- Leberplan
-
Georg Leber (* 7. Oktober 1920 in Obertiefenbach) ist ein deutscher Politiker (SPD). Er ist in der Öffentlichkeit als Schorsch Leber bekannt.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Beruf
Nach dem Besuch der Volksschule in Obertiefenbach (Beselich), absolvierte Georg Leber eine kaufmännische Ausbildung, später noch eine Maurerlehre. Im Zweiten Weltkrieg war er von 1939 bis 1945 Soldat bei der Luftwaffe. Nach 1945 arbeitete er im Baugewerbe und trat 1947 der IG Bau-Steine-Erden bei. 1949 wurde er hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär der IG Bau-Steine-Erden in Limburg an der Lahn, drei Jahre später Redakteur der Gewerkschaftszeitung Der Grundstein. 1955 wurde er Zweiter Vorsitzender dieser Baugewerkschaft und war schließlich von 1957 bis 1966 deren Bundesvorsitzender. 1965 war er an der Gründung der Bank für Sparanlagen und Vermögensbildung AG beteiligt.
1984 war Leber Schlichter im Metall-Tarifstreit. Der nach ihm benannte Kompromiss sah eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf durchschnittlich 38,5 Stunden vor.
Von 1981 bis 1997 war Leber Vorsitzender des Vorstands des Internationalen Bundes (anschließend Ehrenvorsitzender), einem freien Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit. Das Tagungszentrum des IB in Kelkheim-Eppenhain trägt heute seinen Namen.
Leber, der römisch-katholischen Glaubens ist, gehörte zeitweise auch dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken an.
Im Jahr 1943 heiratete Leber Erna-Maria Wilfing, die 1984 verstarb. Aus dieser Ehe stammt Sohn Manfred. Heute ist Leber wieder verheiratet und wohnt in Schönau am Königssee im Berchtesgadener Land.
Partei
Georg Leber trat 1951 in die SPD ein. Innerhalb der Partei gehörte er zum rechten Flügel, den sogenannten Kanalarbeitern.
Abgeordneter
Leber war von 1957 bis 1983 Mitglied des Deutschen Bundestags, wo er zeitweise den Wahlkreis Frankfurt I vertrat. Von 1961 bis 1966 war er Mitglied des SPD-Fraktionsvorstandes. Nach dem Tode von Hermann Schmitt-Vockenhausen wurde Leber am 12. September 1979 als dessen Nachfolger zum Bundestagsvizepräsidenten gewählt. Er behielt dieses Amt bis zu seinem Ausscheiden aus dem Parlament 1983. Vom 27. Februar 1958 bis zum 25. Februar 1959 war er zugleich Mitglied des Europäischen Parlaments.
Öffentliche Ämter
Bundesverkehrsminister
Georg Leber übernahm am 1. Dezember 1966 im Kabinett der Großen Koalition von Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger das Amt des Bundesministers für Verkehr. In dieser Zeit entstand auch seine Idee, der sogenannte „Leber-Plan“, dass kein Deutscher mehr als 20 km von einer Autobahnauffahrt entfernt wohnen sollte. Auch wenn in den 70er Jahren viele neue Autobahnen entstanden, wurde dieser Leber-Plan nicht 1:1 umgesetzt. Dieses Amt als Bundesverkehrsminister behielt er auch nach Bildung der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt. Zusätzlich übernahm er auch das Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen. Am 7. Juli 1972 übergab er beide Ministerien an Lauritz Lauritzen und wurde Nachfolger von Helmut Schmidt als Bundesminister der Verteidigung.
Bundesverteidigungsminister
Leber war unter den Bundeswehrangehörigen sehr beliebt und wurde von ihnen als Soldatenvater bezeichnet.
Am 11. September 1972 stand Leber vor der schweren Entscheidung, ob er den Befehl geben sollte, ein unidentifiziertes Flugzeug abschießen zu lassen. Es flog auf das Münchener Olympiastadion zu, in dem gerade die Abschlussfeier der Olympischen Spiele stattfand, bei denen es nur Tage zuvor einen Anschlag auf israelische Sportler gegeben hatte. Leber handelte richtig, indem er abwartete. Es stellte sich heraus, dass es sich nicht um ein von Terroristen entführtes Flugzeug, sondern ein mit über 100 Passagieren besetztes finnisches Verkehrsflugzeug handelte, dessen Bordelektronik ausgefallen war.[1]
Im Juli 1973 erteilte Leber, nach vorheriger entsprechender Beschlussfassung des Verteidigungsausschuss, den Befehl zur Aufstellung der Bundeswehrhochschulen in Hamburg und München, die ihren Lehrbetrieb im Oktober 1973 aufnahmen. Damit wurde erstmals ein wissenschaftliches Studium im Rahmen der Offiziersausbildung möglich.
