- Lycee
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Ein Gymnasium, teils auch Lyzeum, ist eine weiterführende Schule des sekundären Bildungsbereichs, die zur Hochschulreife führt. Der Beginn und die Länge der Ausbildung in einem Gymnasium hängt vom jeweiligen Schulsystem ab.
Wortherkunft
Gymnasium ist die latinisierte Form des griechischen γυμνάσιον, Gymnásion). Im alten Griechenland war ein „gymnásion“ ein Ort der körperlichen und geistigen Ertüchtigung für die männliche Jugend, wobei der körperliche Aspekt aber im Vordergrund stand. In den Gymnasien wurde nackt trainiert, was noch in der Herkunft des Wortes (griech. γυμνός gymnós „nackt“) wie auch bei Gymnastik (von griech. γυμνάζομαι gymnázomai „mit nacktem Körper turnen“) deutlich wird.
Lyzeum (Plural: Lyzeen) leitet sich vom Lykeion der Antike, einem dem Apollon Lykeios geweihten Hain bei Athen, in dem das berühmte Gymnasion des Aristoteles stattfand. Daher greift man später auf den Namen zurück, wenn man Schulen meint, die der „schöngeistigen“ Erziehung (höheren Bildung) dienen.
Der Name findet sich insbesondere in Süddeutschland und Österreich für Latein- und Gelehrtenschulen.
Ende des 19. Jahrhunderts nennt man dann im Deutschsprachigen schon ausdrücklich die Höhere Töchterschule, eine Mädchenschule, die die bisher nicht vorhandene höhere Bildung für weibliche Schüler ergänzt, ‚Lyzeum‘, um sie vom ‚Gymnasium‘ der Knaben, das sich ja auch auf sportliche Ertüchtigung im Sinne „gesunder Körper und gesunder Geist“ (Mens sana in corpore sano) bezieht – und Mädchensport war bis in die 1910er-Jahre undenkbar, allein schon wegen der Kleiderordnung, vom unzüchtigen Bezug auf Nacktheit ganz abgesehen. Der Name findet sich daher als Schulname für etliche Mädchengymnasien.
Ebenso wurden – in ähnlichem Kontext – auch Römisch-katholische Schulen so ganannt, aber auch Anstalten für das katholisch-theologische und philosophische Studium (siehe Lyzeum).
Der romanische Sprachraum kennt diese Unterscheidung nicht, und franz. Lycée (das französische Wort gymnase bedeutet ‚Turnhalle‘), ital. Liceo, span. Liceo, port. Liceu, rum. Liceu, und dann auch Übertragen in zahlreiche andere Sprachen, wie poln. Liceum, russ. Лицей Likej, serb. Лицеј Likej , türk. Lise, finn. lyseo/lukio, stehen allgemein für den deutschen Begriff Gymnasium im heutigen Sinne, oder trennt Gymnasium für Unterstufengymnasium/Sekundarstufe I, und Lyzeum für Oberstufengymnasium/Sekundarstufe II. – ebenso griechisch Λύκειο Lyekio / Γυμνάσιο Gymnasio, wobei hier zwei verschiedene Schulstufen bezeichnet werden
Im angelsächsischen Raum, und dem anglsächsisch beeinflussten Bildungssystemen weltweit ist der Ausdruck als solcher ungebräuchlich, und findet sich nur vereinzelt als Schulname, wenn auf klassisch-humanistische Bildung hingewiesen werden soll.
