- Borbecksch Platt
-
Borbecksch Gesprochen in
Essen und Oberhausen (das Gebiet der ehemaligen Bürgermeisterei Borbeck) (Deutschland)
Sprecher Unbekannt Linguistische
Klassifikation- Indogermanisch
- Germanisch
- Westgermanisch
- Niederdeutsch
- Westniederdeutsch
- Westfälisch
- Fränkisch-Westfälisch
- Stift-Essener-Mundart
- Fränkisch-Westfälisch
- Westfälisch
- Westniederdeutsch
- Borbecksch
- Niederdeutsch
- Westgermanisch
- Germanisch
Offizieller Status Amtssprache von - Sprachcodes ISO 639-1: -
ISO 639-3: -
Borbecksch Platt (auch Borbecker Platt oder kurzum Borbecksch genannt) ist der im Essener Nordwesten und im Oberhausener Südosten (das Gebiet der ehemaligen Bürgermeisterei Borbeck und deren größere Nachbarschaften) gesprochene Sprachgrenzdialekt, der aus Elementen des Niedersächsischen und des Niederfränkischen besteht und zum Westmünsterländischen, also zum Niedersächsischen gerechnet wird.
Das Sprachgebiet des Borbeckschen liegt direkt an der Einheitsplurallinie.
Inhaltsverzeichnis
Klassifikation
Laut „Das Münster am Hellweg“ gehört das historische Gebiet des Reichsstiftes Essen und somit auch das Sprachgebiet des Borbecker Plattes zum Westmünsterländischen, also Niedersächsischen.[1] Das Westmünsterländische ist durch die Mischung der verschiedenen Sprechweisen der Franken und der Sachsen entstanden und teilt viele Kennmale des Niederfränkischen und des Holländischen, grammatisch steht es jedoch dem Westfälischen/Sächsischen nahe. Daher wird das „Westmünsterländische“ auch „Fränkisch-Westfälisch“ genannt. Der Sprachforscher Wrede bezeichnete diesen Mundartbereich in seinem Erläuterungstext zum „Deutschen Sprachatlas“ als Gebiet der „Holländischen Nachbarschaft“ und stellte es dem Westfälischen und seinen typisch gebrochenen Lauten wie ua, ue, ui gegenüber.
Die Südgrenze dieses Sprachraums besteht aus Bredeney und Rellinghausen (heute Stadt Essen). Die Südwestseite dieses Gebietes bilden Haarzopf, Fulerum (heute Stadt Essen), Heißen, Dümpten (heute Stadt Mülheim und Stadt Oberhausen) und Oberhausen, die bis zum 18. Jahrhundert zur Herrschaft Broich gehörten und Sterkrade und Königshardt (heute Stadt Oberhausen). In diesen Orten wurde und wird Ostbergisch (also Niederfränkisch) gesprochen. Die östliche Grenze besteht aus Steele, Karnap, Kray (heute Stadt Essen), Buer (heute Stadt Gelsenkirchen), Marl, Haltern, einem 20 km langem Moorgebiet, Coesfeld und der Dinkel folgend Gronau. Östlich dieser Orte wurde und wird Münsterländisch (also Niedersächsisch) gesprochen.
Das ganze Gebiet zwischen dem Verläufen der Issel, Dinkel und Ruhr stellte vor der Industrialisierung nicht nur sprachlich einen Kulturraum dar, auch das Erbrecht, es herrschte das Anerbenrecht, und die Siedlungsform, die durch Einzelhöfe mit Zweiständerhäusern geprägt war, verband es.[1]
Geschichte
9. bis 13. Jahrhundert
Nach vereinzelten Wörtern in lateinischen Texten tritt kurz vor der Mitte des 9. Jahrhunderts erstmals die regionale Sprache in Erscheinung: Das Altniederdeutsche (in Borbeck das Altwestniedersächsische). In lateinischen Texten findet man den Ausdruck lingua Saxonica (in etwa „sächsische Sprache“).[2] Die wenigen bis heute überlieferten Texte dieses Zeitraums stammen aus Essen, Münster und Freckenhorst und wurden zwischen 830 und ca. 1050 angefertigt.[3] Um das Jahr 869 entsteht einer der ältesten Essener bezw. Borbecker Funde dieses Zeitraums: Es ist ein Abgabenverzeichnis oder Heberegister, in dem Borbeck als Borthbeki erwähnt wird. Von der Mitte des 11. Jahrhunderts bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts wird hernach wieder in lateinischer Sprache geschrieben.[4]
14. bis 18. Jahrhundert
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts wandelt sich das Altsächsische mit einer Reihe von Entwicklungen zur heute Mittelniederdeutsch genannten Sprachstufe. Innerhalb eines Jahrhunderts wird diese, gestützt von der Hanse und dem städtischen Bürgertum, zur führende Schriftsprache im Norden Mitteleuropas und dient als Lingua franca in der Nordhälfte Europas. Es gibt einen Einfluss des Mittelniederdeutschen auf die skandinavischen Sprachen Dänisch, Norwegisch und Schwedisch, der durch zahlreiche Lehnworte gekennzeichnet ist. Mittelniederdeutsche Urkunden gibt es von London im Westen bis Nowgorod im Osten und von Bergen im Norden bis Westfalen im Süden. Das Mittelniederdeutsche schafft und hinterlässt in seinem Geltungsbereich eine beachtliche weltliche und kirchliche Literatur, Ortsnamen, Flurnamen und vor allem viele Familiennamen, eine umfangreiche Geschichts- und Rechtsliteratur sowie Geschäftsprosa. Das Lateinische bleibt beschränkt auf den innerkirchlichen und wissenschaftlichen Bereich Schriftsprache.
