Eigentum (Deutschland)

Eigentum (Deutschland)

In der deutschen Rechtswissenschaft bezeichnet Eigentum das Herrschaftsrecht einer Person über eine Sache. Für das Privatrecht sind in § 903 Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) seine Eigenschaften bestimmt: Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.

Inhaltsverzeichnis

Verfassungsrecht

Das Recht auf Eigentum ist nach Artikel 17 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 ein Menschenrecht[1]. Die Eigentumsgarantie ist nach Art. 14 des Grundgesetzes ein elementares Grundrecht und wird auch von Artikel 17 der EU-Grundrechtecharta geschützt.

Wortlaut

Art. 14 Grundgesetz (GG) lautet:

  • Absatz 1: Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
  • Absatz 2: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
  • Absatz 3: Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Bedeutung der Eigentumsgarantie

Der Eigentumsgarantie kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem einzelnen einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern, um ihm eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen.[2] Der Rechtsgehalt der Eigentumsgarantie ist durch Privatnützigkeit und durch grundsätzlich freie Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Dieses liberalstaatliche Verständnis der Eigentumsgarantie wird ergänzt und korrigiert durch die Festlegung sozialer Funktionen des Eigentums, das folglich nicht ausschließlich individualrechtlich verstanden werden darf (siehe Abschnitt zur Sozialbindung des Eigentums unten).

Art. 14 Abs. 1 GG enthält als Grundrecht in erster Linie ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Die Eigentumsgarantie gewährt die Befugnis, jede ungerechtfertigte Einwirkung auf den Bestand der geschützten vermögenswerten Güter - insbesondere auf solche, die durch eigene Arbeit und Leistung erworben wurden - abzuwehren (Eigentumsbestandsgarantie.[3][4] Nur ausnahmsweise und unter den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG reduziert sich der Eigentumsschutz zu einer bloßen Wertgarantie (Entschädigungspflicht).[5] Weiter enthält Art. 14 Abs. 1 GG eine Einrichtungsgarantie (Institutsgarantie), d.h. der Staat darf das Rechtsinstitut "Eigentum" zwar regeln, inhaltlich ausgestalten und beschränken, muss es aber im Kern gewährleisten und darf es nicht bis auf Null reduzieren.[6] Schließlich gewährt Art. 14 GG zur Sicherung des Eigentums eine umfassende und effektive Verfahrens- und Rechtsschutzgarantie.[7]

Der Inhalt des Eigentums ist nicht durch die Verfassung selbst vorbestimmt. Erst und nur das durch die Gesetze ausgeformte Eigentum bildet den Gegenstand der Eigentumsgarantie und ist verfassungsrechtlich geschützt (siehe auch der Abschnitt zum Schutzbereich der Eigentumsgarantie unten). Der Gesetzgeber hat diesbezüglich eine weite Gestaltungsbefugnis. Die Grenzen sind neben Art. 14 GG selbst - Einrichtungsgarantie - insbesondere Art. 19 Abs. 2 GG, das Gleichheitsgebot und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.[8]

Der Eigentumsgebrauch unterliegt nicht allein dem freien Belieben des Eigentümers; er unterliegt vielmehr auch dem grundrechtsbegrenzenden Gebot der Sozialpflichtigkeit (Art. 14 Abs. 2 GG).

Die Entziehung individuellen Eigentums ist ausnahmsweise zulässig, wenn sie aus Gründen des allgemeinen Wohls erforderlich ist; sie darf aber nur gegen Entschädigung erfolgen (Problem: Abgrenzung zwischen entschädigungspflichtiger Enteignung und entschädigungslos hinzunehmenden Auswirkungen der Sozialgebundenheit des Eigentums). Die mögliche Überführung von Grundbesitz in Gemeineigentum (Sozialisierung) wird in Art. 15 GG speziell ermöglicht. Denkbar aufgrund des Verbotes eines Einzelfallgesetzes ist nur eine Sozialisierung von ganzen produzierenden Wirtschaftszweigen nach Bundes- oder auch nach Landesrecht beispielsweise in wirtschaftlichen Notsituationen. Das Landesrecht wird hier ebenfalls tangiert, weil die Wirtschaftsgesetzgebung in Deutschland in vielen Fällen der konkurrierenden Gesetzgebung der Länder unterliegt. Nicht zuletzt wegen der Betonung der Entschädigungspflicht bei der Überführung in Gemeineigentum wurde diese in Deutschland bisher noch nicht angewandt, weil damit dann extrem budgetwirksame Entschädigungspflichten für die öffentliche Hand verbunden gewesen wären. Hans-Jürgen Papier sieht genau darin den Sinn und die Existenzberechtigung des Art. 15 GG.

