Bauernhaufen

Bauernhaufen

Als Deutscher Bauernkrieg (auch Erhebung des gemeinen Mannes) wird die Ausweitung lokaler Bauernaufstände ab 1524 in weiten Teilen des süddeutschen Sprachraumes (Süddeutschland, Österreich und der Schweiz) bezeichnet, wobei die Bauern mit ihren Zwölf Artikeln von Memmingen erstmals fest umrissene Forderungen formulierten. Diese zählen als die erste Menschenrechtserklärung der Welt. In Schwaben, Franken, dem Elsass und in Thüringen wurden die Aufstände 1525, im Kurfürstentum Sachsen und Tirol 1526 niedergeschlagen. Diesem Bauernkrieg gingen Aufstände in England und der Schweiz voraus.

Ausbreitung der Aufstände

Inhaltsverzeichnis

Begriffliches

Der Begriff Deutscher Bauernkrieg geht auf das 1795 erschienene Werk Versuch einer Geschichte des deutschen Bauernkrieges des Historikers Georg Friedrich Sartorius zurück. Mit dem vom Historiker Wilhelm Zimmermann verfassten und 1841–1843 erschienenen äußerst erfolgreichen Werk Geschichte des großen Bauernkriegs waren die Ereignisse von 1524–26 dann endgültig zu einer rein deutschen Angelegenheit geworden, als deren Hauptakteure die Bauern angesehen wurden, deren Agieren als ein Krieg gegen die sie bedrückende Obrigkeit bezeichnet wurde. Diesem Muster folgten auch alle weiteren Historiker, die sich mit den Erhebungen der Jahre 1524–26 beschäftigten.[1]

Tatsächlich blieb die soziale Erhebung, die heute immer noch im Allgemeinen als Deutscher Bauernkrieg bezeichnet wird, jedoch keinesfalls auf die Bauern allein beschränkt; und auch die weitgehende Ausklammerung der Schweiz und Österreichs verstellt den Blick auf das Ereignis, einerseits weil aus der heutigen Schweiz wichtige Impulse für die Aufstandsbewegung kamen und Teile ihres Territoriums auch selbst davon betroffen waren, andererseits weil „gerade die Ziele und Folgen der Revolution von 1525“ sich ohne Betrachtung der Ereignisse in Teilen des heutigen Österreich „nicht angemessen erfassen [lassen].[2] Der Historiker Peter Blickle kommt daher zum Schluss:

„Vom deutschen Bauernkrieg läßt sich der Bauer allenfalls aus Gewohnheit und das Deutsche schwer retten, das Ereignis sperrt sich gegen jede nationale Subsumierung. Ähnlich verhält es sich mit dem Krieg. [...] Die Bauern ... wollten keinen Krieg, sondern die Freiheit ...[3].“

Ursachen und Umfeld

Die Ursachen für das Aufbegehren der Bauern waren vielfältig. Anfang des 16. Jahrhunderts war das Heilige Römische Reich Deutscher Nation im süddeutschen Sprachraum und dort vor allem in Schwaben in eine unüberschaubare Vielzahl kleiner Feudalherrschaften zersplittert. Viele Probleme der Bauern waren lokal und durch den jeweiligen Landesherren bedingt; die kleinen Wirtschaftseinheiten führten zu Abgrenzung und Kirchturmdenken und bremsten den wirtschaftlichen Aufschwung.

Die meisten Ursachen der Aufstände waren aber in der allgemeinen Situation der Bauern, der größten Bevölkerungsgruppe im Reich, begründet, die sich von Herrschaft zu Herrschaft nicht wesentlich unterschied.