Trotz der Richtung hin zu einer Vereinheitlichung lassen sich regionale mittelniederdeutsche Schreibsprachen herausgliedern, die sich durch sprachliche Variablen unterscheiden. So stehen im Mittelniederdeutschen vier ê-Laute zwei ô-Lauten gegenüber, die im Laufe der Zeit vereinfacht werden.[5]
Die Gegend um Münster wird zum Kerngebiet einer Wandlung, die das Westfälische Platt entstehen lässt. Das neu entstandene Platt sticht vor allem durch viele Diphthonge hervor. In den Randbereichen dieses Einflussbereiches wie dem Sauerland und den niedersächsischen Gebieten Westfalens findet die Entwicklung schwächer statt, im Zentrum um Münster sowie in Ostwestfalen am ausgeprägtesten. Auf dieser Grundlage machen die Mundarten im Westmünsterland sowie in Südwestfalen und den heute niederländischen Teilen Westfalens einen weiteren Wandel durch: Viele Diphthonge (die aus langen Vokalen entstanden waren) werden um ein Element gekürzt, sodass kurze Vokale entstehen (zum Beispiel „essen“, im übrigen Niedersächsischen ääten/eeten, im Westfälischen iäten, im Westmünsterländischen etten).[6] Diese Entwicklung führt nicht nur zur Entstehung einer anderen Aussprache, sondern ergibt auch einen anderen Aufbau der Sprache. Da diese Vereinfachung in Westfalen von Landschaft zu Landschaft unterschiedlich durchgeführt wird, entwickelen sich das Westmünsterländische und dem gegenüber auch das Südwestfälische, Ostwestfälische und Münsterländische innerhalb des Westfälischen.
Aber auch innerhalb des Westmünsterländischen entwickeln sich Unterschiede. Die Bauernschaften und den größeren Nachbarschaften des Borbecker Quartiers, einem Gebiet, das etwa ein Viertel des Essener Stiftgebietes ausmacht und von der Mitte der heutigen Stadt Oberhausen bis an die Zehntgrenze der Reichsabtei Werden (heute Ortsteil von Essen) reicht, gehören sprachlich zum westlichen Teil des Vestes Recklinghausen oder zum Untervest und zu dem Mundartberech, der auch die Landkreise Borken und Ahaus westlich der Dinkel und den holländischen Achterhoek zwischen Issel, Berkel und Dinkel umschließt.[1] Auch die ungleich große Entfernung zu anderen Mundartbereichen wie etwa dem fränkischen Sprachgebiet und deren Beeinflussung auf das hiesige Platt erzeugen weitere Unterschiede. Die Mundart von Borbeck gewinnt Eigenarten und entwickelt sich zum eigenständigen Ortsdialekt: Borbecksch entsteht.
Vergleich des westmünsterländischen Borbecksch mit den vier in Deutschland gesprochenen westfälischen Mundartgruppen (typische Schreibweise):[5] [7] [8]
Hochdeutsch Borbecksch Westmünsterländisch Südwestfälisch Münsterländisch Ostwestfälisch Hochdeutsch Hogedütsch Hoogedüüts Häu Duitz Haus Huus Huus Hius Woche Wecke Wääke Wiärke Wiäken Brot Brot Brot Brout Braut Braut Baum Boom Boom pl. Böüme Baum Baum laufen lopen lopen loupen laupen laupen Fuß Faut Foot Faut Foot Fout Tod Dood Dood Doud Daud Daud Buch Bauk Book Bäuke pl. Böker Bouk Stein Steen Steen Stäin Steen Stäin Blut Blaut Bloot Blaut Bloot Blout Dieb Deiw Deef Daif Daif Däif klein kleen klein klain kleen, klain kläin Kleid Kleed Kleed Kläid Kleed Klaid Aufgrund der dünnen Besiedlung Borbecks entstehen auch Formulierungen, die nur in den Siedlungen verstanden werden, in denen sie entstanden. So wird zum Beispiel in einer Bedingrader Siedlung „De Berren leggen noch em Damm“ (Die Betten sind noch nicht gemacht) gesagt, anderswo in Borbeck wird dieser Satz aber nicht verstanden. Insgesamt folgt die Sprache jedoch dem Muster des Ortes.
- Hoheitslied der früheren Bauern, 1500, 1600. (aus Dellwig)
- Kauke es dän Hochmenschür,
- Bovesmann het kän Holt in Für,
- Hüttmen es en Häunerdas,
- Halpmen sett dä Kappe ent was,
- Dickmen es dän Duckennacken,
- Voss dä kann kän Stuten backen,
- Pülsmen dä dritt ent Hackebrett,
- Vonnemann sett, o wi klappert dät,
- Sandgathe nemmt än Stück Speck
- on häut Scheppmen domen an’n Bäck,
- Vieselmann es en brave Mann,
- Herskamp sett: ick weet nicks dovan,
- Krandiek es en Vuselstöcker,
- Rohmen es än Uutsöpper.
Das Mittelniederdeutsch bleibt unabhängig von den Ortsdialekten zusammen mit dem Lateinischen bis ins 17. Jahrhundert Schriftsprache. Es wird jedoch durch ein westfälisches Substrat gekennzeichnet, im allgemeinen folgt es aber dem Lübecker Standard. Im 16. und 17. Jahrhundert wird das Mittelniederdeutsche durch das von Martin Luther geprägte Neuhochdeutsche ersetzt. Nach und nach wird es durch die hochdeutsche Schriftsprache ersetzt.[6] Weitere Gründe für den Sprachwechsel vom Platt- zum Hochdeutschen sind der Untergang der Hanse und die Herausbildung eines wirtschaftlichen Schwerpunktes in Süddeutschland und der Buchdruck.[4]
19. Jahrhundert
Nach dem Ende des Reichstiftes Essen 1803 wird Borbeck als französisch besetztes Gebiet 1808 zur Munizipalität. Französische Vokabeln finden Eingang in die Borbecker Mundart.
Die Neuordnung Europas durch den Wiener Kongress führt im Jahre 1815 dazu, dass die Gemeinde Borbeck Teil der preußischen Rheinprovinz wird. Es entsteht die eigenständige Bürgermeisterei Borbeck. Trotz neuer Zugehörigkeit verändert sich der Dialekt nicht.
