Heeresgruppe Mitte

Heeresgruppe Mitte

Die Heeresgruppe Mitte war ein Heeres-Großverband der Wehrmacht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Heeresgruppe Mitte entstand zu Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion am 22. Juni 1941 durch Umbenennung der Heeresgruppe B. Sie war die stärkste der drei deutschen Heeresgruppen bei Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion. Die Heeresgruppe Mitte unter Generalfeldmarschall Fedor von Bock bildete während der Aufmarschpläne und Planungen gegen die Sowjetunion das Zentrum. Sie umfasste die 9. Armee (Generaloberst Adolf Strauß), Panzergruppe 2 (Generaloberst Hermann Hoth), Panzergruppe 3 (Generaloberst Heinz Guderian) und die 4. Armee (Generalfeldmarschall Günther von Kluge), somit 930 Panzer und insgesamt 49 Divisionen. Ihr Auftrag lautete den zentralen sowjetischen Verteidigungsriegel aufzubrechen und den Vormarsch auf der Autobahn Brest-Moskau zu gewährleisten. Während Generalfeldmarschall Walther von Brauchitsch einen direkten Angriff auf Moskau favorisierte, wurde dies von Hitler während dieser Phase des Krieges zunächst untersagt:

Nur versteinerte Gehirne mit fossilen Auffassungen können sich von einer feindlichen Hauptstadt hypnotisieren lassen. Moskau ist nichts als ein Name. Die Zitadellen des Bolschewismus sind Leningrad und Stalingrad.[1]

Das Nahziel der Heeresgruppe Mitte lautete zunächst Smolensk, nach Einnahme der Stadt sollten neue Marschorder erfolgen.[2] Zunächst mit zwei Panzergruppen und zwei, später drei Armeen trat sie nördlich der Pripjetsümpfe zum Angriff auf die Sowjetunion an. Die Heeresgruppe Mitte war in die zentralen Kampfhandlungen des Deutsch-Sowjetischen Krieges verwickelt und hatte große sowjetische Verbände in Stärke von 38 Schützen-Divisionen, acht Kavallerie-Divisionen sowie 14 motorisierte Brigaden auf der gegnerischen Seite. Am 30. Juni 1941 fiel die Grenzstadt Brest-Litowsk.[3] Nach der Kesselschlacht bei Białystok und Minsk, teilte sich die HG Mitte auf, wobei die Panzergruppe 2 gegen Witebsk und die Panzergruppe 3 in Richtung des Fluss Dnjepr marschierte. Dabei traten zahlreiche Schwierigkeiten auf: durch die sowjetische Strategie der „verbrannten Erde“ gab es kaum noch intakte logistische Strukturen, viele Ortschaften waren verwüstet und es mangelte an Wasser und Betriebsmitteln. Durch den aufgewirbelten Staub kam es zu großen Ausfällen der Panzer und anderer Fahrzeuge. Mit Ausweitung der Front konnten kaum noch Ersatzteile für die Instandhaltung bereitgestellt werden. Für den 10./11. Juli 1941 plante die Panzergruppe 3 die Dnjepr-Überquerung an drei Stellen. Eine Umgruppierung verhinderte die Realisierung des Unternehmens. Generalfeldmarschall Günther von Kluge erhielt den gemeinsamen Befehl über die Panzergruppen 3 und 4; alle Infanterie-Divisionen wurden zu einer zweiten Armee unter Generaloberst von Weichs zusammengefasst. Am 12. Juli 1941 wurde der Dnjepr in der Nähe von Orscha mit Panzerkräften überquert, während die Vorhut der 2. Armee noch 120 Kilometer westlich an der weißrussischen Beresina stand. Nachdem 20 neue sowjetische Divisionen bei Gomel aufgestellt wurden, kam es zwischen ihnen und der 3. Panzer-Division bei Roslawl, sowie der 10. Panzer-Division und der SS-Division „Das Reich“ am Frontbogen von Jelnja. Der 23. sowjetischen Armee gelang es 11 Divisionen bei Jelnja zu konzentrieren, die den Wehrmachtstruppen erhebliche Verluste zuführten. Hitler verbot den Panzertruppen weiter als bis zum Jelnjabogen vorzudringen. Smolensk konnte am 16. Juli 1941 durch die 29. Infanterie-Division (mot.) eingenommen werden. Zwischen Roslawl und Gomel wurden bis zum 5. August 1941 starke Sowjetverbände aufgerieben.[4] Am 19. Juli 1941 befahl Hitler trotz Protesten von Halder und von Brauchitsch mit der Weisung 33 die Reduzierung der HG Mitte, welche Panzerkräfte an die HG Nord und HG Süd abstellen musste. Hintergrund war eine Konzentration auf die Ziele Leningrad und die rohstoffreiche Ukraine.[5]

