- Hammer (Klavier)
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Dieser Artikel behandelt das Pianoforte, siehe auch Clavier; zu der Spielanweisung piano siehe Dynamik (Musik). - Der Flügel steht, wie ein Cembalo, frei im Raum; Raste, Resonanzboden und Besaitung sind parallel zum Boden
- Beim Pianino stehen Raste, Resonanzboden, Besaitung und Hammermechanik (Ständermechanik) senkrecht zum Boden, so dass man es platzsparend an die Wand stellen kann.
- Gemeinsamkeiten:
- Alle Bauteile (Korpus, Gusseisenplatte, Resonanzboden, Stimmstock, Klaviatur, Spielwerk, Saiten und Pedale) finden sich sowohl beim Flügel als auch beim Pianino
- Flügel und Pianinos sind mehrchörig, d. h. bis auf die Basslage finden sich für jeden Ton zwei oder drei Saiten
- Unterschiede:
- Die Klanganlage (Gussrahmen, Resonanzboden und Saiten) sind beim Flügel horizontal angeordnet, beim Pianino hingegen vertikal. Dieses hat folgende klangliche Konsequenzen:
- Beim Flügel strahlt der Klang vom Resonanzboden im Wesentlichen nach unten und oben ab. Unten wird er vom Fußboden reflektiert und verteilt, oben entweder vom geschlossenen Deckel gedämpft oder vom geöffneten Deckel gebündelt zur Seite hin abgestrahlt. Beim Pianino strahlt der Klang zunächst nach vorne und nach hinten ab. Bei der üblichen Aufstellung wird der hintere Anteil direkt von der Zimmerwand reflektiert und zurück auf den Resonanzboden gelenkt. Der vordere Anteil wird vom Gehäuse mit Spielapparat und Spieler reflektiert.
- Ein Tastendruck führt zu einer Aufwärtsbewegung des hinteren Teils der Tastenwippe. Beim Flügel wird dadurch der Hammer nach oben an die Saite geschleudert. Das Gewicht des Hammers ist direkt an der Taste spürbar und ermöglicht eine differenzierte Klanggestaltung. Beim Pianino muss die Aufwärtsbewegung der Tastenwippe in eine Vorwärtsbewegung des Hammers umgesetzt werden. Dadurch wird der Kontakt zum Hammer etwas indirekter.
- Das linke Pedal verschiebt beim Flügel den gesamten Spielapparat und führt zu einer Klangfarbenänderung (una corda). Beim Pianino werden mit dem linken Pedal die Ausgangslagen der Hämmer zu den Saiten hin verlagert. Dadurch wird der Klang etwas leiser, ändert aber seine Farbe nur wenig.
- Durch die horizontale Lagerung der Hämmer beim Flügel wird das Zurückschnellen der Hämmer von der Seite durch die natürliche Schwerkraft unterstützt. Die Repetitionsfähigkeit eines Flügels, also die Geschwindigkeit, mit der ein und derselbe Ton mehrfach hintereinander angeschlagen werden kann, ist daher stärker ausgeprägt als bei einem Pianino.
- Gehäuse und Rasten (aus Holz): eine Balkenkonstruktion, auf der Resonanzboden und Stimmstock aufgeleimt sind
- Akustische Anlage
- Saiten (aus Metall)
- Resonanzboden (aus Holz): verstärkt die Schwingungen der Saiten
- Stimmstock (aus Holz), in welchem die drehbaren Wirbel stecken, auf denen die Saitenenden aufgewickelt sind
- Rahmen (aus Gusseisen): „Gerüst“, welches die Saiten und deren Spannung (immerhin 16–25 t) aufnimmt
- Spielwerk
- Anschlagmechanik mit Klaviatur
- rechtes Pedal, auch „Fortepedal“ (von „forte“, ital. für „kräftig“), „Dämpfungsaufhebung“ oder „senza sordini“ (ital. für „ohne Dämpfer“, etwa im 1. Satz von Beethovens „Mondscheinsonate“):
- linkes Pedal, auch „Pianopedal“ (von „piano“, ital. für „leise“), „Verschiebung“ oder „una corda“ (ital. für „eine Saite“):
- Das linke Pedal bewegt beim Klavier die Hämmer der Klaviermechanik näher an die Saiten, sodass die Kraft, die jeder Hammer bei Betätigung aufbauen kann, geringer ist. Damit wird das Spielen besonders leiser Stellen vereinfacht. Beim Flügel wird die gesamte Mechanik einige Millimeter nach rechts verschoben, sodass die Hämmer nicht mehr alle drei Saiten eines Saitenchors treffen, sondern nur noch zwei bzw. eine Saite. Es verändert sich dadurch auch die Klangfarbe, weil nunmehr Saiten existieren, die nicht durch direkten Anschlag, sondern durch Resonanz erregt werden. Außerdem treffen bei der Verschiebung andere Stellen des Hammerfilzes auf die Saiten. Diese Stellen sind anders intoniert (d. h. vom Klavierstimmer mit der Intoniernadel aufgeweicht bzw. mit einer Feile gehärtet) als die Filzstellen, die in Normalstellung die Saiten anschlagen. Der Hersteller Fazioli bietet ein Flügel-Modell mit zwei Piano-Pedalen an, die dem Pianisten die Wahl zwischen „Verschiebung“ und dem Piano-Pedal der Pianino-Technik ermöglicht.
