Garten in Eden

Garten in Eden

Der Garten Eden (Sumerisch Guan Eden Rand der himmlischen Steppe, hebr. גן עדןGan Eden) wird in der griechischen Übersetzung des Tanach als Paradies bezeichnet. Er taucht im 1. Buch Mose (Genesis) der Bibel auf, das ihn in Gen 2 schildert und in Gen 3 von der Vertreibung des Menschen daraus erzählt.

Triptychon „Der Garten der Lüste“: Der Garten Eden von Hieronymus Bosch

Inhaltsverzeichnis

Ursprung des Begriffs Garten Eden

Eden bezeichnet im Sumerischen die Steppe. Es gab als weitere Erwähnung den Landstrich Himmlisches Eden, ein Ort, der fruchtbar zu sein schien, später aber unfruchtbar wurde. Damit trifft die Beschreibung historisch genau auf die Änderung der Verhältnisse zu, wie sie laut Feststellung der Klimaforschung am Ende der letzten Eiszeit in der Levante erfolgten. Die einst grüne Steppe trocknete aus und zwang die Menschen ihre nur noch saisonal verfügbare Nahrung mittels Vorratshaltung zu strecken, was zum Ackerbau führte, der auch in Bezug auf die Vertreibung als neue Ernährungsbasis benannt wird.

Geographische Lage des Garten Eden

Auf der Ebstorfer Weltkarte aus dem Hochmittelalter, die weniger die physische Geographie der Welt als die Weltgeschichte ins Bild setzt, ist das Paradies im äußersten Osten (oben!) als ummauerter Bereich eingezeichnet.

Es heißt in Gen 2,10-14 EU:

„Ein Strom kommt aus Eden, den Garten zu bewässern und von dort aus teilt er sich zu vier Hauptströmen. Des ersten Name ist Pischon, der das ganze Land Chawila umringt, wo das Gold ist. Das Gold dieses Landes ist gut. Dort findet man das Bedolach-Erz und den Schoham-Stein. Der Name des zweiten Stroms ist Gichon, der das ganze Land Kusch umringt. Der Name des dritten Stroms ist Chidekel, der auf der Morgenseite von Aschur fließt und der vierte Strom ist Perat.“

Mit dieser Überlieferung gibt es jedoch ein grundsätzliches Problem in der Präzision der Ortsangaben: In der jüdischen Tradition wurde der Name גן עדןGan Eden zum Sammlungsort der Gerechten nach dem Tod (siehe auch: Auferstehung oder Himmel (religiös)), und die Spekulation über dessen geographische Lage auf Erden wurde vermieden. Hierzu sei die Weigerung des Judentums betont, sowohl den Ort des Paradieses, des Berges der Offenbarung, des Berges Sinai und anderes genau festzulegen, um die Gefahren der Anbetung, Anrufung, des Kultus der Pilgerung, wie der Verehrung heiliger Stätten oder der Idolatrie (=„Götzendienst“) etc. zu vermeiden, da selbst der Name Gottes nur sehr zurückhaltend gebraucht wird.

Die vier Paradiesflüsse

Region zwischen den Meeren im Nahen Osten

Die geographische Lage lässt sich – in Deutung der Flussnamen nach dem Text – somit nur spekulativ bestimmen, indem man die Beschreibung des Stromes, „der von Eden ausging“ und sich dann in vier „Hauptflüsse“ – Pischon, Gihon, Hiddekel östlich von Aschur (Assur) und Perat – teilte, zu Rate zieht.

Perat

Der Perat ist bekannt als Euphrat (griechisch), Furat (kurdisch/arabisch), Pu-rat-tu (alt-assyrisch) und Ufrat (altpersisch), was auf Huperethuua zurückgeht.

Hiddekel

Der Hiddekel wird gewöhnlich mit dem Tigris gleichgesetzt

Gihon

Flavius Josephus setzte den Gihon mit dem Nil gleich. Hippolytus von Rom mit dem Indus, Epiphanius von Salamis in einem Brief von 394, der die Irrtümer des Origines behandelt, und dem Ancoratus ebenfalls. Er fließt vom Paradies nach Äthiopien und Ägypten, um schließlich ins Mittelmeer zu münden[1]. Nach Beda Venerabilis war der Gihon ebenfalls der Nil, er lokalisierte seine Quelle aber im Atlas. 35 Nach Johann von Joinville in seiner Geschichte des Heiligen Louis von Frankreich (1305-1309) fanden ägyptische Fischer manchmal Ingwer, Rhabarber, Aloe und Zimt in ihren Netzen, die der Wind von den Bäumen des Paradieses in den Fluss geweht hatte [2].