Situation der Bauern

Die Bauern trugen die Hauptlast zur Aufrechterhaltung der Feudalgesellschaft: Fürsten, Adel, Beamte, Patrizier und der Klerus lebten von deren Arbeitskraft, und da die Zahl der Nutznießer immer weiter anstieg, stiegen auch die Abgaben, die die Bauern zu leisten hatten. Neben dem Großzehnt und dem Kleinzehnt auf die meisten ihrer erwirtschafteten Einkünfte und Erträge zahlten sie Steuern, Zölle und Zinsen und waren häufig ihren Grundherren zu Fron- und Spanndiensten verpflichtet. Dazu kam, dass in Oberschwaben, Württemberg, Franken, Sachsen (Obersachsen) und Thüringen die Realteilung angewandt wurde, die bei gleich bleibender Gesamtproduktionsfläche zu immer kleineren Höfen führte. Viele dieser Kleinstbauernhöfe waren angesichts der hohen Belastungen nicht mehr wirtschaftlich zu führen.

Wirtschaftliche Probleme, häufige Missernten und der große Druck der Grundherren führten immer mehr Bauern in die Hörigkeit und weiter in die Leibeigenschaft, woraus wiederum zusätzliche Pachten und Dienstverpflichtungen resultieren.

Auch das „Alte Recht“, ein mündlich überliefertes Recht, wurde von den Grundherren zunehmend frei interpretiert oder vollkommen ignoriert. Seit Jahrhunderten bestehende Allmenden wurden enteignet und gemeinschaftliche Weide-, Holzschlag-, Fischerei- oder Jagdrechte beschnitten oder abgeschafft.

Thomas Müntzer - Briefmarkenblock DDR

Situation im Reich

Der Hochadel war an einer Änderung der Lebensumstände der Bauern nicht interessiert, weil dadurch zwangsläufig eigene Privilegien und Vorteile eingeschränkt worden wären. Der niedere Adel ging dem Niedergang entgegen und hatte mit einem dramatischen Bedeutungsverlust zu kämpfen, was zu eigenen Aufständen führte (Pfälzischer Ritteraufstand). Der Versuch vieler niederer Adliger, sich durch Raubrittertum über Wasser zu halten, ging größtenteils wiederum zu Lasten der Bauern.

Der Klerus war genauso gegen jede Veränderung: Der Katholizismus in der bestehenden Form stellte die Kernsäule des Feudalismus dar; die kirchlichen Einrichtungen waren in der Regel selbst feudal organisiert – kaum ein Kloster existierte ohne zugehörige Dörfer. Die Kirche bezog ihre Einnahmen vorwiegend aus Spenden, schwunghaftem Ablasshandel sowie dem Zehnt. Letzterer war auch für den Adel eine wichtige Finanzquelle.

Die einzigen Reformbestrebungen, die auf die Abschaffung der alten Feudalstrukturen zielten, gingen vom erstarkenden Bürgertum der Städte aus, blieben aber schwach ausgeprägt, da auch dieses von Adel und Klerus abhängig war.

Reformation

In der Kirche herrschten erhebliche Missstände: Viele abwertend Pfaffen genannte Geistliche führten ein allzu ausschweifendes Leben und profitierten von Stiftungen und Erbschaften der reichen Bevölkerung sowie Abgaben und Spenden der Armen. In Rom gelangte man durch Vetternwirtschaft und Bestechung zu Amt und Würden; die Päpste taten sich als Kriegs- und Bauherren sowie als Förderer der schönen Künste hervor.

Diese Zustände wurden schon früh von Hans Böhm in Unterfranken, Girolamo Savonarola in Florenz und später auch von Martin Luther kritisiert. Als der Dominikanermönch Johannes Tetzel 1517 im Auftrag von Albrecht von Brandenburg, dem verschuldeten Erzbischof von Mainz, und Papst Leo X. durch Deutschland zog, dort erfolgreich den Ablass predigte und seine Ablasszettel verkaufte, verfasste der erzürnte Luther seine 95 Thesen, die er der Legende nach am 31. Oktober 1517 an die Kirchentür von Wittenberg schlug. Auch Ulrich Zwingli in Zürich und Thomas Müntzer in Allstedt vertraten öffentlich die Ansicht, dass jeder Mensch auch ohne die Vermittlung der hierarchischen Kirche seinen Weg zu Gott und seinem Seelenheil finden könne. Damit untergruben sie den Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche und bestätigten den Bauern, wie weit sich der Klerus von seinen eigenen Lehren entfernt hatte und deshalb in großen Teilen überflüssig sei.