- mittleres Pedal, entweder „Moderator-“ oder „Tonhalte-Pedal“:
- Das mittlere (nicht immer vorhandene) Pedal kann unterschiedliche Funktionen haben. Wenn ein Pianino ein mittleres Pedal besitzt, handelt es sich meist um einen so genannten Moderator. Bei Betätigung schiebt sich ein Filzstreifen zwischen Hämmer und Saiten und macht das Instrument deutlich leiser. Bei manchen Pianinos wird der Moderator allerdings nicht über ein Pedal, sondern über einen schiebbaren Knopf oder einen drehbaren Hebel aktiviert, der links der Klaviatur oder unter ihr sitzt. Vor allem in den 1960er Jahren versahen einige Hersteller den Filzstreifen mit Nieten, die dem Klavier einen klimpernden, Cembalo-ähnlichen Klang verliehen. Da diese Metallplättchen allzu leicht Saiten und Hammerköpfe beschädigten, haben sie sich nicht durchgesetzt. Wenn ein Flügel ein mittleres Pedal besitzt, handelt es sich in der Regel um ein Tonhalte-Pedal (auch sustain pedal oder Sostenuto-Pedal). Diese Vorrichtung hindert die gerade gehobenen Dämpfer daran, wieder zurückzufallen. Der Spieler kann also einzelne Töne oder Klänge im Sostenuto-Pedal festhalten, während alle anderen Dämpfer weiterhin auf das Spielen und Loslassen der Tasten reagieren. Dieses Pedal – mittlerweile ist es auch bei größeren und teureren Pianinomodellen anzutreffen – findet vor allem in der Klaviermusik des 20. Jahrhunderts Verwendung.
- 1774 – Jean-Joseph Merlin entwickelt einen Mechanismus, mit dem ein Cembalo erweitert werden kann durch Hammeranschlag der Saiten zur Nutzung beider Techniken im gleichen Instrument
- 1775 – Johann Andreas Stein erfindet die Prellmechanik und macht damit Hammerflügel modulationsfähiger und klangvoller.
- 1820 – R. Wornum leitet mit der Entwicklung des ersten Pianinos die Ablösung des Tafelklaviers ein.
- 1821 – Sébastien Érard entwickelt die Repetitionsmechanik, die das virtuose schnelle Spiel und eine rasche Anschlagfolge ermöglicht.
- 1826 – Die Hammerköpfe erhalten einen Filzbelag.
- 1830 – Kreuzsaitiger Bezug: Die Saiten liegen nicht mehr alle parallel, sondern werden in zwei Gruppen aufgeteilt: Die Basssaiten verlaufen beim Flügel von links vorne nach rechts hinten, beim Pianino von links oben nach rechts unten. Die Saiten der Mittellage verlaufen beim Flügel dagegen nach links hinten, beim Pianino nach links unten und liegen unter bzw. hinter den Basssaiten. Dies bringt Vorteile für die Statik des Instrumentes und ermöglicht bei gleicher Länge bzw. Höhe des Instrumentes längere Basssaiten. Ein Nachteil dieser Bauart können klangliche Brüche im Übergang vom Bass in die Mittellage sein.
- 1866 – Carl Rönisch erfindet den gusseisernen Rahmen, der die Saitenzugkräfte von bis zu 200 kN (entsprechend etwa 20 Tonnen) aufnimmt und damit dem Klavier wesentlich mehr Stabilität verleiht.