Am 29. November 1973 gab er in einer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag die neue Wehrstruktur der Bundeswehr bekannt. Im Rahmen der Umstrukturierung wurde u.a. das Heer um drei Brigaden vergrößert. In Lebers Amtszeit wurden 1975 erstmals Frauen zu Sanitätsoffizieren ernannt. Im Oktober 1976 versetzte er die beiden Luftwaffengeneräle Karl Heinz Franke und Walter Krupinski in den Ruhestand, weil sie entgegen ausdrücklicher Anweisung den nationalistischen Piloten Hans-Ulrich Rudel zu einem Traditionstreffen eingeladen hatten und dies mit einem Vergleich der NS-Vergangenheit Rudels mit der KP-Vergangenheit des Sozialdemokraten Herbert Wehner entschuldigt hatten. Ein Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, diese Entscheidung Lebers zu missbilligen, wurde am 3. Februar 1977 von der SPD/FDP-Mehrheit im Deutschen Bundestag mit 243 zu 220 Stimmen abgelehnt.
Georg Leber trat gegen den Willen von Bundeskanzler Helmut Schmidt am 16. Februar 1978 zurück und übernahm damit die politische Verantwortung für den Lauschmitteleinsatz des Militärischen Abschirmdiensts, der ohne Lebers Wissen dessen Sekretärin in ihrer Wohnung abgehört hatte, da sie der Spionage für das Ministerium für Staatssicherheit verdächtigt wurde. Dies stellte sich nachher jedoch als falsch heraus. Der Minister erfuhr Anfang 1978 von der illegalen Abhöraktion, teilte dies aber dem Bundestag erst mit, nachdem am 26. Januar 1978 die Illustrierte Quick einen entsprechenden Artikel veröffentlicht hatte. Georg Leber verschwieg die illegale Abhörung der Partei Kommunistischer Bund Westdeutschland, von der er nach eigenen Angaben erst im Nachhinein erfahren hatte, weil er sie für rechtmäßig gehalten habe. Erst eine von ihm angeordnete gründliche juristische Untersuchung ergab das Gegenteil. Lebers Nachfolger als Verteidigungsminister war Hans Apel.
Parteiintern
Georg Leber hat die Einstellung des als späteren Spion enttarnten Günter Guillaume gefördert, was nach der Guillaume-Affäre zum Rücktritt des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt führte.[2]
Auszeichnungen
- Ehrenbürger von Obertiefenbach seit 1969
- Bundesverdienstkreuz mit Stern 1969, Schulterband 1973, Großkreuz 1976
- Ehrenmitglied des Sängerchors Frohsinn Obertiefenbach seit 1975
- Ehrendoktor der Universität Tübingen 1980
- Ludger-Westrick-Preis 1983
- Bayerischer Verdienstorden 1984
- Theodor-Heuss-Preis 1985
- Freiherr-vom-Stein-Preis 1987
- Ehrenbürger von Schwalbach am Taunus seit 1970
Veröffentlichungen
- Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1964.
- Programm zur Gesundung des deutschen Verkehrswesens, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bonn 1967.
- Vom Frieden, Seewald Verlag, Stuttgart 1979, ISBN 3512005713
Zitate
- „Lernt, was ihr für Euer Leben nötig habt! Geht nicht gebückt und gebeugt, geht aufrecht wie Freie! Geht mit erhobenem Kopf, aber erhebt euch nie über andere! Geht mit wachem Verstand und mit heißem Herzen! Geht fröhlicher als die Alten durch ihr Leben gehen konnten, weil ihr freier seid, als alle, die vor euch auf unserem Boden gelebt haben, es jemals waren!“ – 1993 in einer Rede anlässlich des 20‐jährigen Bestehens der Bundeswehr-Universitäten [3]
Literatur
- Christian Zentner; Das Verhalten von Georg Leber analysiert unter dem Aspekt seiner macht-politischen Bedeutung für die deutsche Gewerkschaftsbewegung und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, v.Hase und Koehler, 1966.