Historisches
Entwicklung der Gymnasien im deutschsprachigen Raum
Die Anfänge des gelehrten Unterrichts der Neuzeit waren im Mittelalter Klosterschulen und Stadtschulen. Dabei handelte es sich meist um kirchliche Einrichtungen, die vor allem der Ausbildung angehender Priester dienten. In protestantischen Gebieten wurden mit der Reformation im 16. Jahrhundert häufig auch diese Schulen zu Lateinschulen umgestaltet, deren Schulaufsicht zu den Landesfürsten oder den Räten der Stadt wechselte. Hauptziel der Schulausbildung blieb weiterhin der Erwerb lateinischer, zunehmend auch griechischer Sprachkenntnisse zur Bibellektüre. Die Bezeichnung als Gymnasium war sowohl für protestantische (Melanchthon) als auch katholische (Jesuitenschule) gelehrte Schulen, die zum Studium qualifizierten, in der frühen Neuzeit üblich. Erst mit dem Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert wurden zunehmend auch Deutsch, moderne Fremdsprachen (überwiegend Französisch) und Naturwissenschaften Unterrichtsfächer. Eine vorläufige Stärkung erhielt der klassische Unterricht nach 1800 durch den Neuhumanismus und Wilhelm von Humboldt. Eine Wende erfolgte im Deutschen Kaiserreich Ende des 19. Jahrhunderts durch Forderungen nach Bildung in Naturwissenschaften und modernen Fremdsprachen infolge des Welthandels und des Beginns der Moderne. In Preußen oder Deutschland führten seit 1900 humanistisches Gymnasium, Realgymnasium und Oberrealschule zum gleichberechtigten Abitur.
In der Weimarer Republik ergänzte die Richertsche Gymnasialreform dies durch die Deutsche Oberstufe. Im Nationalsozialismus fand eine starke Ideologisierung statt, wurde die Gymnasialzeit 1937 von neun auf acht Jahre verkürzt und der humanistische Gymnasialtyp weiter zurückgedrängt. Mit der deutschen Teilung spaltete sich die weitere Entwicklung: Im Westen wurde das neunjährige Gymnasium der Weimarer Republik wiederhergestellt, in der DDR wurde die Schulform als vierjährige Oberschule weitergeführt und nach der Schulreform 1959 durch die erweiterte Oberschule (EOS) ersetzt.
In Preußen wurde mit einem Erlass vom 12. November 1812 Gymnasium eine amtliche einheitliche Bezeichnung für unmittelbar zur Universität entlassende Schulen. Er geht auf eine Initiative Wilhelm von Humboldts zurück, die ein einheitliches höheres Niveau sichern sollte.
Siehe auch: Liste der ältesten Schulen im deutschen Sprachraum
Struktur von Gymnasien
Fachrichtungen
Nach den Fachprofilen unterscheidet man traditionell das
- humanistische Gymnasium (HG) mit Schwerpunkt bei den alten Sprachen (Latein, Altgriechisch). Das Interesse am altsprachlichen Unterricht nimmt gegenwärtig wieder zu, Lehrkräfte unterrichten teils fachfremd (F.A.Z., 21. April 2006).
- neusprachliche Gymnasium (NG) mit Schwerpunkt bei den neuen Sprachen (früher auch Athenäum oder Realgymnasium genannt) – siehe auch zweisprachiger Unterricht. Manchmal auch je nach erster Fremdsprache mit NGE (Englisch), NGL (Latein) oder NGF (Französisch) abgekürzt.
- Mathematisch-naturwissenschaftliche Gymnasium (MNG, früher: Realoberschule oder Oberrealschule, in Österreich Realgymnasium, in Bayern seit 2003: Naturwissenschaftlich-technologisches Gymnasium (NTG), da Mathematik in allen Fachprofilen gleich intensiv unterrichtet wird).
Häufig sind das mathematisch-naturwissenschaftliche und neusprachliche Profil kombiniert. In manchen Ländern (zum Beispiel Nordrhein-Westfalen) ist diese Unterteilung offiziell aufgehoben und lebt höchstens insoweit fort, als einige Traditionsschulen im Rahmen der allgemein verbindlichen Regelungen ein eigenes Profil pflegen, zum Beispiel nur Latein als erste Fremdsprache anbieten. In anderen Ländern werden die Fachprofile durch unterschiedliche Stundentafeln mit Leben gefüllt. In Bayern sind humanistisches und neusprachliches Gymnasium zum Sprachlichen Gymnasium zusammengefasst.
