- Herrnhut
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Wappen Deutschlandkarte 51.01666666666714.741666666667344Koordinaten: 51° 1′ N, 14° 45′ OBasisdaten Bundesland: Sachsen Direktionsbezirk: Dresden Landkreis: Görlitz Verwaltungs-
gemeinschaft:Herrnhut Höhe: 344 m ü. NN Fläche: 51,7 km² Einwohner: 4.963 (31. Dez. 2010)[1]
Bevölkerungsdichte: 96 Einwohner je km² Postleitzahl: 02747 Vorwahl: 035873 Kfz-Kennzeichen: GR Gemeindeschlüssel: 14 6 26 180 Stadtgliederung: 11 Ortsteile Adresse der
Stadtverwaltung:Löbauer Straße 18
02747 HerrnhutWebpräsenz: Bürgermeister: Willem Riecke (HL) Lage der Stadt Herrnhut im Landkreis Görlitz Herrnhut (obersorbisch Ochranow) ist eine Landstadt im sächsischen Landkreis Görlitz in der Oberlausitz. Zentral zwischen den Städten Löbau und Zittau gelegen, ist sie für Berthelsdorf erfüllende Gemeinde in der Verwaltungsgemeinschaft Herrnhut. Bekannt ist die Stadt als Gründungsort der Herrnhuter Brüdergemeine und durch die Produktion der Herrnhuter Sterne.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Stadtgliederung
Durch die Eingliederung der Gemeinden Ruppersdorf, Strahwalde und Großhennersdorf hat die Stadt Herrnhut inzwischen elf Ortsteile:
- Herrnhut (ursprüngliche Stadt)
- Ninive
- Ruppersdorf
- Schwan
- Friedensthal
- Strahwalde
- Euldorf
- Großhennersdorf
- Heuscheune
- Neundorf auf dem Eigen
- Schönbrunn
Geschichte
Ortsgeschichte
Die Gründung von Herrnhut verdankt sich der Großzügigkeit und des persönlichen Engagements von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf. Er hatte 1722 Böhmischen Brüdern, Glaubensflüchtlingen aus Mähren, Aufnahme auf seinem Gut Berthelsdorf gewährt.
Doch die Geschichte Herrnhuts beginnt viel früher. 1457 entstand eine der ersten evangelischen Kirchen in Böhmen, die Unitas Fratrum oder Brüder-Unität. Die „Böhmischen Brüder“ beriefen sich auf den Reformator Jan Hus, der 1415 in Konstanz als Ketzer verbrannt wurde. Für ihre Gemeinschaft sollten einzig und allein die Aussagen der Bibel gelten. In Folge der Gegenreformation kamen sie Anfang des 18. Jahrhunderts als Glaubensflüchtlinge auf das Gut von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf in der Oberlausitz. Er gewährte ihnen Asyl. Ihrer ausgeprägten Religiosität entsprechend stellten sie ihre Gemeinschaft unter die „Obhut des Herrn“ und nannten ihre Kolonie Herrnhut.
Die Ausstrahlung dieser neuen Arbeits- und Lebensgemeinschaft erreichte in kürzester Zeit Menschen aus anderen Kirchen. Dies beruht nicht zuletzt auf den besonderen Gaben des Grafen Zinzendorf, der seine vom Pietismus geprägte Theologie weiterentwickelte. Nach seinem Tod 1760 vererbte er den Brüdern das Schloss und das Gut.
Wegen Zuzugs wurde Herrnhut noch im 18. Jahrhundert eine administrative Gemeinde. Sie erlangte 1895 Selbständigkeit und erhielt 1929 das Stadtrecht.
1994 wurde die Nachbargemeinde Ruppersdorf/O.L. mit ihren Ortsteilen Schwan und Ninive eingemeindet. Am 1. Januar 2010 folgte die überschuldete Gemeinde Strahwalde mit ihrem Ortsteil Friedensthal[2], am 1. Januar 2011 die benachbarte Gemeinde Großhennersdorf mit ihren Ortsteilen Euldorf, Heuscheune, Neundorf auf dem Eigen und Schönbrunn.