Die Argumentation Luthers in seiner Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520), dass Ein Christenmensch [...] ein Herr über alle Dinge und niemandem untertan sei, sowie seine Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche 1522 waren weitere entscheidende Auslöser für das Aufbegehren der dörflichen Bevölkerung: Nun war es auch den einfachen Leuten möglich, die mit dem „Willen Gottes“ gerechtfertigten Ansprüche von Adel und Klerus zu hinterfragen. Für die eigene erbärmliche Lage fanden sie keine biblische Begründung, und somit stellten viele Bauern fest, dass die Einschränkung des Alten Rechts durch die Grundherren dem tatsächlichen Göttlichen Recht widersprach – Gott lasse tatsächlich die Tiere und Pflanzen ohne das Zutun der Menschen und für alle Menschen ausreichend wachsen. Sie erkannten nun, dass sie dieselben Rechte wie Adel und Klerus beanspruchen konnten.

Träger des Aufstandes

Viele der einfachen Bauern trauten sich aufgrund ihrer vielfachen Abhängigkeitsverhältnisse nicht, gegen ihre Herren aufzubegehren. Vor allem die dörfliche Oberschicht wollte aber Veränderungen. Schultheißen, Bauernrichter, Dorfhandwerker und Ackerbürger aus den Kleinstädten trugen den Aufstand und drängten vielerorts die armen Bauern zum Anschluss an die Bauernhaufen.

Die Bauern selbst wollten vor allem ihre altüberlieferten Rechte wiederherstellen und ein menschenwürdiges und im Übrigen gottesfürchtiges Leben führen. Ihre Forderungen nach Milderung der Lasten und Aufhebung der Leibeigenschaft aber rüttelten an den Grundfesten der bestehenden Gesellschaftsordnung.

Vorangegangene Erhebungen

Die sich ständig verschlechternde Situation der Bauern war schon lange vor dem eigentlichen Bauernkrieg von 1524/25 die Ursache für viele regionale Konflikte. Die Unzufriedenheit der Bauern vergrößerte sich über viele Jahrzehnte und äußerte sich in einer Vielzahl von regionalen Erhebungen. Auslöser für diese waren neben den allgemeinen Umständen meist zusätzliche lokale Probleme.

Neben zahlreichen kleineren Bauernprotesten kam es immer wieder auch zu größeren Bauernaufständen:

Liste größerer Bauernerhebungen:

Auch die Bürger begehrten auf. So kam es bereits 1448 in Berlin zum Berliner Unwille. In den Jahren unmittelbar vor dem Bauernkrieg kam es in einer Reihe von Städten zu Ereignissen und Auseinandersetzungen, in deren Verlauf sich die Bürger mit den Bauern solidarisierten, so unter anderem 1509 in Erfurt, 1511 in Regensburg, Braunschweig, Speyer, Köln, Schweinfurt, Worms, Aachen, Osnabrück und weiteren Städten.

Fast alle dieser Aufstände wurden gewaltsam niedergeworfen; lediglich das schon lange andauernde Aufbegehren der Schweizer Bergbauern war am Ende von Erfolg gekrönt. Die Situation der Bauern wurde ansonsten durch keinen der Aufstände verbessert; meist kam es zu zusätzlichen Repressalien.

Eskalation

1524 kam es bei Forchheim in der Nähe von Nürnberg neuerlich zu Unruhen, kurz darauf auch in Mühlhausen bei Erfurt. Im Oktober 1524 erhoben sich die Bauern im Wutachtal bei Stühlingen. Wenig später zogen 3.500 Bauern in Richtung Furtwangen. In Oberschwaben rund um den Bodensee gärte es schon länger und innerhalb kurzer Zeit bildeten sich im Februar und März 1525 drei bewaffnete so genannte Bauernhaufen: der Baltringer Haufen, der Seehaufen und der Allgäuer Haufen. Der größte der drei war der Baltringer Haufen: mehr als 12.000 Bauern, Bürger und Geistliche sammelten sich innerhalb weniger Tage im Baltringer Ried in der Nähe von Biberach. Auch der Seehaufen in der Nähe von Lindau bestand aus annähernd 12.000 Männern, darunter auch viele einfache Geistliche und Landsknechte. Die 7.000 Allgäuer Bauern, die vor allem gegen den Fürstabt von Kempten aufbegehrten, lagerten bei Leubas.

