Türkische Republik Nord-Zypern

Türkische Republik Nord-Zypern
Kuzey Kıbrıs Türk Cumhuriyeti

Türkische Republik Nordzypern

Flagge der Türkischen Republik Nordzypern
Wappen der Türkischen Republik Nordzypern
Flagge Wappen
De‑facto‑Regime, Gebiet
ist völkerrechtlich Teil von
Republik Zypern
Amtssprache Türkisch
Hauptstadt Lefkoşa
Regierungsform Parlamentarische Republik
Oberhaupt Präsident Mehmet Ali Talat
Regierungschef Ministerpräsident Ferdi Sabit Soyer
Fläche 3.355 km²
Einwohnerzahl 265.100 (Volkszählung 2006)[1]
Bevölkerungsdichte 79 Einwohner pro km²
BIP 1,86 Mrd US-Dollar[2]
Währung Türkische Lira
Gründung 15. November 1983
Nationalhymne İstiklâl Marşı
Nationalfeiertag 15. November
Zeitzone UTC +02:00

Die Türkische Republik Nordzypern, kurz auch Nordzypern, im folgenden TRNZ, türkisch Kuzey Kıbrıs Türk Cumhuriyeti (KKTC), ist ein stabilisiertes De-facto-Regime im Norden der Mittelmeerinsel Zypern, das von der internationalen Staatengemeinschaft mit Ausnahme der Republik Türkei nicht als Staat anerkannt wird.[3] De jure gehört das Gebiet zur Republik Zypern, deren Regierung jedoch seit der Besetzung des Nordteils der Insel Zypern durch türkische Truppen im Jahre 1974 de facto keine Hoheit über Nordzypern ausübt. Hauptstadt der Türkischen Republik Nordzypern ist Nord-Nikosia (Lefkoşa).

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Hauptartikel: Zypern

Zypern ist die östlichste Insel im Mittelmeer. Insgesamt hat sie eine Fläche von 9.251 km², die TRNZ umfasst davon 3.355 km². Die Entfernung zur Südküste des türkischen Festlandes beträgt etwa 75 km, zur Westküste Syriens etwa 95 km.

Die zur Küste hin abfallende, sonst schroffe Kette des Pentadaktylos (Beşparmak) durchzieht Zypern in west-östlicher Richtung parallel zur Nordküste. Die Küste bietet teils ausgedehnte Sand- und Kiesstrände sowie steil abfallende Felsküsten mit kleinen Buchten.

Bevölkerung

Die Bevölkerung besteht einerseits aus Zypern-Türken, die seit Jahrhunderten auf der Insel ansässig sind, infolge des Zypern-Konfliktes jedoch zum großen Teil ihre Heimatorte im Süden der Insel verlassen und nach Nordzypern umsiedeln mussten. Andererseits zog seit der Besetzung Nordzyperns durch die türkische Armee eine größere Zahl von Menschen vom türkischen Festland dorthin, denen von der Türkischen Republik Nordzypern die Staatsbürgerschaft gewährt wurde. Die Anwesenheit der türkischen Armee und die Förderung der Ansiedlung von Festlandtürken werden von der internationalen Staatengemeinschaft als illegal bezeichnet.

Die früher im Norden lebenden griechischen Zyprioten wurden zum größten Teil vertrieben und leben heute im Süden der Insel. Kleinere Minderheiten stellen die auf der Halbinsel Karpas (Karpaz) verbliebenen griechischen Zyprioten sowie arabische Maroniten dar.

Bildung

Das Schulsystem in der TRNZ kann in vier Abschnitte unterteilt werden:

  • Vorschulbildung: zwischen dem fünften und dem sechsten Lebensjahr
  • Volksschulbildung: zwischen dem sechsten und dem elften Lebensjahr (verpflichtend)
  • Hauptschulbilung in zwei Abschnitten:
    • Erster Abschnitt: Hauptschule (orta okul): zwischen dem 12. und dem 14. Lebensjahr (verpflichtend)
    • Zweiter Abschnitt: Gymnasium (lise): zwischen dem 15. und dem 17. Lebensjahr
  • Hochschulbildung

Hochschulen

Hauptartikel: Liste der Hochschulen in der Türkischen Republik Nordzypern

In der TRNZ gibt es insgesamt fünf Universitäten, 2 Zweigstellen türkischer Universitäten und eine staatliche Akademie. Von den fünf Universitäten ist eine staatlich und vier sind privat.

