Polendeutsche

Polendeutsche
Deutsche Minderheit in Oberschlesien
Deutsche Minderheit in Masuren

Die Deutsche Minderheit in Polen ist eine seit 1991 anerkannte nationale Minderheit in Polen. 152.897 Personen gaben in der Volkszählung von 2002 an, Deutsche zu sein; dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 0,38%. Die Deutsche Botschaft in Warschau hingegen geht von 300.000 bis 400.000 Bürgern deutscher Nationalität aus.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Kundgebung in Berlin zur Unterstützung einer Protestnote der Reichsregierung an den Völkerbund wegen der Verletzung der Rechte der deutschen Minderheit in Oberschlesien (November 1930)

Bis 1939

Vor dem Zweiten Weltkrieg lebte der Großteil der Deutschen in Polen im Polnischen Korridor, in der Gegend um Posen und im 1922 von Polen annektierten Ostoberschlesien, ferner in der Region um Łódź (Lodsch) und in Wolhynien. In Wolhynien siedelten bis 1915 etwa 250.000 Deutsche.

Die stärkste politische Vereinigung der deutschen Minderheit war die 1931 gegründete Jungdeutsche Partei in Polen, die Mitte der 1930er Jahre etwa 50.000 Mitglieder zählte.

Während des Zweiten Weltkrieges

Nach dem Polenfeldzug entstand 1939 der Volksdeutsche Selbstschutz, eine paramilitärische Organisation, die ihre Mitglieder hauptsächlich aus Angehörigen der deutschen Minderheit rekrutierte und an zahlreichen Massenmorden an der polnischen und jüdischen Bevölkerung beteiligt war.[2] Von den etwa 740.000 Angehörigen der deutschen Minderheit im Vorkriegspolen wurden Männer im wehrfähigen Alter als Soldaten rekrutiert, darüber hinaus gehörten etwa 80.000 bis 100.000 dem Volksdeutschen Selbstschutz an.[3]

In Gebieten Polens, die direkt dem Reich angeschlossen wurden, hatte sich Definition und Situation der deutschen Minderheit grundlegend geändert. Sie wurde zur „erwünschten“ Bevölkerungsgruppe erklärt, wo hingegen die bis dahin dort lebende polnische Bevölkerung nach Osten deportiert wurde. Auch in manchen Städten des Generalgouvernements, beispielsweise in Łódź (Lodsch, 1940–1945: Litzmannstadt), wurden verstärkt Deutsche angesiedelt.

Westverschiebung Polens – Flucht, Vertreibung und Aussiedlung

Massengrab der Opfer des NKWD-Lagers Toszek Inschrift: „Hier ruhen mehr als 3.000 Opfer des Internierungslagers des NKWD aus dem Jahre 1945. Am 46. Jahrestag der Auflösung des Lagers Toszek XI 25 1991“
Bezeichnend für das Oppelner Land und seine deutsche Minderheit: Gepflegte deutsche Gefallenendenkmäler wie hier in Mechnice (Muchenitz)
… in manchen Orten wurden diese nach der Wende neu errichtet, wie hier im Powiat Oleski
[Denkmal für die Opfer des Zweiten Weltkrieges in Kranowitz

Auf der Teheran-Konferenz vom 28. November bis zum 1. Dezember 1943 entschieden die Alliierten die „polnische Westverschiebung“[4] und somit die Aussiedlung der deutschen Bevölkerung aus den ostdeutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie, die unter polnische Verwaltung gestellt wurden, sowie die Aussiedlung der polnischen Bevölkerung aus dem bereits 1939 von der Sowjetunion annektierten Ostpolen.

Als Vergeltung für die von Deutschen verübten Gräuel im Zweiten Weltkrieg waren Vertriebene und in Polen gebliebene Volks- und Reichsdeutsche vielfach Gewalttaten ausgesetzt. In ehemaligen Kriegsgefangenen- und Konzentrationslagern, wie in Łambinowice, Zgoda oder im NKWD-Lager Toszek wurden Zivilisten aufgrund ihrer deutschen Herkunft, bzw. zwecks späterer Aussiedlung, interniert. Misshandlungen an Lagerinsassen und die schlechten Haftbedingungen forderten zahlreiche Todesopfer.

