selbst beschrieben. Damit sollte vor allem der radikale Bruch mit dem bestehenden politischen Establishment zum Ausdruck gebracht werden. Da sich die Bewegung mit den Grünen aber mittlerweile selbst etabliert hat und das Adjektiv keine inhaltliche Abgrenzung darstellt, wird es heute nur noch selten verwendet.
  • Gelegentlich werden bestimmte Parteien als populistisch bezeichnet, weil sie vermeintlich überwiegend mit populären Forderungen und weniger mit kohärenten Programmen um Unterstützung in der Bevölkerung kämpfen. In Österreich betrifft dies vor allem die als rechtspopulistisch bezeichnete FPÖ. In der Schweiz gilt die SVP als stark rechtspopulistisch. In Deutschland wird Die Linke als linkspopulistische Partei bezeichnet.
  • Das Attribut post dient zur Charakterisierung von Parteien anhand einer Vergangenheit, von der sie sich mehr oder weniger distanziert haben, z. B. beim Übergang von einer Diktatur zu einer Demokratie (Postkommunisten, Postfaschisten).
  • Das Präfix ultra soll ausdrücken, dass die Partei den benannten Aspekt in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt und hat damit eine ähnliche Bedeutung wie das Suffix extrem. Die häufigste Kombination ist ultranational. Aufgrund der negativen Konnotation wird es meist nur als Fremdbezeichnung benutzt (zum Beispiel ultranationalistisch für die Serbische Radikale Partei).

Kritik

Starke Vereinfachung

Ein Hauptkritikpunkt ist die extreme Vereinfachung der politischen Landschaft durch die Projektion verschiedener programmatischer Unterschiede auf eine einzige Achse. Darüber hinaus wird kritisiert, dass der Begriff Spektrum eine Kontinuität suggeriert (wie z. B. bei den Farbschattierungen des Lichtspektrums), obwohl auch ideologisch „benachbarte“ politische Strömungen klare Bruchlinien aufweisen können und die einzelnen politisch-ideologischen Ausrichtungen keineswegs immer bruchlos ineinander übergehen.

Korrelation zwischen Zielen und Methoden

Die Verwendung dieser Attribute stellt indirekt eine positive Korrelation zwischen der Radikalität von Ideen (d. h. wie sehr sie vom Status Quo abweichen) und der Vehemenz, mit der sie vertreten werden (latente oder offene Gewalt gegen Andersdenkende oder den Staat), her. Obwohl diese Korrelation naturgemäß in gewissem Maße gegeben ist (die Parteien der Mitte haben in der Regel die Unterstützung von Exekutive, Justiz und Medien und bedürfen selbst keiner extremen Maßnahmen), ist sie jedoch keineswegs zwingend. So gibt es moderate Gruppierungen mit radikalen Ideen und aggressive Verfechter allgemein akzeptierter Ansichten. Diesen Umstand versuchen linke und rechte Gruppierungen in jüngster Vergangenheit durch den Begriff Mitt-Extremismus (Extremismus der Mitte) zu verdeutlichen.

Alternative Modelle

Hufeisenschema

Das Hufeisenschema

Ein alternativer, aber ebenfalls stark vereinfachender Ansatz besteht darin, die politische Landschaft nicht als horizontale Gerade, sondern als offenen Kreis („Hufeisenschema“) zu sehen [6]. Durch diese Darstellung soll zum Ausdruck gebracht werden, dass sich die beiden Ränder in manchen Punkten näher sind als es der Rand zur Mitte ist. Hierbei werden jedoch partielle Übereinstimmungen in den Methoden über grundsätzliche Unterschiede bei den Zielen sowie beim Welt- und Menschenbild gestellt.

Politisches Wertedreieck

Politisches Wertedreieck

Speziell von den Liberalen wird das sogenannte „politische Wertedreieck“ als Modell angewandt. Hier gibt es nicht wie beim linearen Spektrum ein links und rechts, sondern ein Dreieck mit folgenden Werten als Eckpunkte:

  • Sicherung/Konservatismus – Bewährtes bewahren, Sicherung des Status Quo
  • Gleichheit/Sozialismus – auf Ausgleich innerhalb der Gesellschaft setzen
  • Freiheit/Liberalismus – mögliche Chancen nutzen und persönliche Freiheiten stärken

Der Vorteil dieses Modells liegt darin, dass man die Parteien innerhalb dieses Dreiecks genauer platzieren kann. Das Extreme ist hierbei nicht nur auf die drei Spitzen beschränkt, sondern auch auf den gesamten Rand der drei Dreiecksseiten.