Das mit dem Fluss Gihon verknüpfte Kusch bedeutet meistens Äthiopien (oder Midian), hier ist aber eher der sumerisch-akkadische Stadtstaat Kisch in Mesopotamien gemeint, für den aber erst ab etwa 2800 v. Chr. Überlieferungen bestehen. In Frage käme eher die hethitische Stadt Kuschar bzw. Kuššara, die aber noch nicht wieder gefunden wurde. David Rohl hält den Aras für den historischen Gihon. Er führt ein Dokument aus der Zeit der islamischen Invasion in Persien an, das die Bekanntheit des Aras unter dem Namen Gyhun bis ins 7. Jhd. beweise. Der alte Name der Region am Gyhun laute ebenfalls Kusch. Ein Gipfel heißt heute noch hier Kuscha-Dagh („Berg von Kusch“).

Pischon

Der Fluss Pischon ist mit dem Land Chawila verbunden. Flavius Josephus setzte den Pischon mit dem Ganges gleich. Ephremus der Syrer und Bischof von Severian von Gabala in Syrien mit der Donau (de munid creatione). Epiphanius von Salamis (Anacoratus) glaubte, der Pischon werde in Indien und Äthiopien Ganges und von den Griechen Indus genannt. Er entspringe im Paradies, das er unterirdisch verlasse [3]. Er umfließt danach das Land der Elymäer (Iran), um dann nach Äthiopien und weiter nach Süden zu fließen. Beda Venerabilis identifizierte den Pischon mit dem Ganges, seine Quelle liege im Kaukasus. Abraham Ortelius schloss sich der Ansicht Severians an. Auf seiner Weltkarte von 1601 (Geographia sacra) entspricht der Pischon aber auch dem Hydaspes in Mesopotamien [4]. Von David Rohl wird der Pischon als der noch heute Gold führende Qezel Uzan identifiziert. Die Übersetzung von Qezel mit „golden“ deute auf die reichen Gold- und Edelsteinvorkommen des Gebietes hin, das die Genesis um Chawila beschreibt.

Euphrat und Tigris entspringen beide in der Nähe der türkischen Stadt Elazığ. Das Finden zweier weiterer Flüsse in dieser Quellregion, die dann Nebenflüsse des einen oder anderen bzw. beider sind oder waren, ist möglich, z. B. den Murat als längsten Quellfluss des Euphrats.

Alle Flüsse dieser Region fließen entweder direkt oder indirekt in den Persischen Golf, was einer Vereinigung der Ströme gleichkommen würde, wenn auch nach der gängigen Lesart des Textes an deren falschen Ende. Zuvor weiten sie sich jedoch in den Ebenen Mesopotamiens zu einem mehr oder weniger stark verknüpften Fluss-System aus, wobei hier zwar einzelne, natürliche Verlegungen im Lauf der Zeit bekannt sind, jedoch keine Hinweise auf Zuordnungen im Kontext des obigen Textes gegeben sind.

Bei Überschreitung der Kämme der Gebirgsmassive in der östlichen Türkei findet man auch Flüsse, die ins Schwarze Meer oder ins Kaspische Meer münden. Wäre also die Zentraltürkei Ausgangspunkt der Textbeschreibung so wäre die Lokalisierung zwangsläufig weiter nördlich.

Das Problem eines Stromes, der aus Eden fließt und sich in vier Hauptarme teilt, lässt sich nach Rohl so lösen: Dieser Strom könnte der Meidan Chay sein, der durch die Stadt Täbris in den Urmiasee fließt. Das Wort im hebräischen Urtext bedeutet „Quellort“ oder „Kopf“, nach damaligem Verständnis könnte der Urmiasee als Quellbecken der vier Paradiesflüsse verstanden worden sein. Südlich der Stadt Täbris liegt der Vulkan Sahand mit 3710 m Höhe, den Rohl mit dem Berg Gottes in Verbindung bringt, der laut Ezechiel 28,12-16 im Paradies existiert haben soll.