Nachdem von 1944 bis 1950 ca. 8,5 Millionen Deutsche aus diesem Gebiet geflohen oder vertrieben worden waren, begann in den ehemaligen deutschen Ostgebieten eine großangelegte „Entdeutschung“, bei der versucht wurde, alle Hinweise auf die deutsche Vergangenheit zu tilgen. Deutschsprachige Inschriften auf Gebäuden, Friedhöfen oder Denkmälern wurden unkenntlich gemacht, deutsche (Familien-)Namen polonisiert und der Gebrauch der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit verboten.[5] Die verbliebenen Deutschen bewohnten hauptsächlich ländliche Gebiete in Oberschlesien und Hinterpommern sowie die nieder- und oberschlesischen Industriegebiete. Neben der Ansiedlung von polnischen Vertriebenen und Neusiedlern durften alteingesessene Bewohner (Autochthone), vor allem Oberschlesier und Masuren, nach einer positiven „Verifizierung“ als polnische Staatsbürger bleiben. Auf diese Weise gab es ab 1951 nach verfälschten Angaben der polnischen Behörden keine Deutschen mehr in Polen und die tatsächliche deutsche Restbevölkerung wurde unterdrückt, was jedoch nach außen dementiert wurde.

Allein in Oberschlesien lebten nach dem Zweiten Weltkrieg noch mehr als 700.000 Deutsche, die damit die Hälfte der Bevölkerung ausmachten. In Niederschlesien (Woiwodschaft Breslau) lebten nach der Volkszählung 1950 noch 84.800 ehemalige Reichsbürger.[6] Sie lebten vor allem im Steinkohlegebiet um Waldenburg, wo sie als Fachkräfte für die Industrie geduldet wurden. Da sie nach einer Übergangszeit das Land verlassen sollten, wurden hier deutsche Organisationen und deutschsprachiger Unterricht gestattet.[7]

Im übrigen Polen war angesichts der erzwungenen Assimilation und der Diskriminierung Deutschstämmiger eine kulturelle Entwicklung der deutschen Minderheit unmöglich und die langfristige Existenz derselben gefährdet.

Von 1955 bis 1959 kam es erstmals zu einer Familienzusammenführung von den damals Geflohenen oder Vertriebenen und den in Polen verbliebenen Deutschen. Bei dieser Familienzusammenführung wurden ca. 250.000 Deutsche nach West-Berlin und ca. 40.000 in die DDR umgesiedelt. Die Zahl der deutschsprachigen Bevölkerung betrug 1960 weniger als 50.000.

Weitere Deutsche beziehungsweise Autochthone verließen auf Grund einer erneuten Familienzusammenführung infolge des „Warschauer Vertrages“ von 1970 das Land. Nach polnischen Statistiken gab es Ende der 1970er Jahre ca. 500.000 bis 1 Million aussiedlungswillige Deutsche, die vor allem in den 1980er Jahren massenhaft ausreisten. In den Jahren zwischen 1950 und 1989 gelangten insgesamt rund 1,2 Mio. Deutsche aus Polen und ihre Familienangehörigen nach dem Bundesvertriebenengesetz als Aussiedler in die Bundesrepublik Deutschland.

Rechtliche Anerkennung und Infrastruktur

Bis 1990/1991 wurde die Existenz der deutschsprachige Minderheit vom polnischen Staat geleugnet. Durch das Verbot von deutscher Sprache und Kultur und die Diskriminierung Deutschstämmiger war alles Deutsche aus dem öffentlichen Leben verschwunden – viele Deutschstämmige der Nachkriegsgenerationen sprachen Deutsch nicht mehr als Muttersprache. Deshalb gestaltete sich der Wiederaufbau der öffentlichen Tätigkeit der deutschen Minderheit nach der Wende auch schwierig und wurde zu großen Teilen von Angehörigen der älteren Generation vollzogen.

Erst nach Abschluss des Deutsch-Polnischen Nachbarschaftsvertrages vom 17. Juni 1991 erhielt die Deutsche Minderheit volle Rechte als Nationale Minderheit nach KSZE-Standard sowie eine Vertretung im polnischen Parlament (Sejm).

