- Raumer (Adelsgeschlecht)
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Raumer (auch Raamer zu Rain, Raamer von Rain) genannt, ist der Name eines alten bayerisch-schwäbischen Uradelsgeschlechtes, welches ursprünglich im Ort Rain am Lech ansässig war und dessen Name bereits für die Zeit vor dem Jahre 1000 n. Ch. erwähnt ist, allerdings nicht in zeitgenössischen Urkunden, sondern in historischen Werken, die über ein halbes Jahrtausend später datieren.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft und Entwicklung
Sowohl in der „Cosmographia“ von Sebastian Münster als auch in den „Annales ducum Boiariae von Johannes Aventinus und den „Chronologia monasteriorum Germaniae“ von Kaspar Brusch wurde im Jahr 942 ein gewisser Friedrich Raamer beim zweiten Ritterturnier in Rothenburg ob der Tauber sowie im Jahr 996 beim fünften Turnier in Braunschweig ein Wilhelm und eine Jungfrau namens Anna Raamerin zum Rain genannt. Authentizität der Quellen aus der Ottonenzeit und genealogischer Zusammenhang mit den erst sehr viel später auftauchenden Raumer sind nicht erwiesen. Schließlich erwähnt Aventinus einen Christoph von Raamer als Ritter und Turnier-Voigt beim Wormser Ritterfest im Jahre 1487 sowie Kaspar Brusch noch einen Almodus Raamer als Abt des Fürststifts zu Kempten.
Mittlerweile verlegte die mehrheitlich zu den Lutheranern konvertierte Familie Raumer, wie sie sich jetzt nennt, bedingt durch die Wirren des Landshuter Erbfolgekriegs ihren Hauptwohnsitz in die Oberpfalz. Der genealogisch bestätigte gemeinsame Ahnherr aller heutigen von Raumer, Johann Raumer, († 1590), welcher mit einer Ursula Peisser aus Eger († 1617) verheiratet war, ist als einer der Ersten in Eschenbach in der Oberpfalz urkundlich nachweisbar. Er war im Landgericht von Auerbach in der Oberpfalz beschäftigt und als Kapitän der Landmilizen eingesetzt. Von ihm sind eine Tochter und zwei Söhne bekannt, wobei der erste Sohn, Peter, sich in Pressath niederließ. Peter hatte wiederum einen Sohn namens Ludwig, welcher im Rahmen der Gegenreformation wieder zur Rückkehr zum katholischen Glauben gezwungen worden war und sich daraufhin für ein Leben als Dominikaner-Mönch entschied. Der zweite Sohn Johann Raumers, Friedrich († 23. März 1666), verheiratet mit Anna Höller († 23. Februar 1658), blieb zwar noch als Gerber in Eschenbach, wogegen deren einziger Sohn Georg Raumer (1610–1691) auf Grund der Wirren des Dreißigjährigen Krieges und der damit einhergehenden Zwangskonvertierung im Jahre 1630 unter Niederlegung seines Adels von Bayern nach Dessau zog und es dort zum Hofprediger und Superintendenten sowie zum Konsistorialrat brachte. Mit ihm geht die bis heute bestehende Linie weiter, von der zahlreiche Mitglieder immer wieder herausragende Positionen vor allem in der Wissenschaft, Politik und im Militärdienst innehatten. Ab dem frühen 19. Jahrhundert zog mit dem Geologen Karl Georg von Raumer ein Zweig der Familie wieder nach Bayern zurück, welcher sich im Raum Erlangen niederließ und bis in die heutige Zeit dort bekannt ist.
Anbetracht seiner Herkunft und Stellung wurde dem Sohn des genannten Hofpredigers, Geheimrat Friedrich Amadeus Gottlieb von Raumer(1643–1728), von Kaiser Leopold I. am 18. Januar 1693 der Reichs- und erbländisch-österreichische Adel erneuert und bestätigt. Dies erfolgte ebenso wenige Jahre später am 15. September 1708 durch Kaiser Joseph I. bei Raumers Neffen und zugleich Adoptivsohn Johann Georg von Raumer (1671–1747), welcher im Alter von erst fünf Jahren Vollwaise geworden war und bei seinem ledigen und kinderlosen Onkel Aufnahme gefunden hatte.
