- Hanns Zischler
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Christoph Johann „Hanns“ Zischler (* 18. Juni 1947 in Nürnberg), ist ein deutscher Filmschauspieler, Dramaturg, Hörspielsprecher, Fotograf, Übersetzer und Essayist.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Hanns Zischler ist als Sohn eines Steinbruchbesitzers und Steinhändlers im fränkischen Dorf Langenaltheim aufgewachsen. Er besuchte das Internat Marquartstein[1] und machte 1966 sein Abitur.[2] In München und Berlin studierte er Philosophie, Ethnologie, Musikwissenschaft und Germanistik. Zischler arbeitete als Lektor und Übersetzer von französischen Philosophen und ging 1968 an die Berliner Schaubühne, wo er von 1973 bis 1975 als Dramaturgie- und Regieassistent tätig war. Er ließ die Welt des Theaters hinter sich, da er nach eigenen Angaben nicht dauerhaft in geschlossenen, fensterlosen Räumen arbeiten möchte.[1]
Als Schauspieler war er seit den 1970er-Jahren in deutschen Filmproduktionen unter anderem von Wim Wenders, Peter Handke, Peter Lilienthal, Rudolf Thome zu sehen. Bekannt wurde Zischler vor allem 1976 durch das Roadmovie Im Lauf der Zeit von Wim Wenders. Auch in internationalen Produktionen von Autorenfilmern wie Claude Chabrol, Andrew Birkin und István Szabó wirkte er mit. 2005 spielte er in Steven Spielbergs Filmdrama München die Rolle des Mossad-Agenten Hans.
In der schwedischen Krimiserie Kommissar Beck – Die neuen Fälle spielte er die Rolle des Josef Hillman in den Folgen Das Kartell, Der Mann ohne Gesicht, Preis der Rache (TV, 2001), Der Junge in der Glaskugel, Tod per Inserat und Absender unbekannt (Fernsehen, 2002).
In dem auf der Berlinale 2009 uraufgeführten Film Hilde über das Leben Hildegard Knefs spielte Zischler die Rolle des UFA-Filmproduzenten Erich Pommer.
Zischler spielt seine Rollen mit sehr großer Geistesgegenwart[3] und Präsenz.[4] Nach Meinung von [Reclams] Lexikon des deutschen Films verkörpere er eine „vertrauenerweckende Männlichkeit, die jeder modischen Attitüde trotzt und sympathisch altmodisch auftritt.“[5] Die FAZ urteilte über seine Schauspielkunst: Zischler agiere im Film auf „eine emphatische, dabei absichtsvoll zurückhaltende Weise“, sein „Markenzeichen“ sei „die expressive Lakonie“.[4] Er ist einer der meistbeschäftigten Schauspieler Deutschlands,[6] bis 2006 wurden mehr als 170 Film- und Fernsehrollen gezählt, in denen er sehr unterschiedliche Charaktere dargestellt hatte.[5] Dennoch wird er bis heute vor allem nur von Filmkennern geschätzt und geachtet, deren Anerkennung ihm jedoch nach eigener Aussage genügt.[6]
2006 gründete Zischler nach 1968 zum zweiten Male den Alpheus Verlag in Berlin, worin die Schriftenreihe TUMULT. Schriften zur Verkehrswissenschaft, herausgegeben von Walter Seitter und Frank Böckelmann, seit Band 31 erscheint.
Zischler wohnt seit 1968 in Berlin, lebt seit 1978 mit einer Architektin zusammen,[5] ist seit kurzem mit ihr verheiratet [6] und hat einen erwachsenen Sohn.
Auszeichnungen
- 2009: Heinrich-Mann-Preis
- 2010: Deutscher Hörbuchpreis in der Kategorie Beste Fiktion für seine Lesung (mit Peter Fricke und Ilja Richter) der Chronik der Gefühle von Alexander Kluge, Regie: Karl Bruckmaier, Produktion: BR und Verlag Antje Kunstmann.