Bei der Deutschen Minderheit in Polen handelt es sich mehrheitlich um alteingesessene Schlesier, die bei statistischen Erhebungen angeben, „Deutsche“ zu sein.

Gemäß dem polnischen Minderheitengesetz von 2005 können Gemeinden ab einem Minderheitenanteil von mindestens 20 % offiziell als zweisprachig anerkannt werden und Deutsch als sog. Hilfssprache einführen. Dabei werden die Ergebnisse der polnischen Volkszählung von 2002 herangezogen, wonach 28 Gemeinden diesen Anteil von Deutschen an der Gesamtbevölkerung erreichen:[8] Biała/Zülz, Bierawa/Birawa, Chrząstowice/Chronstau, Cisek/Czissek, Dobrodzień/Guttentag, Dobrzeń Wielki/Groß Döbern, Głogówek/Oberglogau, Izbicko/Stubendorf, Jemielnica/Himmelwitz, Kolonowskie/Colonnowska, Komprachcice/Comprachtschütz, Krzanowice/Kranowitz, Lasowice Wielkie/Groß Lassowitz, Leśnica/Leschnitz, Łubniany/Lugnian, /Murow, /Rosenberg O.S., Pawłowiczki/Pawlowitzke, Polska Cerekiew/Groß Neukirch, Popielów/Poppelau, Prószków/Proskau, Radłów/Radlau, Reńska Wieś/Reinschdorf, Strzeleczki/Klein Strehlitz, Tarnów Opolski/Tarnau, Turawa, Ujazd/Ujest, Walce/Walzen sowie Zębowice/Zembowitz. Bis auf Kranowitz, das der Woiwodschaft Schlesien angehört, liegen alle Gemeinden in der Woiwodschaft Oppeln.

Rechtliche Grundlagen und Alltag

Gemeinden, in denen Deutsch als Hilfssprache eingeführt wurde bzw. Gemeinden, die die Voraussetzung hierfür erfüllen
Ergebnisse des Wahlkomitees Deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Oppeln bei den Parlamentswahlen 2007

Laut der Volkszählung in Polen von 2002 gebrauchen 204.573 Menschen in ihrem Privatleben die deutsche Sprache, davon sind 100.767 polnischer und 91.934 deutscher Nationalität.[9]

Volkszählung 2002

Laut Volkszählung aus dem Jahre 2002 bekennen sich 152.897 Einwohner Polens zur deutschen Volkszugehörigkeit. Die meisten von ihnen leben in der oberschlesischen Woiwodschaft Oppeln, wo sie mit 106.855 Menschen 10,033 % der Bevölkerung ausmachen. In den übrigen Woiwodschaften liegt der Anteil der deutschen Bevölkerung zwischen 0,005 % und 0,672 %.

Woiwodschaft Einwohnerzahl Davon Deutsche Prozentualer Anteil
Oppeln 1.065.043 106.855 10,033
Schlesien 4.742.874 31.882 0,672
Ermland-Masuren 1.428.357 4.535 0,317
Pommern 2.179.900 2.319 0,106
Niederschlesien 2.907.212 2.158 0,074
Westpommern 1.698.214 1.224 0,072
Lebus 1.008.954 651 0,064
Kujawien-Pommern 2.069.321 717 0,034
Großpolen 3.351.915 1.013 0,030
Łódź 2.612.890 325 0,012
Masowien 5.124.018 574 0,011
Kleinpolen 3.232.408 261 0,008
Podlachien 1.208.606 85 0,007
Karpatenvorland 2.103.837 116 0,006
Lublin 2.199.054 112 0,005
Heiligkreuz 1.297.477 70 0,005
insgesamt 38.230.080 152.897 0,381

Verbreitung und Analyse

Die meisten Deutschen leben in Oberschlesien und Masuren. Außerhalb dieser Regionen überschreitet der Anteil der deutschen Minderheit an der Gesamtbevölkerung in keiner Gemeinde die 1-Prozent-Marke. Mit etwa 140.000 deutschen Einwohnern macht Oberschlesien den größten Teil der gut 150.000 Deutschen in Polen aus.

