Asketentum

Asketentum

Askese (gr. ασκησις askesis, von ασκεω askeo „üben“, „sich befleißigen“), gelegentlich auch Aszese, bezeichnete ursprünglich die mit der Zugehörigkeit zu einer philosophischen Schule oder einem religiösen Kult verbundenen praktischen Handlungen, dabei insbesondere spirituelle Übungen (Konzentration und Meditation).

Allgemein und weltanschaulich neutral versteht man unter Askese den Verzicht auf sinnliche Genüsse und Vergnügungen zugunsten der Erreichung eines als höherwertig oder innerlich befriedigender erachteten Ziels. In einem engeren Sinn versteht man darunter die religiös oder weltanschaulich motivierte Enthaltsamkeit, insbesondere den Verzicht auf Genuss von Rauschmitteln (Abstinenz), das Fasten und die sexuelle Enthaltsamkeit.

Zu unterscheiden ist ferner zwischen individueller und kollektiver Askese. Ein Beispiel für letztere ist im Islam das Fasten während des Ramadans. Die individuelle Askese basiert hingegen auf einer freien Entscheidung und ist eine besondere Leistung – ein Asket verzichtet, aber er dürfte, wenn er wollte.

Askese im Bereich der Sexualität hat das Ideal absoluter Keuschheit. Im Gegensatz dazu steht die Libertinage, die das Ideal der freien Liebe propagiert.

Inhaltsverzeichnis

Der Asket als Außenseiter

Nach Ansicht des Schriftstellers Octavio Paz beinhaltet Askese immer den Verzicht auf etwas, das von einer gesellschaftlichen Mehrheit für normal gehalten wird. Wie der Libertin gehöre der Asket daher immer zu einer sozialen Minderheit.[1]

Demgemäß ist der Verzicht auf Dinge, die in einer bestimmten Kultur als unrein oder unerlaubt gelten oder nicht vorhanden sind, keine Askese, so beispielsweise Schweinefleisch in Israel und Alkohol in Saudi-Arabien. Sexuelle Enthaltsamkeit als Folge einer unbewussten Sublimierung fällt ebenso nicht unter diesen individuumszentrierten Begriff der Askese.

Arten von Askese

Askese wird verstanden hinsichtlich

  1. des eigenen Körpers
    1. Nahrungsaskese
    2. sexuelle Enthaltsamkeit oder Zölibat
    3. Vernachlässigung der Körperpflege (kein Waschen etc.)
    4. Missachtung der körperlichen Bedürfnisse (Schlaf, Wärme)
  2. der äußeren Lebensgrundlagen (Verzicht auf Eigentum)
  3. der eigenen Persönlichkeit (eigenes Aufgehen in einer Gemeinschaft und/oder einer übergeordneten Wesenheit, z. B. Gott)
    1. Kommunikationsverzicht (Schweigegebot)
    2. Isolation (Klausur, Einzelzelle)
    3. Heimatlosigkeit (Wanderprediger, Bettelmönche)
    4. Gebundenheit (Gehorsam, Mobilitätsverzicht)

Gründe für Askese

Askese kann ein Zweck als solcher, kann aber auch mit einem konkreten Ziel verbunden sein, wie beispielsweise Fasten, um geistige Klarheit für eine wichtige Entscheidung zu gewinnen.

Ebenso wird Askese aus Solidarität mit Notleidenden praktiziert, beispielsweise in der Fastenzeit, wobei das gesparte Geld dann z. B. an eine Entwicklungshilfeorganisation gespendet wird.

Askese ist oft mit einer grundsätzlich negativen Sicht auf die Welt so wie sie ist und die eigene Person so wie sie ist verbunden. Ein solcher Asket beabsichtigt, sich durch seine asketischen Übungen zu bessern und von den Unvollkommenheiten der Welt zu lösen; und in manchen Religionen, sich schließlich ganz davon zu erlösen.

Andererseits gibt es auch Askese, die der Lebensfreude und dem Genuss zu anderen Zeiten nicht negativ gegenübersteht: In diesem Fall ist die Absicht hinter der Askese, von diesem Genuss nicht abhängig zu werden oder den Genuss nicht zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen. Die Mystikerin Theresa von Ávila hat das verdeutlicht mit „Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn, wenn Fasten, dann Fasten“.

Geschichte

Eine Reihe religiös-ethischer Systeme standen der Askese fremd gegenüber, z. B. manche Naturreligionen (siehe dazu besonders: Initiation), Zoroastrismus oder Konfuzianismus.

