- Goethe-Rezeption
-
Das Lebenswerk von Johann Wolfgang von Goethe beeinflusste zahlreiche Autoren.
Inhaltsverzeichnis
Nachwirkung
Goethes Einfluss sank zunächst gegen Ende seines Lebens und nahm nach seinem Tod anfänglich noch weiter ab. Schriftsteller des Jungen Deutschlands wie Wolfgang Menzel und Ludwig Börne, aber auch christliche und nationale Kreise übten Kritik an ihm. Börne titulierte ihn als einen reich begabten Mensch [1], aber auch als „Stabilitätsnarr“ [2] mit seiner Angst vor Religion und Tod, Liebe und Hingabe, seinem egoistischen Festhalten an der hergebrachten Ordnung. Sein 100. Geburtstag 1849 wurde wenig beachtet.
Seit Mitte des Jahrhunderts wuchs aber das Interesse an Goethe wieder, woran die Berliner Vorlesungen von Herman Grimm 1874/75 großen Anteil hatten. Zu dieser Zeit fand besonders der klassische Goethe Aufmerksamkeit, um die Jahrhundertwende der junge Goethe und danach der alte Goethe.
Philosophie und Naturwissenschaft
Goethes naturwissenschaftliche Anschauungen beeinflussten die Naturphilosophie von Schelling, Hegel und Johann Wilhelm Ritter, sein Forschen nach Urphänomenen und Urformen die Morphologie und Typenlehre. Goethes Ansichten wirkten zudem auf Rudolf Steiner und seine Anthroposophie.
Literatur
Innerhalb der deutsschprachigen Lyrik war das Goethesche Vorbild von den Romantikern bis zu Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke und Hans Carossa maßgebend. Aber auch die deutschsprachige Prosa knüpfte besonders im Bildungs- und Entwicklungsroman an das von Goethe geschaffene Muster an.
Er hinterließ auch im Ausland seine Spuren, in Italien besonders bei Ugo Foscolo und Alessandro Manzoni, in Frankreich über Madame de Staël und den Übersetzer Gérard de Nerval bis zu André Suarès, Romain Rolland, André Gide und Paul Valéry. In England wirkte er auf Lord Byron, Percy Bysshe Shelley, Thomas Carlyle und Edward Bulwer-Lytton, in den USA auf Longfellow und Emerson, in Polen auf Adam Mickiewicz. In Russland setzten sich unter anderem Puschkin, Turgenew, Tolstoi und Dostojewski mit Goethes Gedankenwelt auseinander. Kritik übten beispielsweise Søren Kierkegaard, Paul Claudel, T. S. Eliot und Karl Jaspers.
Goethes Werke im Theater
1938 inszenierte die Goetheanum-Bühne in Dornach bei Basel erstmals beide Teile von Goethes Faust. Seither werden jeweils im Abstand einiger Jahre unter wechselnden anthroposophischen Regisseuren zyklische Aufführungen und Tagungen veranstaltet, zuletzt von April bis August 2004.
Ein bedeutender Faust-Regisseur und zugleich Mephisto-Darsteller war Gustaf Gründgens. Zum ersten Mal spielte er den Mephisto 1932. Er inszenierte Faust I 1941 und Faust II 1942 in Berlin. Ende der 1950er Jahre brachte er seine Faust-Inszenierung als Intendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg heraus, die dann auch verfilmt wurde.
Eine weitere legendäre Faust-Inszenierung entstand 1988/1989 in den Münchener Kammerspielen. Dieter Dorn inszenierte einen sehr volkstümlichen Faust, der völlig im Gegensatz zu Gründgens stand. Helmut Griem war als Faust zu sehen, Romuald Pekny als Mephisto. Die Frauenrollen wurden mit Sunnyi Melles als Gretchen und Cornelia Froboess als Marthe besetzt.