Zwischen 2006 und 2007 gab es insgesamt 40.687 Studierende in der TRNZ, zwischen 1988 und 1989 waren es noch 2279 Studierende.[4]

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte Zyperns, Zypern-Konflikt

Am 16. August 1960 wurde Zypern auf der Grundlage des Zürcher und Londoner Abkommens zwischen Großbritannien, Griechenland, der Türkei und den Repräsentanten der griechischen und der türkischen Volksgruppen Zyperns (1959) unabhängig, Großbritannien behielt allerdings die Militärbasen Akrotiri und Dhekelia. Die griechisch- und die türkischsprachige Volksgruppe sollten gleichberechtigt sein. In der Verfassung wurden der türkischen Volksgruppe feste Repräsentationsrechte eingeräumt. Insbesondere wurden dem Vizepräsidenten, der stets von türkisch-zypriotischer Seite gestellt werden sollte, umfassende Vetorechte eingeräumt. Großbritannien, Griechenland und die Türkei sollten als Garantiemächte des Abkommens fungieren (siehe Londoner Garantievertrag).

Nachdem die griechisch-zypriotische Seite mit einer Verfassungsänderung versucht hatte, das Vetorecht des (griechisch-zypriotischen) Präsidenten und des (türkisch-zypriotischen) Vizepräsidenten aufzuheben, kam es 1963/1964 zu einem bewaffneten Konflikt zwischen türkischen und griechischen Zyprioten, der erst durch eine Intervention von UN-Truppen beendet wurde. In der Folge kam es zu einer zunehmenden räumlichen Segregation der beiden Volksgruppen. Die Mehrheit der türkisch-zypriotischen Bevölkerung drängte sich in Enklaven zusammen. Politisch wollten griechisch-zyprische Nationalisten den Anschluss Zyperns an Griechenland (Enosis), türkisch-zypriotische Nationalisten die Teilung der Insel in zwei Teile (Taksim) erreichen.

Denkmal und Soldatenfriedhof der gefallenen Soldaten der Türkischen Streitkräfte in der “Operation Atilla” (20. Juli 1974)

Am 15. Juli 1974 unterstützte die griechische Militärdiktatur einen Militärputsch griechisch-zypriotischer Offiziere gegen den zypriotischen Präsidenten Erzbischof Makarios. Dieser Putsch hatte den Anschluss Zyperns an Griechenland zum Ziel. In der Folge waren insbesondere Kommunisten und türkische Zyprioten von Schikanen und Verfolgungen betroffen. Die Türkei nahm dies zum Anlass, um gemäß dem Garantievertrag von London militärisch zu intervenieren, und besetzte am 20. Juli 1974 im Rahmen der Operation „Kıbrıs barış harekatı“ den Nordteil der Insel. Zur Rechtfertigung berief sich die Türkei auf ihren Status als Garantiemacht. 200.000 griechische Zyprioten aus dem Nordteil Zyperns wurden von der türkischen Armee in den Süden vertrieben, 1.500 gelten als vermisst. Lediglich auf der Halbinsel Karpas verblieb eine begrenzte Zahl griechischer Zyprioten. Die meisten türkischen Zyprioten aus dem Süden flüchteten in den Norden, so dass zwei weitgehend getrennte Siedlungsgebiete entstanden.

Auf den 37% der Inselfläche, die von der türkischen Armee kontrolliert wurden, wurde 1975 der „Türkische Bundesstaat von Zypern“ ausgerufen, der Teilstaat eines aus zwei Zonen bestehenden zypriotischen Bundesstaates sein sollte. Eine solche Lösung wurde jedoch sowohl von der griechisch-zypriotischen Seite als auch von der internationalen Staatengemeinschaft abgelehnt.

Am 15. November 1983 wurde die „Türkische Republik Nordzypern“ als souveräner Staat proklamiert. Sie wurde jedoch außer von der Türkei von keinem Mitgliedsland der Vereinten Nationen anerkannt (siehe Resolution 541 der Vereinten Nationen).

Am 24. April 2004 stimmten in einer Volksabstimmung in Nordzypern 61% für den Annan-Plan der UN, der die Wiedervereinigung der Insel zu einem Bundesstaat aus zwei Zonen vorsieht; im griechischen Südteil lehnte eine Mehrheit diesen Plan jedoch ab. Der Annan-Plan hatte für die Türkische Republik Nordzypern den Namen „Türkisch-Zyprischer Staat“ vorgesehen, während das griechisch-zyprische Pendant innerhalb der Vereinigten Republik Zypern „Griechisch-Zyprischer Staat“ heißen sollte.