Zwölf Artikel und Verhandlungen

Titelblatt einer Flugschrift mit den 12 Artikeln
Sowohl Unterstützer als auch Gegner informierten sich über Flugschriften über den Inhalt der 12 Artikel

Die drei oberschwäbischen Bauernhaufen wollten vor allem eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse erreichen und keinen Krieg beginnen. Deshalb setzen sie auf Verhandlungen mit dem Schwäbischen Bund. 50 Vertreter der drei Bauernhaufen trafen sich dazu in der freien Reichsstadt Memmingen, deren Bürgerschaft mit den Bauern sympathisierte. Hier versuchten die Führer aller drei Haufen, die Forderungen der Bauern zu artikulieren und mit der Bibel argumentativ zu unterlegen. Nach mehreren Verhandlungen wurden am 20. März 1525 die Zwölf Artikel und die Bundesordnung verabschiedet. Diese waren sowohl Beschwerdeschrift als auch Reformprogramm und politisches Manifest. Nach dem Vorbild der Schweizer Eidgenossenschaft gründeten die Bauern die Oberschwäbische Eidgenossenschaft, deren Grundlagen in der Bundesordnung niedergelegt wurden. So sollten die einzelnen Bauernhaufen, im Gegensatz zu vorhergehenden Erhebungen, zukünftig auch für einander einstehen. Innerhalb kürzester Zeit wurden von beiden Schriften hohe Auflagen gedruckt und verteilt, die für eine außergewöhnlich schnelle Verbreitung der Aufstände in ganz Süddeutschland und Tirol sorgten. Die Gründung der Christlichen Vereinigung wurde nach der Verabschiedung der beiden Papiere dem Schwäbischen Bund in Augsburg in der Hoffnung angezeigt, als gleichwertiger Partner an Verhandlungen teilnehmen zu können. Angesichts verschiedener Plünderungen und der Weinsberger Bluttat (siehe weiter unten) hatten die im Schwäbischen Bund zusammengeschlossenen Adligen allerdings kein Interesse an Verhandlungen. Unterstützt durch die Augsburger Kaufmannsfamilie Fugger wurde Georg Truchsess von Waldburg-Zeil (genannt Bauernjörg) mit einer Armee von 9.000 Landsknechten und 1.500 gepanzerten Reitern beauftragt, die meist mit Sensen und Dreschflegeln bewaffneten Bauern niederzuwerfen.

Die Verhandlung der Zwölf Artikel in Memmingen war Dreh- und Angelpunkt des Bauernkrieges: Hier wurden die Forderungen erstmals einheitlich formuliert sowie schriftlich fixiert. Die Bauern traten erstmals einheitlich gegenüber der Obrigkeit auf – die bisherigen Erhebungen scheiterten vor allem an der Zersplitterung der Aufstände und der mangelnden gegenseitigen Unterstützung. Mit den „12 Artikeln“ änderte sich dies. Es ist allerdings auch zu bemerken: Hätten die Bauern nicht auf Verhandlungen mit dem Schwäbischen Bund gesetzt, sondern weitere Landstriche besetzt, hätten sie allein aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit schwerlich niedergeworfen werden können, und ihr Anliegen wäre ernster genommen worden.