- ↑ Scipione Maffei: Nuova invenzione d'un Gravecembalo col Piano e Forte aggiunte alcune considerazioni sopra gli strumenti musicali, in: Giornale de' Letterati d'Italia 5, Venedig 1711, S. 144–159.
- ↑ David Crombie: Piano. Evolution, Design and Performance. London 1995, ISBN 1-871547-99-7
- ↑ Kölner Stadt-Anzeiger, Ein Schlussakkord mit Wehmut von Johannes Schmitz, 28. Dezember 2007
- ↑ Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 2. Ausgabe (Sachteil). Artikel Klavierspiel.
- ↑ Roland Böckle: Freies Gestalten im Instrumentalunterricht. In Handbuch der Musikpädagogik (Band 2). Kassel/Basel/London 1993.
- ↑ New Grove Dictionary of Music and Musicians. London 1980. Artikel Piano duet.
- ↑ Diese Angabe sowie die folgenden Jahreszahlen: Harvard Dictionary of Music. London 1970. Artikel Piano music und Impressionism.
- Christoph Kammertöns / Siegfried Mauser (Hrsg.): Lexikon des Klaviers: Baugeschichte – Spielpraxis – Komponisten und ihre Werke – Interpreten (mit 844 Stichwörtern), Laaber-Verlag, Laaber 2006, ISBN 3-89007-543-6
- Arnfried Edler (unter Mitarbeit von Siegfried Mauser): Geschichte der Klavier- und Orgelmusik in 3 Bänden, Laaber-Verlag, Laaber 2007, ISBN 978-3-89007-674-4
- Flügel, Pianino, Pianola, Digitalpiano, Präpariertes Klavier, Keyboard, Tafelklavier, Cembalo, Clavichord, Harfenklavier, Giraffenklavier, Kinderklavier, Kunstspielklavier, Reproduktionsklavier, Bierorgel
- Klavierstimmer, Klavierbauer, Klavierstimmung, Klaviermechanik, Klavierauszug
- Etüde
- Liste von Pianisten
- Jazzpiano
- Klavier-Fachwissen Lexikon - 'Pian e forte'
- Bild des ältesten erhaltenen Klaviers, Bartolomeo Cristofori, Florenz 1720, Metropolitan Museum of Art
- „Wettstreit ums Klavier. Von Klängen, Künstlern und Kalkulationen“, WDR, SWR, Radio-Feature, 18. Dezember 2008, Manuskript, 23 S., PDF-Datei
Klavier |
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engl.: piano, it.: pianoforte |
Pianino |
Flügel |
Klassifikation |
Chordophon Tasteninstrument |
Tonumfang |
Subkontra-A bis c5 |
Verwandte Instrumente |
Celesta, Hackbrett |
Musiker |
Liste von Pianisten Kategorie:Pianist |
Das Klavier, auch Pianoforte (oder Fortepiano), kurz Piano, gehört zur Gruppe der Tasteninstrumente.
Von der Klaviatur (Tastatur) aus werden über eine spezielle Mechanik Hämmer in Bewegung gesetzt, die an Saiten schlagen und wieder zurückprallen. Gleichzeitig lösen sich Dämpfer von den Saiten und verbleiben abgehoben, bis die jeweiligen Tasten losgelassen werden.
Inhaltsverzeichnis |
Wortherkunft
Klavier stammt vom lateinischen clavis „Taste“, und ist die ursprünglich französische Bezeichnung clavier [klaˈvje] für Klaviatur „Tastatur“, im speziellen die eines Musikinstruments. Daher bezeichnet das Wort Clavier bis zum 18. Jahrhundert allgemein Tasteninstrumente – damit konnten z. B. Clavichorde (Tangentenklaviere), Cembalos (Zupfklaviere), Orgeln (Windklaviere) und später auch alle Hammerklaviere gemeint sein; es wird heute im Zusammenhang mit Alter Musik wieder in dieser Schreibweise verwendet. Ab dem 19. Jahrhundert engt sich das Wort, noch in der alten Schreibweise, auf die heute gebräuchlichen Instrumente Flügel und Pianino (ital. „Klavierchen“) ein.