Das nächste Operationsziel war die sowjetische Hauptstadt Moskau. Für die Operation Taifun unter dem Oberbefehl des Generalfeldmarschall von Bock wurde die HG Mitte wieder verstärkt: 47 Infanterie-Divisionen, eine Kavallerie-Division, 14 Panzer-Divisionen, neun motorisierte Divisionen, sechs Polizei-Divisionen und eine SS-Kavallerie-Brigade wurden auf einer 750 Kilometer breiten Frontlinie eingesetzt. [6]

Nachdem die sowjetische Gegenoffensive Anfang 1942 zum Stehen gekommen war, verlagerte die deutsche Führung den Operationsschwerpunkt in den Südabschnitt der Ostfront, die Heeresgruppe deckte die Flanke der weiter südlich kämpfenden Armeen. Nach der Schlacht von Kursk wich die Heeresgruppe in harten Rückzugskämpfen fast bis auf die alte sowjetische Westgrenze von 1939 zurück. Nach einer kurzen Atempause wurden ihre geschwächten Armeen, die eine weit überdehnte Frontlinie verteidigen mussten, von der sowjetischen Operation Bagration überrollt. Von 38 eingesetzten Divisionen wurden 28 zerschlagen, insgesamt wurden drei Armeen aufgerieben.

Die deutschen Verluste betrugen etwa 381.000 Gefallene, 158.000 Soldaten und Offiziere gerieten in Kriegsgefangenschaft. [7]

Liste gefangener und getöteter Generale der Heeresgruppe Mitte

  • 3. Panzerarmee
    • LIII. Armeekorps General der Infanterie Gollwitzer – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • 246. Infanterie-Division Generalmajor Müller-Bülow – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • 4. Luftwaffen-Felddivision Generalleutnant Pistorius – gefallen
    • 6. Luftwaffen-Felddivision Generalleutnant Peschel – gefallen
    • 206. Infanterie-Division Generalleutnant Hitter – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • VI. Armeekorps General der Artillerie Pfeiffer – gefallen
    • 256. Infanterie-Division Generalmajor Wüstenhagen – gefallen
  • 9. Armee
    • Höherer Pionierkommandeur – Generalmajor Schmidt – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • XXXV. Armeekorps Generalleutnant Freiherr von Lützow – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • 134 Infanterie-Division Generalleutnant Philipp – beging Suizid
    • 6. Infanterie-Division Generalmajor Heyne – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • 45. Infanterie-Division Generalmajor Engel – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • XLI. Panzerkorps Generalleutnant Hoffmeister – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • 36. Infanterie-Division Generalmajor Conrady – sowjetische Kriegsgefangenschaft
  • Eingesetzte Reserven
    • 95. Infanterie-Division Generalmajor Michaelis – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • 707. Infanterie-Division Generalmajor Gihr – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • Panzergrenadier-Division „Feldherrnhalle“ Generalmajor von Steinkeller – sowjetische Kriegsgefangenschaft
    • Kampfkommandant des „festen Platzes“ Bobruisk Generalmajor Hamann – sowjetische Kriegsgefangenschaft

Von diesem Schlag konnte sich das Ostheer nicht mehr erholen, die Front erreichte im Spätsommer 1944 die Grenze Ostpreußens. Zwischen die Heeresgruppen Nord und Mitte schoben sich sowjetische Fronten. Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte war für die Wehrmacht dramatischer als die Schlacht von Stalingrad. Die Wehrmacht verlor ihre operative Handlungsfähigkeit.

Während der erbitterten Kämpfe in Ostpreußen wurde die Heeresgruppe Mitte am 25. Januar 1945 in Heeresgruppe Nord umbenannt. Ihre Verbände kämpften unter schweren Verlusten in Westpreußen und Pommern, die Reste der Truppen wurden von der Kriegsmarine aus den Ostseehäfen evakuiert.

Neu aufgestellt wurde die Heeresgruppe Mitte am 25. Januar 1945 nach dem Durchbruch der Roten Armee an der Weichsel durch die Umbenennung der Heeresgruppe A. Letztes Hauptquartier der Heeresgruppe war vom 28. März bis 8. Mai 1945 Bad Welchow im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren.