Askese in Asien

Das vermutlich älteste von Askese geprägte System ist der Hinduismus. Bereits die Indus-Kultur kannte vermutlich Asketen. Sie treten auf als Yogis, Sadhus oder Sannyasins, teils als Anhänger des Tantrismus. Ein Element des Jainismus besteht aus einer Fastentradition. Auch Mahatma Gandhi, der allerdings Hindu war, fastete.

Auch der Buddhismus versteht sich in seiner Vergangenheit und Gegenwart als Bewegung der Askese, wie am Leben Buddhas und der von ihm gegründeten Mönchsgemeinschaften abzusehen ist. Von nur einer Mahlzeit am Tag über das Schlafen in sitzender Stellung unter freiem Himmel bis zu den Selbstverbrennungen von Mönchen während des Vietnamkrieges reichen die asketischen Lebensäußerungen. Allerdings lehnt der Buddhismus extreme Askeseformen im Normalfall ab. Er fordert keine Askese im Sinne einer entsagenden oder bußfertigen Lebenshaltung, sondern eine pragmatische Haltung der Mitte, die alle Extreme, Selbstkasteiung ebenso wie Zügellosigkeit, meidet.

Griechische und römische Antike

Der Begriff Askese bedeutet ursprünglich Übung oder Training und bezog sich auf das Exerzieren der griechischen Soldaten bzw. die Lebensweise der Athleten.

Die Lebensweise der Kyniker führte wohl bestimmte asketische Züge auf, nämlich Triebbeherrschung, Armut und Heimatlosigkeit, da sie darin aber einen unmittelbaren Lustgewinn sowie eine Zerstörung etablierter Strukturen sahen, wird diese nicht zur Askese gezählt.

Ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. finden sich deutlich mit dem Verzicht und Weltverneinung einhergehende Züge, die mit der Gnosis und dem Neuplatonismus einhergehen. Die in die Extreme gehende Gnosis gebietet ihren Anhängern entweder radikale Enthaltsamkeit oder weitestgehende sexuelle Freizügigkeit.

Der Manichäismus als ein auf der Dualität von Licht und Finsternis basierendes System funktionalisiert die Askese mit dem Ziel, vollkommene Absage an die Welt zu erreichen. Manis drei Siegel sind

  1. das des Mundes: Verzicht auf Fleisch, Fisch, Wein und Alkohol
  2. das der Hände: Verzicht auf Arbeit
  3. das des Leibes: Verzicht auf Fortpflanzung

Der griechische und römische Kultus begreift Fasten und sexuelle Enthaltsamkeit als einen Bestandteil des Ritus, um auf die Götter einwirken zu können (siehe: Mysterien von Eleusis), daher kann in diesem Zusammenhang von einer Askese im engeren Sinn nicht gesprochen werden.

Anders dagegen die philosophischen Schulen: Bei den Pythagoreern etwa bedingte die Zugehörigkeit zum inneren Kreis der Sekte die Befolgung vielfältiger Regeln für Reinheit, Speise und Verhalten. Für die Stoa war der Begriff der Askese zentral, allerdings im ursprünglichen Wortsinn als eine beständige Übung, mit deren Hilfe das Ziel des Stoikers, nämlich die Befreiung aus der Knechtschaft von Leidenschaft und Begierde, erreicht werden sollte.

Kollektive Askese

Um Askeseübungen für ganze Gesellschaften möglich zu machen, gestalten zahlreiche Weltreligionen eine Reihe periodischer Askeseformen, wobei bestimmte Zeitabschnitte als Buß-, Fasten- oder Trauerzeiten begangen werden.

Judentum

Das Judentum, eine grundsätzlich eher weltbejahende Religion, weist bestimmte asketische Züge auf, insbesondere bezüglich des Studiums der Heiligen Schrift. Am Versöhnungstag (Jom Kippur) wird auf Essen und Trinken verzichtet.

Fasten kommt auch als geistliche Vorbereitung vor, oder um Gott zu zeigen, dass man es mit einer Sache ernst meint.

Nasiräer waren diejenigen, die ihr natürliches Leben (z. B. Genuss von Wein, Schneiden des Haares) zugunsten des Torastudiums zurückstellten, während ihres ganzen Lebens oder während einer bestimmten Zeit. Im Alten Testament wird der Verzicht auf einen festen Wohnsitz erwähnt (siehe Rekabiter).