Spezielle Profile haben das
- europäische Gymnasium mit Schwerpunkt auf Sprachen, drei Fremdsprachen werden gelehrt, eine vierte ist als Wahlpflichtfach möglich;
- musische Gymnasium (MuG) mit Schwerpunkt auf Deutsch, Kunst und Musik mit einem Pflichtinstrument;
- Musikgymnasium;
- Sportgymnasium;
- sozialwissenschaftliche Gymnasium (SWG);
- Wirtschaftsgymnasium (WG) mit Schwerpunkt auf den Fächern BWL und Sprachen;
- ernährungswissenschaftliche Gymnasium mit Schwerpunkt in den Fächern Chemie und Biologie;
- technische Gymnasium;
- wirtschaftswissenschaftliche Gymnasium (WWG);
- Gymnasien mit dem Abschluss International Baccalaureate;
- Gymnasium Laucha an der Unstrut (Schwerpunkt Luft-/Raumfahrt)
sowie
- berufliche Gymnasien (zum Beispiel technisches Gymnasium, Wirtschaftsgymnasium, ernährungswissenschaftliches Gymnasium, agrarwissenschaftliches Gymnasium, biotechnologisches Gymnasium etc.).
- Gymnasiale Oberstufe des Zweiten Bildungsweges: Abendgymnasium und Kolleg
Im Gegensatz zum Unterricht in den Gymnasien sind die Fachoberschule (FOS) mit dem Abschluss der Fachhochschulreife und die Berufsoberschule mit dem Abschluss der Allgemeinen Hochschulreife praxisnäher und stärker berufsbezogen.
Gliederung
Der gymnasiale Bildungsgang gliedert sich nach dem klassischen Modell (G9) in
- Sekundarstufe I (Klassen fünf/sieben bis zehn) und
- Sekundarstufe II oder Oberstufe (Klassen elf bis zwölf oder elf bis dreizehn, je nach Dauer der Schulzeit), oft als reformierte Oberstufe
Mit der Einführung des achtjährigen gymnasialen Ausbildungsganges (G8) in allen Ländern ändert sich in mehreren Ländern die Gliederung in
- Sekundarstufe I (Klassen fünf bis neun) und
- Sekundarstufe II (Klassen zehn bis zwölf).
Die Klassen fünf bis sechs haben in manchen Ländern als Orientierungsstufe einen Sonderstatus, der den Wechsel zwischen verschiedenen Schulformen erleichtern soll. Da aber beim Modell G8 die zweite Fremdsprache am Gymnasium bereits in der Klassenstufe sechs einsetzt, wird dieser Wechsel zukünftig nicht mehr hin zum Gymnasium funktionieren.
Nach überwiegender Nomenklatur gliedert sich die Sekundarstufe I in
- Unterstufe (Klassen fünf bis sieben, demnächst fünf bis sechs) und
- Mittelstufe (Klassen acht bis zehn, demnächst sieben bis neun).
In Österreich unterscheidet man ebenfalls nur Unterstufe (fünf bis acht) und Oberstufe (neun bis zwölf). In Hessen dagegen heißen in offiziellen Texten die Klassen fünf bis zehn Mittelstufe, da der Begriff Unterstufe als deutsche Übersetzung von „Primarstufe“ angesehen wird. In Hamburg erstreckt sich die Unterstufe traditionell auf die fünfte und sechste Klasse, daran schließt sich die Mittelstufe an.
Wer die zehnte Klasse (oder neunte bei G8) des Gymnasiums erfolgreich abschließt, erwirbt in einigen Bundesländern neben der Berechtigung zum Besuch der Oberstufe (Oberstufenreife) auch den mittleren Schulabschluss der Realschule (Mittlere Reife) ohne weitere Abschlussprüfung, in anderen Ländern muss dafür eine Externenprüfung an einer Realschule abgelegt werden.
Mit Beginn des Schuljahres 2006/2007 wird in Nordrhein-Westfalen am Ende der Mittelstufe eine zentrale Abschlussprüfung stattfinden mit schriftlichen Prüfungen in den Fächern Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache.
Die Sekundarstufe II bildet die gymnasiale Oberstufe; sie ist häufig als Kurssystem ausgestaltet.