Fußnoten
- ↑ Am Boden weiß niemand, wie die Lage an Bord ist, tagesschau.de, 29. Januar 2005
- ↑ Zitat Horst Ehmke in einem TV-Interview mit Egon Bahr in der ARD Kerner am 5. März 2007
- ↑ http://www.unibw.de/studber/begruessung/
Weblinks
- Lebenslauf beim Bundesministerium der Verteidigung
- Literatur von und über Georg Leber im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Hans-Christoph Seebohm | Georg Leber | Lauritz Lauritzen | Kurt Gscheidle | Volker Hauff | Werner Dollinger | Jürgen Warnke | Friedrich Zimmermann | Günther Krause | Matthias Wissmann | Franz Müntefering | Reinhard Klimmt | Kurt Bodewig | Manfred Stolpe | Wolfgang Tiefensee
siehe auch: Amtsinhaber seit 1919
Hans Schuberth | Siegfried Balke | Ernst Lemmer | Richard Stücklen | Werner Dollinger | Georg Leber | Lauritz Lauritzen | Horst Ehmke | Kurt Gscheidle | Hans Matthöfer | Christian Schwarz-Schilling | Wolfgang Bötsch
siehe auch: Amtsinhaber seit 1803
Theodor Blank | Franz Josef Strauß | Kai-Uwe von Hassel | Gerhard Schröder | Helmut Schmidt | Georg Leber | Hans Apel | Manfred Wörner | Rupert Scholz | Gerhard Stoltenberg | Volker Rühe | Rudolf Scharping | Peter Struck | Franz Josef Jung
Kabinett Kiesinger – 1. Dezember 1966 bis 21. Oktober 1969Kurt Georg Kiesinger (CDU) | Willy Brandt (SPD) | Paul Lücke (CDU) | Ernst Benda (CDU) | Gustav Heinemann (SPD) | Horst Ehmke (SPD) | Franz Josef Strauß (CSU) | Karl Schiller (SPD) | Hermann Höcherl (CSU) | Hans Katzer (CDU) | Gerhard Schröder (CDU) | Georg Leber (SPD) | Werner Dollinger (CSU) | Lauritz Lauritzen (SPD) | Kai-Uwe von Hassel (CDU) | Heinrich Windelen (CDU) | Herbert Wehner (SPD) | Carlo Schmid (SPD) | Bruno Heck (CDU) | Aenne Brauksiepe (CDU) | Gerhard Stoltenberg (CDU) | Kurt Schmücker (CDU) | Hans-Jürgen Wischnewski (SPD) | Erhard Eppler (SPD) | Käte Strobel (SPD)
Kabinett Brandt I – 22. Oktober 1969 bis 15. Dezember 1972Willy Brandt (SPD) | Walter Scheel (FDP) | Hans-Dietrich Genscher (FDP) | Gerhard Jahn (SPD) | Alexander Möller (SPD) | Karl Schiller (SPD) | Helmut Schmidt (SPD) | Josef Ertl (FDP) | Walter Arendt (SPD) | Georg Leber (SPD) | Käte Strobel (SPD) | Lauritz Lauritzen (SPD) | Egon Franke (SPD) | Hans Leussink (parteilos) | Klaus von Dohnanyi (SPD) | Erhard Eppler (SPD) | Horst Ehmke (SPD)
Kabinett Brandt II – 15. Dezember 1972 bis 7. Mai 1974Willy Brandt (SPD) | Walter Scheel (FDP) | Hans-Dietrich Genscher (FDP) | Gerhard Jahn (SPD) | Helmut Schmidt (SPD) | Hans Friderichs (FDP) | Josef Ertl (FDP) | Walter Arendt (SPD) | Georg Leber (SPD) | Katharina Focke (SPD) | Lauritz Lauritzen (SPD) | Horst Ehmke (SPD) | Hans-Jochen Vogel (SPD) | Egon Franke (SPD) | Klaus von Dohnanyi (SPD) | Erhard Eppler (SPD) | Egon Bahr (SPD) | Werner Maihofer (FDP)
Kabinett Schmidt I – 16. Mai 1974 bis 14. Dezember 1976Helmut Schmidt (SPD) | Hans-Dietrich Genscher (FDP) | Werner Maihofer (FDP) | Hans-Jochen Vogel (SPD) | Hans Apel (SPD) | Hans Friderichs (FDP) | Josef Ertl (FDP) | Walter Arendt (SPD) | Georg Leber (SPD) | Katharina Focke (SPD) | Kurt Gscheidle (SPD) | Karl Ravens (SPD) | Egon Franke (SPD) | Hans Matthöfer (SPD) | Helmut Rohde (SPD) | Erhard Eppler (SPD) | Egon Bahr (SPD)
Kabinett Schmidt II – 16. Dezember 1976 bis 4. November 1980Helmut Schmidt (SPD) | Hans-Dietrich Genscher (FDP) | Werner Maihofer (FDP) | Gerhart Baum (FDP) | Hans-Jochen Vogel (SPD) | Hans Apel (SPD) | Hans Matthöfer (SPD) | Hans Friderichs (FDP) | Otto Graf Lambsdorff (FDP) | Josef Ertl (FDP) | Herbert Ehrenberg (SPD) | Georg Leber (SPD) | Antje Huber (SPD) | Kurt Gscheidle (SPD) | Karl Ravens (SPD) | Dieter Haack (SPD) | Egon Franke (SPD) | Volker Hauff (SPD) | Helmut Rohde (SPD) | Jürgen Schmude (SPD) | Marie Schlei (SPD) | Rainer Offergeld (SPD)
Carlo Schmid | Carlo Schmid und Erwin Schoettle | Carlo Schmid | Karl Mommer und Erwin Schoettle | Carlo Schmid und Hermann Schmitt-Vockenhausen | Hermann Schmitt-Vockenhausen | Georg Leber und Annemarie Renger | Annemarie Renger | Georg Leber | Annemarie Renger | Heinz Westphal | Annemarie Renger | Heinz Westphal | Helmuth Becker und Renate Schmidt | Hans-Ulrich Klose | Anke Fuchs | Susanne Kastner | Susanne Kastner und Wolfgang Thierse
Personendaten NAME Leber, Georg ALTERNATIVNAMEN Schorsch Leber KURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker (SPD) GEBURTSDATUM 7. Oktober 1920 GEBURTSORT Obertiefenbach
Wikimedia Foundation.