Bevölkerungsentwicklung
Jahr 1834 1871 1890 1910 1925 1939 1946 1950 1964 1990 2000 2009 Einwohner 899 1092 1139 1364 1664 1627 2024 2025 1808 1754 2842 4956 Nach dem sächsischen Landesrezess 1777 hatte Herrnhut 76 Häuser.
Die Einwohnerzahl stieg Mitte des 19. Jahrhunderts über 1000 an und erreichte in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Marke von 2000. Seit den fünfziger Jahren gab es einen Bevölkerungsrückgang, der erst durch die Eingemeindungen kompensiert werden konnte.[3]
Religion
Größte Religionsgemeinschaft ist die evangelische Kirchgemeinde Ruppersdorf. Herrnhut ist der Hauptsitz der Herrnhuter Brüdergemeine (Evangelische Brüder-Unität), die als Kirche unter dem Namen Moravian Church in 30 Ländern vertreten ist und auch heute noch tätige Missionsarbeit betreibt. Seit einigen Jahren gibt es auch Jugend mit einer Mission in Ruppersdorf (Ortsteil von Herrnhut). Darüber hinaus ist auch die katholische Kirche in Herrnhut vertreten.
Politik
Stadtrat
Die Kommunalwahl vom 7. Juni 2009 führte bei einer Wahlbeteiligung von 53,6 % (+ 0,6) zu folgendem Ergebnis:[4]
Partei / Liste Stimmenanteil +/− Sitze +/− Herrnhuter Liste 44,0 % + 2,2 7 + 1 Bürgergemeinschaft Ruppersdorf 36,4 % + 5,9 5 ± 0 CDU 9,8 % − 7,9 1 − 1 Die Linke 7,3 % − 1,2 1 ± 0 Grüne 2,4 % – – – Wappen
Das Herrnhuter Wappen von 1929 wird durch den Altan auf dem Hutberg als markantes Wahrzeichen der Stadt geziert.[5]
Gemeindepartnerschaften
Es bestehen Partnerschaften zwischen Herrnhut und den Gemeinden Bad Boll in Baden-Württemberg, Suchdol nad Odrou in Tschechien und Karlstetten in Niederösterreich.
Wirtschaft
- Abraham-Dürninger-Stiftung als bedeutendstes Wirtschaftsunternehmen
- Manufaktur zur Herstellung der weltweit bekannten Herrnhuter Sterne
Verkehr
Die Bundesstraße 178 führt unmittelbar durch die Stadt. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung, auch durch den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union, befindet sich ein Straßenbauprojekt für eine neue B 178 in Planung, Teile davon sind auch bereits fertiggestellt.
Der Abschnitt Löbau-Oberoderwitz der früheren Bahnstrecke Löbau–Zittau wird seit 1998 nicht mehr bedient.
Bis 1945 war Herrnhut Ausgangspunkt einer Schmalspurbahn nach Bernstadt, welche als Reparationsleistung für die Sowjetunion abgebaut wurde.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Kirchensaal (Großer Saal) der Brüdergemeine von 1756, Barock (1945 zerstört, 1951–53 wieder aufgebaut)
- Vogtshof von 1730, 1746 schlossartig erweitert, Sitz der Evangelischen Brüder-Unität, Europäisch-Festländische Provinz, mit dem Sitzungssaal im 1.OG, in dem jährlich die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine gezogen werden
- Unitätsarchiv mit Bibliothek und Lesesaal, darin zeitweise Vorträge und Symposien
- Gildenhaus mit Verkaufsausstellungen der Herrnhuter Künstlergilde
- Gottesacker der Brüdergemeine am Hutberg mit den Gräbern der Familie Zinzendorf
- Skulpturenpfad zwischen Herrnhut und Großhennersdorf
Museen
- Völkerkundemuseum
- Heimatmuseum
Bauwerke
- der Vogtshof (abgebildet)
- das Witwenhaus
- barocke Bürgerhäuser
- der Zinzendorfplatz mit Kirchenensemble
- das Unitätsarchiv
- Wasserschloss im Ortsteil Ruppersdorf
Persönlichkeiten
- Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700–1760)
- August Gottlieb Spangenberg (1704–1792)
- Erdmuthe Dorothea von Zinzendorf (1700–1756)
- Otto Uttendörfer (1870–1954), Theologe und Ornithologe, erlangte Verdienste durch die systematischen Untersuchungen der Ernährung europäischer Greifvögel und Eulen
Söhne und Töchter des Ortes
- Renatus von Zinzendorf (1727–1752), Kirchenliederdichter
- Christian Friedrich Quandt (1766–1806), deutscher Arzt und Schriftsteller
- Herbert Fischer (1914–2006), Botschafter der DDR in Indien
- Martin Clemens (* 1939), sächsischer Politiker (CDU) und ehemaliger Abgeordneter des Sächsischen Landtags
Sonstiges
Herrnhut ist auch wegen der Herrnhuter Sterne bekannt, die seit 150 Jahren hergestellt werden und mittlerweile eine beliebte Weihnachtsdekoration darstellen.