Oberbefehlshaber

Gliederung der Heeresgruppe

Heeresgruppen-Truppen

  • Nachrichten-Regiment 537
  • Nachrichten-Regiment 537 (2. Aufstellung)
  • Volks-Artillerie-Korps 405

Unterstellte Einheiten

Datum unterstellte Armeen
1941
Juni 1941 9. Armee, 4. Armee
Juli 1941 Panzergruppe 3, 9. Armee, 4. Armee, Panzergruppe 2, z. Vfg. 2. Armee
August 1941 Panzergruppe 3, 9. Armee, 2. Armee, Armeegruppe Guderian
September 1941 Panzergruppe 3, 9. Armee, 4. Armee, Panzergruppe 2, 2. Armee
Oktober 1941 9. Armee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
November 1941 9. Armee, Panzergruppe 3, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
1942
Januar 1942 9. Armee, 3. Panzerarmee, 4. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
Februar 1942 3. Panzerarmee, 9. Armee, 4. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee
Mai 1942 9. Armee, 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee
1943
Januar 1943 LIX. AK, 9. Armee, 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee
Februar 1943 3. Panzerarmee, 9. Armee, 4. Armee, 2. Panzerarmee
März 1943 3. Panzerarmee, 9. Armee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee
April 1943 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 2. Armee, z.Vfg. 9. Armee
Juli 1943 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Panzerarmee, 9. Armee, 2. Armee
September 1943 3. Panzerarmee, 4. Armee, 9. Armee, 2. Armee
November 1943 3. Panzerarmee, 4. Armee, 9. Armee, 2. Armee, Wehrmachtbefehlshaber Ostland
1944
Januar 1944 3. Panzerarmee, 4. Armee, 9. Armee, 2. Armee
Juli 1944 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Armee, z.Vfg. 9. Armee
August 1944 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Armee, IV. SS-Panzerkorps
1945
Januar 1945 3. Panzerarmee, 4. Armee, 2. Armee
Februar 1945* 4. Panzerarmee, 17. Armee, 1. Panzerarmee
Mai 1945 7. Armee, 4. Panzerarmee, 17. Armee, 1. Panzerarmee

* Umbenennung der Heeresgruppe A in Heeresgruppe Mitte und Heeresgruppe Mitte in Heeresgruppe Nord

Zusammensetzung der Heeresgruppe Mitte am 15. Juni 1944

3. Panzerarmee

4. Armee

9. Armee

Anmerkungen

  1. Raymond Cartier: Bd. I: 1939-1941; R. Piper Verlag, München; Titel der Originalausgabe: La Seconde Guerre mondiale, Paris, Larousse Paris Match, 1965, S. 345 ISBN 978-3492021661
  2. Raymond Cartier: Bd. I: 1939-1941; R. Piper Verlag, München; Titel der Originalausgabe: La Seconde Guerre mondiale, Paris, Larousse Paris Match, 1965, S. 345f ISBN 978-3492021661
  3. Raymond Cartier: Bd. I: 1939-1941; R. Piper Verlag, München; Titel der Originalausgabe: La Seconde Guerre mondiale, Paris, Larousse Paris Match, 1965, S. 363ISBN 978-3492021661
  4. Raymond Cartier: Bd. I: 1939-1941; R. Piper Verlag, München; Titel der Originalausgabe: La Seconde Guerre mondiale, Paris, Larousse Paris Match, 1965, S. 376-379 ISBN 978-3492021661
  5. Raymond Cartier: Bd. I: 1939-1941; R. Piper Verlag, München; Titel der Originalausgabe: La Seconde Guerre mondiale, Paris, Larousse Paris Match, 1965, S. 394-396 ISBN 978-3492021661
  6. Raymond Cartier: Bd. I: 1939-1941; R. Piper Verlag, München; Titel der Originalausgabe: La Seconde Guerre mondiale, Paris, Larousse Paris Match, 1965, S. 410f ISBN 978-3492021661
  7. Duncan Anderson The world at war The Reader's Digest Association Limited, Deutsche Ausgabe aus dem Jahr 2000, ISBN 3870708484, S. 124
  8. Rolf Hinze: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Osten 1944, S. 34-35 Motorbuch Verlag, ISBN 3-87943-681-9

Literatur

  • Werner Haupt:
    • Bildchronik der Heeresgruppe Mitte. Podzun-Pallas, ASIN B-0000B-RHY-4.
    • Heeresgruppe Mitte. Podzun-Pallas, ASIN B-0000B-RHY-6.
  • Rolf Hinze: Der Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Osten 1944. Motorbuch, ISBN 3-87943-681-9.

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