Die Oberstufe enthält neben der elften Klasse auch die Kollegstufe, in der die Schüler ihre Schwerpunkte auf ein Haupt- und ein Nebenfach legen können. Diese beiden Fächer werden auch mit besonderem Augenmerk in der Abiturprüfung abgefragt. Hauptvorteil der Schwerpunktsetzung ist für die meisten Schüler die Abwahl einer Fremdsprache oder einer Naturwissenschaft. In Rheinland-Pfalz nennt man die Oberstufe Mainzer Studien-Stufe, in der als Besonderheit die Leistungskurse schon ab Klasse elf beginnen und ab Klassenabschnitt elf/zwei ins Abitur eingehen. Es gibt hier drei Leistungskurse von denen einer zum Abitur hin auf Grundkurs abgestuft wird.
Bezeichnungen der Jahrgangsstufen
An den deutschen Gymnasien wurden traditionell die Jahrgangsstufen fünf bis dreizehn (oder zwölf) mit absteigenden lateinischen Zahlwörtern bezeichnet, wobei von der Abschlussklasse aus (prima = erste) nach unten (sexta = sechste) gezählt wurde. Ursprünglich gab es nur sechs Klassen, die später weiter unterteilt wurden.
- Sexta (unterste Jahrgangsstufe = fünf)
- Quinta
- Quarta
- Tertia (später: Untertertia und Obertertia)
- Sekunda (später: Untersekunda und Obersekunda)
- Prima (später Unterprima und Oberprima) (letzte Jahrgangsstufe = dreizehn)
In Österreich ist einfach 1. bis 8. Klasse Gymnasium oder Mittelschule üblich.
Zulassung
In den meisten deutschen Bundesländern entscheiden die Eltern über den Besuch der weiterführenden Schule. Selten wird die Grundschulempfehlung verpflichtend gemacht, was vor dem Hintergrund der Ergebnisse der IGLU-Studie auch wenig sinnvoll wäre: Etwa die Hälfte der Empfehlungen bilden sich in den späteren Abschlüssen nicht ab. Eltern entscheiden sich häufig gegen die Grundschulempfehlung (30 Prozent senden ihre Kinder an eine höheren Schulform, 15 Prozent auf eine niedrigere Schulform). Eltern, die sich gegen die Empfehlung richten, haben meist recht (siehe Gutachten des DIPF zur Oriertierungsstufe in Niedersachsen sowie die Zahlen aus den Gesamtschulen). Aber selbst wenn sich die Eltern an die Empfehlung halten, ist der zukünftige Lernweg nicht gesichert, was an den Zahlen zur Abschulung und zum Sitzenbleiben deutlich wird. (Siehe auch: Lehrerempfehlung)
Gymnasiallehrer
Gymnasiallehrer werden in Österreich (bis 1918 auch im Deutschen Reich) meist mit „Professor“ angeredet, obwohl diese Bezeichnung streng genommen pragmatisierten (verbeamteten) Lehrern vorbehalten ist. Diese Anrede war lange noch auch in Bayern üblich („Klassprofessor“), ist aber nach 1968 allmählich untergegangen.
Gymnasien und Lyzeen in verschiedenen Ländern
Bundesrepublik Deutschland: Gymnasium
In der Bundesrepublik Deutschland besteht das Gymnasium als ein Bildungsgang im gegliederten Schulsystem Deutschlands, der „Schülerinnen und Schülern eine vertiefte allgemeine Bildung“[1] vermittelt, wenn die Sonder- beziehungsweise Förderschulen außer Betracht gelassen werden. Andere Schulformen (zum Beispiel Berufskollegs) benutzen die Bezeichnung Gymnasiale Oberstufe. Mit der Bezeichnung Höhere Schule war früher ausschließlich das Gymnasium gemeint; heute schließt die umgangssprachliche Bezeichnung auch andere Schulformen ein. Ein Gymnasium für Mädchen hieß früher Lyzeum.