Archäologische Deutung

Die Beschreibung der Vertreibung aus dem Paradies, welche die „Verurteilung zum Ackerbau“ zur Folge hatte, erweist sich als Metapher für den Übergang von der nur aneignenden Nahrungsbeschaffung (im Paradies) zur produzierenden Nahrungsbeschaffung. Die Stelle, an welcher der Ackerbau seine bisher ältesten Spuren (etwa 11.000 v. Chr.) hinterlassen hat, liegt am Oberlauf des Euphrats und seiner Nebenflüsse. Auch der Begriff einer „grünen Steppe“ trifft auf diese Gegend zeitgerecht zu. Kurz vor dem Ende der letzten Eiszeit dem Beginn des Holozäns wurde die einsetzende Warmphase Allerød-Interstadial durch den scharfen Kälterückfall (Stadial) des Jüngeren Dryas 10850 bis 9620 v. Chr. unterbrochen. Dem Klimawechsel ins Holozän folgte eine starke Nordverlagerung der Vegetationszonen und damit der Tierwelt. Hinzu kommt, dass die ersten genutzten Wildgetreidearten nur in der Osttürkei und in Nordsyrien beheimatet waren. Mit dem Ackerbau erfolgte die menschliche Manipulation der gesamten Natur, die primär als Folge des sprunghaften Bevölkerungsanstiegs zu verstehen ist und wohl das Synonym für den Sündenfall darstellt.

Deutung der Schätze

Mit Gold, Bedolach-Erz und Schoham-Stein wird die Region Chawila etwas näher charakterisiert.

Gold ist wohl das eindeutigste, auch wenn dessen Vorkommen nicht eindeutig einem konkreten Ort der Region zugeordnet werden kann.

Bedolach (Bdellium) wird gerne als Harz übersetzt, das gelblichen, durchsichtigen Glanz bei gummiartiger Struktur aufweist. Baumbestand, dem man beispielsweise durch Anzapfen Harz entnehmen könnte, was als Medikament, Genuss- oder Betäubungsmittel nutzbar wäre, mag eher zutreffen. Teils werden Vergleiche mit Myrrhe gezogen. Dennoch gibt es auch (wohl häufiger) die Lesart als Erz, was insbesondere in jüdischen Schriften die Vorzugsform ist. Auch die Interpretation als Perle oder gar Kristall (evtl. rötlich leuchtend) findet sich wiederholt. Allerdings erstarren Harze manchmal perlenförmig und werden dann milchig weiß, was nicht zuletzt von Parkinson, einem englischen Botaniker des 16. Jahrhunderts, für Bdellium aus Baktrien beschrieben wurde.

Schoham wird als Edelstein beschrieben, so dass es gerne für Onyx oder manchmal auch für Beryll bzw. Karneol gehalten wird. Es sollen zwei solche Steine auf den Schulterstücken des Priesters Ephod die Erinnerung symbolisiert haben. Mit Schoham verbindet sich der gleichnamige Ort in Israel, der auf historischen Mauern steht. Für die Ortsfindung von Eden ist dies jedoch nicht hilfreich, da hier ganz spekulativ lediglich schon in früher Zeit die gleichnamigen Steine bevorzugt verarbeitet worden sein sollen.

Es gibt Ansätze der symbolischen Interpretation dieser Stoffe, die wiederum vom Anfang des Gottesreichs zum Endzeitpunkt (wie in der Offenbarung des Johannes als neues Jerusalem und dessen Baustoffe bezeichnet) einen Verständnisbogen schlagen. Esoterisch-kaballistische Ansätze verstehen Bedolach als die Mitte des freien Seins (im Kontext an Abrahams Vorfahren vergeben), die als Kristall symbolisiert wird und weiterhin eingerahmt wird von Gold auf der einen Seite und dem Gegensatz Silber auf der anderen Seite.

Deutungen und Überlieferungen

Mesopotamien mit Herrschaftsgebieten um 600 v. Chr.