Islam

Die islamische Lebensweise versteht sich in bestimmten Zügen als asketische Lebensweise. Askese entspricht wörtlich der Grundbedeutung des arabischen Begriffs Dschihad (Heiliger Krieg, eigtl.: „Bemühung“). Dem Begriff kleiner Dschihad, der die eigentliche Kampfhandlung meint, wird dabei von den Sufis auf den großen Dschihad übertragen, der den Kampf gegen die eigenen niederen Triebe zum Inhalt hat (siehe auch: nafs), um den weltlichen (dunya = „Welt“) Verlockungen zu widerstehen.

Besonders in der muslimischen Askese bildeten sich Gruppierungen, wie die verschiedenen Sufiorden (Tariqas), deren Anhänger als Derwische oder Fakire bezeichnet werden. Die Sufis suchen mittels Askese und täglicher regelmäßiger Meditation (dhikr, das bedeutet Gedenken, also Gedenken an Allah, bzw. Dhikrullah), Allah nahe zu kommen oder mit Allah schon im irdischen Leben eins zu werden. Sie verfolgen dabei den Grundsatz zu sterben bevor man stirbt.

Christentum

Das Christentum kennt die Askese wohl; es gibt eine christliche Askese. Das Christentum ist jedoch keine asketische Religion etwa im Sinne des Hinduismus. Es hat eine Vielzahl asketischer Traditionen aufgenommen, geprägt und ausgebaut. Andererseits weist es eine Reihe askesekritischer Züge auf.

Bibel

Der bekannteste Asket im Neuen Testament ist Johannes der Täufer mit seiner Gruppe, der den Verzicht auf Eigentum, Wohnsitz etc. praktizierte. Die Essener waren eine Gruppe frommer Juden, die in asketischer Gemeinschaft lebten und auf persönlichen Besitz verzichteten.

Jesus fastete zeitweilig selbst, erließ aber kein allgemeines Gebot zur Askese. Manche seiner Gegner sagten ihm im Gegenteil ein durchaus sinnenfrohes Leben nach. Zudem drückte er deutliche Kritik an asketischen Praktiken aus, sofern sie veräußerlicht waren.

Mt. 19, 12 („Verschnittene um des Himmelreichs willen“) wurde in Folge als Empfehlung zur Keuschheit interpretiert, und dieser vermeintlichen Empfehlung wurde dann in einigen Fällen buchstäblich bis hin zur Selbstkastration bzw. dem Abschneiden der eigenen Brüste Folge geleistet, z. B. von Origenes, der gnostischen Sekte der Enkratiten oder den Skopzen im Russland des 19. Jahrhunderts.

Frühe Kirchengeschichte

Tertullian entfaltete systematische Anweisungen für ein asketisches Leben von Christen, wobei hauptsächlich auf der Ehelosigkeit ein Schwergewicht lag. Origenes prägte diesen Weg von der vita activa zur vita contemplativa weiter aus. Wahre, auf Grundlage der Askese bewirkte Gottesschau sei nur bestimmten Erwählten möglich.

Am Ende des dritten Jahrhunderts entwickelte sich von Ägypten ausgehend ein monastisches Einsiedlertum, dessen berühmtester Vertreter der heilige Antonius war. (siehe auch: Styliten, Eremiten, Anachoreten). Am Anfang des vierten Jahrhunderts fasste zuerst Pachomios mit Hilfe der ersten christlichen Mönchsregel, der so genannten „Engelsregel“, diese Einsiedler in Gemeinschaften zusammen, aus denen die ersten christlichen Klöster (siehe auch: Mönchtum) entstanden.

Unabhängig von Ägypten entwickelten sich in Syrien die Gemeinschaften der Bundessöhne und der Messalianer.

Basilius von Caesarea verfasste auf Grundlage der Engelsregel von Pachomios eine Regel, deren asketische Anordnungen neben dem Genussverzicht körperliche Arbeit und intensives Bibelstudium umfassten. Basilius predigte Verzicht auf Eigentum und Sicherheit zugunsten Notleidender, praktizierte aber auch Fasten (einschließlich ständigen Verzichts auf Fleisch) und nächtliches Gebet mit Schlafverzicht.

In Rom und anderen großen Städten im Weströmischen Reich war auch die Familienaskese üblich: Der Asket lebte zwar weiterhin in der Stadt und im Umkreis seiner Familie, beschnitt aber sein sinnliches Leben entsprechend seinen asketischen Vorstellungen.