Die 12 Artikel beinhalteten u. a. das Folgende:

  • Abschaffung der Leibeigenschaft
  • Abschaffung des kleinen Zehnten
  • Jagd, Fischfang und Holzung sollten frei sein
  • Rückgabe der Allmende und des Gemeindewaldes an die Bauern
  • Freie Pfarrerwahl durch die Gemeinde
  • Reduzierung der Frondienste
  • Verbleibende Frondienste nur gegen Entschädigung
  • keine willkürlichen Strafen

Verlauf des Aufstands

Ende März 1525 sammelte sich das Heer von Waldburg-Zeil in Ulm. Ein Stück donauabwärts bei Leipheim hatten sich um den Prediger Jakob Wehe 5.000 Bauern versammelt, die im weiteren Umkreis Klöster und Adelssitze plünderten. Das Heer des Schwäbischen Bundes marschierte deshalb nach Leipheim und rieb schon auf dem Weg dorthin einzelne plündernde Bauerngruppen auf. Am 4. April kam es zur ersten großen Schlacht bei Leipheim, in der der Leipheimer Haufen besiegt wurde. Die Stadt Leipheim musste ein Strafgeld zahlen; Wehe und die anderen Führer des Haufens wurden hingerichtet.

Ebenfalls Anfang April sammelten sich auch die Bauern aus dem Neckartal und dem Odenwald unter Jäcklein Rohrbach. Zu Ostern 1525 (16. April) lagerten der Neckartaler Haufen bei Weinsberg, wo der hitzköpfige Rohrbach den von den Bauern gehassten Grafen Ludwig von Helfenstein, den Schwiegersohn von Kaiser Maximilian I., und seine Ritter Spießruten laufen ließ. Der schmerzvolle Tod der Adligen durch das Stechen und Prügeln der Bauern ging als die Weinsberger Bluttat in die Geschichte des Bauernkriegs ein. Sie prägte entscheidend das Bild vom mordenden und plündernden Bauern und war einer der Hauptgründe, weshalb sich viele Adlige gegen die Sache der Bauern stellten. Zur Strafe wurde die Stadt Weinsberg niedergebrannt und Jäcklein Rohrbach bei lebendigem Leib verbrannt. Nach der Bluttat von Weinsberg vereinigten sich die Neckartaler und Odenwälder mit dem von dem fränkischen Adligen Florian Geyer geführten Taubertaler Haufen (Schwarzer Haufen) zum starken Heller Lichter Haufen. Die annähernd 12.000 Männer wandten sich unter der Führung des Hauptmanns Götz von Berlichingen gegen die Bischöfe von Mainz und Würzburg und den Kurfürsten von der Pfalz.

Am 12. April stellte die Streitmacht des Schwäbischen Bundes den Baltringer Haufen, der schnell besiegt werden konnte. Die Bauern wurden entwaffnet, und jeder musste ein hohes Strafgeld zahlen.

Am 13. April musste sich der Truchsess mit seinem Heer vor dem militärisch recht gut ausgebildeten Seehaufen wieder zurückziehen und traf einen Tag später, am 14. April bei Wurzach auf die eigenen Bauern des Allgäuer Haufens. Er verhandelte mit ihnen und konnte sie überzeugen, ihre Waffen niederzulegen. Im Vertrag von Weingarten vom 17. April machte er dem Seehaufen und dem Allgäuer Haufen Zugeständnisse und garantierte ihnen freien Abzug und ein unabhängiges Schiedsgericht zur Austragung ihrer Konflikte.

Am 16. April sammelten sich die Württemberger Bauern. Die 8.000 Mann starke Truppe rückte in die Stadt Stuttgart ein und zog im Mai weiter nach Böblingen.

Auch bei Hall und Gmünd bildeten sich kleinere Haufen, die 3.000 Anhänger plünderten die Klöster Lorch und Murrhardt und legen die Burg Hohenstaufen in Schutt und Asche. Auch im Kraichgau und Ortenau wurden Klöster geplündert und Burgen niedergebrannt.

Nach dem Erfolg von Weingarten zog das Heer Waldburg-Zeils ins Neckartal. Die Bauern wurden bei Balingen, Rottenburg, Herrenberg und am 12. Mai in der Schlacht bei Böblingen trotz großer Überzahl geschlagen. Anführer Matern Feuerbacher floh daraufhin nach Süden. Ähnlich erging es am 2. Juni den Neckartalern und Odenwäldern bei Königshofen.