Eden heißt im Hebräischen „Anmut“, „Lieblichkeit“ und „Wonne“. Die Hebräer selbst werden oft mit den Habiru identifiziert, die aus dem Tal Habur zwischen Euphrat und Tigris stammten. Durch dieses Tal fließt als einer der wichtigsten Nebenflüsse des Euphrat der Chabur, an dem sich auch älteste Hinweise auf den Ackerbau (Göbekli Tepe, Harran, Nevali Cori und Sanliurfa) finden. Nach altjüdischer Überlieferung werden die Urhebräer in der Region von Şanlıurfa, das heilige Urfa (heute in der Südosttürkei an der Grenze zu Syrien) lokalisiert. Diese Lokalität deckt sich mit den Erkenntnissen der Biologen (Heimat des Wildgetreides) und der Archäologen (frühester Ackerbau in Jerf el Ahmar und Abu Hureyra).

Nach Überlieferungen, die unter anderem in die christliche Tradition integriert wurden, soll der Garten Eden in einer gebirgigen Region gelegen haben. Der Ort soll etwa 225 km südwestlich des Berges Ararat und nur wenige Kilometer südlich des Vansees, in der heutigen Osttürkei gelegen haben. Viele künstlerische Eden-Darstellungen richten sich nach der Vorstellung einer gebirgigen Region, die von Erzen, Wasser und fruchtbaren Tälern geprägt ist und somit gut für Land- und Viehwirtschaft geeignet ist. Dies würde auf eine Region hinweisen, die später von den erst in Ansätzen erforschten Urartu oder eher noch von den noch weniger erforschten Nairi besiedelt wurde.

Namenswechsel-Theorie

Nach einer religiös motivierten Auffassung bezeichnen die in Genesis 2 erwähnten Namen vollkommen andere als die heute so benannten Landschaften, weshalb die Lage des Gartens daraus heute nicht rekonstruiert werden kann. Die Begründung lautet: Nachdem die Sintflut die Erdoberfläche völlig verändert hatte, haben die Menschen im Verlauf der Wiederbesiedelung den neuen besiedelten Landschaften wieder die vertrauten, alten Namen gegeben.

Verschiedene Wissenschaftler vermuten aufgrund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse, dass die Sintflut möglicherweise eine Monsunperiode im östlichen Mittelmeer zwischen 7000 und 4500 v. Chr. (was sich auch mit der Beschreibung „40 Tage Regen“ decken würde) war. Jedoch lassen sich dadurch die mit der Sintflut zusammenhängenden biblischen Details (Bau der Arche etc.) bzw. die Gründe für eine solche Überlieferung nicht hinreichend erklären.

Eine gewisse Ähnlichkeit dieses Denk-Ansatzes zur Beweisführung im Rahmen des modernen Kreationismus besteht.

Adam und Eva im Garten Eden

Lucas Cranach d. Ä.: Adam und Eva im Garten Eden, 1530

Vom Garten Eden wird im 1. Buch Mose (hebr. Bereschit = „Im Anfang“, griech. Genesis) erzählt. Der Mensch, hebräisch adam, der aus Staub auf der Erde, hebr. adama, gebildet wird und Chawa, seine Frau (Eva), waren die einzigen menschlichen Bewohner Edens.

Nach babylonischer Mythologie war der Hauptgrund für die Erschaffung der Menschen, Nahrung für die Götter anzubauen. In der Bibel ist dies umgekehrt: Gott schafft die Pflanzen als Nahrung für den Menschen, die Tierwelt als sein Gefährte gegen die Einsamkeit.

Wenn man die Vorgeschichte der Vertreibung aus dem Garten in Eden als den Zustand vor einem Klimawandel in einer bestimmten Region versteht und die „Verdammung zum Ackerbau“ (zur Vorratshaltung) versteht, setzt die Genesis erst mit Beginn des Ackerbaus in einer bestimmten Region geschichtlich ein. Dies umfasst den Zeitraum von etwa 8000 bis 6000 v.  Chr. für die Anfänge des Ackerbaus bis zum Beginn der mündlichen Tradition der biblischen Erzählungen von etwa 2000 v. Chr.