Während in Oberschlesien der Anteil der Deutschen in einigen Gemeinden bei über einem Fünftel liegt, gibt es in Masuren nur wenige Gemeinden, die mehr als 1 % deutsche Einwohner haben. Der höchste Anteil liegt dort in einer Gemeinde bei 7 %.

Deutsche leben heute vor allem in Gebieten, die früher Teil des Deutschen Reiches gewesen sind: nach Oberschlesien und Masuren sind dies Pommern, Niederschlesien und Ostbrandenburg. In den ehemals preußischen Gebieten, die bereits nach dem Ersten Weltkrieg zu Polen kamen, leben noch einige Deutsche, davon die meisten (1.010) in der Woiwodschaft Großpolen. Während es bis 1945 in diesen Gebieten eine starke deutsche Minderheit gab, ist ihr heutiger Anteil an der Gesamtbevölkerung nicht mehr bedeutend.

Zweisprachige Gemeinden

Offiziell zweisprachig sind seit 2006 die Gemeinden Biała/Zülz, Chrząstowice/Chronstau, Izbicko/Stubendorf, Jemielnica/Himmelwitz, Kolonowskie/Colonnowska, Lasowice Wielkie/Groß Lassowitz, Leśnica/Leschnitz, Prószków/Proskau, Radłów/Radlau, Reńska Wieś/Reinschdorf, Strzeleczki/Klein Strehlitz, Ujazd/Ujest und Walce/Walzen, seit 2007 Bierawa/Birawa, Tarnów Opolski/Tarnau und Zębowice/Zembowitz sowie seit 2008 Turawa.[10]

In vielen Gemeinden (beispielsweise in Gogolin) stellt die deutsche Minderheit den Bürgermeister oder Ortsvorsteher,[11] in den Landkreisen Oppeln und Groß Strehlitz verfügt sie über die absolute Mehrheit.

Zweisprachige Ortsschilder

Zweisprachige Begrüßungstafel in Krośnica/Kroschnitz

Zweisprachige Ortsschilder dürfen in den genannten Gemeinden erst aufgestellt werden, wenn die deutschen Ortsbezeichnungen bzw. Straßennamen gemäß der "Verordnung über zweisprachige Orts- und Lagebezeichnungen" ("Dwujęzyczne nazewnictwo geograficzne") offiziell genehmigt wurden. Dafür muss der Gemeinderat der Einführung der deutschen Bezeichnungen zustimmen und es muss die Genehmigungen des Wojwoden sowie des polnischen Innenministeriums (MSWiA) vorliegen. Eine Befragung der Gemeindebevölkerung ist nur erforderlich, wenn der Anteil der Deutschen an der Bevölkerung unter einem Fünftel liegt; allerdings setzen auch Gemeinden mit mehr als 20 % meist auf freiwillige Umfragen.

Bisher wurden zweisprachige Ortsschilder in den Gemeinden Radłów/Radlau, Cisek/Czissek, Leśnica/Leschnitz, Tarnów Opolski/Tarnau, Chrząstowice/Chronstau, Izbicko/Stubendorf, Dobrodzień/Guttentag, Jemielnica/Himmelwitz, Kolonowskie/Colonnowska, Krzanowice/Kranowitz, Ujazd/Ujest, Biała/Zülz, Zębowice/Zembowitz, Strzeleczki/Klein Strehlitz sowie für Łubowice/Lubowitz, einen Ortsteil von Rudnik aufgestellt.[12]

Deutschsprachige Gedenktafel für den Komponisten und Abt Johannes Nucius in Himmelwitz

Auch die zweisprachigen Ortsschilder sind wie die bisherigen in grün gehalten und weiß beschriftet. Unter dem polnischen Ortsnamen steht in gleicher Schriftgröße der deutsche Name. In der Gemeinde Cisek/Czissek wurden den alten Ortsschildern zusätzlich deutschsprachige Schilder angehängt; ob dieses Anbringen getrennter Schilder dem polnischen Minderheitengesetz entspricht, ist strittig.

Deutschsprachige Ortsschilder waren bereits seit 2005 erlaubt, bis 2008 hatte jedoch keine berechtigte Gemeinde von den Behörden Geld hierfür erhalten. Erst für das Jahr 2008 wurden erstmals 250.000 Złoty für die Herstellung und Aufstellung von Schildern eingeplant.