Mit dem Aufkommen des Bergbaus verliert Borbeck und das Ruhrgebiet seinen bis dahin dörflichen und landwirtschaftlichen Charakter und wandelt sich zum industriellen Ballungsraum. Um 1840 sind im Raum der Gemeinde Borbeck mehrere Bohrungen verschiedener Gewerkschaften auf der Suche nach bauwürdigen Steinkohlevorkommen fündig geworden. Daraufhin entstehen mehrere Zechen wie Zeche Wolfsbank, Zeche Neuwesel, Zeche Christian Levin, Zeche Neu-Cöln und Zeche Amalie. 1966 schließt im Borbecker Raum die letzte Zeche.
Die Orte des Ruhrgebietes wachsen – wenn auch ungleich schnell – stark an. In den ersten Einwanderungsphasen kommen viele Sprecher aus nieder- und mittelfränkischen bzw. westfälischen Dialektgebieten, in den folgenden Phasen setzt ein großer Zustrom aus den vier Ostprovinzen des Deutschen Reiches (Ostpreußen, Westpreußen, Schlesien und Posen) ein, die Deutsch, Polnisch oder Masurisch sprechen.[9] Vor allen die Zuwanderung zwischen 1850 und 1900 sorgt im Ruhrgebiet für eine versiebenfachung der Bevölkerung. Um diese Zeit sind in Essen oder auch Dortmund und Duisburg weniger als die Hälfte der Bewohner auch dort geboren.[10]
Die mit der Zuwanderung ins Ruhrgebiet verbundenen Veränderungen der Tradition und Gemeinschaft, wie zum Beispiel die Aufgabe von Bräuchen und Festen und der Wechsel von Dorfgemeinschaften mit informellem Kommunikationsgefüge hin zur städtischen Anonymität dienen als Hinweise auf die bedeutungsschweren Veränderungen, welche auch Folgen auf das traditionelle Sprachsystem haben. Die Bedingungen, die während der Idustrialisierung zu Erweiterungen des Wortschatzes und Änderungen der Syntax der Ausgangssprache beigetragen haben, sind direkte Einflüsse auf das Sprachsystem. Die zunehmenden Veränderungen in allen Lebensbereichen erfordern eine funktionierende Verwaltung. Dies setzt jedoch voraus, dass fachsprachliche Termini und Neologismen eingebunden werden. Die Gebrauchseinschränkungen für die niederdeutschen Dialekte führt allmählich dazu, dass bestimmte Begriffe keine erwünschte Ausdrucksmöglichkeit im Plattdeutschen mehr finden.[11] Mit der Zurückdrängung der plattdeutschen Mundarten im Ruhrgebiet vollzieht sich gleichzeitig eine Ausbreitung der hochdeutschen Verkehrssprache.
Ein weitere Ursache, die zu Sprachveränderungen führt, ist der massenhafte Umzug innerhalb der Städte und Industriegebiete. Nur wenige der Zuwanderer bleiben länger als ein Jahr in dem jeweiligen Ort ehe sie erneut weiterziehen, um anderswo eine besser bezahlte Arbeit zu finden.[10] Die Folge ist, dass sich das Erlernen von Ortsdialekten nicht lohnt.
Der Duisburger Sprachforscher Arend Mihm: „Die alten Dialekte hatten seit der Industrialisierung keine Chance mehr, das Kommunikationsmittel für die breite Mehrheit der Bevölkerung zu bleiben. Die auf die Agrarstruktur bezogene Kleinräumigkeit und der große Abstand zum Hochdeutschen als der überregionalen Sprache machten die niederdeutschen Varietäten ungeeignet für die großen Bevölkerungsbewegungen, die bei der Ansiedlung der Industrie erforderlich waren.“[9]
Auch der Ausbau des Schulsystems im 18. und 19. Jahrhundert, die allgemeine Schulpflicht und das Aufkommen von preisgünstigen Druckerzeugnissen führen zu einem sprachlichen Wandel.[4] Der 1951 verstorbene Lehrer und Heimatdichter Hermann Hagedorn klagt, während seiner Schulzeit sei kein Plattdeutsch gesprochen worden: „Döt wo woll’n trurige Tied vö ons Kenner. On’t wö alle nech nödig gewäss. Met een eenzig plattdütsch Wöetken hääd’n sö ons dä Schoole taum Paradies maken können.“[1]
20. Jahrhundert bis heute
Das Hochdeutsche wird zunehmend zur Verständigungssprache der zuziehenden Landbevölkerung und der Einwanderer anderer Sprachen und verliert damit in den Jahrzehnten nach 1900 für viele Bewohner des Ruhrgebiets an sozialem Ansehen. Es entwickelt sich eine neue Alltagssprache, das „Ruhrdeutsch“, welches sich zwar an die Standardsprache annähert, aber keinesfalls mit ihr gleichzusetzen ist.[11] Der jeweilige Ortsdialekt färbt auf das Ruhrdeutsch jeden Ortes durch.[12] Etwa bis zum Jahre 1914 wird Borbecksch, ungeachtet dem Ruhr- und Hochdeutsch, immer noch von der Mehrheit der Frintroper, Bedingrader, Dellwiger und Gerscheder gesprochen.[13] Auch nach 1914 schrumpft der Sprecherkreis der Borbecker Mundart stetig weiter.
- Hermann Hagedorn – Heeme[14]
- Hi'e es min Riek,
- So wiet ick klek!
- Wo rondöm roe Füe flammt,
- Schachräe ruscht on Kolwen stampt,
- Maschinen schnuwt on Iser dröhnt,
- Van Rollen on Stooten dä Äre stöhnt.
- On hoge öwer dät Gewemmel
- Steht dän Hemmel.
- Steht do kloe on vuller Prach,
- Bloo bi Daage, schwatt bi Nach.
- Steht do aal dä do'usend Joe
- Ewen prächtig, ewen kloe.