Schutzbereich

Der Schutzbereich des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedes vermögenswerte Recht, das einem Einzelnen privatnützig zur ausschließlichen Nutzung durch das einfache Recht zugewiesen ist. Den Gesetzgeber trifft demnach der Auftrag, den Inhalt des Eigentums durch förmliche (Parlaments-)Gesetze zu bestimmen. Das bedeutet, dass der Inhalt des Eigentumsrechts nicht für alle Zeit feststeht, sondern vom Gesetzgeber geändert werden kann.

Hierin besteht das Dilemma. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG soll einerseits als Abwehrrecht gegen den Staat fungieren, anderseits ist es jedoch zugleich die Aufgabe des Gesetzgebers, den Inhalt des Eigentums zu bestimmen. Dies birgt die Gefahr einer schleichenden Entleerung des Inhalts des Eigentums durch den Gesetzgeber. Um diesen vorzubeugen, schafft die Institutsgarantie des Eigentums die Bindung des Gesetzgebers an durch die Verfassung vorgegebene Wesensmerkmale des Eigentums (Gewährleistung des Eigentums). Diese sind die Privatnützigkeit, die grunds. freie Verfügungsbefugnis sowie die Junktimklausel bei Enteignungen. Dadurch soll die Sicherung eines Freiheitsraumes im vermögensrechtlichen Bereich gewährleistet werden. Dennoch ist das Eigentum gem. Art. 14 Abs. 2 GG sozialgebunden (es besteht z. B. kein Recht auf Umweltverschmutzung). Weiterhin gilt grundsätzlich die Bestandschutzgarantie, wonach konkret bestehende Eigentumspositionen geschützt sind.

Die Definition von Eigentum im Sinne des Art. 14 GG geht deshalb über den privatrechtlichen Begriff des Eigentums (Sacheigentum) hinaus und beschränkt ihn zugleich. Die Nutzung eines Grundstückes kann beispielsweise durch das Nachbarschaftsrecht oder durch die Bauvorschriften eines Bebauungsplanes beschränkt sein. Ein anderes rechtliches Beispiel dafür ist, dass der Eigentümer eines Kunstwerkes durch das Urheberrecht daran gehindert ist, dieses Kunstwerk zu verändern, wenn er nicht gleichzeitig der Inhaber des Urheberrechtes ist; er darf es aber verkaufen.

Geschützt sind zunächst private Vermögensrechte, in erster Linie das Sacheigentum im Sinne des Sachenrechts (§ 903 BGB). Neben dem Eigentum an Sachen fallen aber auch Forderungen in den Schutzbereich. Nicht geschützt ist zwar „das Vermögen als solches“; Geld soll nach der Rechtsprechung aber in den Schutzbereich einbezogen sein, weil es zur Eigentumsgarantie zähle, Geld frei in Gegenstände einzutauschen. Geschützt ist hier aber nur der Bestand an Zahlungsmitteln, nicht der Wert des Geldes. Auch der Besitz des Mieters an der Mietwohnung wurde vom Bundesverfassungsgericht in den Schutzbereich des Eigentums einbezogen

Urheberrecht, Patentrecht, Marken- und Geschmacksmusterrecht werden ebenfalls in den Schutzbereich des Eigentums einbezogen. Nimmt man in Deutschland die verfassungsrechtliche Definition des Bundesverfassungsgerichts („Eigentum sind alle vermögenswerte Rechte des einfachen Rechts“), sind auch immaterielle Rechte Eigentum i.S.v. Art. 14 Abs. 1 GG, solange sie einen Vermögenswert haben. Daraus folgt aber noch nicht die Verpflichtung, solche Rechte auch gewähren zu müssen. Vielmehr hat hier der Staat durch Inhalts- und Schrankenbestimmungen einen großen Gestaltungsspielraum und ist lediglich auf die Gewährleistung eines Kernbereiches von „Geistigem Eigentum“ verpflichtet.