Weite Verbreitung erlangte das Herrnhuter Kleisterpapier, ein Buntpapier, das in der Brüdergemeine hergestellt wurde. Es handelte sich anfangs um ein Nebenprodukt bei der Textilherstellung, wobei die für die Tuche verwendeten Farben (vor allem blau – Indigo wurde in der Lausitz angebaut –, rot und oliv) für einfarbige Kleisterpapiere Verwendung fanden. Das Papier war unverwechselbar durch die Einfarbigkeit mit geometrischen Mustern, die mit unterschiedlichen Gerätschaften (Kämmen, Stäben)erzeugt wurden.
Quellen und weiterführende Literatur
Literatur
- Kurt Hager: Herrnhut. in: Mitteilungen des Landesverein Sächsischer Heimatschutz Band XXV, Heft 1–4/1936, Dresden 1936, S. 61–81
- Enno Kayser: Gartenhäuser in Herrnhut - Kleinode im Grünen, Hasenverlag, Halle 2010 ISBN 978-3-939468-12-7
- Falk Lorenz: Felder der Besinnung. Gottesacker Herrnhut und Eine Achse in der Landschaft. Herrschaftsgarten Herrnhut. In: Ernst Panse (Hrsg.): Parkführer durch die Oberlausitz. Lusatia Verlag, Bautzen 1999; S. 203–210; ISBN 3-929091-56-9.
- Dietrich Meyer: Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine 1700–2000. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2000 ISBN 978-3-525-34019-6
- Frank Seeliger: „Einer prügelt uns und der andere bringt uns Religion …“: eine ethnohistorische Studie über Fremdheitserfahrungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im tibetisch-buddhistischen West-Himalaya-Gebiet Lahoul aus Sicht Herrnhuter Missionare. Herrnhuter Verlag, 2003, ISBN 3-931956-17-2
Fußnoten
- ↑ Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen – Bevölkerung des Freistaates Sachsen jeweils am Monatsende ausgewählter Berichtsmonate nach Gemeinden (Hilfe dazu)
- ↑ StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2010
- ↑ Herrnhut im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- ↑ Stadt Herrnhut
- ↑ http://www.ngw.nl/int/dld/h/herrnhut.htm
Weblinks
Commons: Herrnhut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Herrnhut im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
- Alte Ansichten von Herrnhuter Sehenswürdigkeiten
- Herrnhut
- MDR Sendereihe "Geschichte Mitteldeutschlands" Herrnhut, Zinzendorf und die Brüdergemeine
- MDR Sendereihe "Geschichte Mitteldeutschlands" Steckbrief Evangelische Brüder-Unität
- Homepage des Völkerkundemuseums
- Skulpturenpfad im Lausitz-Wiki
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Herrnhut — Hẹrrnhut [ huːt], Stadt im Landkreis Löbau Zittau, Sachsen, 340 m über dem Meeresspiegel, am Hutberg im Lausitzer Bergland, 3 000 Einwohner; Völkerkundemuseum; Herstellung von Adventssternen. Stadtbild: … Universal-Lexikon
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HERRNHUT — a small Saxon town, 50 m. E. of Dresden; gave name to a colony of Moravian Brethren who took refuge there in 1792, and were protected by Count Zinzendorf … The Nuttall Encyclopaedia