- Bi dä Arbeit, di dä Rauh
- Blenkert hä mi fröndlich tau.
- Wo ick goh
- On wo ick stoh,
- En Sonnenschien on Stäenennach,
- En Wenterwend an Sommerprach,
- Bi Räegerusch on Beckenwispern
- Höe ick än heemlich, heemlich Flispern …
- Dät send dä Stemmen! „Fit! Fit! Fit!“
- Ät lutt bold so wie Wee'enpiepen,
- Dä fröhjoes sick dä Jonges schnitt …
- Ick kann dän Ton met Hänne griepen,
- Hä geht en't Hatte mi so deip …
- – Vader sengt!
- Mooder sengt! –
- Heeme! Wat häw ick di leiw!
Heute ist das Borbecksche und die plattdeutschen Mundarten des Ruhrgebiets für viele Borbecker – trotz nach wie vor erscheinenden Veröffentlichungen auf Platt in der Lokalzeitung Borbecker Nachrichten – nicht mehr bekannt. Der Kultur-Historische Verein Borbeck versucht, den Dialekt mit Heimatnachmittagen, an denen Muttersprachler Gedichte und Lieder auf Platt vortragen, zu pflegen. Auch die Gruppe Mitten in Borbeck veranstaltet Aktionen zur Pflege der Sprache. So wurden unter anderem Besucher des Borbecker Adventsmarktes mit einigen Stücken auf Borbecksch unterhalten. Auch eine musikalische Messe mit einer dazu passenden Geschichte gab es.[15] Ein Gedenkstein am Reuenberg, der Hagedornstein, erinnert an den bekanntesten Vertreter des Dialektes Hermann Hagedorn.[16] Einige Straßennamen wie etwa Heeme (Heimat) und der Name des Karnevalsvereins Klein-Aff (Klein ab) erinnern an das Platt.Phonetik und Phonologie
Historische Phonologie
Das Borbecksch Platt hat wie auch die anderen niederdeutschen Mundarten die Zweite Lautverschiebung nicht mitgemacht. Auch die entsprechenden Wörter in Sprachen, die ebenfalls diese Lautverschiebung nur zu einem geringen Teil oder gar nicht mitmachten, wie etwa dem Niederländischen, dem Englischen, dem Dänischen, dem Schwedischen, dem Norwegischen und dem Isländischen ähneln daher den Wörtern des Borbeckschen.
Konsonanten im Borbeckschen ↔ Konsonanten im Hochdeutschen
d, dd → t:
- danzen, Midde ↔ tanzen, Mitte
t, tt → z:
- Löwentant, Hatte ↔ Löwenzahn, Herz
t, tt → s:
- Water, etten ↔ Wasser, essen
t, tt → tz:
- setten, dretterig ↔ setzen, schmutzig
p → f:
- loopen, opbüen ↔ laufen, aufheben
p, pp → pf:
- Prumen, Kopp ↔ Pflaumen, Kopf
k → ch:
- Kärke, maaken ↔ Kirche, machen
w → b:
- Schriewdisch, Owendskall ↔ Schreibtisch, Abendsplausch
Aussprache
Die Sprachlandschaft Essen-Enschede-Deventer, zu der das Borbecksch gehört, wird durch einfache und breit gezogene E- und O-Laute gekennzeichnet. Gemeinsam mit dem Niederfränkischen in Mülheim, Dinslaken und Wesel hat diese die einfachen Selbstlaute, die in Bochum, Gelsenkirchen und Recklinghausen (der historischen Grafschaft Mark) in kurze Doppellaute gebrochen werden.[1]
Grammatik
Rechtschreibung
Es gibt keine einheitliche oder verbindliche Rechtschreibung im Borbeckschen. Die Schreibung ist mehr oder weniger individuell. Zum Beispiel:
opp Borbecksch Hochdeutsch Lüü oder Lüh Leute Tiet oder Tied Zeit Tenne oder Tänne Zähne Morphologie
Borbecksch ist keine standardisierte Sprache, grammatische Regeln wurden nicht festgelegt. Eine umfassende grammatische Beschreibung des Borbeckschen ist daher schwierig wenn nicht gar unmöglich.
Personalpronomen
Numerus Person Genus Nominativ Singular 1. ick, ik 2. du, duu 3. Maskulinum hä Femininum sö, se Neutrum öt Plural 1. wi 2. git, gitt 3. sö, se Zahlwörter
- 1: ens, eens
- 2: twe, twee
- 3: drei
- 4: ve’e
- 5: fief, fiev
- 6: sess
- 7: siewen, si’ewen
- 8: ach (acht)
- 9: nirgen, ni’egen
- 10:ti’en
- 11: elf
- 12: twölf
- 13: drütti’en
- 14: ve’eti’en
- 15: fiffti’en
- 16: sessti’en
- 17: sewwent’en
- 18: achti’en
- 19: neggenti’en
- 20: twentig, twintig
- 25: fiefontwentig
- 30: dattig
- 40: vettig
- 50: fieftig, fiftig, fifftig
- 60: sesstig
- 70: sewwenzig
- 80: achzig, achtzig
- 90: neggenzig
- 100: honnert
- 1000: do’usend
Die Vorsilbe ge-
Das Präfix ge- für die Charakterisierung des Partizips Perfekt und davon abgeleiteter Substantive ist ähnlich wie in der hochdeutschen Sprachentwicklung zunächst in die Schriftsprache (Mittelniederdeutsch) integriert worden, jedoch nicht im ganzen plattdeutschen Raum vollständig übernommen worden. Dort wo es nicht übernommen wurde ist dieses Sprachmerkmal in der gesprochenen und später auch der geschriebenen Sprache nicht mehr aufzufinden. Dementsprechend findet man dieses Präfix im Niederländischen und Preußischen sowie (reduziert auf e-) beispielsweise in Ostfalen, aber nicht im Ostfriesischen, Nordniedersächsischen und Mecklenburgischen.