Zunächst wurde davon ausgegangen, dass die Gemeinde Radłów/Radlau im Herbst 2008 die ersten deutschsprachigen Ortsschilder aufstellen werde. Am 4. September 2008 war es dann jedoch Łubowice/Lubowitz, das als erster Ort wieder deutschsprachige Schilder einführte.[13] Am 12. September 2008 folgte mit einer feierlichen Enthüllung als erste Kommune in Polen die Gemeinde Radłów/Radlau.[14] Am 15. September stellte die Gemeinde Cisek/Czissek deutschsprachige Ortsschilder auf. In Chrząstowice/Chronstau wurden erstmals neben Ortsschildern auch Wegweiser mit deutschen Ortsnamen errichtet. Schließlich stellte Tarnów Opolski/Tarnau als erste Gemeinde Schilder ohne vorherige Befragung der Bevölkerung auf.

Zusätzliche Straßennamen in deutscher Sprache wurden bisher von keiner Gemeinde beantragt. Jedoch gibt es schon seit der politischen Wende in Polen 1989 privat finanzierte zweisprachige Begrüßungstafeln.

Kontroversen

Bezeichnend für das Oppelner Land und seine deutsche Minderheit: Gepflegte deutsche Gefallenendenkmäler wie hier in Mechnice (Muchenitz)
… in manchen Orten wurden diese nach der Wende neu errichtet, wie hier im Powiat Oleski

In den 1945 an Polen gefallenen deutschen Ostgebieten versuchte die kommunistische Führung, schriftliche Zeugnisse der deutschen Geschichte durch die Entfernung von Inschriften oder Denkmälern zu tilgen. Im Oppelner Land bemühte sich die deutschen Minderheit, diese Aktionen zu begrenzen – in Lasowice Małe (Klein Lassowitz) beispielsweise wurde das örtliche Kriegerdenkmal vor den polnischen Behörden vergraben.[15] Die erhaltenen deutschen Kriegerdenkmäler sind heute zu Kennzeichen des Oppelner Landes und seiner deutschen Minderheit geworden. Nach der Wende wurden bestehende Denkmäler wiederhergestellt bzw. durch Gedenksteine für die Opfer des Zweiten Weltkriegs ergänzt.

Umstritten sind auch Darstellungen des deutschen Militärs, wie Eiserne Kreuze, ein Symbol aus dem frühen 19. Jahrhundert und auch Hoheitszeichen der Bundeswehr, oder Soldatenhelme auf den Denkmälern. Von manchen Politikern und Medien würden diese Symbole mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht und aus diesem Grund entfernt. Außerdem dürften im Zweiten Weltkrieg gefallene Ortsbürger auf Denkmälern nicht als Gefallene bezeichnet werden, deutsche Denkmäler von vor 1945 dürften zudem keine 1933–45 eingeführten Ortsnamen tragen und sollten durch eine polnische Informationstafel ergänzt werden.

Schließlich wurde 2005 die von örtlichen Vertretern der deutschen Minderheit vorgeschlagene Benennung der zweisprachigen Schule in Rosenberg/Olesno zu Ehren der schlesischen Nobelpreisträger nach öffentlichen Protesten aufgegeben. Stein des Anstoßes war der Nobelpreisträger Fritz Haber, dessen Forschungen auch der chemischen Kriegsführung im Ersten Weltkrieg gedient hatten.[16] In den Medien erhielt er das Synonym „Doktor Tod“.

Gelegentlich kommt es auch zu kontroversen Berichterstattungen über die deutsche Minderheit in Polen durch führende polnische Tageszeitungen; so werden regelmäßig vermeintliche Skandale „aufgedeckt“ wie beispielsweise ein Vorfall in der Ortschaft Szczedrzyk/Sczedrzik in der Stadt- und Landgemeinde Ozimek/Malapane, wo nach einer Reinigung des 1934 errichteten Gefallenendenkmals der eigentlich verputzte Schriftzug des damals eingeführten Ortsnamens (Hitlersee) wieder zum Vorschein kam; hierfür wurde in den Medien die deutsche Minderheit verantwortlich gemacht.