Die Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525 war eine der bedeutendsten Schlachten während des Deutschen Bauernkriegs. In ihr wurden die aufständischen Bauern Thüringens unter Führung von Thomas Müntzer von einem Fürstenheer vollständig besiegt. Müntzer selbst wurde gefangen genommen und am 27. Mai in Mühlhausen enthauptet, nachdem er auf die Festung Heldrungen gebracht und gefoltert worden war.

Am 23. Mai nahm ein Haufen von 18.000 Breisgauer und Südschwarzwälder Bauern Freiburg im Breisgau ein. Nach dem Erfolg wollte der Anführer Hans Müller den Belagerern von Radolfzell zu Hilfe eilen, doch nur wenige Bauern zogen mit ihm; die meisten wollten sich wieder um ihre Felder kümmern. So war deren Streitmacht relativ klein, als sie von Erzherzog Ferdinand von Österreich kurz darauf geschlagen wurden. Waldburg-Zeil traf am 4. Juni bei Würzburg auf den Hellen Lichten Haufen der fränkischen Bauern, und da dieser am Vortag von Götz von Berlichingen unter einem Vorwand verlassen wurde, hatten die führerlosen Bauern keine Chance. In zwei Stunden wurden 8.000 Bauern getötet.

Nach diesem Sieg wendeten sich die Truppe des Bauernjörg wieder nach Süden und besiegten im Allgäu Ende Juli die letzten Aufständischen. In vier Monaten hatte die Armee des Georg Truchsess von Waldburg-Zeil mehr als 1.000 km zurückgelegt.

Etliche kleinere Aufstände wurden ebenso niedergeschlagen; so wurde am 23./24 Juni 1525 in der Schlacht bei Pfeddersheim die im pfälzischen Bauernkrieg aufständischen Haufen vernichtend geschlagen. Bis September 1525 waren alle Gefechte und Strafaktionen abgeschlossen. Kaiser Karl V. und Papst Clemens VII. dankten dem Schwäbischen Bund für sein Eingreifen.

Folgen

Folgen für die Aufständischen

Die Folgen für die Aufständischen waren hart. Schätzungen zufolge haben allein durch die Niederschlagung der Aufstände etwa 100.000 Bauern ihr Leben verloren. Die überlebenden Aufständischen fielen automatisch in Reichsacht und verloren damit alle ihre staatsbürgerlichen, privaten und Lehnsrechte – sie waren somit vogelfrei. Die Anführer wurden mit dem Tod bestraft. Teilnehmer und Unterstützer der Aufstände mussten die Strafgerichte der Landesherren fürchten, die erst jetzt begannen und zum Teil sehr grausam waren. Viele Berichte sprechen von Enthauptungen, Augenausstechen, Abschlagen von Fingern und weiteren Misshandlungen. Wer mit einem Bußgeld davonkam, hatte wohl Glück gehabt, auch wenn viele Bauern die Strafgelder wegen der hohen Abgaben nicht bezahlen konnten. Ganzen Gemeinden wurden Rechte aberkannt, weil sie die Bauern unterstützt hatten. Teilweise ging die Gerichtsbarkeit verloren, Feste wurden verboten und Stadtbefestigungen geschleift. Alle Waffen mussten abgeliefert werden, und abends durften keine Dorfschenken mehr besucht werden.

Trotzdem hatte der Bauernkrieg in manchen Regionen positive Auswirkungen, wenn es auch wenige waren. In einigen Gebieten wurden Missstände durch Verträge beseitigt, falls die Aufständischen aufgrund besonders schlimmer Umstände rebelliert hatten (z.B. in der Fürstabtei Kempten, für die auf dem Reichstag zu Speyer 1526 ein entsprechender Vertrag geschlossen wurde). Auch waren die Verhältnisse der Bauern vielerorts besser überschaubar geworden, weil diese ihre Steuern nun nicht mehr alleine an die Grundherren, sondern auch direkt an die Fürsten abzuführen hatten.