Im Borbeckschen ist diese Vorsilbe im Gegensatz zu anderen westmünsterländischen Dialekten wie dem Borks Platt (Borken) oder dem Bokelts Platt (Bocholt) vollständig übernommen worden. Ursache für diesen Unterschied ist wahrscheinlich die Nähe zum fränkischen Sprachgebiet. Im direkt am fränkischen Sprachgebiet grenzenden Borbeckschen Mundartbereich sagt man noch „Ick häw öm geseihen“ oder „Dä Moder het’t gesagg“. Im weiter von der Grenze entfernten Bochold (Bokelts Platt) wird die Vorsilbe in e- bereits abgeschwächt (zum Beispiel „He is upestaohn“ oder „He hew’t nich edoan“). In Borken, dass mitten im sächsischen Sprachgebiet liegt, ist dieses bereits abgeschwächte e- vielfach verschwunden.[17]
Die generelle Ursache dieser Abschwächung beziehungsweise des Schwundes der Vorsilbe ge- ist nicht eindeutig geklärt. Es ist unsicher, wie das Partizip in der altsächsischen Sprache gebildet wurde. So weist der Heliand im Vater Unser die Zeile auf: geuuîhid sî thîn namo uuordo gehuuilico, auf Borbecksch heißt es Din Name sall gehillig wären und auf Nordniedersächsisch heißt es hilligt warrn schall dien Naam. Vergleiche mit der nahe verwandten angelsächsischen Sprache legen ebenfalls nahe, dass das Partizip möglicherweise mit Präfix gebildet wurde. Alte schriftliche Quellen aus der karolingischen Zeit zeigen beide Formen, da sie jedoch von fränkischen Mönchen geschrieben wurden, sind sie diesbezüglich nicht besonders zuverlässig. Mittelniederdeutsche Quellen aus dem 14. und 15. Jahrhundert zeigen beide Formen.
Wortbildung
Eine häufig vorkommende Wortendung ist „-ken/-sken“. Sie dient der Verniedlichung der genannten Person bezw. der genannten Sache. Zum Beispiel:
opp Borbecksch Hochdeutsch Käezken Kerzlein Kendken Kindlein Becksken Bächlein Diese Endung wird auch im Ruhrdeutschen, einem Nachfolger des Plattes, weiter verwendet. Zum Beispiel:
Ruhrdeutsch Hochdeutsch Tschüssken Tschüss Spässken Späßchen Käffken Käffchen Verbformen im Plural
Borbeck liegt an der Einheitsplurallinie („Westfälische Linie“) genannten Grenzscheide zwischen rheinischen und westfälischen Dialekten. Das Rheinische und Niederrheinische haben, wie das Standarddeutsche, zwei verschiedene Formen in den Präsensformen der Verben im Plural. Das Westfälische zeichnet sich durch seinen Einheitsplural im Präsens der Verbformen aus, das heißt, dass die erste, zweite und dritte Person im Plural mit derselben Verbform stehen, die im Indikativ auf -t und im Konjunktiv auf -en endet. In Borbeck gibt es sowohl die rheinische als auch die westfälische Form.
Bei einigen Wörtern gibt es verschiedene Pluralformen wie zum Beispiel wi schluuten, gitt schlütt, sö schlotten (→ schließen) oder wi send, gitt sid, sö send (→ sein), bei anderen gibt es nur eine einzige Form wie zum Beispiel wi wett, gitt wett, sö wett (→ wissen). Bei vielen Wörtern gibt es beide Möglichkeiten: So könnte man sowohl wi mögd, gitt mögd, sö mögd als auch wi möggen, gitt mögd, sö möggen (→ mögen) sagen.
- Pluralformen im Borbeckschen ↔ übliche Pluralformen im Westfälischen
- Beispiel (machen): wi maaken, gitt mackt, se mooken ↔ wi maket, gi maket, se maket
Ick (Ich) Du (Du) Hä (Er, Sie, Es) Wi (Wir) Gitt (Ihr) Sö (Sie) sein si büs es send sid send machen maak mäcks mäck maaken mackt mooken (auch mackt) haben häw häss hätt häwwen häwt häwwen kommen komm kömmpß kömmp kömp, komp (auch komen) komp komp (auch komen) mögen mög, möch mögs mög, möch mögd (auch möggen) mögd mögd (auch möggen) schmecken schmeck schmecks schmeck schmecken schmeckt schmecken schneiden schni schnies schnitt schnehen schnet schnehen schließen schluut schlütts schlütt schluuten schlütt schlotten müssen mott moss mott mött mött mött (auch mötten) lieben leiw leiws leiw leiwen leiwt leiwen liegen legg leggs lett leggen läggt leggen geben gäw giffs giff gäwwen gäwt gäwwen gehen goh gehs geht gohen (auch gont) gott gohen (auch gont) tun dau daus daut dauen (auch daut) daut dauen (auch daut) wissen weet, wett wees weet wett wett wett tanzen danz danz danz danzen danz danzen schlafen schloop schlööps schlööp schloopen schloopt schloopen halten holl hölls höllt hollen (auch höllt) holt hollen (auch höllt) sehen seih sühs süht seihen seiht seihen (auch seiht) laufen loop löpps löpp loopen löppt loopen warten wach wächs wächt wachen wacht wochen (auch wöcht) gucken kiek kieks kickt kieken kiekt kieken Wortschatz
Personenbezeichnungen
Das Borbecksche besitzt wie viele anderen Dialekte auch, einen sehr reichhaltigen Wortschatz. So gibt es beispielsweise neben zahllosen Beschimpfungen und barsche Bemerkungen, die gesagt werden können, auch eine große Zahl an Vokabeln, die Verhältnisse, Verhalten oder Eigenschaften von bestimmten Personen oder Personengruppen charakterisieren. Typische Endungen vieler dieser Wörter sind ~kopp (~kopf) (zum Beispiel Klowerkopp, Quaterkopp, Kappeskopp, Zockskopp, Pröttelkopp), ~fott (~hintern) (Klöngelfott, Wippfott, Schockelfott) und ~bucksche (~hose)(Kongelbucksche, Fuhlbucksche). Viele Beleidigungen hängen auch mit Tieren wie Hunden (Honne) (dreigeneihte Honne, spitzfennige Honne, hatthörige Honne), Schweinen (Färkes) (Färkesbäre, Färkesdäss) und Ziegen (Hibben) (bange Hibbe) zusammen.