Als einer der wichtigsten Goethe-Interpretatoren zeigte sich in seiner langen Karriere Peter Stein. Bereits zu Beginn als junger Regisseur zeigte er eine neue Lesart mit seiner Inszenierung des Torquato Tasso 1969 in Bremen, die noch heute als modern gilt. Und Peter Stein war es, der zur Expo 2000 in Hannover, anschließend zu sehen in Berlin und Wien, den gesamten Faust, 21-stündig, auf zwei Tage verteilt auf die Bühne brachte.
Weitere wichtige Goethe-Aufführungen:
- 1970 Fritz Kortners Clavigo, die letzte Inszenierung vor seinem Tod mit Thomas Holtzmann und Rolf Boysen.
- Torquato Tasso von Dieter Dorn Mitte der 1980er Jahre mit Manfred Zapatka als Tasso und Gisela Stein als Leonore.
- Maßstäbe für die Iphigenie auf Tauris setzte die Inszenierung von Hans Neuenfels aus dem Jahre 1980 für das Schauspiel Frankfurt.
- Der früh verstorbene Ernst Wendt inszenierte ebenfalls einen bedeutenden Torquato Tasso an den Münchener Kammerspielen 1982.
- Claus Peymann inszenierte 1976 gemeinsam mit Achim Freyer beide Teile des Fausts am Württembergischen Staatstheater in Stuttgart.
Goethe als literarische Figur
- Thomas Mann: Lotte in Weimar (Stockholm 1939).
- Werner Liersch: Goethes Doppelgänger. Die geheime Geschichte des Doktor Riemer. (Berlin 2001, ISBN 3-7466-1748-0)
- Martin Walser: Ein liebender Mann. (Roman, Rowohlt, Reinbek 2008).
- Peter Hacks: Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe, Monodrama, 1976
- Johannes Rüber: Ein Feuer für Goethe, 1978
Essays und Aufsätze über Goethe
Unter den Nobelpreisträgern für Literatur traten Thomas Mann und Hermann Hesse mit Goethe-Essays hervor. Von Mann stammt Über Goethe's Faust, 1939 von Thomas Mann in der Emigration geschrieben. Dieser Essay hat auch teilweise zeitgeschichtlichen Bezug.
Auch andere bekannte Autoren schrieben Aufsätze über Goethe, darunter Hermann Hesse. Heinrich Mann verfasste zwei kurze Arbeiten in den Jahren 1910 und 1932. Rudolf Steiner war als Herausgeber der naturwissenschaftlichen Schriften Johann Wolfgang von Goethes tätig. Er verfasste zahlreiche Schriften, darunter Goethes Weltanschauung, Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung und Geheimwissenschaft im Umriß.
Vertonungen
Zahlreiche Gedichte Goethes wurden von Komponisten vertont. Am bedeutendsten sind die Vertonungen von Franz Schubert, an denen Goethe jedoch bemängelte, dass die Musik zu sehr im Vordergrund stünde und nicht schlicht genug sei.
Goethe bevorzugte die Vertonungen von Karl Friedrich Zelter. Weitere Komponisten, die Lyrik Goethes vertonten, sind zum Beispiel: Wolfgang Amadeus Mozart (Das Veilchen, eine sehr frühe Goethe-Vertonung), Ludwig van Beethoven, Johann Friedrich Reichardt, Robert Schumann, Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms, Carl Loewe, Hugo Wolf, Richard Strauss, Hans Pfitzner, Richard Wetz, Ernst Pepping und Jürg Baur.
Die 1797 entstandene Ballade Der Zauberlehrling wurde von dem französischen Komponisten Paul Dukas als sinfonische Dichtung Der Zauberlehrling musikalisch umgesetzt.
Bemerkenswert nicht zuletzt wegen der persönlichen Bekanntschaft von Dichter und Komponist ist Mendelssohns Kantate Die erste Walpurgisnacht.
Wesentlich von Goethe beeinflusst wurden zahlreiche Werke Waldemar von Baußnerns. Zu nennen sind vor allem dessen Sinfonie Nr. 3 mit einem Schlusschor nach Goethes Gedicht Ganymed und die sinfonische Kantate Hafis nach Gedichten aus dem West-östlichen Diwan.