Im Falle des Patentrechtes zeigen sich die Grenzen eines naturrechtlichen Eigentumsverständnisses, das die Eigentumstheorie auf Immaterialgüter überträgt. Patentrechte werden nur für bestimmte immaterielle Leistungen und nur über einen gewissen Zeitraum (zumeist 20 Jahre) gewährt. Ihr Schutz ist eher als staatliche Leistung anzusehen, die der Staat gewährt, um den technischen Fortschritt zum Wohl der Allgemeinheit zu fördern. Es wäre deshalb verfehlt, Patent- oder Urheberrechte als Eigentum im engeren Sinne (wie das Sacheigentum) zu betrachten. Ob unter einem gegebenen Patentrecht verliehene Patente eigentumsgleiche Rechte darstellen, ist umstritten und muss für jedes Rechtssystem einzeln geklärt werden. Ob Patente tatsächlich den Wettbewerb durch Wettbewerbsbeschränkungen fördern, ist empirisch nicht klärbar.

Deshalb ist Verwendung des Begriffes „geistiges Eigentum“ umstritten. Sacheigentum und „geistiges Eigentum“ seien nicht vergleichbar, der Begriff suggeriere etwas, das es nicht gäbe. Dem wird jedoch die verfassungsrechtliche Eigentumsdefinition (s.o.) entgegengehalten. Als Rechtsgebiet umfasst das „Geistige Eigentums“ zahlreiche privat- und öffentlich-rechtliche Rechtsgebiete, die zum Teil im Widerstreit zueinander stehen. Geregelt werden sie zum Beispiel in Gesetzen zum Urheber- und Markenschutz, zum Patentrecht u.ä. Umstritten ist, wie stark immaterielle Monopolrechte, zu denen der einfachrechtliche Schutz zumeist führt, gewährleistet werden müssen und welche Folgen dies hat. Immaterialgüter nehmen immer mehr an ökonomischer Bedeutung zu. Das gilt insbesondere für Software- und Biopatente, deren Schutz von Wirtschaftsunternehmen gefordert wurde. Andererseits wird der allgemeine Verzicht auf solche Monopole und die Beachtung gemeinfreier „Almende“ verlangt.

Auch öffentlich-rechtliche Positionen können in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG fallen, wenn sie

  • dem Versicherten ausschließlich und privatnützig zugewiesen sind,
  • auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung des Betroffenen beruhen und
  • der Sicherung der Existenz des Betroffenen dienen.

Hierzu zählen insbesondere die Anwartschaften aus der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Nicht hierzu zählen beispielsweise: Arbeitslosengeld 2, Sozialhilfe, BAFöG, Wohngeld.

Eingriff

Eingriffe in das Eigentum sind:

  • die Enteignung: Dem Betroffenen wird das Eigentumsrecht an einer bestimmten durch Art. 14 GG geschützten Position entzogen, um es an einen anderen zu übertragen;
  • die Inhalts- und Schrankenbestimmung: Inhalt und Schranken des Eigentums werden durch förmliches Gesetz bestimmt; dabei ist die Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu beachten;
  • der enteignungsgleiche Eingriff, rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in das private Eigentum, der einen Entschädigungsanspruch auslöst, ohne dass ein Gesetz eine Entschädigung gewährt;
  • der enteignende Eingriff, rechtmäßiger hoheitlicher Eingriff in das private Eigentum, der eine Entschädigungspflicht auslöst, ohne dass ein Gesetz eine Entschädigung gewährt (Sonderopfer!).