Die Vertreibung aus dem Garten

Vertreibung aus dem Garten Eden, Caedmon Manuskript, ca. 1000

Judentum

Das Judentum kennt keine Sünden, die vererbt werden könnten. Deshalb gehen Adams oder der Väter Handlungen gegen die Gebote des Herrn nicht auf die nachfolgenden Menschen über. Die jüdische ethische Tradition ist liberal. Der Mensch hat einen freien Willen (beḥirah) und ist nur für seine eigenen Sünden verantwortlich. Der Mensch hat eine Neigung zum Bösen (jetzer ha-ra), wie eine Neigung zum Guten und Gottes Gebote helfen den guten Trieb (jetzer tow) in den Menschen zu entwickeln, was letztlich positiv für die Menschen und für die Umwelt ist, dies entwickelt die Tikkun Olam „Verbesserung der Welt“. Die genaue Ausdeutung Gottes Gebote ist zudem nicht festgeschrieben, sondern wird in der jüdischen Tradition immer weiter in der Zeit entwickelt und bleibt Juwel der jüdischen Streitkultur, die letztlich das jüdische Volk eint. Gott hat dafür die schriftlichen Tora und die mündliche Überlieferung dem Mosche gegeben.

Als von Gott auserwähltes Volk haben sie jedoch zahlreiche (613) Gebote und Verbote zu erfüllen, die anderen Menschen nicht abgefordert werden. Sünden werden jährlich gereut (an Jom Kippur), einige durch Entschuldigung und Reue bei den nächsten und fernen Mitmenschen, einige durch Reue und Entschuldigung vor dem ewigen Wesen Gott, der gnädig ist. Es gibt im Judentum auch kein personifiziertes Böses, etwa den Teufel, oder die grundsätzliche böse und verderbte Neigung in den Menschen, wie sie die christliche Tradition unter anderem der Erzählung der Bibel über Adam und Eva im Garten Eden als Sündenfall oder Erbsünde entnimmt.

Christentum

„Sündenfall“ des Menschen, Lukas Cranach
„Vertreibung aus dem Paradies“, Giovanni di Paolo (1445)

Paulus schrieb in Römer 5,12+18 EU „Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt...“ und „...durch die Übertretung eines einzelnen kam es für alle Menschen zur Verurteilung.“ Daraus entwickelte sich die christliche Lehre der Erbsünde, die es in allen großen christlichen Traditionen gibt, die jedoch sehr unterschiedlich ausgedeutet wird.

Bei späteren Kirchenvätern wurde dann ausgeführt, dass die Menschen ohne Jesus Christus in der Erbsünde leben und sterben müssten, eine Lehre, die durch die Schriften von Augustinus fester Bestandteil der Lehre der westlichen christlichen Kirchen wurde.

Die westliche Tradition der christlichen Theologie wertet den „Fall“ Adams und Evas aus dem paradiesischen Garten in eine „gottlose“, gottferne Welt, als vererbte Sünde oder Sündhaftigkeit, die auf alle Menschen übergeht.

Islam

Im Islam wird die Vertreibung von Adam und Eva auch als eine Art Neubeginn betrachtet und es wird ausdrücklich das christliche Konzept des Sündenfalls zurückgewiesen. Durch die Vertreibung aus dem Paradies wurde dem Islam nach die Beziehung zwischen Adam und Gott nicht gestört. Adam gilt den Muslimen als erster Muslim und zugleich auch als erster Prophet des Islam. Der islamischen Überlieferung nach wurden Adam und Eva an verschiedenen Punkten auf der Erde ausgesetzt und mussten erst eine Zeitlang auf der Erde auf der Suche zueinander umherwandern, weshalb im Islam die Geschichte von Adam und Eva auch als eine besondere Liebesgeschichte dargestellt wird. Der Überlieferung nach sollen an allen Plätzen auf der Erde, an denen Adam sich bei seiner Suche nach Eva zum Schlafen legte, später große Städte entstehen.

Dem islamischen Glauben nach fanden sich Adam und Eva nach ihrer langen Suche erst am Berg Arafat im heutigen Saudi-Arabien wieder, wo sie sich umarmten und dabei Gott priesen (arab.: Allah). Auf dem Berg Arafat hielt der Prophet Mohammed auch im Jahr 632 seine Abschiedspredigt.