In Deutschland beginnt das Gymnasium in den meisten Ländern mit der Klasse fünf (Sexta), in Berlin und Brandenburg nach Beendigung der sechsjährigen Grundschule. In Mecklenburg-Vorpommern besuchen die Schüler seit 2006 gemeinsam in der fünften und sechsten Klasse die Regionale Schule. In Niedersachsen existierte seit Mitte der 1970er Jahre bis zum 1. August 2004 eine Orientierungsstufe in Klasse fünf und sechs für alle Schüler. Die Gymnasien begannen in dieser Zeit erst mit Klasse sieben.
Die reguläre Dauer der Ausbildung an einem Gymnasium bis zum Abitur (Allgemeine Hochschulreife) betrug in der Regel neun Schuljahre (Abschluss nach Jahrgangsstufe dreizehn). In Sachsen und Thüringen blieb es auch nach dem Beitritt zur Bundesrepublik bei acht Schuljahren, also Abschluss nach Jahrgangsstufe zwölf. Seit 2004 stellen alle Länder auf die achtjährige Gymnasialzeit (Abitur in der zwölften Klasse, verkürzter Bildungsgang (G8)) um. In Rheinland-Pfalz gibt es seit dem Abiturjahrgang 2002 nach einer verkürzten Schulzeit das Abitur nach zwölfeinhalb Jahren Gesamtschulzeit.
Die Lehrpläne oder Rahmenpläne für die Gymnasien der Kultusministerien legen in einigen Ländern grundsätzliche Ausbildungsinhalte und ihre Platzierung im Curriculum nach definierten Zweigrichtungen fest. In anderen Ländern sind die traditionellen Zweige durch Wahlmöglichkeiten der Schüler abgeschafft.
Je nach Schulfinanzierung oder Personalaufwandsträger wird zwischen staatlichen, kommunalen und privaten (auch kirchlichen) Gymnasien unterschieden. Von den privaten beziehungsweise kirchlichen Gymnasien führen staatlich anerkannte als auch staatlich genehmigte zur Abiturprüfung. Aufgrund der Schulfinanzierungsgesetze werden aber alle privaten Gymnasien zu etwa 65 bis 85 Prozent aus öffentlichen Geldern finanziert.
In der DDR wurde 1959 die polytechnische Oberschule (POS) eingeführt, die 10 Klassenstufen umfasste. Auf sie folgte anfangs ab der neunten Klasse, ab 1983 mit der elften Klasse die vier- beziehungsweise zweijährige Erweiterte Oberschule. Die Alliierten haben nach dem Zweiten Weltkrieg in der Direktive Nr. 53 von 1947 den Aufbau eines gesamtschulartigen Schulsystems gefordert, in dem für das traditionelle Gymnasium kein Platz mehr gewesen wäre. In der DDR wurde daher damals schon die Erweiterte Oberschule zur Erlangung der Hochschulreife eingeführt. In den fünf neuen Bundesländern und in Ost-Berlin wurde nach deren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland 1990 das Gymnasium wieder eingeführt.
Im Schuljahr 2005/2006 bestanden in Deutschland 3096 Gymnasien (24 weniger als im Vorjahr) mit 2,43 Millionen Schülern (etwa 27.000 mehr als im Vorjahr). Die Schüler wurden in 62.430 Klassen von 163.500 Lehrkräften (davon etwa 73,6 Prozent Frauen) unterrichtet.
Siehe auch: Deutsches Bildungssystem
Schweiz: Kantonale Benennungen
In der Schweiz wird das Gymnasium (Sekundarstufe II) in einigen Kantonen als Kantonsschule bezeichnet, in anderen aber als Gymnasium. Französischsprachige Kantone nennen das Gymnasium Gymnase, Collège (Kollegium) oder selten noch Lycée (Lyzeum) in Anlehnung an die französische Schulform. Siehe: Kantonsschule.
In der Schweiz gab es im Jahr 2003 170 Gymnasien mit 63.400 Schülern. Seit 1993/1994 ist der Frauenanteil größer als der Männeranteil und beläuft sich mittlerweile (Stand: 2003/2004) auf 56 Prozent. 2004 wurden rund 16.000 Maturitätszeugnisse ausgestellt (Daten IDES 2004/2005).
