Lola rennt

Lola rennt
Filmdaten
Deutscher Titel Lola rennt
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1998
Länge 81 Minuten
Altersfreigabe FSK 12[1]
Stab
Regie Tom Tykwer
Drehbuch Tom Tykwer
Produktion Stefan Arndt
Musik Tom Tykwer, Johnny Klimek, Reinhold Heil
Kamera Frank Griebe
Schnitt Mathilde Bonnefoy
Besetzung

Lola rennt ist ein Spielfilm des deutschen Regisseurs und Filmproduzenten Tom Tykwer mit Franka Potente und Moritz Bleibtreu in den Hauptrollen. Der Film zeigt dreimal dieselbe Zeitspanne von zwanzig Minuten, jedes Mal mit kleinen Detailunterschieden, die die Handlung jeweils zu einem völlig anderen Ausgang führen (Schmetterlingseffekt).

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Das Haus in der Albrechtstraße im Berliner Bezirk Mitte, in dem die drei Episoden beginnen.

Die Geschichte spielt in Berlin. Lolas Freund Manni, der als Kurier für einen Hehler arbeitet, lässt versehentlich eine Stofftüte mit 100.000 Mark in der U-Bahn liegen. Nun hat er noch 20 Minuten Zeit, bis sein Auftraggeber kommt, um das Geld abzuholen. Das sind auch 20 Minuten für Lola, um ihrem Freund aus der Patsche zu helfen. Der Zuschauer verfolgt, wie Lola durch die Stadt rennt und versucht, das Geld zu beschaffen. Sie hetzt durch die Straßen zur Bank, deren Direktor ihr Vater ist, um ihn um Geld zu bitten. Als der ablehnt, überfallen Manni und Lola einen Supermarkt. Auf der Flucht wird Lola von einem nervösen Polizisten versehentlich erschossen.

In einer Zwischensequenz liegen Lola und Manni nebeneinander und rauchen. Sie stellt ihm Fragen zur Natur seiner Liebe zu ihr, und ob ihre Beziehung nicht letztlich nur ein Produkt des Zufalls sei.

Als Lola tödlich verletzt auf der Straße liegt, weigert sie sich, diesen Ausgang der Geschichte zu akzeptieren und beginnt durch ihre übernatürliche Willenskraft die Handlung des Films von vorne: Der Film springt zurück zum Ende ihres Telefonats mit Manni, und sie versucht wieder, das Geld von ihrem Vater zu bekommen. Ein Detail ist allerdings anders und führt zu einem völlig anderen Handlungsverlauf, in dem Lola mit Waffengewalt die Bank ihres Vaters beraubt. Sie bringt Manni das Geld; er wird jedoch von einem Rettungswagen überfahren, als er die Straße überquert, um zu ihr zu gelangen.

Es folgt wieder eine Zwischensequenz. Diesmal stellt Manni Lola Fragen und möchte wissen, ob ihr Leben im Falle seines Todes nicht trotz ihrer Liebe zu ihm ganz normal weitergehen würde.

Die Handlung beginnt zum dritten Mal. Lola kommt zur Bank, sieht ihren Vater jedoch gerade wegfahren. Sie läuft durch die Stadt und bittet Gott um Hilfe. In einem Spielcasino setzt sie ihre letzten 100 Mark beim Roulette zweimal nacheinander auf die 20, gewinnt und steigt in einen Krankenwagen und fährt zu Manni. Der hat unterdessen sein Geld von dem Obdachlosen zurückbekommen, der es aus der U-Bahn mitgenommen hat. Die Situation ist gerettet. Der Film endet damit, dass Manni Lola fragt, ob sie gerannt sei und was sie in ihrer Tasche habe.

Lola stößt den ganzen Film über mit Leuten zusammen, spricht kurz mit ihnen oder läuft einfach an ihnen vorbei, und deren Leben verläuft ausgehend davon in jedem Durchgang der Filmhandlung völlig unterschiedlich, was in einer Abfolge von Schnappschüssen kurz gezeigt wird (In einem Szenario gewinnt eine Frau im Lotto und wird reich, in einem anderen Szenario bleibt sie arm, und Sozialarbeiter nehmen ihr das eigene Kind weg).

