Kesselschlacht bei Białystok und Minsk

Kesselschlacht bei Białystok und Minsk
Kesselschlacht bei Białystok und Minsk
Teil von: Deutsch-Sowjetischer Krieg (Zweiter Weltkrieg)
Ruinen von Minsk (Juli 1941)
Ruinen von Minsk (Juli 1941)
Datum 22. Juni9. Juli 1941
Ort Białystok/Minsk, Sowjetunion
Ausgang Deutscher Sieg
Folgen Der Vorstoß der Heeresgruppe Mitte Richtung Moskau konnte fortgesetzt werden, in weiterer Folge kam es zur Kesselschlacht bei Smolensk
Konfliktparteien
Deutsches Reich Sowjetunion
Befehlshaber
Fedor von Bock Dmitri Grigorjewitsch Pawlow
Truppenstärke
Heeresgruppe Mitte Westfront
Verluste
 ? 420.000
davon 320.000 Gefangene
3332 Panzer
1809 Geschütze

Die Kesselschlacht bei Białystok und Minsk war eine Schlacht zwischen der deutschen Wehrmacht und der Roten Armee während des Zweiten Weltkrieges im Deutsch-Sowjetischen Krieg. Sie begann am 22. Juni 1941 mit der Überschreitung der Demarkationslinie zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion durch die Truppen der deutschen Heeresgruppe Mitte, die auf die sowjetische Westfront unter dem Kommando von Armeegeneral Dmitri Grigorjewitsch Pawlow traf. In der Schlacht konnte die Wehrmacht große Truppenkontingente der Roten Armee vernichten, die letzten Verteidiger kämpften jedoch bis zum 9. Juli 1941, um auf Befehl Stalins möglichst viele deutsche Truppen zu binden. Nach dem deutschen Sieg konnte die Wehrmacht ihre weitere Offensive auf Moskau fortsetzen und konzentriert auf Smolensk vorgehen.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Bisheriger Verlauf des Deutsch-Sowjetischen Krieges

Seit dem Beginn des Deutsch-Sowjetischen Krieges am 22. Juni 1941 waren die drei deutschen Heeresgruppen in mehreren Schlachten, in denen einige sowjetische Großverbände aufgerieben wurden, weit auf sowjetisches Territorium vorgedrungen. Der Heeresgruppe Mitte und ihrem Befehlshaber Generalfeldmarschall Fedor von Bock wurde dabei die allgemeine Stoßrichtung Moskau zugeteilt.

Deutsche Einschätzung der sowjetischen Kräfte

Das deutsche Oberkommando ging in einer Einschätzung vom 17. Juni 1941 von 3 Armeen aus. [1] Der STAWKA standen auf dem Gebiet der Weißrussischen SSR die 3. Armee, die 4. Armee und die 10. Armee zur Verfügung. Laut der Einschätzung des OKW sollten in dem Gebiet Schützendivisionen, Kavallerieeinheiten, motorisierte Einheiten und ein Panzerkorps stehen. Das 6. Panzerkorps stand tatsächlich auf dem Gebiet der Weißrussischen SSR.

Insgesamt wurden die sowjetischen Schützenkräfte auf rund 40% mehr geschätzt als tatsächlich vorhanden waren. Die Panzerkräfte waren jedoch wesentlich größer als angenommen, denn sie wurden lediglich auf rund 20–30 % ihrer tatsächlichen Stärke geschätzt,[1] wobei wiederum mehr Einheiten an Kavallerie erwartet wurden als tatsächlich vorhanden waren. Der Grund waren die neuen unentdeckten mobilen Divisionen der Roten Armee, die auf Kavallerie basierten. [2]