Darüber hinaus wurden einzelne Mitglieder der Familie mit hohen Auszeichnungen geehrt, unter anderem in vier Fällen mit dem Pour-le-Mérite sowie mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland in hohen Ausführungen, aber auch als Ehrenbürger von Erlangen oder als Namensgeber von Straßen in den Städten Dessau, Erlangen, Berlin, Dinkelsbühl, Essen, Köln, und Ragow (Mittenwalde) sowie einer Schule in Dinkelsbühl.
Wappen
Das Wappen der Familie von Raumer zeigt in einem geteilten Wappenschild links eine goldene Sonne im blauen Feld, rechts eine grüne Zedernuss im goldenen Feld. Bei der Adelserneuerung im Jahre 1693 kamen vier Schilde hinzu, je zwei mit schwarzem Adler im goldenen Feld und zwei mit weißen Halbmonden und Balken im roten Feld. Letztere Variation wurde aber nicht von allen Familienangehörigen übernommen.
Bekannte Persönlichkeiten – genealogisch geordnet
- Georg Raumer (* 21. Oktober 1610 in Eschenbach in der Oberpfalz, † 26. Mai 1691 in Dessau), Hofprediger und Superintendent und Konsistorialrat, verh. in zweiter Ehe mit Dorothea Elisabeth von Bergen (1619–1702)
- Friedrich Amadeus Gottlieb von Raumer (* 18. Januar 1643 in Dessau, † 23. März 1728 ebenda), Anhaltischer Regierungsdirektor und fürstlicher Gesandter, Adelserneuerung 1693, ledig, adoptiert seinen Neffen und Frühwaisen Johann Georg von Raumer (1671–1747), an den der Adel vererbt wurde
- Theodor Christian Raumer (* 1. November 1644 in Dessau, † 23. November 1707 in Zerbst), Theologe, und Rektor des Francisceum-Gymnasiums zu Zerbst, verh. mit Rosine Sophia Hoffmann, Tochter des Pastors von St. Nicolai in Zerbst
- Ephraim Jonathan Raumer (* 24. März 1646 in Dessau, † 15. August 1676 ebenda), Theologe und Prediger in Dessau, verh. mit Johanna Magdalena Milagius (1642–1676), Tochter des Diplomaten und Fürstl. Anhalt. Kanzler Martin Milagius
- Johann Georg von Raumer (* 1. Mai 1671 in Dessau, † 5. Februar 1747 ebenda), anhaltischer Regierungspräsident, fürstlicher Gesandter und Präsident des Konsistoriums, 1708 Adelsbestätigung, als Frühwaise adoptiert von seinem Onkel Friedrich Gottlieb von Raumer, verh. mit Albertine Charlotte von Reinhart (1697–1747), Tochter des Geheimrates und Kanzler zu Bernburg Johann Georg von Reinhart
- Leopold Gustav Dietrich von Raumer (* 20. März 1726 in Dessau, † 23. August 1788 ebenda), anhaltischer Regierungsdirektor, verh. mit Anna Eleonore von Waldow (1724–1796), Tochter des Dompropstes Christoph Otto von Waldow auf Bernstein in der Neumark und Hofdame der Fürstinnen Anna Luise Föhse und Gisela Agnes von Rath zu Anhalt-Dessau
- Karl Georg von Raumer (Legationsrat) (* 16. November 1753 in Dessau, † 2. Juli 1833 in Berlin), Geheimer Staats- und Legationsrat, Direktor des Geheimen Staatsarchiv, verh. mit Luise Lecke, Tochter des Iserlohner Bürgermeister Johann Caspar Lecke
- Georg Wilhelm von Raumer (* 19. November 1800 in Berlin, † 11. März 1856 ebenda), Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat, Direktor des Geheimes Staatsarchiv, verh. mit Laura von Fehrentheil
- Georg Friedrich von Raumer (* 10. April 1755 in Dessau, † 15. August 1822 ebenda), Kammerdirektor und Domänenpächter, verh. mit Charlotte Louisa Adelheid de Marées (1761–1811), Tochter von Johann Noe de Marées aus Raguhn