Beispiel: Die Stadt B muss für notwendige Straßenbauarbeiten eine bestimmte Straße für ein halbes Jahr sperren. Für den C, der in dieser Straße seine Tankstelle hat, ist dies ein enteignender Eingriff.

Sozialbindung des Eigentums

Wegen Art. 14 Abs. 2 GG ist der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eigentumsrelevanter Normen verpflichtet, einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der grundsätzlich gewährleisteten Privatnützigkeit des Eigentums und der Sozialpflichtigkeit des Gebrauchs des Eigentums herzustellen. Die Sozialpflichtigkeit begründet jedoch keine individuelle Verpflichtung des einzelnen Eigentümers.

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss unter Federführung des damaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof auch den Zugriff auf das Eigentum über eine Vermögensteuer zumindest stark eingeschränkt, nach Meinung mancher beinahe ausgeschlossen: Vermögensteuer und weitere Steuern sollen einem obiter dictum des Bundesverfassungsgerichts[9] zusammengenommen nicht mehr als 50 % der Erträge aus dem Vermögen ausmachen (sog. Halbteilungsgrundsatz im Steuerrecht). Das Gericht stützte sich dabei auf Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG, wonach der Gebrauch des Eigentums zugleich der Allgemeinheit nützen solle. Das Eigentum wäre demnach also gleichermaßen als privatnützig und als gemeinnützig zu behandeln.

Bei Einkommensteuer und Gewerbesteuer gibt es nach einer neueren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts[10] keine absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung. Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes, der in seiner Entscheidung[11] die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes auf die Einkommensteuer abgelehnt und eine Besteuerung von etwa 60 % durch Einkommen- und Gewerbesteuer für verfassungsgemäß erachtet hatte.

Problem der sogenannten Alteigentümer

Als Alteigentümer werden Betroffene bezeichnet, deren Grundeigentum während der sowjetischen Besatzung Deutschlands im Zuge einer sog. Bodenreform zwischen 1945 und 1949 entzogen worden war.

Die Alteigentümer machen eine Ungleichbehandlung zwischen ihnen und den in der DDR-Enteigneten geltend. Während der Einigungsvertrag DDR-Enteigneten im Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung“ gewährt, wurde den Alteigentümern lediglich ein Entschädigungsrecht zugesprochen. Sie erkennen eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik, der DDR und der Sowjetunion (die Bestandteil des Einigungsvertrages wurde) nicht an. In ihr wird erklärt, die Bodenreform zwischen 1945 und 1949 solle unangetastet bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hat in insgesamt drei Entscheidungen, zuletzt durch Urteil vom 26. Oktober 2004, die Nichtrückgabe und alleinige Entschädigung für rechtmäßig befunden und entsprechende Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. Die Bestimmungen des Einigungsvertrages seien mit dem Grundgesetz (insb. Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG) und dem Völkerrecht vereinbar und wirksam. Die Unterscheidung zwischen Maßnahmen des Besatzungsrechts und späteren Enteignungen in der DDR sei zulässig, da der Eigentumsschutz des Grundgesetzes vor der Konstitution von Bundesrepublik und DDR im Jahre 1949 noch keine Wirkung entfalten konnte. Ebenso scheiterten die Alteigentümer vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Der Begriff der Alteigentümer umfasst nicht solche Eigentümer, deren Grundeigentum nie entzogen, sondern unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt wurde, was für viele Wohngebäude in der DDR galt.

Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Eingriffen in das Eigentum erfolgt je nachdem, welche Art des Eingriffs vorliegt. Die Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit und nur durch oder aufgrund eines Gesetzes erlaubt, das zugleich die Entschädigung regelt (Junktimklausel, Art. 14 Abs. 3 GG). Für die schlichte Inhalts- und Schrankenbestimmung hingegen gilt nur ein einfacher Gesetzesvorbehalt (Art. 14 Abs. 1 GG).