Siehe auch: Schweizer Bildungssystem
Österreich: Gymnasium/AHS (Mittelschule)
In Österreich wird die allgemeinbildende höhere Schule (AHS) als Gymnasium oder Mittelschule bezeichnet.
Die klassischen Typen des Gymnasiums (in eigentlichen Sinne) in Österreich sind:
- akademisches Gymnasium, das humanistische Fächer (insbesondere die Kultursprachen Latein und Altgriechisch) als Schwerpunkt hat;
- neusprachliches Gymnasium mit Fokus auf lebende Fremdsprachen (vor allem Französisch, Italienisch und Spanisch)
Daneben gibt es Sonderformen als AHS mit Schwerpunkt auf andere Bereiche und im Rahmen der Schulautonomie abweichendem Fächerkanon;
- Realgymnasium mit Schwerpunkt auf Naturwissenschaften;
- wirtschaftskundliches Realgymnasium mit Schwerpunkt auf ökonomische Fächer.
- Eine Sonderform stellen in Österreich Gymnasien des Schultyps Werkschulheim (Realgymnasium mit handwerklicher Ausbildung) dar, die in der gymnasialen Oberstufe eine parallele Handwerksausbildung vermitteln (wie zum Beispiel das Werkschulheim Felbertal und das Evangelische Gymnasium mit Werkschulheim in Wien).
- Eine weitere moderne Form des Gymnasiums ist das musische Gymnasium mit Schwerpunkt auf kulturschaffende Disziplinen (Musik, Bildnerischer Erziehung, Theater, Tanz, …), in denen auch maturiert wird.
- Sportgymnasium, höhere Schule für Sportler, sie soll jugendlichen Leistungssportlern die Möglichkeit bieten, bei verminderter Wochenstundenzahl parallel zu ihrem sportlichen Training und ihren Wettkampfeinsätzen eine AHS zu besuchen und an dieser zur Reifeprüfung zu gelangen (speziell auch in Österreich: Skigymnasium).
In Österreich existieren derzeit 327 Gymnasien, Realgymnasien und Oberstufenrealgymnasien.
Das Gymnasium ist in zwei Abschnitte mit jeweils meist vier Jahren gegliedert:
- Unterstufe (fünfte bis acht Schulstufe)
- Oberstufe (neunte bis zwölfte Schulstufe), selten auch fünfjährig mit dreizehnter Schulstufe
In den 1960er Jahren waren Bestrebungen im Gange, die normale allgemeinbildende höhere Schule auf neun Jahre auszudehnen. Dies wurde auch zwei Jahre durchgeführt. Dieses Vorhaben wurde dann aber wieder aufgegeben.
Die Notenskala in Österreich umfasst fünf Noten: sehr gut (1), gut (2), befriedigend (3), genügend (4), nicht genügend (5).In einem Gymnasium werden sowohl Unter- als auch Oberstufe angeboten, in einem Oberstufenrealgymnasium nur die Oberstufe. Sowohl Unter- als auch Oberstufe sind in Klassen gegliedert. Die Nummerierung der Klassen beginnt üblicherweise mit jeder Schule neu, das heißt die fünfte Schulstufe im Gymnasium entspricht der ersten Klasse, und läuft im Gymnasium bis zur achten (neunten) Klasse, die die Matura ablegt.
Der Übertritt von der Hauptschule in ein Gymnasium ist möglich, wenn der Schüler die Fächer Deutsch, Mathematik und lebende Fremdsprache in der besten Leistungsgruppe besucht hat und alle anderen Fächer mit „befriedigend“ (3) oder besser beurteilt wurden. In der fünften Schulstufe wird als erste lebende Fremdsprache meist Englisch gelehrt. Im humanistischen und neusprachlichen Profil wird diese in der siebten Schulstufe durch eine zweite Fremdsprache ergänzt (zum Beispiel Latein, Italienisch, Französisch, Spanisch, Kroatisch) oder man wählt jenen Schulzweig, der sich mehr auf Mathematik und die Naturwissenschaften bezieht (Realgymnasium). Die Unterstufe des Realgymnasiums entspricht von den Fächern her weitgehend der Hauptschule.