Der ebenfalls übliche Name Piano ist eine Verkürzung der ursprünglichen Bezeichnungen „Pianoforte“ und „Fortepiano“ (v. ital. piano [ˈpi̯aːno] „leise“ und forte [ˈfɔrte] „laut“). Diese Ausdrücke bezogen sich darauf, dass es im Gegensatz zu früheren Tasteninstrumenten – einschließlich des Cembalos – möglich wurde, durch unterschiedlich festes Anschlagen der Tasten beliebig leise oder laut zu spielen, und die Terrassendynamik zu überwinden.
Bauformen und Benennung
Klaviere gibt es heute in zwei Hauptbauformen: Flügel und Pianino:
Der Begriff „Klavier“ ist der Oberbegriff für die verschiedenen Bauformen. Die englischen Bezeichnungen sind „grand piano“ oder kurz „grand“ für den Flügel, „upright piano“ oder kurz „upright" für das Pianino. Historische Bauformen von aufrecht stehenden Klavieren waren Lyraflügel, Giraffenklavier, Schrankklavier, Pyramidenklavier und Harfenklavier, während das Klavier mit liegender Besaitung auch als Tafelklavier gebaut wurde, heute noch als Stutzflügel.
Flügel und Pianino haben viele Gemeinsamkeiten und einige wichtige Unterschiede.
Aufbau
Das Klavier besteht aus den folgenden Komponenten:
Schematischer Aufbau eines Flügels
Anschlagmechanik eines Flügels
Klaviatur
Eine Oktave besteht aus sieben (heute meistens weißen) Vordertasten – (früher oft aus Elfenbein, heute meistens mit Kunststoff belegt). Sie bringen die Stammtöne C, D, E, F, G, A, H hervor. Dazwischen befinden sich die fünf (heute meistens schwarzen) Halbtontasten – Hintertasten (bei hochwertigen Instrumenten auch heute noch aus Ebenholz) Cis/Des, Dis/Es, Fis/Ges, Gis/As, Ais/B.
Pianinos und Flügel, sowie einige Digitalpianos verfügen damit im Allgemeinen über 88 Tasten (52 weiße und 36 schwarze). Der Wiener Hersteller Bösendorfer fertigt seine größten Konzertflügel mit noch größerem Tonumfang, bis hin zum 290-cm-Konzertflügel „Imperial“ mit acht Oktaven Tonumfang (Subkontra-C bis c5). Verkaufsargument ist ein größerer Mitklang bei gehaltenem Legato-Pedal; echte Verwendung finden diese Tasten nach Bösendorfer-Webseite bei Kompositionen von Bartók, Debussy, Ravel und Busoni.
Pedale
Der Klang kann durch zwei oder drei Pedale beeinflusst werden.
Im 18. und 19. Jahrhundert gab es bei manchen Hammerklavieren auch noch mehr Pedale, mit denen verschiedene Klangeffekte, sogenannte „Veränderungen“ erzielt werden konnten. Beispielsweise war es damit möglich, Streifen aus Papier, Pergament oder Filz zwischen Hämmer und Saiten zu führen und damit unterschiedliche Klänge zu erzeugen. Auch im Klavier eingebaute Schellen oder kleine Trommeln konnten so zum Klingen gebracht werden („Janitscharen“-Zug). Bei frühen Instrumenten erfüllten Kniehebel die Aufgaben, die später von Pedalen übernommen wurden.
Maße
Die Breite fast aller Klaviere misst mindestens 135 cm, was durch die Klaviaturbreite von in der Regel 123 cm bei 88 Tasten bedingt ist. Die Höhe der Klaviatur liegt bei zirka 74 cm, gemessen vom Boden bis zur Oberkante einer weißen Taste. Unterhalb einer Gesamthöhe von 110 cm spricht man häufig von einem „Kleinklavier“. Ist hierbei auch die Anzahl der Oktaven verringert (zum Beispiel auf 6 2/3 Oktaven), wird es auch als Pianochord bezeichnet.
Klangerzeugung
Eine Besonderheit des Klaviers ist, dass die Töne bis auf etwa die untersten zwei Oktaven nicht nur von einer, sondern zwei bis drei identisch gestimmten Saiten erzeugt werden, einem so genannten Saitenchor. Ursprünglich war dieses dazu gedacht, die Lautstärke des Klaviers zu erhöhen; es führt aber zu einem komplexen Verlauf des Klanges, der sich aus Sofort- und Nachklang zusammensetzt.