Vergleich der beiden Kräfte

Schlachtverlauf

Karte zum Schlachtverlauf

Nördlich von Białystok stieß die Panzergruppe 3 unter Generaloberst Hermann Hoth südlich zur Panzergruppe 2 unter Generaloberst Heinz Guderian vor. Unterstützt wurden sie dabei von der 4. und der 9. Armee, die hinter den Panzerverbänden aufschließen und die Flanken sichern sollten, sowie von 2657 Kampf- und Jagdflugzeugen. Generalfeldmarschall Fedor von Bock, der Befehlshaber der Heeresgruppe Mitte, ließ die beiden Panzergruppen nach der Vernichtung der sowjetischen 4. Armee bei Brest-Litowsk ohne Rücksicht auf eine Gefährdung der Flanken 300 Kilometer tief in russischen Raum eindringen und östlich von Minsk wieder zusammentreffen. Am 26. Juni waren dadurch die 3. und 10. sowjetische Armee, insgesamt 43 sowjetische Divisionen, zusammen 325.000 Mann mit 3300 Panzern, eingeschlossen. In Gewaltmärschen folgte die Infanterie nach, um den Kessel zu verstärken. Unter anderem durch Wegeschwierigkeiten hatten die deutschen Panzertruppen hohe Ausfälle an Material, und der Infanterie fügten die sich verzweifelt wehrenden Sowjets beträchtliche Verluste zu. Gemäß Stalins Parole „Halten oder sterben“ band die Rote Armee die deutschen Kräfte, allerdings mussten ganze Armeen geopfert werden, um wieder neue Verteidigungslinien aufbauen zu können. Am 9. Juli schließlich kapitulierten die verbliebenen Rotarmisten, obwohl die Stadt Minsk bereits am 28. Juni im Wesentlichen eingenommen war.

Folgen

Vorstöße der deutschen Truppen

Die Rote Armee verlor 22 Schützendivisionen, 7 Panzerdivisionen, 6 motorisierte Brigaden, 3 Kavalleriedivisionen, 1.809 Geschütze und 3.332 Panzer. Insgesamt gerieten etwa 320.000 Rotarmisten in deutsche Gefangenschaft. [5] Die Heeresgruppe Mitte konnte durch den errungenen Sieg ihren Vorstoß gegen Moskau fortsetzen und den Dnepr überschreiten. Nach der endgültigen Auflösung des Kessels wurden mehrere schnelle Divisionen für weitere Offensiven frei, die bisher durch die sowjetischen Truppen gebunden waren. Der Vorstoß auf das nächste Ziel Smolensk durch die beiden Panzergruppen 2 und 3 konnte nach der Zustimmung des Oberbefehlshabers der 4. Panzerarmee, deren Kommandeur Generalfeldmarschall Günther von Kluge beide Panzergruppen unterstanden, am 9. Juli beginnen. [6] Nach der Einschließung starker sowjetischer Kräfte in der Kesselschlacht bei Smolensk konnte die Rote Armee erstmals eine Gegenoffensive starten, die aber durch die Heeresgruppe Mitte abgewehrt wurde. Am 30. Juli 1941 erhielt die Heeresgruppe einen Haltebefehl, wobei die Panzergruppe 2 mit der 2. Armee nach Süden abdrehte und an der Schlacht um Kiew teilnahm, und sich die Panzergruppe 3 am Vorstoß der Heeresgruppe Nord auf Leningrad beteiligte.[7] Dies geschah auf Hitlers persönlichen Befehl, wobei er deshalb mit dem OKH in Konflikt geraten war, welches die Beibehaltung von Moskau als Schwerpunkt des Angriffes verlangte. Nach seiner eigenmächtigen Handlung erließ Hitler am 12. August 1941 die Weisung Nr. 34, die beinhaltete, dass das „Staats-, Rüstungs- und Verkehrszentrum“ Moskau noch vor Einbruch des Winters genommen werden sollte. Die Schlachten vor Leningrad und in der Ukraine hatten jedoch noch immer Vorrang, weshalb diese vor einer Offensive auf Moskau abgeschlossen sein sollten.[8] Die Schlachten in der Ukraine zogen sich jedoch bis in den September 1941 hin und Hitler erteilte bereits vor Abschluss in seiner Weisung Nr. 35, welche die Grundlage für die zukünftige Offensive darstellte:

„Die Anfangserfolge gegen die zwischen den inneren Flügeln der Heeresgruppen Süd und Mitte befindlichen Feindkräfte haben [...] die Grundlage für eine entscheidungssuchende Operation gegen die vor der Heeresmitte stehende in Angriffskämpfen festgelegte Heeresgruppe Timoschenko[A 1] geschaffen. Sie muß in der bis zum Einbruch des Winterwetters verfügbaren befristeten Zeit vernichtend geschlagen werden. Es gilt hierzu, alle Kräfte des Heeres und der Luftwaffe zusammenzufassen, die auf den Flügeln entbehrlich werden und zeitgerecht herangeführt werden können.“

Adolf Hitler: [9]

Diese begann mit der Doppelschlacht von Wjasma und Brjansk, in der 663.000 sowjetische Soldaten in Gefangenschaft gingen. [10]

Rezeption

Die Weltöffentlichkeit war beeindruckt vom enormen Erfolg der deutschen Taktik. Angesichts der hohen Verluste an Mensch und Material schien ein Zusammenbruch der Sowjetunion nahe.