Psychologische Deutungen

Die Erzählung in Genesis 3, die christlich als „Sündenfallerzählung“ gewertet, hebräisch neutraler als „Vertreibung Adams und Evas aus dem Garten Eden“ bezeichnet wird, ist vielfach philosophisch und psychologisch gedeutet worden. Der deutsche Idealismus sah in ihr den Mythos vom Erwachen des Bewusstseins und ging so weit, den Menschen nach dem Essen der Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse nicht mehr als „Menschen“ im Vollsinn zu betrachten. Psychologische Deutungen wollen darin eine verschlüsselte Darstellung des Adoleszenzkonflikts erkennen, in dem sich die „unschuldige“ Elternbindung stufenweise löst und eine erwachsene, durch Freiheit und Schuldfähigkeit gekennzeichnete Identität entsteht. Dabei wird der Baum der Erkenntnis auch auf die Entdeckung der Sexualität hin gedeutet.

Wie der deutsche Islamexperte und Psychologe Andre Ahmed Al Habib schreibt wird in der islamischen Mystik die Suche von Adam und Eva zueinander als die Suche nach Gott (Allah) angesehen. Bei der Suche zueinander wird Adam und Eva Geduld (arab.: Sabr) und Gottvertrauen (arab.: Tawakul) abverlangt. In der irdischen körperlichen Vereinigung wird jedoch eine große Ekstase freigesetzt (arab.: Ishq), die das Band zwischen den beiden Liebenden und zwischen den Liebenden und Gott (arab.: Allah) festigt.

Dieses Motiv der Liebenden, die in der Suche zueinander mit Gott in Zwiesprache stehen, um dann bei der Vereinigung zueinander Gott zu preisen ist dabei ein durchgehendes Motiv in der islamischen Literatur, so z.B. in den Geschichten von „Tausend und Einer Nacht“, der Geschichte von „Leila und Madschnun“ von Nizami, den Geschichten im „Divan“ von Hafiz, oder den Geschichten von Rumi im „Mathnawi“.

Soziale Deutung

Bekanntlich ist das Paradies ein Ort der Harmonie und des Wohlbefindens. Sämtliche in einer Gesellschaft auftauchende Konflikte treten hier nicht auf, schon weil es keine sozialen und persönlichen Gegensätze gibt und daher Eintracht vorherrscht. Es ist nicht auszuschließen, dass es vor der Aufspaltung der Gesellschaft in Arm und Reich, bzw. Besitzende und Nichtbesitzende, ein gewisses Maß an Harmonie und Verbundenheit gab. Liest man die altchinesischen taoistischen Texte, dann wird eine solche einträchtige Gesellschaft mit Führung unter dem sogenannten Gelben Kaiser zusammengelegt. Unabhängig davon war und ist es der Traum, vor allem zu kurz gekommener Menschen, paradiesische Zustände herbeizusehnen. Meist werden sie in ferne Regionen verlagert, manchmal aber auch versucht, vor Ort einzulösen, so geschehen im Täuferreich zu Münster.

Deutungen in Kunst und Literatur

In der europäischen Kunst und Literatur ist die Erzählung von der Vertreibung aus dem Paradies allgegenwärtig. In Goethes Faust schreibt Mephisto im Professorentalar dem wissbegierigen Studienanfänger ins Stammbuch, was die Schlange versprach und was als Überschrift offenbar über dem ganzen Drama des Erkenntnisdrangs und der Grenzüberschreitungen stehen soll: „Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum“ - „Ihr werdet sein wie Gott und das Gute und Böse erkennen“.

Historische Deutung

Es ist ein Gleichnis zur Beschreibung der damaligen paradiesischen Zustände als Jäger und Sammler und dem Wechsel zu Ackerbau und Viehzucht. Damals gab es noch Stämme, die als Nomaden lebten, neben schon sesshaften Stämmen. Es ging darum, diesen Übergang von einem Leben von der Hand in den Mund zum beschwerlichen Leben durch Feldarbeit zu erklären.

Kain und Abel stehen für den Ackerbauern und den Hirten. Es ist eine bildliche Beschreibung der Agrargeschichte der neolithischen Revolution. Als Preis für die Erkenntnis des neuen Wissens folgen die Mühen der neuen Arbeit.