Folgen für die Heerführer

Die Niederlagen der Bauern legten den Grundstein für Vermögenszuwächse bei den siegreichen adligen Heerführern. Georg Truchsess von Waldburg-Zeil fielen Ländereien in Oberschwaben zu. Der Feldhauptmann Sebastian Schertlin von Burtenbach hielt sich an den Besiegten schadlos, um seine von ihm eingestellten Landsknechte zu besolden.

Flugblatt mit Spottlied gegen die aufständischen Bauern im Salzburgischen Radstadt

Folgen für das Reich

Einzelne Bauernbünde wie der des Tiroler Michael Gaismair hielten sich im Geheimen noch einige Jahre. Etliche geächtete Bauern lebten noch Jahrzehnte als Räuberbanden in Wäldern. Zu größeren Aufständen kam es aber nicht mehr. In den folgenden 300 Jahren begehrten die Bauern kaum noch auf. Dazu trug in der Folgezeit auch die Möglichkeit des Untertanenprozesses bei, der Bauern und Bürgern den Rechtsweg zu den Reichsgerichten öffnete. Damit erhielten sie ein Instrument zur friedlichen Konfliktbewältigung, mit dem sich obrigkeitliche Willkürakte beschränken ließen. Aber erst mit der Märzrevolution von 1848/49 konnten deutschlandweit die Ziele durchgesetzt werden, die die Bauern bereits in ihren Zwölf Artikeln 1525 formuliert hatten.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen durch den Verlust von 100.000 Bauern (in anderen Quellen werden 130.000 genannt) waren enorm.

Bauernkrieg und Religion

Martin Luther

Obwohl die Standpunkte der Reformation eine wesentliche Rechtfertigung für die aufständischen Bauern waren, distanzierte sich Martin Luther deutlich vom Bauernkrieg. Schon 1521 unterschied er genau zwischen weltlichem und geistlichem Bereich, da er mit der Reformation die Veränderung der Kirche und nicht – im Gegensatz zu Savonarola – eine Verchristlichung der Welt erreichen wollte. Von der Obrigkeit wurde er trotzdem zunehmend für die Geschehnisse im Bauernkrieg verantwortlich gemacht, wohl auch deshalb, weil er sich nicht eindeutig von den Forderungen der Bauern distanzierte. Noch 1525 kritisierte Luther in seiner "Ermahnung zum Frieden" das "hochmütige" Verhalten der Fürsten. Erst nach der Weinsberger Bluttat schlug er sich eindeutig auf die Seite der Fürsten und verurteilte die Aufständischen scharf:

wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern [...] man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss.

Seine Schrift "Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern" veröffentlichte Luther allerdings erst zu einem Zeitpunkt, als die Niederlage der Bauern bereits absehbar war. Seine Rolle im Bauernkrieg wird daher von mehreren Historikern kritisch bewertet.

Nach 1525 verlor der Protestantismus seinen revolutionären Geist und zementierte, auch von Luther unterstützt, die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse mit dem Glaubenssatz „Seid untertan der Obrigkeit“.

Philipp Melanchthon

Der Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz schrieb am 18. Mai 1525 an den evangelischen Reformator Philipp Melanchthon in Wittenberg einen Brief mit der Bitte u.a. das Verhalten der Bauern zu beurteilen. Melanchthon schrieb in seinem Antwortbrief:

..daß dies ein wildes ungezogenes Bauernvolk sei und die Obrigkeit recht tue. Außerdem ist der Zehnte rechtens, die Leibeigenschaft und Zinsen seien nicht frevelhaft. Die Obrigkeit kann die Strafe setzen nach der Not im Lande und die Bauern haben nicht das Recht der Herrschaft ein Gesetz zu diktieren. Für solch ein ungezogenes, mutwilliges und blutgieriges Volk nennt Gott das Schwert.