Öffentliche Symbole der Zweisprachigkeit und der deutschen Minderheit sind in Polen bis heute umstritten. Die zweisprachigen Ortstafeln in den Gemeinden Radłów/Radlau, Cisek/Czissek und Tarnów Opolski/Tarnau wurden bereits kurz nach ihrer Aufstellung beschädigt.[17][18][19]

Gegner der Minderheitengesetze sahen sich 2004 in ihren Befürchtungen, die Minderheit untergrabe die staatsrechtliche Souveränität Polens im Oppelner Land, bestätigt, als der Starost (Landrat) von Strzelce Opolskie/Groß Strehlitz – selbst Mitglied der Minderheit – das obligatorische polnische Staatswappen an seinem Amtsgebäude durch das Landkreiswappen und ein zweisprachige Informationsschild ersetzte; das Entfernen der staatlicher Hoheitszeichen von Amtsgebäuden stellt eine Straftat dar [20] und führte zu einer erregten Debatte im polnischen Parlament.[21]

Auch innerhalb der deutschen Minderheit wächst die Kritik, vor allem unter jüngeren Mitglieder, an dem autoritären Führungsstil Henryk Krolls, sowie an der Verbandsausrichtung. Diese Kritik mündete im April 2008 im Generationswechsel an der Verbandsspitze. Der neue Vorsitzende, Norbert Rasch, versprach den Delegierten Neuausrichtung, insbesondere Entpolitisierung, dafür mehr Sprach-, bzw. Kulturförderung in der Vereinsarbeit.[22]

Kritik von Vertretern der deutschen Minderheit

Bei einem Treffen mit den Delegierten des "Beratungskomitees des Europarates zur Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten" am 4. Dezember 2008 bemängelte der Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) u.a. zu wenig Deutschunterricht an den Schulen, mangelnden Objektivismus im Geschichtsunterricht, den erschwerten Zugang zu Massenmedien, ungünstige Sendezeiten von Minderheitensendungen im öffentlichen Fernsehen und Radio und das Fehlen von Minderheitensendungen außerhalb der Woiwodschaft Oppeln. Zudem wurden der eingeschränkte Gebrauch der deutschen Sprache in Behörden und Probleme beim von deutschen Vor- und Nachnamen angesprochen. Kritisiert wurde auch die fehlende Möglichkeit, zweisprachige Namen außerhalb der kommunalen Ebene zu nutzen, beispielsweise auf Ebene der Landkreise und Woiwodschaften.[23]

Deutsche Staatsangehörigkeit

Bis 2005 haben etwa 288.000 Bürger in Polen, insbesondere in Oberschlesien und Masuren, die Bestätigung erhalten, von Geburt an die deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen.

Die deutsche Staatsbürgerschaft wird auf Antrag vom Bundesverwaltungsamt festgestellt.

Bildung

Im Grenzgebiet zu Deutschland, beispielsweise in Stettin, und in den Hauptgebieten der deutschen Minderheit in Oberschlesien, Oppeln und Breslau gibt es zahlreiche deutsche Kindergärten und Schulen mit verstärktem „muttersprachlichem Unterricht“ in Deutsch sowie eine kleinere Anzahl von zweisprachigen Grundschulen und Gymnasien.

Derzeit gibt es in der Woiwodschaft Oppeln 25 Kindergärten, in denen in deutscher Muttersprache unterrichtet wird. Es ist geplant, die Zahl der Kindergärten auf 100 zu erhöhen.[24]

Organisationen der Deutschen Minderheit

Henryk Kroll und Norbert Rasch, Repräsentanten der deutschen Minderheit

Die deutsche Minderheit in Polen ist in mehreren Verbänden, Vereinen und anderen Zusammenschlüssen organisiert, von denen die größte und bedeutendste die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien mit Hauptsitz in Oppeln ist.[25] Regionale Gesellschaften bestehen in Allenstein, Breslau, Bromberg, Danzig, Elbing, Hirschberg im Riesengebirge, Liegnitz, Lodsch, Oppeln, Posen, Schneidemühl, Stettin, Stolp, Thorn und Waldenburg sowie im Bezirk Schlesien (Deutscher Freundschaftskreis im Bezirk Schlesien). Der Bezirk Schlesien gliedert sich in die Kreisverbände Beuthen O.S., Gleiwitz, Hindenburg im Riesengebirge, Kattowitz, Loslau, Orzesche, Ratibor, Rybnik, Tichau und Teschen. Die Sozial-Kulturelle Gesellschaft in Oppeln verfügt in allen Landkreisen der Woiwodschaft Oppeln über Kreisverbände; insgesamt sind dies elf Kreisverbände.