Benedikt von Nursia verfasste aufgrund der Regeln von Pachomius und Basilius seine eigene Mönchsregel, die bis heute in einigen westlichen Orden bestimmend ist.

Für die irischen Mönche war die Heimatlosigkeit (peregrinatio) ein wesentlicher Faktor ihrer Askese, der die gesamte Geschichte Europas beeinflusste: Viele europäische Länder wurden von irischen Wandermönchen christianisiert.

Katholische Kirche

Einige an den engeren Kreis seiner Jünger gerichtete Weisungen Jesu werden in der katholischen Kirche als Anleitungen zu einem Leben mit asketischen Zügen interpretiert. Dazu zählt der Eigentumsverzicht, sexueller Verzicht und Verzicht auf eigenen Willen – diese Punkte gelten nicht als bindende Gebote, sondern als evangelische Räte (Armut, Keuschheit und Gehorsam), die nicht heilsnotwendig, aber förderlich für ein gottgefälliges Leben sind. Diese evangelischen Räte sind ein wesentlicher Teil der Ordensgelübde.

Als Tugendmittel, durch deren Gebrauch die Askese die Erlangung der religiösen und sittlichen Vollkommenheit anstrebt, gelten in der katholischen Kirche:

Als die Verzichtgebote in den Klöstern gelockert wurden, entstanden im Mittelalter neue asketische Bewegungen innerhalb der Kirche und der Orden (z. B. die Zisterzienser). Franz von Assisi, der Gründer des Franziskanerordens, musste sich für seine in kirchlichen Augen provokativ anmutende asketische Bewegung in Solidarität mit den Armen eine kirchliche Billigung regelrecht erstreiten. Aber auch außerhalb der Kirche erblühte asketisches Leben in häretischen Bewegungen (Katharer, Waldenser etc.). Im Mittelalter erfuhr zudem die Askese eine Steigerung hin zur bewussten Peinigung des eigenen Leibes.

Im Zuge der Gegenreformation entwarf Ignatius von Loyola auf katholischer Seite die Exerzitien der Jesuiten, ein dreißigtägiges Programm mit intensiven geistlichen Übungen und strengen asketischen Regeln.

Während vom Mittelalter an bis weit ins 20. Jahrhundert hinein in der katholischen Kirche der freitägliche Verzicht auf Fleisch Kirchengebot war, gilt das heute nur noch für die Freitage in der Passionszeit.

Orthodoxe Kirchen

Die orthodoxen Kirchen haben bis heute eine ausgeprägte asketische Tradition mit vier mehrwöchigen Fastenzeiten im Kirchenjahr für alle Gläubigen (Passionszeit, Apostelfasten, Dormition, Advent). Das orthodoxe Fasten ist um einiges strenger als das westliche; die meiste Zeit sind sämtliche tierischen Produkte, Wein und Öl verboten, und es ist immer mit intensivem Gebet verbunden.

Im Gegensatz z. B. zum Katholizismus sieht die orthodoxe Kirche in der Askese keine Bußübung für Sünden. Durch asketischen Übungen setzt der Mensch seine Prioritäten anders als im normalen irdischen Leben und wird frei für geistliche Gemeinschaft mit Gott.

Lutherische Kirche

Die lutherische Reformation verwarf programmatisch das katholische Ideal der Askese, da sie damit einen Rückfall in die Gesetzlichkeit des Glaubens verbunden sah.

„Das Fleisch, seine grobe, böse Lust, müssen wir mit Fasten, Wachen, Arbeiten tödten und stillen … Es sind viel blinde Menschen, die ihr Casteien … allein darum üben, daß sie meinen, es seien gute Werke, daß sie damit viel verdienen … Darum lasse ichs geschehen, daß ihm ein Jeglicher erwähle, Tage, Speise, Menge zu fasten, wie er will, so fern, daß ers nicht da lasse bleiben, sondern habe Achtung auf sein Fleisch; wie viel das selbige geil und muthwillig ist, soviel lege er Fasten, Wachen und Arbeit darauf und nicht mehr, es habe es geboten Papst, Kirche, Bischöfe, Beichtiger oder wer da will …“ (Martin Luther)

Reformierte Kirchen

Die Schweizer Reformierten im zwinglianischen Zürich und der Calvinismus praktizierten von Anfang an einen in gewissen Zügen asketischen, disziplinierten Lebensstil mit Verzicht auf weltlichen Luxus, aber ohne Weltflucht. Dieser Lebensstil wurde auch von anderen Gruppen in calvinistischer Tradition aufgenommen, z. B. von den Puritanern.