Das Paradies (Garten Eden)

Paradies ist ein aus dem altiranischen (avestisch) stammendes Wort für ein umgrenztes „eingehegtes Gebiet“ wie einen herrschaftlichen Park, einen Tier-, Lust- oder Zaubergarten; in der griechischen Übersetzung der Bibel wurde er zur Bezeichnung des „Garten Eden“ verwendet. Der sumerische Name für Paradies ist Dilmun. Es ist am „unteren bitteren Meer, zur Morgenseite“ gelegen und bedeutet höchstwahrscheinlich die Inselgruppe Bahrain. In ihr wachsen die heiligen Bäume, auch gilt sie als Quelle der Flüsse. Da es sich jedoch um eine Insel handelt, ist diese Deutung eher ein Missverständnis.

Das Paradies im Zarathustrismus

Im Zoroastrismus (auch Zarathustrismus), nach Zarathustra, gelangen die Seelen nach dem Tod an die Činvat-Brücke. Hier wird Gericht über Gute und Böse gehalten. Die Guten gelangen in die seligen Gefilde des Paradieses Garodemäna (später Garotman), des „Orts der Lobgesänge“; die Seele des Bösen aber gelangt an den „schlechtesten Ort“, das heißt in die Hölle. Parallelen zur späteren christlichen Lehre vom jüngsten Gericht und zur Eschatologie im Islam sind unverkennbar.

Das Paradies im Judentum

Im Judentum spielen Paradiesvorstellungen keine so wichtige Rolle wie im Islam und im Christentum.

Das Judentum liest die Geschichte vom Garten in Eden differenziert und integriert sie nicht in ihr traditionelles Weltbild. Der Mensch ist weder sündig, noch ist er gefallen und verdorben. Der Weg zu Gott ist ein Weg, offen für jeden Menschen, gleich welcher Religion bzw. welchen Glaubens, den er einschlagen kann und soll. Eine Rettergestalt wird die Menschen und die Welt nicht erretten, sondern die Errettung der Welt sollen die Menschen aus sich selber heraus und ihr Verhalten angehen, die Welt und das menschliche Miteinander verbessern. Die Tora lehrt, dass die Menschen dabei nicht allein sind.

Das Paradies im Christentum

Lucas Cranach, Adam und Eva im Paradies

Zunächst muss man im Christentum zwischen verschiedenen eschatologischen Vorstellungen unterscheiden, die in den einzelnen Traditionen teilweise als unterschiedlich und teilweise als getrennt gesehen werden.

Genau genommen muss man den Begriff Paradies gemäß der Bibel auf die Zeit vor dem Sündenfall anwenden, als Adam und Eva in einem paradiesischen Zustand im sogenannten Garten Eden lebten. Es gab keine Feindschaft zwischen Mensch und Tier, keine Dornen und Disteln, der Mensch konnte sich ohne Mühe ernähren. Was das Leben der Erlösten nach dem Tod angeht, so bezeichnet die Bibel diesen Zustand als Ewiges Leben oder Reich Gottes, was sich vom Paradies in einigen Punkten unterscheidet. Johannes, dem Schreiber der Offenbarung, wird von Gott ein Blick in dieses neue Reich gewährt (siehe Offenbarung 21-22). In diesem Reich wird Gott selber regieren, es wird ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit sein. Tod, Krankheit und Mühe werden der Vergangenheit angehören. Es wird keine Nacht mehr geben, Gott selbst wird das Licht sein. Im Gegensatz zum Paradies im Islam wird es im Reich Gottes Mann und Frau nicht mehr geben, alle Menschen werden gleich sein (Lukas 20,34-36). Die klaren Aussagen über das Leben nach dem Tod in der Bibel sollen deutlich machen, dass es sich dabei nicht um eine Projektion menschlicher Wünsche handelt, sondern um eine ganz andere von Gott geplante Wirklichkeit.

Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas sieht im Paradies durch die Ur-Eltern Adam und Eva den Beginn einer von Gott geschaffenen, vollkommenen menschlichen Gesellschaft. Durch den Sündenfall sei dieser Aufbau nur unterbrochen gewesen. Während des tausendjährigen Jüngsten Gerichts würde die vollkommene Gesellschaft durch die direkte Regierung von Gottes Königreich für alle Zeiten etabliert werden.