Vorlage, Dramaturgie

  • Mit seinen drei Abwandlungen ein und derselben Geschichte variiert der Film die Grundidee des 1981 von Krzysztof Kieślowski gedrehten und wegen der polnischen Zensur erst 1987 gezeigten Films Der Zufall möglicherweise (engl. Blind Chance, poln. Przypadek), wobei die Version von Kieślowski mit ihren 120 Minuten Spiellänge dem Zuschauer weitaus mehr philosophische Auseinandersetzung mit dem Thema Zufall und Schicksal bietet. Tom Tykwer benutzte als bekannter Verehrer von Kieślowski die narrative Grundstruktur des im realsozialistischen Polen viele Jahre verbotenen Films als Vorlage.
  • Die Dramaturgie des Drehbuchs folgt einer spiralförmigen Struktur. Ähnlich einem Spiralverlauf beginnt das Handlungstempo in der äußersten Umdrehung der Spirale in mittlerem Tempo. Dieses nimmt kontinuierlich zu, bis jeweils der zentrale Endpunkt, das Ziel im Zentrum der Spirale erreicht ist. Die Metapher der Spirale visualisiert das „um-sich-selbst-drehen“ der rat- und rastlosen Protagonistin Lola sowie die kontinuierlich abnehmende verfügbare Zeit in jeder „herumgerannten“ Runde der Lösungssuche. Die Spirale (zum Beispiel in einem Treppenhaus) taucht auch als Bildmetapher mehrmals im Film auf. Im Casino hängt ein Porträt einer Frau mit einer spiralförmigen Frisur an der Wand – was als eine Hommage an eine Szene aus Hitchcocks Film Vertigo – Aus dem Reich der Toten interpretiert werden kann.

Rezeption in späteren Filmen

  • Die Simpsons-Episode „Trilogy Of Error“ (dt. Titel: „Trilogie derselben Geschichte“) ist eine Hommage an den Film. In dieser Folge gibt es drei Handlungsstränge, die jeweils miteinander verstrickt sind. Jeder Handlungsstrang erzählt die Geschichte eines Tages aus der Sicht von Homer, Bart und Lisa, jedoch ist die Geschichte gleich. In Lisas Segment läuft sie zur Filmmusik von Lola rennt durch Springfield.
  • Die Episode Run, Gary, Run aus der Serie Allein gegen die Zukunft hat ebenso eine ähnliche Handlung.
  • In der Episode Run Johnny Run von Johnny Bravo werden ebenfalls drei Zeitstränge verwendet und Bilder der möglichen Zukunft von Menschen gezeigt.
  • In der Episode Meine clevere Idee von Scrubs – Die Anfänger wird das Titellied aus „Lola rennt“ gespielt, als der Hausmeister einen Hundertmeter-Hindernislauf auf JD zuläuft.
  • In der Episode Das Monster aus der Tiefe von Buffy – Im Bann der Dämonen wird in der Anfangssequenz eine junge Frau in Deutschland verfolgt, die starke Ähnlichkeit mit der Protagonistin aus „Lola rennt“ hat.

Drehorte

Diese ehemalige Bolle-Filiale in Berlin-Charlottenburg diente als Drehort für Mannis und Lolas Überfall.
  • Die Stadtteile, durch die Lola während des Films rennt, liegen nicht auf einer Route, sondern in unterschiedlichen Gebieten Berlins, die man nicht in dieser Reihenfolge ablaufen könnte.[2][3]
  • Eines der Hauptmotive der rennenden Lola wurde auf der Oberbaumbrücke gedreht, die in Berlin die Stadtteile Kreuzberg und Friedrichshain verbindet.
  • Man brauchte fünf Wochen, um einen Supermarkt zu finden, in dem man die Raubszene drehen konnte.[2]
  • Die Deutsche Transfer Bank, in der Lolas Vater arbeitet, ist frei erfunden, die Bankszenen wurden allerdings in der damals leerstehenden ehemaligen Geschäftszentrale der Dresdner Bank am Bebelplatz gedreht.[4] Das Gebäude beherbergt heute u.a. das Hotel de Rome.
  • Die Casinoszene wurde im Foyer des Rathauses Schöneberg gedreht.[5] Der Saalchef, der den eigentlich über Maximum liegenden Einsatz der zudem unpassend gekleideten Lola am Roulette-Tisch gestattet, ist der heutige Technische Direktor der Spielbank Berlin.