Diese Antwort entband den Kurfürsten von allen Abmachungen (Vertrag von Udenheim und Hilsbach). Er rüstete eine Streitmacht aus und zog am 22. Mai 1525 mit 4500 Landsknechten, 1800 Reitern und mehreren Geschützen von Heidelberg bis nach Bruchsal, wo er am 23. Mai 1525 siegreich einzog.[4]

Thomas Müntzer

Thomas Müntzer war ein früherer Anhänger Luthers. Im Gegensatz zu diesem stand er aber für die gewaltsame Befreiung der Bauern und betätigte sich in Mühlhausen, wo er Pfarrer in der Marienkirche war, als Agitator und Förderer der Aufstände. Dort versuchte er seine Vorstellungen einer gerechten Gesellschaftsordnung umzusetzen: Privilegien wurden aufgehoben, Klöster aufgelöst, Räume für Obdachlose geschaffen, eine Armenspeisung eingerichtet. Seine Bestrebungen, verschiedene Thüringer Bauernhaufen zu vereinigen, gelangen jedoch nicht. Im Mai 1525 wurde er gefangen genommen, gefoltert und schließlich hingerichtet.

Täufer

Die sich nach 1525 etablierende reformatorische Täuferbewegung war vor allem über ihren Antiklerikalismus mit den aufständischen Bauern verbunden. Beide Seiten standen deutlich in Opposition zum Klerus. An vielen Orten wie unter der Führung Johannes Brötlis im schweizerischen Hallau kam es zu einem Zusammenschluss beider Bewegungen. Auch in Sachsen, Franken und Thüringen nahmen Täufer an Aufständen der Bauern teil. Die Mehrheit der Täufer folgte jedoch entsprechend den Schleitheimer Artikeln aus dem Jahr 1527 einem gewaltfreien Weg, wie er noch heute für Mennoniten und Hutterer kennzeichnend ist.

Literatur

Drama

Gerhart Hauptmanns Drama Florian Geyer. Die Tragödie des Bauernkrieges in fünf Akten, mit einem Vorspiel (1896) beschäftigt sich mit den Vorgängen des Deutschen Bauernkrieges.

Die Bauernoper, 1973, Szenen aus dem deutschen Bauernkrieg (1525) von Yaak Karsunke und Peter Janssens

Fachliteratur

  • Peter Blickle: Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes. 3. Auflage. C.H. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-43313-9
  • Peter Blickle: Die Revolution von 1525. 4. Auflage, München 2004, ISBN 3-486-44264-3
  • Horst Buszello u. a. (Hrsg.): Der deutsche Bauernkrieg. 3. Auflage. Paderborn u. a. 1995, ISBN 3-8252-1275-0
  • Bernt Engelmann: Die gescheiterte Revolution. In: Wir Untertanen. Steidl, Göttingen 1998, ISBN 3-88243-201-2. S. 71–99
  • Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg Hamburg 1850, Marx-Engels-Werke Bd. 7, Dietz Berlin 1960, ISBN 3-32000-291-0
  • Thomas Schwabach (Hrsg.): Der Gerechtigkeit einen Beistand thun ... Vorträge und Dokumente zum Bauernkrieg. Remshalden 2004, ISBN 3-927981-11-7 (Stadtarchiv und Museen Weinstadt, Kleine Schriftenreihe, 5)
  • Adolf Waas: Der Bauernkrieg. Die Bauern im Kampf um Gerechtigkeit 1300 bis 1525, Callwey, München 1964, ISBN 3-92664-211-4
  • Wilhelm Zimmermann: Der große deutsche Bauernkrieg Köhler Stuttgart 1841–43, Dietz, Stuttgart 1891, Dietz, Berlin 1952, deb Berlin 1980 und 1982 (7. Auflage ISBN 3-920-303-26-1), Berlin 1993 ISBN 3-32001-829-9

Weblinks

Anmerkungen

  1. Blickle (2006), S. 46f.
  2. Blickle (2006), S. 48.
  3. Blickle (2006), S. 54. Kursive Hervorhebungen im Original.
  4. Heimatverein Untergrombach, Beiträge zur Heimatgeschichte, Band 4; „Joß Fritz und seine Zeit“

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