Sofortklang
Als Sofortklang wird der laute, aber schnell abklingende Teil des Klaviertones bezeichnet. Er entsteht hauptsächlich durch die vertikale Schwingung der Saiten, die so über den Steg ihre Schwingungsenergie schnell an den Resonanzboden und als Schall an die Luft abgeben kann. Die Saiten eines Saitenchors werden aufgrund von geringen Unregelmäßigkeiten des Hammers mit leicht unterschiedlicher Amplitude angeschlagen und geben, da sie in Phase schwingen, ihre Energie schnell an die Luft ab. Sobald allerdings eine Saite zur Ruhe gekommen ist, beginnen die Saiten des Saitenchors als gekoppelte Pendel zu schwingen und tauschen ihre Energie hauptsächlich gegeneinander aus, bis sie schließlich aufgrund der Dämpfung zur Ruhe kommen.
Nachklang
Als Nachklang wird der leisere, dafür länger klingende Teil des Klaviertones bezeichnet. Er entsteht vor allem durch die immer leicht angeregte horizontale Schwingung der Saiten, die ihre Energie nur sehr schwer über den Steg an die Umgebung abgeben können. Die entsprechende Saite wird nicht gedämpft.
Bei der Verwendung des linken Pedals bleibt von Anfang an eine der Saiten in Ruhe. Der Saitenchor als System gekoppelter Pendel gibt seine Energie dann nur sehr langsam an den Resonanzboden ab. Sie bleibt dem System lange erhalten und führt zu einem leisen, sehr lang anhaltenden Ton. Dieses ist vor allem bei Pianostellen erwünscht, da der Ton viel länger über der Umgebungslautstärke bleibt, als es nur mit dem Sofortklang möglich wäre.
Stimmung
Klaviere werden üblicherweise gleichstufig temperiert gestimmt (Gleichstufige Stimmung). Das bedeutet, dass außer den Oktaven alle anderen Intervalle gegenüber ihren reinen Artgenossen mehr oder weniger „falsch“ klingen, also mehr oder weniger schweben. Beispielsweise sind die Quinten um zirka 2 Cent (Hundertstel Halbtöne) zu eng (die Quarte – die die Quinte zur Oktave ergänzt – ist demnach um zirka 2 Cent zu weit), die kleine Terz um zirka 16 Cent zu eng, die große Terz um zirka 14 Cent zu weit.
Unsere Ohren haben sich daran, vor allem an die doch sehr „falschen“ Terzen und Sexten, gewöhnt. Eine solche Stimmung hat den Vorteil, dass man sich völlig frei im Tonraum bewegen kann, und ist Grundbedingung für die 12-Ton-Technik. Ein Nachteil ist, dass eine etwaige Tonartencharakteristik völlig eingeebnet ist.
In der historischen Aufführungspraxis werden häufig historische, ungleichstufige Stimmungen verwendet.
Siehe hierzu auch: Stimmung (Musik), Klavierstimmer, Inharmonizität, Streckung (Musik), Stimmhammer
Raumklima
Das Raumklima hat Auswirkungen auf Regulierung, Stimmung und Klang des Klaviers und insgesamt auf seine Wertbeständigkeit.
Vor allem die Luftfeuchtigkeit sollte möglichst konstant sein. Empfohlen wird eine relative Luftfeuchte zwischen 40 % und 70 %, idealerweise zwischen 50 % und 60 %. Werte unter 40 % führen zu starker Austrocknung des Holzes und sollten unbedingt vermieden werden, Werte über 70 % begünstigen Rostbildung an Metallteilen, zum Beispiel den Saiten. Nicht empfohlen wird die Aufstellung an schlecht isolierten Außenwänden, in der Nähe von Heizkörpern oder auf einem geheizten Fußboden; auch Zugluft und direkte Sonneneinstrahlung sind zu vermeiden.
Klaviere reisen oft um den halben Erdball, bevor sie ihren Bestimmungsort erreichen. Das kann zu schwerwiegenden Problemen führen, beispielsweise, wenn ein für das schwüle Klima Ostasiens konzipiertes Instrument in Mittel- oder Nordeuropa den ersten kalten und somit trockenen Winter durchstehen muss. Heute produzieren große und renommierte Klavierfirmen wie Yamaha ihre für den Export nach Europa oder Nordamerika bestimmten Instrumente in spezifisch klimatisierten Räumen.