- Friedrich Ludwig Georg von Raumer (* 14. Mai 1781 in Wörlitz, † 14. Juni 1873 in Berlin), Historiker und Politiker, Träger des Pour le Mérite, verh. mit Louise von Görschen (1785–1867), Tochter des anhaltischen Amtsherrn und Oberforstmeisters Otto Heinrich von Görschen aus der auf Auligk ansässigen sächsischen Linie der Familie von Görschen
- Karl Ludwig Georg von Raumer (* 9. April 1783 in Wörlitz, † 2. Juni 1865 in Erlangen), Geologe, Geograph und Pädagoge, verh. mit Friederike Reichart (1790–1869), Tochter des Komponisten Johann Friedrich Reichardt
- Rudolf von Raumer (* 14. April 1815 in Breslau, † 30. August 1876 in Erlangen), Sprachwissenschaftler und Germanist, verh. mit Maria Schröder (1826–1893), Tochter des Fürther Fabrikanten Eduard Schröder;
- Sigmund von Raumer (* 12. Mai 1860 in Erlangen, † 1939 in Erlangen), Gymnasialkonrektor, Oberstudienrat, verh. mit Marie Emilie von Ammon (* 7. März 1867 in Pyrbaum), Tochter des kgl. Bayerischen Regierungsforstrates Karl von Ammon
- Kurt von Raumer (* 15. Dezember 1900 in Erlangen, † 22. November 1982 in Münster), Historiker und Prof. f. Neuere Geschichte
- Sigmund von Raumer (* 12. Mai 1860 in Erlangen, † 1939 in Erlangen), Gymnasialkonrektor, Oberstudienrat, verh. mit Marie Emilie von Ammon (* 7. März 1867 in Pyrbaum), Tochter des kgl. Bayerischen Regierungsforstrates Karl von Ammon
- Hans von Raumer (* 13. Oktober 1820 in Giebichenstein, † 27. März 1851 in Erlangen), Magistratsrat in Dinkelsbühl und Politiker, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, verh. mit Thekla von Brand († 1848)
- Rudolf von Raumer (* 14. April 1815 in Breslau, † 30. August 1876 in Erlangen), Sprachwissenschaftler und Germanist, verh. mit Maria Schröder (1826–1893), Tochter des Fürther Fabrikanten Eduard Schröder;
- Franz Georg Wilhelm von Raumer (* 13. Juni 1788 in Görlitz, † 24. November 1865 in Bad Muskau), Herr auf Kaltwasser (Oberlausitz), preuß. Leutnant und Amtsrat, verh. mit Charlotta Eleonore Erdmuth Henriette Nickisch von Rosenegk (1794–1865), Tochter von Ernst Heinrich Gottlieb Nickisch von Rosenegk
- Friedrich Wilhelm von Raumer (* 6. Februar in 1831 in Kaltwasser, † 1911), preuß. Major und Ehrenritter des Johanniterordens, verh. mit Marie von Studnitz (1843–1928), Tochter des preuß. Majors Hans Nikolaus Bernhard Benjamin von von Studnitz
- Hans Friedrich Wilhelm Ernst von Raumer (* 10. Januar 1870 in Dessau, † 3. November 1965 in Berlin), Industrieller und Reichswirtschaftsminister, Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband, Ehrenritter des Johanniterordens, verh. mit Stephanie Gans Edle Herrin zu Putlitz (1882–1949), Tochter des Staatswissenschaftler Stefan Eduard Gustav Adolf Gans Edler Herr zu Putlitz, ein Sohn des Karlsruher Theaterdirektors Gustav Heinrich Gans Edler Herr zu Putlitz
- Friedrich Wilhelm von Raumer (* 6. Februar in 1831 in Kaltwasser, † 1911), preuß. Major und Ehrenritter des Johanniterordens, verh. mit Marie von Studnitz (1843–1928), Tochter des preuß. Majors Hans Nikolaus Bernhard Benjamin von von Studnitz
- Karl Heinrich Friedrich von Raumer (* 20. September 1757 in Dessau, † 2. Juli 1831 Demmin), preuß. Generalmajor, Träger des Pour le Mérite, verh. mit Albertine von Tschirschky (1768–1838), Tochter des preuß. Generalmajors Karl Wilhelm von Tschirschky