Ein weiteres Beispiel für Vokabeln, die bestimmte Eigenschaften von Personen oder Personengruppen beschreiben ist „Mädchen“. Ein großes Mädchen wird Schleit genannt, ein kleines Mädchen nennt man Hümmelken oder auch Hüppken. Bei einem unordentlichen Mädchen spricht man von einem Zubbelken: „Son Zubbelken mott noch geboren wären“ (So ein unordentliches Mädchen gibt es nicht noch einmal), bei einem dreckigen Mädchen von einem Schmuddelken. Das erfinden weiterer und neuer Bezeichnungen oder generell von Vokabeln ist leicht und entsteht aus der Situation.
Bisschen und wenig
Um 1885 sagte man in Borbeck und dem ganzen heutigen Essener Norden überwiegend bettken oder bittken (bisschen), im Essener Süden dagegen bettschen.[18] Zumindest Hermann Hagedorn benutzte in seinen Gedichten und Erzählungen überwiegend betschen (zum Beispiel „Wenterdagg“ (Hatte on Heeme – Botterblaumen)), verwandte aber auch bettken („Heißa hopp Kathrenneken“ (ebenfalls Hatte on Heeme – Botterblaumen)).
opp Borbecksch[19] Hochdeutsch betschen bisschen fitzken bisschen, ganz wenig bettken bisschen, wenig spi’eken ein wenig, etwas Nachbardialekte
Osterfelder Platt (Westmünsterländsch)
Bottropsch Platt (Westmünsterländisch)
Altenessener Platt (Westmünsterländisch)
Oberhausener Platt (wahrscheinlich Ostbergisch; wie in Mülheim)
Altenessener Platt (Westmünsterländisch)
Mölmsch Platt (Ostbergisch)
wahrscheinlich Waddisch Platt (Ostbergisch)
Essensch Platt (Westmünsterländisch)
Nach einer 1936 von Helmut Hellberg gezeichneten Karte, die die Dialektgrenzen der niederdeutschen Sprache im Gebiet zwischen Langenberg im Süden und Lippe im Norden und Mülheim im Westen und Recklinghausen im Osten darstellt, grenzt das Bottropsch Platt im Norden an das Borbecksche.[20] Die Emscher gilt als Grenzlinie, Unterschiede zwischen diesen beiden Dialekten gibt es aber kaum.
opp Borbecksch opp Bottropsch[18] Hochdeutsch en bettken trügge en bettken trügge ein bisschen zurück(geblieben) Et gitt no’n Schnirrken! Et gitt no’n Schnirrken! Essen Sie doch noch ein Schnittchen! Im Nordosten und Osten von Borbeck grenzt das Altenessener Platt an.
Das Essensch Platt grenzt im Südwesten an das Borbecksche. Es ist die Mundart der heutigen Essener Innenstadt. Trotz der unmittelbaren Nähe zu Borbeck und der Zugehörigkeit zum gleichen Sprachgebiet, unterscheiden sich die beiden Dialekte. In einem Zeitungsartikel, der 2007 in der WAZ erschien, wird sogar Erstaunen über die unmittelbare Existenz vom Borbecksch und Essensch als sich zwei „sehr stark“ unterscheidende Mundarten nebeneinander geübt.[21] Ein Unterschied ist beispielsweise der hochdeutsche Einfluss. Das schon seit längerer Zeit urbanisierte Essen (die heutige Essener Innenstadt) stand unter einem größeren Einfluss als das für lange Zeit ländlich gebliebene Borbeck. Johannes Pesch schrieb auf Borbecksch und Essensch.[22]
Die Südgrenze ist unsicher: Nach Erläuterung der Größe des borbeckschen Sprachgebietes im Booklet der CD „Borbecksch Platt – Heeme, wat häw ick di leiw“ reicht das Sprachgebiet bis an die historische Zehntgrenze der Reichsabtei Werden. Der dortige Dialekt ist das Waddische. Laut Hellbergs Karte könnte es aber auch sein, dass Frohnhausen, Holsterhausen und Rüttenscheid, die zwischen Borbeck und Werden liegen, einen eigenen Mundartbereich bilden. Frohnhausen und Holsterhausen gehörten noch bis 1871 zur Bürgermeisterei Borbeck.[20]
Der folgende Vergleich beruht auf dem Platt Hermann Hagedorns (Borbecksch) und August Hahns (Waddisch):
opp Borbecksch opp Waddisch Hochdeutsch Wäe Wäer Wetter Müsche Mötsch Mütze Päed Päd Pferd pläckebaasch pleckebarwes barfuß Der Läppkes Mühlenbach trennt die Borbecker Mundart im Südwesten vom Mölmsch Platt (Mülheim). Die Vokabeln der beiden Dialekte sind teilweise sehr unterschiedlich. So heißen beispielsweise Zähne auf Borbecksch „Tenne“, auf Mölmsch aber „Teint“ (Dümpten) oder „Taun“. Für Mülheimer, die in der Zeit nach Borbeck zogen, zu der Borbecksch meistgesprochene Sprache war, gab es große Verständigungsprobleme. Es gab wegen dieser Sprachunterschiede sogar Hänseleien.