Nach dem EU-Beitritt der Republik Zypern am 1. Mai 2004 wurde die so genannte Green Line – die demilitarisierte Zone zwischen den beiden Landesteilen – nicht als EU-Außengrenze definiert. Dadurch wurde es möglich, dass Güter und vor allem Personen, insbesondere EU-Bürger, die über einen Hafen oder Flughafen des Nordens auf die Insel gekommen waren, erstmals die Grenze auch vom Norden in den Süden passieren konnten, was bisher vom Südteil nicht geduldet und mit Strafe belegt worden war. Damit blieb die EU bei ihrer Position, dass sie völkerrechtlich von der Aufnahme der Gesamtinsel ausgeht und den Norden als Teil der Republik Zypern sieht.

Politik

Repräsentanz in London

Status

Seit der Proklamation der „Türkischen Republik Nordzypern“ am 15. November 1983 betrachtet sich diese als ein souveräner Staat, nachdem sie sich zuvor seit 1975 unter der Bezeichnung „Türkischer Bundesstaat von Zypern“ als Teilstaat eines fortbestehenden zyprischen Gesamtstaates gesehen hatte. Sie wird jedoch bis heute nur von der Türkei als unabhängiger Staat anerkannt.

Seit der Militärintervention 1974 ist die türkische Armee in Nordzypern präsent. Die Vereinten Nationen haben in mehreren Resolutionen (541, 550, u. A.) die Besetzung des Nordteils Zyperns als illegal festgestellt und die Anerkennung der TRNZ durch die Türkei verurteilt.

Nach Ansicht der Staatengemeinschaft gehört das Gebiet zur Republik Zypern und demnach auch zur EU. Die alteingesessenen türkischen Zyprioten, nicht jedoch die nach der Besetzung durch die türkische Armee zugewanderten Siedler vom türkischen Festland, haben Anspruch auf die Staatsbürgerschaft der Republik Zypern und damit auch auf die EU-Bürgerschaft.

Nach Ansicht der UN und der EU soll Zypern im Rahmen eines friedlichen Prozesses wieder zu einem Staat vereinigt werden. Seitdem der Annan-Plan der UN zur Vereinigung Zypern zu einem Bundesstaat aus zwei Zonen infolge der Ablehnung durch die Mehrheit der griechischen Zyprioten in der Volksabstimmung im Jahre 2004 vorläufig gescheitert ist, sind jedoch keine weiteren Schritte dahin mehr erfolgt.

Innenpolitik

Die TRNZ ist nach der Verfassung von 1985 eine präsidiale Republik. Der Präsident wird auf 5 Jahre direkt vom Volk gewählt. Amtsinhaber ist seit dem 24. April 2005 Mehmet Ali Talat (CTP). Das Parlament der Republik (Cumhuriyet Meclisi) umfasst 50 Sitze und wird ebenfalls auf 5 Jahre gewählt. Stärkste Partei ist seit der Wahl am 20. Februar 2005 die Republikanische Türkische Partei (CTP) mit 25 Mandaten, ihr Koalitionspartner ist die von ehemaligen UBP-Mitgliedern neugegründete Özgürlük ve Reform Partisi (ÖRP, Freiheits- und Reformpartei) mit 4 Sitzen. Die Demokratische Partei (DP) erhielt 6 Sitze, größte Oppositionspartei ist die Nationale Einheitspartei (UBP) mit inzwischen noch 14 Sitzen. Die Partei der gesellschaftlichen Demokratie hat einen Sitz im Parlament. [5] [6] Regierungschef ist Ministerpräsident Ferdi Sabit Soyer (CTP) , Außenminister ist Turgay Avcı (ÖRP). [7]

Außenpolitik

Die Türkische Republik Nordzypern hat unter der Bezeichnung „Turkish Cypriot State“ den Status eines Beobachters in der Organisation der Islamischen Konferenz.

Verwaltungsgliederung

Die TRNZ ist in fünf administrative Distrikte (İlçe) unterteilt:

Städte in der TRNZ: Değirmenlik, Dipkarpaz, Erenköy, Gazimağusa, Girne, Güzelyurt, İskele, Lapta, Lefke, Lefkoşa, Yeni Erenköy

Innerhalb des Gebietes der TRNZ ist Lefkoşa die größte Stadt. Sie ist durch eine von den UNFICYP-Soldaten eingerichtete Pufferzone zweigeteilt. Während der Nordteil Nikosias von der TRNZ kontrolliert wird, wird der Südteil von der Republik Zypern verwaltet. Insgesamt gibt es 199 Ortschaften.