Zu Beginn der Oberstufe wird in allen Zweigen eine weitere Sprache angeboten – eine zweite Sprache im Realgymnasium, eine dritte in neusprachlichen und humanistischen Gymnasien. Dabei handelt es sich meist um die Sprachen Französisch, Italienisch, Latein oder Spanisch, im humanistischen Gymnasium Altgriechisch, Russisch oder Französisch. Ab der zehnten Schulstufe können die Schüler außerdem eigene Schwerpunkte setzen. Dazu müssen sie ein begrenztes Stundenkontingent in Wahlpflichtgegenstände investieren. Diese sechs Wahlpflichtfachstunden sind über die elfte und zwölfte Schulstufe (siebte und achte Klasse) zu verteilen. Schüler können auf freiwilliger Basis auch mehr als sechs Stunden investieren, jedoch muss das von der Schulleitung genehmigt werden. In der elften und zwölften Schulstufe können sich die Schüler üblicherweise zusätzlich zwischen den Fächern Musikerziehung und Bildnerische Erziehung entscheiden. Diese Entscheidung ist wichtig, wenn ein Schüler in einem dieser Gegenstände maturieren will. In jenem Fach, das ein Schüler nicht wählt, kann dieser keine Matura machen.
Siehe auch: Bildungssystem in Österreich
Italien: Liceo
In Italien gibt es fünf Arten von Gymnasien (Liceo):
- Das humanistische Gymnasium (Liceo Classico) legt seinen Schwerpunkt auf den humanistischen Bereich und auf die alten Sprachen Latein und Griechisch.
- Das Realgymnasium (Liceo Scientifico) hat seinen Schwerpunkt im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich.
- Das Pädagogische Gymnasium (Liceo Pedagogico Sociale) ist auf Pädagogik und Sozialwesen ausgerichtet.
- Das neusprachliche Gymnasium (Liceo Linguistico) hat seinen Schwerpunkt im Bereich der modernen Fremdsprachen.
- Das Kunstgymnasium (Liceo Artistico) legt seinen Schwerpunkt auf Kunsterziehung.
Die ersten vier Gymnasien haben gemeinsam, dass sie eine gute Basis an Allgemeinwissen vermitteln, Latein lehren und auf ein weiterführendes Studium ausgerichtet sind. Das Kunstgymnasium lehrt kein Latein und der allgemeinbildende Anteil ist gegenüber dem künstlerischen zweitrangig.
Siehe auch: Italienisches Schulsystem
Liechtenstein: Gymnasium
Liechtenstein unterhält das Liechtensteinische Gymnasium.
Siehe auch: Bildungssystem in Liechtenstein
Frankreich: Lycée
In Frankreich heißt die Entsprechung des Gymnasiums deutschsprachiger Länder Lycée und bereitet auf das Baccalauréat vor, welches für unterschiedlichste wissenschaftliche Fächer sowie berufliche Tätigkeiten herausgegeben wird. In Frankreich verfügen deshalb rund 40 Prozent der arbeitstätigen Bevölkerung über einen solchen Abschluss. Das Besondere am französischen System ist, dass das Baccalauréat trotz gymnasialer Ausbildung ein Universitätsschulabschluss ist: Die Abschlussprüfungen werden von der Universität geleitet, und die Prüfungsleistung hat erhebliche Konsequenzen für das spätere Studium.
Siehe auch: Französisches Schulsystem
Niederlande: Gymnasium, Atheneum
Siehe: Bildungssystem in den Niederlanden
Polen: Gimnazjum – Liceum
Seit der polnischen Bildungsreform 1999 folgt auf die Grundschule (szkoła podstawowa) (sechs Jahre) zunächst eine Mittelschule mit der Bezeichnung gimnazjum (drei Jahre), deren Besuch für alle Schüler verpflichtend ist. Danach kann an einem liceum (Oberschule – verschiedene Varianten) in weiteren drei Jahren die Hochschulreife erworben werden. Vor 1999 gab es das gimnazjum nicht, statt dessen schlossen das liceum (vier Jahre) und andere weiterführende Schulformen direkt an die Grundschule (acht Jahre) an.