Sonstiges

  • Die Erzählerstimme vom Anfang des Films stammt von Hans Paetsch, der auch als „Märchenonkel“ bekannt ist.
  • Die Aussagen „Der Ball ist rund“ und „Das Spiel dauert 90 Minuten“ sind berühmte Zitate von Sepp Herberger.
  • Für den Film wurden rund 1000 Statisten verpflichtet. Allein 500 wurden für die Anfangssequenz benötigt.
  • Im Trailer zum Film steht fehlerhaft "Moritz Bleitreu".
  • Die blinde Frau, von der sich Manni im Film eine Telefonkarte ausleiht, wird von Monica Bleibtreu gespielt, Moritz Bleibtreus Mutter.
  • Der Mann, der Lola am Anfang der Handlung das Moped stiehlt, ist mit diesem Moped in der dritten Filmsequenz in den Unfall mit Herrn Meier und Lolas Vater verwickelt.
  • Das Musikvideo zur Single It’s My Life, zu finden auf dem Album Crush von Bon Jovi, wurde durch den Film inspiriert.[6] Dort rennt ein junger Mann durch Los Angeles, um seine Freundin auf einem Konzert der Band zu treffen.
  • Bei einem Budget von rund 3,5 Mio. D-Mark spielte der Film ca. 7,2 Mio. US-Dollar in den USA ein.[7][8]

Kritiken

„Unter Einsatz verschiedenster formaler Mittel erzeugt der Regisseur überaus geschickt einen stakkatoartigen Rhythmus, der sich zu einem mitreißenden, formal brillanten visuellen Feuerwerk verdichtet. Ansätze zur Vertiefung des Stoffes in Richtung Reflexion über Zeit und Zufall sind durchaus vorhanden, werden aber nicht weitergedacht, da die Geschichte in ihren Dimensionen eng begrenzt und nur wenig übertragbar ist.“

Lexikon des internationalen Films[9]

„Regisseur Tom Tykwer […] überraschte mit ‚Lola rennt‘ Kritik wie Publikum: Knackig-kurze 80 Minuten, in denen (er) auch noch gleich drei Varianten einer Geschichte erzählt. […] Ansonsten ist der Titel Programm und Franka Potente als Lola rennt beinahe während des gesamten Films. Nahezu alle technischen Möglichkeiten und filmischen Errungenschaften nutzend, wechselt Tykwer von Video- zu Kinofilm, von Digital- über Farb- zu Schwarzweiß- Bildern oder gar von Real- zu Zeichentrickfilm. Hat man sich erst einmal an den zu Beginn etwas nervigen Techno-Beat gewöhnt, erwartet einen der kurzweiligste, witzigste Streifen jüngster Zeit.“

Prisma Online[10]

„‚Lola rennt‘ ist wahrscheinlich ‚der‘ deutsche Film der späten 90er Jahre. Schnell, pulsierend, dynamisch ist der Thriller, der auf herausragende Weise das Lebensgefühl dieser Zeit einfängt. Tom Tykwer schaffte es mit ‚Lola rennt‘, die deutsche Filmindustrie aus ihrem Schneewittchenschlaf zu wecken und auf dem internationalen Parkett zu beweisen, dass auch Filme ‚made in Germany‘ durch Originalität und Experimentierfreudigkeit glänzen können. Für den Regisseur und seine damalige Lebensgefährtin Franka Potente sollte das Werk, welches auf den Filmfestivals weltweit gefeiert und obendrein zu einer der kommerziell erfolgreichsten deutschen Produktionen im Ausland wurde, den großen Durchbruch bedeuten.“

Filmstarts.de[11]

Auszeichnungen

„Lola rennt“ wurde 1999 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet.