Eine Enteignung ist vor allem bei der Verwirklichung großer Bauvorhaben und Planungen relevant (Bahnstrecken, Straßenbau). Zuvor müssen aber alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft worden sein (sog. Subsidiaritätsprinzip). Zudem muss eine eigentumsentziehende Maßnahme immer entschädigt werden. Dabei ist der Substanzwert zum Marktpreis (Verkehrswert) zu ersetzen, einschließlich der unmittelbaren Folgekosten (Ersatz von Folgekosten für Umzug, Betriebsverlegung, Rechtsverfolgungskosten), nicht aber sonstiger Kosten, die dem Betroffenen entstehen können.

Zu dem Wesensgehalt oder „Kern“ der Eigentumsgarantie könnte die generelle Verfügungsbefugnis, die Gewährleistung der Substanz und ein gewisses Maß an privatem Nutzen gezählt werden.

Privatrecht

Eigentum im Sinne des deutschen Zivilrechts (insbesondere des Sachenrechts) ist das grundsätzlich unbeschränkte absolute Recht an einer Sache. Es wird auch als dingliches Vollrecht bezeichnet. Der Eigentümer darf nach Belieben mit seinem Eigentum verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen, soweit nicht Rechte Dritter oder Gesetze dagegen stehen, (§ 903 BGB). Über Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche (§ 1004 BGB) sowie Herausgabe- (§ 985 BGB) und Schadensersatzansprüche nach Verletzung (§ 823 Abs. 1 BGB) ist das Eigentum umfassend geschützt.

Entstehung und Übertragung

Das Eigentum an einer herrenlosen Sache kann durch Aneignung begründet werden, an einer neuen Sache kann es beispielsweise durch Verarbeitung entstehen (originärer Eigentumserwerb). Weitere Erwerbstatbestände sind die Ersitzung und die Verbindung. Umgekehrt kann das Eigentum durch Dereliktion wieder aufgegeben werden.

Bestehendes Eigentum kann durch Übereignung weiter übertragen werden (derivativer Eigentumserwerb), wobei die gesetzlichen Regelungen zwischen beweglichen Sachen (Mobilien oder Fahrnis genannt) und unbeweglichen Sachen (Immobilien oder Liegenschaften) unterscheiden. Nach dem Trennungsprinzip ist die Übereignung ein weiteres Rechtsgeschäft, das zu dem schuldrechtlichen Kausalgeschäft (Kauf, Schenkung, Darlehen, …) hinzutritt. Die beiden Rechtsgeschäfte sind in ihrer Wirksamkeit voneinander unabhängig (Abstraktionsprinzip).

Mehrere Personen

Das Gesetz lässt es schon nicht zu, dass an wesentlichen Bestandteilen einer Sache besondere Rechte bestehen (§ 93 BGB). Erst recht können an verschiedenen Teilen einer Sache keine verschiedenen Rechte bestehen. Deshalb ist es nicht möglich, Eigentum an realen Bruchteilen zu begründen. Beispielsweise kann der Henkel der Tasse (vgl. Zeichnung unten) nur demjenigen gehören, der auch Eigentümer der restlichen Tasse ist.

Miteigentum zu ideellen Bruchteilen ist dagegen möglich (Miteigentum nach Bruchteilen oder Bruchteilseigentum genannt). So könnten A und B im Beispiel Miteigentum an der Tasse zu unterschiedlichen ideellen Anteilen begründen (vgl. mittlere Zeichnung). Denkbar ist aber auch, dass das Eigentum an einer Sache jedem zur gesamten Hand zusteht (Gesamthandseigentum). Dann gibt es keine Anteile am Eigentum, sondern jeder ist voller Eigentümer, allerdings in der Ausübung des Eigentums durch den anderen beschränkt. Es gibt aber Anteile am Gesamthandsvermögen insgesamt, die bei Verwaltung und Auseinandersetzung Bedeutung haben (z. B. Verteilung des Erlöses). Gesamthandseigentum kommt hauptsächlich bei der Erbengemeinschaft vor, etwa wenn A und B die Tasse geerbt hätten (vgl. rechte Zeichnung).