Das Paradies im Islam

Der Islam kennt zwar sehr anschauliche Beschreibungen von einem Paradies voller Wonne, mit Früchten und kühlen Bächen, Paradiesjungfrauen, mit Kissen und weichen Teppichen usw., ein einheitliches Wort dafür gibt es aber nicht.

Meist gebraucht man Wörter die einen Garten bezeichnen, nur ist das klassische hocharabische Wort für „Garten“ ‏جنdschan meist durch das persische Lehnwort ‏بستانbustaan ersetzt. Das klassisch hocharabische ‏جنّةdschanna ist hingegen koranisch. Auch gibt es das Wort Paradies als Lehnwort ‏فردوسfirdaws und Garten Eden ist auch nicht unbekannt ‏جنّة عدنdschanna adn. Die Vorstellung von einem in verschiedene Stufen geteilten Paradies mit dem „Siebten Himmel“ als höchster Stufe ist recht populär. Cennet = „Garten Eden“ auf Türkisch.

Insgesamt ist die Vorstellung eines Paradieses voller weltlicher Freuden im Islam profan sehr verbreitet, auch wenn islamische Theologen versuchen, die Vorstellung von sinnlichen Freuden mehr abstrakt zu deuten.

Spezielle Bezeichnungen in den abrahamitischen Religionen

Hinduismus und Buddhismus kennen neben dem Endzustand des Nirvana mehrere zeitlich begrenzte Paradiese, die unseren Paradiesvorstellungen ähnlicher sind. Nirvana und Paradies lassen sich nicht sinnvoll direkt, verallgemeinernd vergleichen, ohne den Kontext des Betrachtenden und seiner kulturellen Prägungen einzubeziehen, dies jedoch sprengte den Rahmen eines lexikalischen Wikipedia-Artikels.

Das Paradies als Garten

Die transzendierten Vorstellungen vom „Paradies“ als Garten und dem Leben darin sind sehr vielfältig und geben einen interessanten Einblick in die Bedürfnisse und Sehnsüchte der jeweiligen Kultur:

  • die Kelten hatten Avalon, den „Apfelgarten“
  • die Griechen hatten den Garten der Hesperiden auf einer Insel im Westen mit seinen Goldenen Äpfeln
  • Epikur, ein griechischer Philosoph, versammelte seine Anhänger in einem Garten (Kêpos), der allen dort Ataraxie und Sorgenlosigkeit in Aussicht stellte.
  • War es für die Christen in dem meist ländlichen Mittelalter die Stadt - das Himmlische Jerusalem (Offb. 21) -, rückte später der Garten Eden (Gen. 2) in den Vordergrund.
  • Die Klostergärten, geben uns bis heute das Bild wieder von einer (geometrisch) geordneten, in sich geschlossenen Welt.
  • Höhepunkt dieser Vorstellung war der französische Garten im Barock.
  • Seit der Aufklärung wird der Paradiesgarten jedoch immer mehr einer Urlandschaft gleichgesetzt, einer Welt noch vor der Zivilisation.
  • Für den ökologisch bewussten Menschen der heutigen Zeit ist das Paradies meist eine Wildnis, ein Urwald oder Biotop, in dem die durch Kultur und Technik hervorgerufene Entfremdung überwunden wäre.

Siehe auch

Literatur

  • Alessandro Scafi, Mapping Paradise, A history of Heaven on earth (London, British Library 2006).
  • Sebastian Brock (Hrsg.), Hymns on paradise (Crestwood 1990)
  • Bolck: Eden. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 5, Hinrichs, Leipzig 1898, S. 158–162.

Einzelnachweise

  1. Alessandro Scafi, Mapping Paradise, A history of Heaven on earth (London, British Library 2006), 44
  2. Alessandro Scafi, Mapping Paradise, A history of Heaven on earth (London, British Library 2006), 52
  3. Alessandro Scafi, Mapping Paradise, A history of Heaven on earth (London, British Library 2006), 44
  4. Alessandro Scafi, Mapping Paradise, A history of Heaven on earth (London, British Library 2006), Taf. 16

Weblinks


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