Sinkt die Luftfeuchtigkeit über einen längeren Zeitraum stärker ab, so verlieren die Holzbauteile Feuchtigkeit und ziehen sich zusammen. Die Gefahr besteht, dass sich Stimmwirbel und Schrauben lockern, Klaviaturrahmenbalken und Mechanikbalken verziehen (was die Regulierung von Klaviatur und Mechanik beeinträchtigt), dass der Resonanzboden seine Wölbung verliert (wodurch die Stimmung sinkt und der Klang leidet) und vielleicht sogar reißt. Steigt hingegen die Luftfeuchtigkeit über einen längeren Zeitraum stärker an, so verstärkt sich die Wölbung des Resonanzbodens, steigt die Stimmung, können Achsen und Tasten klemmen und wird der Klang dumpfer (weil der Hammerfilz Feuchtigkeit aufnimmt). Diesen Problemen kann bis zu einem gewissen Maß durch hochwertige Materialien entgegengewirkt werden. Auch sind Klaviaturrahmen und Mechanikbalken aus Metall möglich, bringen allerdings wieder andere Nachteile mit sich. Schichtverleimte Resonanzböden arbeiten kaum, klingen aber deutlich schlechter.
Geschichte
Zu den Vorläufern des Klaviers gehören das Cembalo, das Clavichord, sowie diverse Spielarten von Tasteninstrumenten. Bereits im 15. Jahrhundert wurde ein Tasteninstrument mit Hammermechanik entworfen.
Anfang des 18. Jahrhunderts wurde viel experimentiert, um ein Tasteninstrument zu konstruieren, welches eine dynamische Spielweise (laut und leise) erlaubte. Der erste, dem dies erfolgreich gelang, war Bartolomeo Cristofori, ein italienischer Instrumentenbauer aus Padua, der seit 1690 am Hofe Ferdinando de’ Medicis (1663–1713) in Florenz für die Instrumente zuständig war. Das Inventar der Musikinstrumente aus dem Jahre 1700 listet ein „arpicembalo che fà il piano e il forte“ (Ein Cembalo, das laut und leise spielen kann) auf, welches üblicherweise auf das Jahr 1698 datiert wird und als erstes Klavier gelten kann. Vermutlich hat Cristofori bereits 1694 einen Prototyp davon gebaut. 1711 veröffentlichte der römische Journalist Scipione Maffei einen Artikel im Giornale dei letterati d'Italia über ein um 1709 von Cristofori gebautes Instrument, welches „gravicembalo col piano e forte“ (Ein Cembalo mit leise und laut) genannt wurde.[1] Der Artikel enthielt eine detaillierte Beschreibung der Mechanik, welche später den deutschen Klavierbauer Gottfried Silbermann zur Konstruktion seines Hammerklaviers inspirieren sollte. Cristoforis Instrumente waren erstaunlich ausgereift. Die Mechanik verfügte über einen Mechanismus, bei welchem der Hammer mittels einer Stoßzunge gegen die Saite geschleudert wurde und diese zum freien Schwingen gleich wieder freigab. Das unerwünschte Zurückfallen des Hammers auf die Saite wurde blockiert. Dämpfer verhinderten das Weiterklingen der Saite nach dem Loslassen der Taste. Sämtliche Dämpfer konnten durch Drücken eines Pedals gelöst werden, so dass die Saiten weiterklingen konnten. Cristofori verwendete bereits Doppelsaiten (zwei Saiten pro Ton), um das Klangvolumen zu vergrößern und seit 1722 den una corda-Mechanismus, durch welchen die Mechanik leicht seitlich verschoben werden konnte, so dass nur eine Saite angeschlagen und der Klang leiser wird. Die Instrumente umfassten vier Oktaven (heutige meistens 71/3, s. o. unter Klaviatur). Trotz der ausgezeichneten Qualität der Instrumente fanden sie keine große Resonanz, so dass Cristofori 1726 aufhörte, Klaviere zu bauen, und sich bis zu seinem Lebensende wieder dem Cembalobau widmete. Insgesamt fertigte er knapp 20 Instrumente an, von welchen heute noch drei erhalten sind. Das Älteste steht im Metropolitan Museum of Art in New York, eines aus dem Jahre 1722 im Musikinstrumentenmuseum in Rom und ein drittes aus dem Jahre 1726 in der Instrumentensammlung der Universität Leipzig.[2]
Weitere Entwicklungen folgten:
Bekannte Hersteller
Bekannte Klavierbauer sind (in alphabetischer Reihenfolge): Bechstein, Blüthner, Bösendorfer, Fazioli, Förster, Grotrian-Steinweg, Kawai, Pfeiffer, Pleyel, Sauter, Schimmel, Seiler, Steingraeber & Söhne, Steinway & Sons, und Yamaha. Weitere Klavierbauer finden sich in der Liste von Klavierbauern.