Bruchteil Gesamthand.png

Abgrenzung zu Besitz und Differenzierung

Vom Besitz ist dabei das Eigentum scharf zu unterscheiden. Eigentum bezeichnet die rechtliche Herrschaft über eine Sache, der Besitz dagegen die rein tatsächliche (auch: physische) Herrschaft. So kann ein Eigentümer eine Sache verleihen und die Person, an welche die Sache verliehen wurde, ist der Besitzer der Sache. So ist das Eigentum an einer Sache stets dem Eigentümer gegeben, der Besitz an einer Sache aber nur Anwesenden vorbehalten. Auch der Dieb einer Sache ist immer nur Besitzer, niemals Eigentümer.

Der wirtschaftliche Sinn der Unterscheidung wird deutlich, wenn man sich klarmacht, dass Eigentum ein Vermögensrecht darstellt, Besitz dagegen lediglich eine Gebrauchsmöglichkeit bezeichnet. Das Beispiel einer Mietwohnung macht dies deutlich. Der Mieter der Wohnung nutzt die Wohnung, ist also Besitzer. Er ist rechtmäßiger Besitzer, da der Mietvertrag die Gebrauchsrechte der Wohnung an ihn überträgt. Der Mieter hat also die Besitz- oder Nutzungsrechte an der Wohnung. Er kann aber „die Wohnung“ nicht zu seinem Vermögen rechnen: in seiner Bilanz gibt es keinen Aktivposten „Wohnung“. Diesen Aktivposten gibt es nur in der Bilanz des Eigentümers, der aber wiederum die Wohnung nicht nutzen kann, weil er die Nutzungsrechte ja per Mietvertrag an den Mieter abgetreten hat. Allein das Eigentumsrecht an der Wohnung also stellt Vermögen dar - und zwar völlig unabhängig davon, ob der Eigentümer auch zur Nutzung der Wohnung berechtigt ist oder nicht. Nur Eigentumsrechte stellen also bilanzierbares Vermögen dar; bloße Besitzrechte nicht[12].

Ferner gibt es Sicherungseigentum (auch Treuhandseigentum), das vorbehaltene Eigentum und – als eine besondere Art des Eigentums – das Wohnungseigentum.

Eine Staffelung des Eigentums nach einer hierarchischen Gliederung („Über- und Untereigentum“) wie beim Besitz kennt das heutige Recht nicht.

Strafrecht

Das Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland sieht im neunzehnten bis zweiundzwanzigsten Abschnitt des besonderen Teils (§§ 242 bis § 266 StGB) für einige Verletzungen eigentumsrechtlich geschützter Positionen folgende Eigentumsdelikte vor (Auszug):

Daneben gibt es auch Delikte, die nicht das Eigentum, aber das Vermögen als Ganzes schützen (Vermögensdelikte wie Erpressung, Hehlerei, Geldwäsche)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 auf Informationsplattform humanrights.ch abgerufen am 29. Mai 2009
  2. BVerfGE 30, 292, 334; 24, 367
  3. BVerfGE 24, 367, 400; 31, 229, 239
  4. siehe auch BVerfGE 50, 290, 340 f.
  5. BVerfGE 58, 300, 323; 74, 264, 279 ff.
  6. BVerfGE 24, 367, 389
  7. BVerfGE 51, 150, 156; 74, 264, 281ff; 81, 12, 17
  8. dazu zum Beispiel BVerfGE 20, 351, 356; 26, 369, 396; 40, 196, 222 f; 81, 12, 16 ff.
  9. BVerfG NJW 1995, 2615, 2617 (abw. Meinung des Richters Böckenförde: a.a.O., ab Seite 2620)
  10. BVerfG, Entscheidung vom 18. Januar 2006, Az. 2 BvR 2194/99
  11. BFH NJW 1999, 3798
  12. W. Theil: Eigentum und Verpflichtung. In: H. J. Stadermann, O. Steiger (Hrsg.): Verpflichtungsökonomik. Eigentum, Freiheit und Haftung in der Geldwirtschaft. Metropolis, Marburg 2001, S. 175–200. (online)
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