Tschechien: Lyceum
Lyceum, eine Oberstufenschule, die eine Mischform zwischen Realgymnasium und technischer Schule darstellt.
Griechenland/Zypern: Gymnasio – Lykeio
In Griechenland[2][3] und Zypern ist das Gymnasio Γυμνάσιο ist die gemeinsame Sekundarstufe I/Unterstufe für alle Schüler, und reicht vom Alter 12 bis 15, mit dem Esperino Gymnasio (Abendgymnasium) als Sonderform. Das griechisch Γενικό Λύκειο, Geniko lykeio ‚Allgemeines Lyzeum, Gesamtschule‘) schließt als Sekundarstufe II/Oberstufe im allgemeinbildenden Sektor an, daneben gibt es die Tehnika Epangelmatika Ekpedeftiria TEE (Berufbildungseinrichtungen). Diese Typen gibt es seit der Schulreform 1997/98.
Türkei: Lise
Auch in der Türkei wird eine Art der weiterführende Schule (zwischen Grundschule und der Universität) als Lise bezeichnet (wobei der Ursprung das französische Wort lycée ist). Sie dauert vier bis fünf Jahre, je nach Schultyp, und schließt mit dem Öğrenci Seçme Sınavı (ÖSS) als Studienberechtigungsprüfung ab.
Literatur
- Fritz Blättner: Das Gymnasium. Aufgaben der höheren Schule in Geschichte und Gegenwart, Heidelberg: Quelle & Meyer, 1960.
- Torsten Gass-Bolm, Das Gymnasium 1945–1980 : Bildungsreform und gesellschaftlicher Wandel in Westdeutschland, Göttingen: Wallstein, 2005, ISBN 3-89244-869-8.
- Martina G. Lüke: Zwischen Tradition und Aufbruch. Deutschunterricht und Lesebuch im Deutschen Kaiserreich. Frankfurt am Main: Lang, 2007, ISBN 978-3-631-56408-0.
- Margret Kraul, Das deutsche Gymnasium 1780–1980, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1984.
- Eckart Liebau, Wolfgang Mack, Christoph Scheilke (Hrsg.): Das Gymnasium: Alltag, Reform, Geschichte, Theorie, Weinheim; München: Juventa-Verl., 1997, ISBN 3-7799-0357-1.
Siehe auch
- Kategorie Gymnasium – Liste von Gymnasien
- Kategorie Gymnasiales System
- Gymnasialer Zweig
- Gymnasiale Oberstufe, Oberstufe
- Gymnasiallehrer
- Gymnasialprofessor
- Berufliches Gymnasium
- Zweisprachiger Unterricht
- Gesamtschule
- Mittlere Reife, Hochschulreife
- Internat, Konvikt, Schulkarzer
- Primus, Primus Omnium, Mulus
- Deutschunterricht, Mathematikdidaktik, Englischunterricht, Französischunterricht, Lateinunterricht, Griechischunterricht, Geschichtsunterricht, Biologiedidaktik, Chemieunterricht, Physikdidaktik, Kunstpädagogik, Musikpädagogik, Sportunterricht, Religionsunterricht, Didaktik der Philosophie, Darstellendes Spiel
Einzelnachweise
- ↑ KMK-Vereinbarung über Schularten und Bildungsgänge, 2006
- ↑ Das griechische Bildungssystem - Eine kurze Einführung, dynot.net
- ↑ Vasileia Vretakou, Panajotis Rouseas: Das Berufsbildungssystem in Griechenland. Kurzbeschreibung (pdf)
Weblinks
- Daten des Statistischen Bundesamts
- Rolf Jüngermann: Zu der verheerenden Rolle des Gymnasiums im deutschen Schulwesen In: www.linksnet.de/artikel.php?id=2890
- Schweiz
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