Der folgende Vergleich basiert auf dem Platt Hermann Hagedorns (Borbecksch) und dem Online-Mölmschwörterbuch der Stadt Mülheim/Ruhr:
opp Borbecksch opp Mölmsch Hochdeutsch Düe Düar Tür Wäe Weer Wetter Wiesche Wiesche Wiese Äre Aed Erde Ogenblick Ougenbléck Augenblick Schötte Schotteldook Schürze Im Westen grenzen die ehemals zur Herrschaft Broich gehörenden Orte Oberhausen und Dümpten an Borbeck.
opp Borbecksch Oberhausen-Alstaden/Styrum Hochdeutsch Sei doe, min Jüngsken, wat hesse doe gesagg? Süh do, min Jüngske, watt heste do gesag? Sieh da, mein Jüngchen, was hast du da gesagt? Godden Dag ok, Herr Wolf, joe, wat sätt so’n Bock nech alles, wenn hä süpp! Gun Dak ouk, Herr Wolf, jo, watt seht sunnen Bock niet ahl, wenn süpp! Guten Tag auch, Herr Wolf, ja, was sagt so ein Bock nicht alles, wenn er trinkt! Das Osterfelder Platt grenzt im Nordwesten an das Borbecksche. Grenzlinie ist genau wie beim Bottropsch Platt auch die Emscher.
- Borbecksch
- Väschloowend kömmp heraan, et rappelt enne Bösse.
- Alle Wiewer kriergen en Mann, ick ock, on ock min Süster.
- Väschloowend es vanowend, klingelt op de Bösse!
- Lott mi nech so lange stohn, mott noch en Hüsken widder gohn.
- Osterfelder Platt[23]
- Faschelowend kömmt heran, et rappelt in de Bössen.
- Alle Wiewer kriegt en Mann, eck ook, un ook min Söster.
- Faschelowend is vanowend. Klingel op de Bössen!
- Lott mi nich so lange schtohn, mot noch en Hüsken wiedder gohn.
Beispiele
Das „Vater unser“
- Hochdeutsch
- Vater unser im Himmel,
- Geheiligt werde dein Name.
- Dein Reich komme.
- Dein Wille geschehe,
- Wie im Himmel so auf Erden.
- Unser tägliches Brot gib uns heute.
- Und vergib uns unsere Schuld,
- Wie auch wir vergeben
- Unseren Schuldigern.
- Und führe uns nicht in Versuchung,
- Sondern erlöse uns von dem Bösen.
- Denn dein ist das Reich und die Kraft
- Und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
- Amen.
- Borbecksch
- Onse Vader em Hemmel
- Din Name sall gehillig wären,
- Din Riek sall kommen,
- Din Wille sall passeeren
- As em Hemmel so ok op Ären
- Onse däglich Brot gäw ons vandage
- On vegäw ons onse Schuld
- As ok wi dä vergäwt,
- Dä en onse Schuld stott.
- On föhr ons nech en Väseukung
- Sönnern befrie ons van däm Uewel.
- Denn din es dat Riek, on dä Kraff
- On dä Herrlichkeit, en Ewigkeit.
- Amen.
- Achterhoeks (Winterswijk)
- Unzen Vader in de hemelen,
- Laot dienen name eheilegd worden;
- Laot dien könninkriek kommen;
- Laot dienen wille gebeuren
- Op de eerde zo as in den hemel.
- Gef uns noo uns dageleks brood
- En vergef uns unze scholden
- Zo as ok wi-j vergeft
- Wee bi-j uns in de schold staot;
- En breng ons neet in verzeuking,
- Maor maak uns vri-j van 't kwaod.
- Want van Di-j is het könninkriek en de krach
- En de glorie noo en alle dage.
- Amen.
- Niederländisch
- Onze vader die in de hemel zijt
- Uw naam worde geheiligd.
- Uw rijk kome.
- Uw wil geschiede
- Op aarde zoals in de hemel.
- Geef ons heden ons dagelijks brood.
- En vergeef ons onze schuld,
- Zoals wij ook aan anderen
- Hun schuld vergeven.
- En leid ons niet in bekoring,
- Maar verlos ons van het kwade.
- Want U is het koninkrijk en de kracht
- En de heerlijkheid in eeuwigheid
- Amen.
Borbecksche Vokabeln
Neben dem Niederdeutschen macht besonders der französische Einfluss den Wortschatz des Dialektes aus. Einige Wörter ähneln besonders der niederländischen Sprache.
opp Borbecksch Platt Hochdeutsch Anmerkung Ärppel, Ärappel Kartoffel Ärappel = Ableitung von Erdapfel, Är(a)ppelsdämmer = Kartoffelstampfer Äsche Axt Auwer Dammböschung, Abhang Beä Bier Behei Aufsehen, Getue Blötschkopp Blödmann/dummer Mensch Botterramm oder Dubbelten Butterbrot vgl. im Kölschen Butteramm, im Niederländischen boterham Buxterhusen nicht existierender Ortsname im ganzen westmünsterländischen Sprachraum verbreitet[24] Chapeau Hut aus dem Französischen übernommen Chaussée Hauptstraße (zum Beispiel Frintroper Straße) aus dem Französischen übernommen Däätz Kopf von frz. tête döllern grölen, singen dückes, dückers häufig, oft effelig, leckersch wählerisch Emsche Emscher ewkes, eevkes eben es eevkes (mal eben) Fäesche Ferse Flons liederliche, leichtsinnige oder nachlässige Person zum Beispiel: Du Flons van’e Käe fottens, fots sofort fuchte munter „Holl di fuchte“ (Halte dich munter) Fuhlbucksche Faulpälz Gatt Loch, Versteck Geitlenk Amsel gibbeln kichern vgl. im Niederländischen giechelen Hackepeter Hackfleisch Hatte Herz „en’n Hatte väwaht“ (in einem Herzen eingeschlossen) Hosspes Freund, Liebhaber, Chef Huckbüen Abstellkammer Hüülemuule Person, bei der der Mund immer zum weinen steht Iis Eis Isers Hufeisen jägdern jagen