Preisunterschiede zwischen ähnlich dimensionierten Instrumenten (auch zwischen verschiedenen Produktlinien eines und desselben Herstellers) ergeben sich aus kürzeren oder längeren, mehr oder weniger automatisierten Produktionsprozessen, aus der Produktion in Niedrig- oder Hochlohnländern und aus unterschiedlichen Qualitäten etwa des Klangholzes oder des Filzes.
Im Jahr 2007 wurden weltweit zirka 450.000 Pianinos und Flügel produziert. Etwa zwei Drittel stammten dabei aus dem Fernen Osten, aus Deutschland kamen weniger als 10.000.[3]
Klavierspiel
Die Geschichte des Klavierspiels und die Geschichte der Klavierinstrumente verlaufen in enger, wechselwirksamer Verbindung. Das Wort „Clavier“ bezeichnet noch Anfang des 18. Jahrhunderts alle Tasteninstrumente, Mitte des 18. Jahrhunderts dann insbesondere die Saitenklaviere (Cembalo, Clavichord und Hammerklavier), Ende des 18. Jahrhunderts schließlich insbesondere das Hammerklavier.[4]
Die frühen Hammerklaviere mit Prellmechanik sind leichtgängig und zart; im Vordergrund steht das Fingerspiel, denn weder das Heben der Arme noch das Bewegen des Oberkörpers ist zweckmäßig; schulebildend wirken vor allem Wolfgang Amadeus Mozart und sein Schüler Johann Nepomuk Hummel. Auch die ersten Hammerflügel mit Stoßmechanik erfordern und erlauben noch keinen ausgeprägten Körpereinsatz; schulebildend sind Ludwig van Beethoven und sein Schüler Carl Czerny. Internationalen und nachhaltigen Einfluss haben der Pianist, Komponist, Verleger, Klavierlehrer und Klavierbauer Muzio Clementi und sein Schüler Friedrich Kalkbrenner.
Um 1830 sind die Instrumente bereits deutlich belastbarer geworden. Mit Frédéric Chopin, Franz Liszt und Sigismund Thalberg emanzipieren sich das geschmeidig geführte Handgelenk, die Bewegungen aus Ellbogen und Schultergelenk, der mehr oder weniger dosierte Einsatz von Masse und Gewicht sowie die Spiel- und Ausdrucksbewegungen des Oberkörpers. Diese „moderne“ Form des Klavierspiels wird seither in unterschiedlichen Ausprägungen praktiziert und theoretisch-methodisch aufgearbeitet.
Systematisch gliedert sich das Klavierspiel in Improvisation (das Spiel aus dem Stegreif) und Literaturspiel (das Spiel komponierter Musik aus den Noten oder aus dem Gedächtnis).[5]
Klavierspiel umfasst neben dem solistischen Spiel die Begleitung von Sängern und die Mitwirkung in kammermusikalischen Werken, so das Duo-, Trio-, Quartett- und Quintettspiel, ferner das Spiel mit Orchester (Klavierkonzert) und das Spiel im Orchester (Klavier als Orchesterinstrument).
Für das Zusammenwirken zweier Klavierspieler gibt es zwei Möglichkeiten: das vierhändige Spiel an einem Instrument und das vierhändige Spiel an zwei Instrumenten. Erstere Variante ist nicht zuletzt in der Hausmusik beliebt, letztere Variante hat eher konzertanten Charakter; ein entsprechendes Musikstück ist entweder für die eine oder für die andere Variante komponiert.[6] Seltener sind Kompositionen für eine Hand allein (gewöhnlich die linke) oder für sechs bis acht Hände.
Professionelle Klavierspieler heißen Pianisten, abgeleitet von der alten Bezeichnung „Piano(forte)“ für das Klavier. Wenn das Klavier ein Orchester ersetzt, so in Chor-, Opern- und Ballettproben, heißt der Pianist Repetitor oder Korrepetitor.