Auch Goethes dramatische Werke inspirierten Komponisten. In der heutigen Theaterpraxis werden die Schauspielmusiken, etwa Ludwig van Beethovens Egmont-Musik, zwar nicht mehr aufgeführt, aber einige Ausschnitte haben sich im Konzert- und CD-Repertoire gehalten (so Beethovens Egmont-Ouvertüre).
Die bei weitem stärkste Ausstrahlung hatte zweifellos Goethes Faust, besonders der erste Teil, so etwa auf die Faust-Opern von Hector Berlioz (La damnation de Faust, 1846), Charles Gounod (Faust, 1859), Arrigo Boito (Mefistofele, 1868) und Havergal Brian. Robert Schumann vertonte einzelne Szenen aus Goethes Faust in einer oratorienartigen Komposition. Franz Liszt ließ sich von Goethes Dichtung zu einer dreisätzigen Faust-Sinfonie mit Schlusschor über den Text des Chorus Mysticus anregen. Den kompletten Schlussteil von Faust II verwendete Gustav Mahler im Finale seiner 8. Symphonie.
Von der Forschung wurden etwa 50 Faust-Bearbeitungen alleine für die Opernbühne nachgewiesen. Die Lied- und Chorsätze sind kaum mehr zählbar, selbst wenn man sich auf die Faust-Vertonungen beschränkt.
Auch im 21. Jahrhundert finden Goethes Werke noch in der Musik statt: In Extremo – „Der Rattenfänger“ (aus dem Album „Sünder ohne Zügel“). Die Gruppe Rammstein ließ sich bei ihrem Lied „Dalai Lama“ aus „Reise, Reise“ von dem Gedicht Der Erlkönig inspirieren.
Goethes Werke im Film
- 1926 – Faust – eine deutsche Volkssage – Regie: Friedrich Wilhelm Murnau (mit Gösta Ekman als Faust, Emil Jannings als Mephisto und Camilla Horn als Gretchen)
- 1938 – Werther – Regie: Max Ophüls
- 1960 – Faust – Regie: Gustaf Gründgens und Peter Gorski (mit Will Quadflieg als Faust und Gustaf Gründgens als Mephisto)
- 1975 – Falsche Bewegung – Regie: Wim Wenders (freie Bearbeitung des Wilhelm Meister-Stoffes mit Rüdiger Vogler als Wilhelm)
- 1976 – Die Leiden des jungen Werthers – Regie: Egon Günther (mit Hans-Jürgen Wolf als Werther und Katharina Thalbach als Lotte)
- 1979 – Götz von Berlichingen – Regie: Wolfgang Liebeneiner (mit Raimund Harmstorf als Götz)
- 1989 – Faust – Vom Himmel durch die Welt zur Hölle – Regie: Dieter Dorn (mit Helmut Griem als Faust, Romuald Pekny als Mephisto und Sunnyi Melles als Gretchen)
- 19?? – Der Totentanz
Briefmarken
Briefmarke der Deutschen Reichspost (1926) aus der Serie Berühmte Deutsche
Briefmarke der Deutschen Bundespost Berlin (1949) zum 200. Geburtstag
Briefmarke der Deutschen Bundespost Berlin (1949) zum 200. Geburtstag
Briefmarke der Deutschen Bundespost Berlin (1949) zum 200. Geburtstag
Goethe- und Schiller-Denkmal auf einer deutschen Briefmarke (1997) aus der Serie Sehenswürdigkeiten
|Moldawische Briefmarke (2007)
Banknoten der DDR
20-Mark-Schein der dritten Serie (ab 1964)
Sonstiges
Sehr viele Gemeinden haben ihren „Goetheplatz“ oder ihre „Goethestraße“, zumeist in besseren Wohnlagen. Den Namen Goethes trägt das historische Goethe-Theater Bad Lauchstädt, und in Bremen steht das Theater am Goetheplatz. Das Goethe-Institut fördert die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland.
Einzelnachweise
Wikimedia Foundation.