Literatur

Bei der Betrachtung sowjetischer Quellen mit Ausnahme von Samisdat- und Tamisdat-Literatur, die bis zum Jahr 1987 veröffentlicht wurden, muss die Tätigkeit der sowjetischen Zensurbehörden (Glawlit, Militärzensur) bei der Revision diverser Inhalte im Sinne der sowjetischen Ideologie berücksichtigt werden. (→Zensur in der Sowjetunion)

  • Autorenkollektiv: Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges der Sowjetunion. Bd. 2, Deutscher Militärverlag, Berlin (Ost) 1963. (Übersetzung aus dem Russischen)
  • David M. Glantz: The Border Battles on the Białystok-Minsk Axis, 22–28 June 1941. In: David M. Glantz (Hrsg.): The Initial Period of War on the Eastern Front. Frank Cass Pbl., London 1993, ISBN 0-7146-3375-5, S. 184–247.
  • Hermann Hoth: Panzer-Operationen - Die Panzergruppe 3 und der operative Gedanke der deutschen Führung im Sommer 1941. Scharnhorst Buchkameradschaft, Heidelberg 1956.
  • Ernst Klink: Heer und Kriegsmarine. In: Horst Boog, Jürgen Förster, Joachim Hoffmann, Ernst Klink, Rolf-Dieter Müller, Gerd R. Ueberschär: Der Angriff auf die Sowjetunion. ( = Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.) Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 4). 2. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1987, ISBN 3-421-06098-3, S. 451–651.
  • Григорий Ф. Кривошеев: Россия и СССР в войнах ХХ века. Олма-Пресс, Moсквa 2001. (dt.: G. F. Krivošeev: Russland und die UdSSR in den Kriegen des 20. Jahrhunderts.) (online)

Einzelnachweise

  1. a b David M. Glantz: The Iniatial Period of the War on the Eastern Front 22 June-August 1941. Cass, New York 1993, ISBN 0-7146-4298-3, S. 184.
  2. David M. Glantz: The Iniatial Period of the War on the Eastern Front 22 June-August 1941. Cass, New York 1993, ISBN 0-7146-4298-3, S. 187.
  3. David M. Glantz: The Iniatial Period of the War on the Eastern Front 22 June-August 1941. Cass, New York 1993, ISBN 0-7146-4298-3, S. 187-189.
  4. Horst Boog, Jürgen Förster, Joachim Hoffmann, Ernst Klink, Rolf-Dieter Müller, Gerd R. Ueberschär: Der Angriff auf die Sowjetunion. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1983, ISBN 3-421-06098-3, S. 454.
  5. Horst Boog, Jürgen Förster, Joachim Hoffmann, Ernst Klink, Rolf-Dieter Müller, Gerd R. Ueberschär: Der Angriff auf die Sowjetunion. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1983, ISBN 3-421-06098-3, S. 461
  6. Horst Boog, Jürgen Förster, Joachim Hoffmann, Ernst Klink, Rolf-Dieter Müller, Gerd R. Ueberschär: Der Angriff auf die Sowjetunion. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1983, ISBN 3-421-06098-3, S. 458
  7. Ernst Klink: Die Operationsführung, S.486–502
  8. Ernst Klink: Die Operationsführung, S.503–507
  9. Abgedruckt in: Walther Hubatsch (Hrsg.): Hitlers Weisungen für die Kriegführung 1939–1945, München 1965, S.174–177
  10. Kurt von Tippelskirch: Geschichte des Zweiten Weltkrieges, Bonn 1956, S.206

Anmerkungen

  1. Eine "Heeresgruppe Timoschenko" gab es nicht. Marschall der Sowjetunion S.K. Timoschenko war zu diesem Zeitpunkt lediglich Befehlshaber der "Westfront".

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