Jankebaat heulende Person Jass Joppe (Jacke) Kabuff kleiner Raum Kajeere Karriere, beruflicher Aufstieg von frz. carrière Kladderadatsch Durcheinander, Drumherum, Zeug Klömkes Bonbons klöngelig lumpig Kneil Zimt vgl. im Niederländischen kaneel kongeln tauschen Küsselken unordentliche Person „Dät es son Küsselken“ (Das ist so eine schludrige Person) Latüchte alles was leuchtet eine Zusammenziehung aus Laterne und Leuchte Lebbe Lippe Lebbsche (dicke Lippe) liehen leiden „So mucken mi alle godd liehen“ (Sie mochten mich alle gut leiden) luurig trübsinnig, niedergeschlagen Möppchen Rosinenbrötchen mündkesmote mundgerecht Müsche Mütze Mostert Senf von frz. moutard, am Niederrhein und in Köln verbreitet, niederl.: mosterd Mopp Du fiesen Mopp (Schimpfwort) vgl. im Kölschen Möpp Nücken Eigenarten, Zwistigkeiten „… dückes sine Nücken“ (… häufig Zwistigkeiten) nuseln vor sich hin reden Nögde Nähe Ohme Onkel vgl. im Niederländischen oom Öösken niedliches aber raffiniertes Kind opbüen aufheben Owendskall Abendsplausch Owend = Abend; kallen = sprechen, plauschen Parapluie Regenschirm aus dem Französischen übernommen Pittermess kleines Küchenmesser pläckebaasch barfuß Pottwottels heranwachsende Kinder Pullen sich waschen/baden Quärke wehleidige Person Remmeltoote Summe Remmeltroote Litanei (Gebet) Ressong Vernunft von frz. raison röm on töm rundherum Sabbeln viel reden schlörig unansehnlich, ungepflegt Schnüss Mund sönnertieds jetzt, in dieser Zeit Sooterdag Samstag Tööte Kohleneimer trügge zurückgehen, zurückbleiben wenn jemand begriffsstutzig ist, dann ist er „en bettken/betschen trügge“ Trottoir Bürgersteig aus dem Französischen übernommen Tüüch Wäsche „Dät Tüüch hänk op’e Liene“ (Die Wäsche hängt auf der Leine) Uchte Weihnachtsmesse „Goh gitt ok en’e Uchte?“ (Geht ihr auch in die Chrstmette?) ullig armselig uselig unangenehm vämutschen vertilgen Vänüll Verständnis väpräumen verschlingen wat was, etwas „Wat van allerhand“ (Von allem etwas) Wämmse Schläge Wottel Möhre wullacken schwer arbeiten Zieselkes, Ziepel Zwiebeln Zotte Sorte Zuppe Suppe Literatur
Wörterbuch
Zwischen den Jahren 1960 und 1968 schrieb Willi Schlüter ein Mundartlexikon, welches Theo Saxe im Jahr 2007 ausbaute. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der CD „Borbecksch Platt – Heeme, wat häw ick di leiw“ der Gruppe „Mitten in Borbeck“ im Jahr 2007 startete die Lokalzeitung Borbecker Nachrichten eine Serie, die aus diesem erweiterten Wörterbuch und dazu passenden Zeichnungen bestand.
Schriftsteller
Borbecksch:
- Hermann Hagedorn (* 20. August 1884 in Gerschede; † 7. März 1951 in Fretter, Gemeinde Finnentrop)
- Willi Schlüter (* 8. August 1899; † 1988)
- Willi Witte (* 1891 in Frintrop; † 1955)
- Hermann Witte (* 27. November 1889 in Frintrop; †)
- Josef Witte (* in Frintrop; †)
- Elisabeth Holte (* 1882; † 23. November 1958)
Borbecksch und Essensch:
- Johannes Pesch (* 25. September 1886 in Borbeck)
Siehe auch
- Essensch Platt
- Waddisch Platt
- Mölmsch Platt
- Ruhrdeutsch
- Altniederdeutsch
- Mittelniederdeutsch
- Plattdeutsch
Weblinks
- Gruppe „Mitten in Borbeck“
- Zeitungsartikel über „Mitten in Borbeck“
- Hermann Hagedorn: Heeme (Gedicht auf Borbecksch)
- Willi Schlüter: Dousend Joe Däll’fken (Gedicht auf Borbecksch)
- Karnevalsgesellschaft Klein-aff
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Das Münster am Hellweg; 17. Jahrgang; Juni 1964; Seite 84ff
- ↑ Niederdeutsche Sprache
- ↑ Friedrich Engels: Der fränkische Dialekt auf zeno.org
- ↑ a b c lwl.org
- ↑ a b plattdeutsch-niederdeutsch.net
- ↑ a b reese.linguist.de
- ↑ kreis-borken.de (PDF)
- ↑ Sauerländer Platt
- ↑ a b ruhrgebietssprache.de
- ↑ a b Hochindustrialisierung in Deutschland #Urbanisierung
- ↑ a b linse.uni-due.de (PDF)
- ↑ Georg Cornelissen: Zwischen Köttelbecke und Ruhr. 2010
- ↑ Schallplatte Hermann Hagedorn – Fünf Gedichte in Essen-Dellwiger Platt
- ↑ at bvv-dellwig.de
- ↑ dionysius.kja-essen.de
- ↑ Essen-Borbeck-Mitte
- ↑ Et giw mehr een Borken – Naohloat up Platt un Hochdüts van Prof. Dr. Ludewig Walters. Seite 142
- ↑ a b Ja, wie sprechen Sie denn? In: Borbecker Nachrichten, 61. Jahrgang / Nr. 15, 9. April 2009
- ↑ Hermann Hagedorn: Hatte on Heeme - Botterblaume; 2004; Seite 55ff
- ↑ a b Booklet der CD Borbecksch Platt – Heeme, wat häw ick di leiw
- ↑ Stadtteilzeitung Borbeck: Platt ist Pionierarbeit. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 21. August 2007
- ↑ ins-db.de
- ↑ osterfeld-westfalen.de
- ↑ Phrasologie der westmünsterländischen Mundart. In: Lexikon der westmünsterländischen Redensarten, Band 3, 2000, Seite 458
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