Hoefelscher Parteienraum

Beim Hoefelschen Parteienraum werden Parteien in einem zweidimensionalen Raum verortet, der durch eine x- und eine y-Achse gebildet wird. Die x-Achse steht für den Grad der angestrebten ökonomischen Umverteilung (von sehr niedrig bis sehr hoch), die y-Achse für die angestrebte Orientierung der Entscheidungslast (zwischen den Extremen Staat und Individuum). In diesem Schema wird besonders der oben beschriebene Aspekt „Egalitär – Elitär“ (auf der x-Achse) und der Grad der „Liberalisierung“ (auf der y-Achse) berücksichtigt.[7]

Weitere Ansätze, politische Orientierungen zweidimensional über das Maß an ökonomischer und gesellschaftlicher Freiheit darzustellen, sind das Nolan-Diagramm und der Political Compass (en).

Politische Milieus

Statt der zweidimensionalen Polarisation eines politischen Spektrums bemüht sich die Erforschung von (politischen) Milieus um die Einteilung gesellschaftlicher Gruppen gemäß ähnlicher Werteorientierungen, Alltagseinstellungen und dem sozialen Status. Die bedeutendsten Studien zu (politischen) Milieus erstellt das Sinus-Institut (Sinus-Milieu). An die Stelle der links/rechts-Achse tritt die Orientierung an traditionellen Werten (Ordnung, Pflichterfüllung), Modernisierung (Individualisierung, Selbstverwirklichung) sowie Neuorientierung (Experimentierfreude, Leben in Paradoxien). Obwohl manche Milieus ihrer Bezeichnung nach mit bestimmten politischen Einstellungen in Verbindung zu bringen sind (z.B. "Konservative"), zielt die Sinus-Milieukartierung nicht vorrangig auf die Abgrenzung von in ihren politischen Haltungen möglichst homogenen Gruppen. [8]

Sitzordnung in einigen Parlamenten

Deutscher Bundestag

Beim Deutschen Bundestag wird die Sitzordnung vom Vor-Ältestenrat auf der Basis von Vorschlägen der Bundestagsverwaltung festgelegt. Der Vor-Ältestenrat besteht aus dem noch amtierenden Bundestagspräsidenten und den parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen des scheidenden Bundestages und Vertretern aller Fraktionen des neuen Bundestages.

Bei der Sitzordnung orientiert man sich traditionell am politischen Spektrum.

Aktuelle Sitzordnung des Deutschen Bundestages:

Die LinkeSPDBündnis 90/Die GrünenCDU/CSUFDP

Die FDP wurde 1949 rechts von den Unionsparteien platziert, da sie damals allgemein als rechtsliberal galt. Später wollte keine der beiden Seiten tauschen.[9]

Nationalrat (Österreich)

In Österreich hat die Sitzordnung des Parlamentes nichts mit der politischen Richtung der Parteien zu tun.

SPÖGrüneFPÖBZÖÖVP

Nationalrat (Schweiz)

SPGPS vorn, CVP hinten – diverse Kleinparteien vorn, FDP hinten – SVP

Quellen

  1. Jean A. Laponce: Left and Right, The Topography of Political Perceptions, Toronto Buffalo London 1981
  2. Netzeitung: Jeder dritte Deutsche fühlt „links“
  3. Hamburger Programm. Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (PDF)
  4. „Bremer Entwurf“ für ein neues Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Januar 2007 (PDF)
  5. Seymour Martin Lipset, Earl Raab: The Politics of Unreason: Right Wing Extremism in America, Chicago (Chicago University Press) 1978. ISBN 0226484572
  6. Uwe Backes: Politischer Extremismus in demokratischen Verfassungsstaaten. Elemente einer normativen Rahmentheorie. 1989
  7. Journal of Comparative Politics, 4/2004, Seite 101–104
  8. [http://www.sinus-sociovision.de/2/2-3-1-1.htm Milieukartierung des Sinus-Instituts 2007
  9. Jürgen W. Falter in der Süddeutschen Zeitung vom 17. August 2006

Weblinks


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