Das pianistische Arbeitsfeld lässt sich in E-, U- und F-Musik gliedern. Der so genannten ernsten Musik, die vor allem interpretatorische Aufgaben stellt, stehen Unterhaltungsmusik (z. B. das Spiel in der Bigband) und funktionale Musik (z. B. die Begleitung von Stummfilmen) zur Seite. Von besonderer Bedeutung ist die Rolle des Klaviers im Jazz; in Pop und Rock ist diese Rolle auf das Keyboard übergegangen.
Man erlernt das Klavierspiel entweder autodidaktisch oder im Klavierunterricht (privat, an einer Musikschule oder an einem Konservatorium); als Lehrwerk dient oft eine Klavierschule. Die Berufsausbildung findet an Konservatorien, Musikhochschulen und Kunstuniversitäten statt.
Klaviermusik
Ab etwa 1775[7] komponieren Muzio Clementi, Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart Werke, die ausdrücklich für das Hammerklavier bestimmt sind, nicht mehr für das Cembalo oder Clavichord. Seither widmen sich fast alle bedeutenden Komponisten der Klaviermusik.
In der Klassik, etwa ab 1780, ist die Form der Sonate besonders wichtig; zahlreiche Variationszyklen werden vor allem für den Tagesbedarf geschrieben; zentrale Namen sind Mozart und Beethoven. In der Romantik, etwa ab 1830, wird das Charakterstück besonders bedeutsam; auffallend ist die Produktion zahlreicher Etüden; zentrale Namen sind Chopin, Schumann und Liszt. Im Impressionismus, ab 1892, werden die traditionellen Formen aufgelöst; zentrale Namen sind Debussy und Ravel. In der Neuen Musik, seit 1909, spielt zunehmend das Experiment eine Rolle; im Extremfall drückt der Klavierspieler keine einzige Taste, so in einer Schweigekomposition von John Cage, bekannt unter dem Namen 4'33", und in der Komposition Guero von Helmut Lachenmann, in der die Oberfläche der Tastatur mit den Fingernägeln überstrichen wird.
Gattungen wie das Kunstlied, das Klaviertrio oder das Klavierkonzert gehören zur Vokal-, Kammer- respektive Orchestermusik.
Notation
Eine Klavierstimme wird meist auf zwei Notensystemen notiert, die mit einer Akkolade und mit Taktstrichen untereinander verbunden sind. Oft, aber nicht immer, stehen im unteren System ein Bassschlüssel und die tieferen, von der linken Hand gespielten Töne, im oberen System ein Violinschlüssel und die höheren, von der rechten Hand gespielten Töne.
Unter den Noten für die linke Hand und über den Noten für die rechte Hand kann ein Fingersatz stehen (1 = Daumen, 2 = Zeigefinger usw.).
Die Verwendung der Pedale ist häufig dem Ermessen des Musikers überlassen. Das Zeichen Ped. fordert das Heben aller Dämpfer, so dass die Saiten frei schwingen; ein Sternchen fordert das Ende dieser Maßnahme; gemeint ist also das rechte Pedal. Das Zeichen u. c. (una corda, ital. für „eine Saite“) fordert das Verschieben der Mechanik, so dass die Hämmer nur noch eine von zwei oder zwei von drei gleich gestimmten Saiten anschlagen; das Zeichen t. c. (tre corde, ital. für „drei Saiten“) oder t. l. c. (tutte le corde, ital. für „alle Saiten“) fordert das Ende dieser Maßnahme; gemeint ist also das linke Pedal des Flügels. Für das mittlere Pedal des Flügels gibt es kein eigenes Zeichen; gelegentlich wird sust. (sustain pedal, engl. für „Tonhaltepedal“) oder 3. Ped. geschrieben.
Impressionistische Musik verwendet häufig nicht nur zwei, sondern drei Systeme, um den komplexen Klaviersatz übersichtlicher unterzubringen. In der Neuen Musik treten manchmal Textaufgaben oder Grafiken an die Stelle der traditionellen Notenschrift.
Typisch für den Jazz ist das lead sheet (engl. „Führungsblatt“), auf dem lediglich der Text eines Songs und die zugehörigen Akkordsymbole notiert sind, manchmal auch die Melodie; auf Grundlage dieser Informationen kann ein Jazzpianist sowohl solistisch spielen als auch begleiten.
Quellen
Literatur
Siehe auch
Weblinks
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