Alle Gesellschaften haben sich zusammengeschlossen zum Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG).

Jugendliche organisieren sich im Bund der Jugend der Deutschen Minderheit (BJDM).

Trotz starker finanzieller Unterstützung aus Deutschland (seit 1990 hatte Berlin 150 Millionen Euro zur Verfügung gestellt) ging die Mitgliederzahl von rund 170.000 im Jahre 1991 auf rund 45.000 im Jahre 2008 zurück.[26]

Eine weitere bedeutende Organisation ist die Deutsche Gemeinschaft Versöhnung und Zukunft mit Sitz in Kattowitz, die nach eigenen Angaben (2002) 11.112 beitragzahlende Mitglieder hat und von der deutschen Bundesregierung finanziell nicht unterstützt wird.

Beide Organisationen weichen in Zielen und Grundsätzen teils wesentlich voneinander ab; so ist die Deutsche Gemeinschaft Versöhnung und Zukunft beispielsweise auch für nichtdeutsche Mitglieder offen (etwa 4,2 %), während die Sozial-Kulturelle Gesellschaft ausschließlich deutschstämmige Mitglieder aufnimmt.

Bei den Regional- und Zentralwahlen in Polen wird die deutsche Minderheit durch das Wahlkomitee Deutsche Minderheit vertreten, das bei den Parlamentswahlen 2007 32.462 Stimmen (0,2 %) erhielt und – da es für die deutsche Minderheit keine 5-Prozent-Hürde gibt – seither einen Abgeordneten in das polnische Parlament (Sejm) entsendet.

Institutionenen und Verbände

Kulturelles

Zu den jährlichen Veranstaltungen der deutschen Minderheit, des VDGs oder anderer Institutionen gehören u.a. der Weihnachtsmarkt vor der Kathedrale in Oppeln und die Deutsche Kinowoche in Oppeln.

Der BJDM veranstaltet seit ein paar Jahren in Oppeln regelmäßig das „Große Schlittern“, bei dem Kinder und Jugendliche kostenlos schlittschuhfahren können.

Deutschsprachige Medien in Polen

Radio

Vitamin de

Der erste Versuch, Ende der 1990er Jahre einen Radiosender für die Deutsche Minderheit zu etablieren, scheiterte daran, dass der Sender keine Lizenz erhielt. Derzeit wird an der Gestaltung eines Internetradios gearbeitet, das 2009 starten könnte und später weiterentwickelt werden und über eine eigene Frequenz senden soll. Seit wenigen Jahren gibt es ein deutsch-polnisches Internetradio mit dem Namen Mittendrin.

Sendungen:

  • Schlesien Aktuell auf Radio Opole
  • Nasz Heimat auf Radio Opole
  • Die deutsche Stimme aus Ratibor auf Radio Vanessa
  • Mittendrin auf Radio Vanessa
  • Presseschau auf Radio Plus
  • Unikum auf Radio Plus
  • Kaffeeklatsch auf Radio Park
  • Allensteiner Welle auf Radio Olsztyn
  • Treffpunkt Gdańsk auf Radio Gdańsk

Fernsehen

Eine regelmäßige Fernsehsendung der deutschen Minderheit ist seit 1992 das wöchentliche 15-minütige Magazin Schlesien Journal, das auf den Fernsehsendern TVP Opole und TVP Katowice gesendet wird. Schlesien Journal verfügte auch über eine Jugendsendung namens Schlesien Journal jung.