- Karl Otto von Raumer (* 7. September 1805 in Stargard in Pommern, † 6. August 1859 in Berlin), preuß. Regierungspräsident und Kultusminister, verh. mit Elise Wilhelmine Clementine von Brauchitsch (1820–1891), Tochter des preuß. Generals der Infanterie Eduard August von Brauchitsch
- Eugen von Raumer (* 5. November 1758 in Dessau, † 28. Februar 1823 in Neiße), preuß. Generalleutnant, Festungskommandant von Neiße, Träger des Pour le Mérite, verh. mit Franziska Pino aus Como
- Karl Georg von Raumer (Legationsrat) (* 16. November 1753 in Dessau, † 2. Juli 1833 in Berlin), Geheimer Staats- und Legationsrat, Direktor des Geheimen Staatsarchiv, verh. mit Luise Lecke, Tochter des Iserlohner Bürgermeister Johann Caspar Lecke
- Karl Albrecht Friedrich von Raumer (* 8. März 1729 in Dessau, † 25. Dezember 1806 in Berlin), preuß. Generalleutnant, Gouverneur von Danzig, Herr auf Gut Sorchow, Träger des Pour le Mérite, verh. mit Dorothea Tugendreich von Küssow (1752–1827), Hofdame der Fürstin Luise von Brandenburg-Schwedt
- Leopold Gustav Dietrich von Raumer (* 20. März 1726 in Dessau, † 23. August 1788 ebenda), anhaltischer Regierungsdirektor, verh. mit Anna Eleonore von Waldow (1724–1796), Tochter des Dompropstes Christoph Otto von Waldow auf Bernstein in der Neumark und Hofdame der Fürstinnen Anna Luise Föhse und Gisela Agnes von Rath zu Anhalt-Dessau
- Johann Georg von Raumer (* 1. Mai 1671 in Dessau, † 5. Februar 1747 ebenda), anhaltischer Regierungspräsident, fürstlicher Gesandter und Präsident des Konsistoriums, 1708 Adelsbestätigung, als Frühwaise adoptiert von seinem Onkel Friedrich Gottlieb von Raumer, verh. mit Albertine Charlotte von Reinhart (1697–1747), Tochter des Geheimrates und Kanzler zu Bernburg Johann Georg von Reinhart
Literatur und Quellen
- Hermann v. Raumer: Die Geschichte der Familie von Raumer; (Bibliothek familiengeschichtlicher Arbeiten Bd. 38 – Degener-Genealogie-Verlag); 1975. VIII u. 264 S., 24 Taf. mit 35 Abb., ISBN 3-7686-6002-8
- Jakob Christoph Beck, August Johann Buxtorf, Johannes Christ: Supplement zu dem Baselischen allgemeinen historischen Lexicon, Band 1, Basel, 1744 Google Buch
- Leopold Freiherr von Zedlitz-Neukirch: Neues preußisches Adelslexikon, Bd. 4, S. 88 ff., Reichenbach, Leipzig, 1837
- Das Gothaische Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser, Bd. 1, S. 625 ff., 1907
- Percy Ernst Schramm: Ahnenliste der Familien von Raumer und von Gerlach (Anhalt-Kursachsen-Thüringen), in: Archiv für Sippenforschung und alle verwandten Gebiete, 29. Jahrgang, November 1963, Heft 10, S. 163–176
Weblinks
- verschiedene Autoren: Raumer, Familie. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 27, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 402–429.
- verschiedene Autoren: Raumer, Familie. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 210–206.
- ze300571. In: Zedlers Universal-Lexicon, Band 30, Leipzig 1741, Spalte 575.
Trivia
Kurt Brand benutzte die Bezeichnung Raumer für die Raumschiffe in der Science-Fiction-Serie Ren Dhark
Kategorien:- Bayerisches Adelsgeschlecht
- Sächsisches Adelsgeschlecht
- Georg Raumer (* 21. Oktober 1610 in Eschenbach in der Oberpfalz, † 26. Mai 1691 in Dessau), Hofprediger und Superintendent und Konsistorialrat, verh. in zweiter Ehe mit Dorothea Elisabeth von Bergen (1619–1702)
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