  • Deutscher Filmpreis in Gold (bester Film)
  • Bester Regisseur (Tom Tykwer)
  • Beste Kamera (Frank Griebe)
  • Bester Schnitt (Mathilde Bonnefoy)
  • Beste Nebendarstellerin (Nina Petri)
  • Bester Nebendarsteller (Herbert Knaup)
  • Publikumspreis: Kinofilm des Jahres
  • Publikumspreis: Schauspielerin des Jahres (Franka Potente)

Weiterhin gab es diese Preise und Auszeichnungen:

  • Sundance Film Festival 1999 - Bester ausländischer Film (amerikanischer Titel: Run Lola Run)
  • Ernst-Lubitsch-Preis 1999
  • Bayerischer Filmpreis 1998
  • Gilde-Filmpreis in Gold 1999
  • Großer Preis der Stadt Genf 1999
  • Bambi 1998
  • Hong Kong Critics Choice 1998
  • Goldene Schallplatte 1999
  • MTV Select Award 1999
  • Jupiter 1999 - Bester deutscher Film
  • Tschechischer Löwe 2000 - Bester ausländischer Film

Außerdem wurde der Film oft nominiert, u. a. für:

Der Film war Deutschlands Kandidat auf eine Nominierung in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film bei der Oscarverleihung 1999, wurde aber nicht nominiert.

Literatur

  • Anders, Petra; Rüsel, Manfred: Rund um Lola rennt. Kopiervorlagen für den Deutschunterricht. Cornelsen, Berlin 2006, ISBN 3-464-60393-8.
  • Donecker, Simone: Narrative Constructions in Tom Tykwers Run, Lola, run. GRIN Verlag, 2005, ISBN 978-3-638-54807-6.
  • Schuppach, Sandra: Tom Tykwer. Dissertation. Bender, Mainz; 1. Auflage, Juni 2004, ISBN 978-3-936497-02-1.

Musik

Neben der Musik von Tom Tykwer, Johnny Klimek, Reinhold Heil, Franka Potente mit Believe, wurde u. a. auch The Unanswered Question von Charles Ives verarbeitet. Den Titelsong lieferte Franka Potente feat. Thomas D. mit dem Song Wish (Komm zu mir).

Altersfreigabe auf DVD

Die DVDs dieses Films, welche von Laser Paradise herausgegeben wurden, haben eine FSK-16-Freigabe. Dies liegt nicht am Film an sich, sondern an dem außerdem auf der DVD enthaltenen Trailer.[12]

Einzelnachweise

  1. http://www.spio.de/fskonline/PDF/0901/79732DVD.pdf
  2. a b Trivia. In: IMBb.com. Aufruf: 2. Juni 2009 (englischer Artikel)
  3. Drehorte mit Fotos auf einer Stadtkarte
  4. Michaela Menschner, Ela Dobrinkat: Best of Berlin. Besuchen Sie Berlins berühmteste Drehorte. In: Berliner Morgenpost. 2. April 2009.
  5. http://www.tagesspiegel.de/berlin/schauplatz-der-geschichten/544090.html
  6. Vgl. Alex Gernandt: Bon Jovi, 2. Auflage, Goldmann, München 2001, ISBN 3-442-42851-3, Seite 261.
  7. Business and box-office. In: IMDb.com. Abruf: 2. Juni 2009 (englischer Artikel)
  8. Run Lola Run. In: boxofficemojo.com. Abruf: 2. Juni 2009 (englischer Artikel)
  9. Lola rennt-Kritik
  10. Lola rennt-Kritik
  11. Lola rennt. In: filmstarts.de
  12. OFDB.de: [1] [2]

Weblinks


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