Zeitungen und Zeitschriften

Die größte Zeitung der deutschen Minderheit ist das wöchentlich erscheinende Schlesische Wochenblatt von Silesiapress. Das Schlesische Wochenblatt bringt auch das Jugendmagazin Vitamin de heraus. Neben den Zeitungen der deutschen Minderheit gibt es auch die deutschsprachige Zeitung polen-rundschau, die über verschiedene Themen aus Polen berichtet.

Internetportale

Verweise

Siehe auch

Literatur

  • Till Scholtz-Knobloch: Die deutsche Minderheit in Oberschlesien – Selbstreflexion und politisch-soziale Situation unter besonderer Berücksichtigung des so genannten „Oppelner Schlesiens (Westoberschlesien)“. Görlitz 2002, ISBN 3-935330-02-2.
  • Maria Brzezina: Polszczyzna niemców [Die polnische Sprache der Deutschen], Warschau/Krakau 1989, ISBN 83-01-09347-1.
  • Mathias Kneip: Die deutsche Sprache in Oberschlesien, Dortmund 1999, ISBN 3-923293-62-3.
  • Alastair Rabagliati: A Minority Vote. Participation of the German and Belarussian Minorities within the Polish Political System 1989–1999, Krakau 2001, ISBN 83-88508-18-0.
  • Thomas Urban: Deutsche in Polen – Geschichte und Gegenwart einer Minderheit. München 2000, ISBN 3-406-45982-X.
  • Marek Zybura: Niemcy w Polsce [Deutsche in Polen], Breslau 2001, ISBN 83-7023-875-0.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Die deutsche Minderheit in Polen“ Webseite der Deutschen Botschaft Warschau
  2. „Selbstschutz“ im Internetportal Deutsche & Polen des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)
  3. Beitrag im Internetportal des Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa e.V. (IKGN) an der Universität Hamburg
  4. Manfred Goertemaker: Die Potsdamer Konferenz 1945. In: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hrsg.), Schloss Cecilienhof und die Potsdamer Konferenz 1945. Unveränderter Nachdruck 2001. Berlin 1995. Seite 61. ISBN 3-931054-02-0
  5. Thesenpapier zur Entwicklungsstrategie der Deutschen Minderheit (DMI) in Polen im Internetportal „Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit“ vom Januar 2001
  6. Winfried Irgang: Geschichte Schlesiens. In: Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen: Schlesien. Berlin 2005.
  7. Artikel in Schlesisches Wochenblatt
  8. www.dat.prosilesia.net
  9. Polnisches Haupt-Statistikamt (GUS)
  10. Aufstellung des Polnischen Innenministeriums
  11. Artikel in Schlesisches Wochenblatt
  12. Quelle: Polnisches Innenministerium
  13. „Lubowice und Lubowitz – Mit polnisch-deutschen Ortsschildern Geschichte schreiben“ im ZDF-Mittagsmagazin vom 12. September 2008
  14. „Annäherung über Ortsschilder – Neue Normalität“ im Internetportal n-tv.de vom 12. September 2008
  15. lasowice.eu
  16. Artikel im Internetportal NaszeMiasto.pl (in polnisch)
  17. „Wandale zniszczyli tablice dwujęzyczne w Radłowie“ – „Vandalen zerstörten zweisprachige Ortsschilder in Radlau“ in Nowa Trybuna Opolska
  18. „Zniszczono niemieckie tablice w gminie Cisek“ – „Deutsche Ortsschilder in der Gemeinde Czissek wurden zerstört“ in Nowa Trybuna Opolska
  19. „Bazgrzą sobie po tablicach“ – „Sie schmieren auf den Schildern“ im Internetportal NaszeMiasto.pl] (in polnisch)
  20. Beitrag im Internetportal HOTNEWS.pl (in polnisch)
  21. Beitrag im Internetportal von Polskie Radio vom 8. Mai 2004 (in polnisch)
  22. Antenne West
  23. Bericht über das Treffen mit den Delegierten des "Beratungskomitees des Europarates zur Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten" am 4. Dezember 2008 mit Vertretern der deutschen Minderheit im Internetportal des VdG vom 17. Dezember 2008
  24. Artikel in Schlesisches Wochenblatt
  25. Internetportal der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien
  26. Deutsch-Polnische Chronik, April 2008 in Deutsch-Polnischer Kalender vom 6. Mai 2008

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