Kultur

Feiertage

Datum Türkischer Name Deutscher Name Anmerkungen
1. Januar Yılbaşı Neujahr Feier zum Anlass des ersten Tages des Jahres
23. April Ulusal Egemenlik ve Çocuk Bayramı Feiertag der Nationalen Souveränität und des Kindes Erinnert an die Eröffnung der Nationalversammlung, Souveränität der Fundamente der Republik.
1. Mai İşçi ve Bahar Bayramı Feiertag der Arbeiter und des Frühlings
19. Mai Atatürk´ü Anma, Gençlik ve Spor Bayramı Feiertag der Jugend, des Sports und an das Gedenken an Atatürk Erinnerung an Atatürks Ankunft in Samsun. Beginn des Befreiungskrieges.
20. Juli Barış ve Özgürlük Bayramı Feiertag des Friedens und der Freiheit Erinnerung an die Intervention der Türkei in Nordzypern
1. August Toplumsal Direniş Bayramı Feiertag des gesellschaftlichen Widerstands Erinnert an den gesellschaftlichen Widerstand der Türken.
30. August Zafer Bayramı Feiertag der Befreiung Erinnert an den entscheidenden Sieg des "Başkomutanlık Meydan Savaşı" im türkischen Befreiungskrieg
beweglich* (2007: 12-15. Oktober, 2008: 1-3. Oktober[8] Ramazan Bayramı Fest des Fastenbrechens Das „Fest des Fastenbrechens“ bildet den Abschluss des Fastenmonats Ramadan.
29. Oktober Cumhuriyet Bayramı Feiertag der Republik Nationalfeiertag, erinnert an die Ausrufung der Republik durch Atatürk im Jahre 1923
15. November Kuzey Kıbrıs Cumhuriyet Bayramı Feiertag der Republik Nordzypern Nationalfeiertag, erinnert an die Unabhängigkeitserklärung der Türkischen Republik Nordzypern im Jahre 1983.
beweglich* (2007: 20-23. Dezember, 2008: 8-11. Dezember[8]) Kurban Bayramı Opferfest Höchster sunnitischer Feiertag. Beim Opferfest wird des Propheten Ibrahim gedacht, der bereit war, seinen Sohn Ismail an Allah zu opfern (siehe auch Opferung Isaaks).

* Das Datum dieser Feiertage ergibt sich aus dem islamischen Kalender, das entsprechende Datum des Gregorianischen Kalenders ist in jedem Jahr ein anderes. Bezogen auf den islamischen Kalender sind die Feiertage jedoch nicht beweglich.

Postwesen

Da der Weltpostverein die Republik Nordzypern nicht als eigenen Staat akzeptiert, werden Briefe, die an Adressen in der TRNZ adressiert sind, als „nicht zustellbar“ an den Absender zurückgeschickt. Dieses Problem wird umgangen, indem Briefe an Adressaten in Nordzypern über eine Adresse in der türkischen Hafenstadt Mersin geleitet werden.[9]

Siehe auch

Portal
 Portal: Zypern – Überblick über vorhandene Artikel, Möglichkeiten zur Mitarbeit

Weblinks

Quellenangaben

  1. http://nufussayimi.devplan.org/Census%202006.pdf
  2. https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/cy.html#Econ
  3. Tagesschau: Der Zypern-Konflikt - das ungelöste Problem der EU 8. Dezember 2006
  4. Statistik über die Zahl der Studierenden in der TRNZ, Offizielle Internetpräsenz des Bildungsministeriums der TRNZ, abgerufen am 1. März 2008
  5. http://www.trncinfo.com/tanitmadairesi/2002/ENGLISH/ALLaboutTRNC/Page01.htm#hhh
  6. Abgeordnete des Parlaments der Republik, Parlament der Republik, abgerufen am 22. Februar 2008
  7. http://www.trncinfo.com/ENGLISH/MINISTER/MINISTER.htm
  8. a b Tröger, Gabriele u. a.: Istanbul. Erlangen: Müller 2007. ISBN 978-3-89953-284-5
  9. Außenministerium der TRNZ


35.2533.757Koordinaten: 35° N, 34° O


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