Pietismus

Bestimmte Bewegungen innerhalb des Protestantismus haben eine religiös motivierte Wiederbelebung weltverneinender Züge in ihre Programme aufgenommen, z. B. der Pietismus:

Wir entsagen willig
Allen Eitelkeiten,
Aller Erdenlust und Freuden. (Gerhard Tersteegen)

Diese Lebenshaltung war nicht durch strenges Fasten oder Zölibat bestimmt, sondern durch strikten Verzicht auf weltliche Vergnügungen wie Musik und Tanz – sogar Lachen konnte als unangebracht angesehen werden.

Bei den Methodisten war zur Zeit ihres Gründers John Wesley zweimal wöchentliches Fasten für Prediger obligatorisch, für andere empfohlen.

Christentum heute

Während es, abgesehen von der orthodoxen Kirche, kaum mehr kirchlich verordnete Askese gibt, sind Fasten und Verzicht in den letzten Jahrzehnten insbesondere von charismatischen Kreisen wieder entdeckt worden. Vor allem in der Fastenzeit gibt es zahlreiche Aktionen, die von ein- oder mehrwöchigem vollständigem Nahrungsverzicht bis zu zeitweiliger Fernseh- oder Kaugummiabstinenz reichen. Ziel dabei ist: mehr Freiraum für geistliche Aktivitäten (Gebet, Bibelstudium, Meditation) und innere Freiheit gegenüber Konsumgewohnheiten.

„Moderne“ Askese

Max Weber hat den Begriff der Askese umgedeutet: Sie sei als „innerweltliche Askese“ durch den Geist des Protestantismus in die Moderne eingezogen, um die menschliche Kultur auf nachhaltige Weise äußerlich zu prägen und zu verändern wie kein Lebensentwurf zuvor. So wurde unternehmerischer Erfolg im reformiert-puritanischen Kapitalismus als Belohnung für Verzicht und Entsagung aufgefasst. Askese und Religion gingen und gehen miteinander einher, wobei sie sich offenkundig zunehmend verselbstständigen und auch voneinander lösen. Demgemäß kann eine Vielzahl heutiger auf Verzicht basierender Lebensentwürfe nur in bestimmter Hinsicht als asketisch verstanden werden, da sie (wie modisches Schlank- und Heilfasten oder Vegetarismus) den religiösen bzw. weltabgewandten Idealen der Askese teilweise oder vollständig zuwiderlaufen.

Die Werbekampagne Geiz ist geil erreicht durch die jonglierende Vermischung von asketischem Gedankengut mit Elementen des Hedonismus einen absurden Höhepunkt und läuft in der Konsequenz dem asketischen Grundanliegen äußerst stark zuwider. Robert Pfaller sieht eine Trendwende seit Beginn der 1980er Jahre: Die gesellschaftliche Elite stelle ihren Hedonismus – etwa als braungebrannte Sportwagenfahrer – zur Schau, während die Massen um ihre soziale Absicherung gebracht werden: Allein diese verkörpern nun eine asketische Haltung.[2]

Literatur

  • Jan Bergman, Ludwig Markert, Johann Maier, Jean Gribomont u. a.: Art. Askese (I. Einleitende religionsgeschichtliche Bemerkungen, II. Altes Testament, III. Judentum, IV. Neues Testament und Alte Kirche, V. Keltische und irische Askese, VI. Mittelalter, VII. Luther, VIII. Die neuere katholische Diskussion, IX. Praktisch-theologisch). In: Theologische Realenzyklopädie 4 (1979), S. 195–259 (umfassend mit weiterer Literatur)
  • Maria-Elisabeth Brunert: Das Ideal der Wüstenaskese und seine Rezeption in Gallien bis zum Ende des 6. Jahrhunderts. Aschendorff: Münster 1994, ISBN 3-402-03977-X
  • Axel Michaels: Die Kunst des einfachen Lebens. Eine Kulturgeschichte der Askese. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51107-4
  • Peter Sloterdijk: Weltfremdheit. Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-518-11781-5

Weblinks

Fußnoten

  1. Octavio Paz: Die doppelte Flamme, Liebe und Erotik, ISBN 3-518-22200-7, S. 27
  2. Texte zur Wirtschaft

Siehe auch


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