- 2011: Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland
Filmografie (Auszug)
- 1970: Summer in the City, Regie: Wim Wenders
- 1976: Im Lauf der Zeit, Regie: Wim Wenders
- 1978: Die linkshändige Frau, Regie: Peter Handke
- 1979: David, Regie: Peter Lilienthal
- 1980: Berlin Chamissoplatz, Regie: Rudolf Thome
- 1981: Malevil
- 1981: Engel aus Eisen, Regie: Thomas Brasch
- 1982: Doktor Faustus, Regie: Franz Seitz
- 1983: Die flambierte Frau, Regie: Robert van Ackeren
- 1984: Das Autogramm, Regie: Peter Lilienthal
- 1987: Berlin, Regie: Philippe J. Grandrieux
- 1988: Die Venusfalle, Regie: Robert van Ackeren
- 1989: Der Leibwächter, Regie: Adolf Winkelmann
- 1990: Hitlerjunge Salomon, Regie: Agnieszka Holland
- 1990: Dr. M, Regie: Claude Chabrol
- 1991: Ende der Unschuld, Regie Frank Beyer
- 1991: Deutschland Neu(n) Null, Regie: Jean-Luc Godard
- 1992: Salz auf unserer Haut (Salt on Our Skin), Regie: Andrew Birkin
- 1993: In weiter Ferne, so nah!, Regie: Wim Wenders
- 1993: Der Zementgarten, Regie: Andrew Birkin
- 1996: Der Clown (TV), Regie: Hermann Joha
- 1996: Die Tunnelgangster von Berlin (TV)
- 1998: 23 – Nichts ist so wie es scheint, Regie: Hans-Christian Schmid
- 1999: Ein Hauch von Sonnenschein (The Taste of Sunshine), Regie: István Szabó
- 1999: No Sex (TV), Regie: Josh Broecker
- 2000: Paradiso – Sieben Tage mit sieben Frauen, Regie: Rudolf Thome
- 2001: Der schöne Tag, Regie: Thomas Arslan
- 2001: Taking Sides – Der Fall Furtwängler, Regie: István Szabó
- 2002: 666 – Traue keinem, mit dem du schläfst!, Regie: Rainer Matsutani
- 2002: Ripley’s Game, Regie: Liliana Cavani
- 2002: Väter, Regie: Dani Levy
- 2003: Novaks Ultimatum, Regie: Andreas Prochaska
- 2003: Es wird etwas geschehen, Kurzfilm, Regie: Roland Gießer
- 2004: Die fetten Jahre sind vorbei, Regie: Hans Weingartner
- 2004: Walk on Water, Regie: Eytan Fox
- 2004: Küss mich, Kanzler (Fernsehfilm)
- 2005: München, Regie: Steven Spielberg
- 2007: Tarragona – Ein Paradies in Flammen
- 2007: Die Flucht (TV), Regie: Kai Wessel
- 2008: Dr. Psycho – Die Bösen, die Bullen, meine Frau und ich (TV, 5 Episoden)
- 2008: Tage des Zorns (Flammen og Citronen), Regie: Ole Christian Madsen
- 2008: Im Winter ein Jahr, Regie: Caroline Link
- 2008: Die Hetzjagd (La traque), (als Adolf Eichmann), Regie: Laurent Jaoui
- 2008: Todsünde, Regie: Matti Geschonneck
- 2009: Hilde, Regie: Kai Wessel
- 2010: Aghet - Ein Völkermord
- 2010: Im Schatten, Regie: Thomas Arslan
- 2010: Wilde Wellen – Nichts bleibt verborgen
- 2011: In der Welt habt ihr Angst, Regie: Hans W. Geißendörfer
Dokumentarfilm
- Gero von Boehm begegnet Hanns Zischler. Gespräch, Deutschland, 2010, 44:25 Min., Produktion: interscience, 3sat, Erstausstrahlung: 8. November 2010, Online-Video.
Werke
- mit Hanna Zeckau: Der Schmetterlingskoffer. Die tropischen Expeditionen von Arnold Schultze. Galiani, Berlin 2010, ISBN 978-3-86971-024-2[7]
- mit Sara Danius: Nase für Neuigkeiten: Vermischte Nachrichten von James Joyce. Zsolnay, Berlin 2008, ISBN 978-3-552-05425-7
- mit Jörg Probst (Hgg.): Großes Kino, kleines Kino. 1968 Bilder. Merve, Berlin 2008 ISBN 978-3-88396-248-1
- mit Frank Böckelmann (Hgg.): Der hinreiszende Klang des Amerikanischen. Alpheus, Berlin 2007 (TUMULT, Band 32).
- Die schönste Mondlandschaft, die man sich denken kann: die Fränkische Alb, in: Deutsche Landschaften (2003), S. 293 - 303.
- als Hg.: Literaturmagazin 43. Borges im Kino. Rowohlt, Reinbek 1999, Abb., ISBN 3-498-03906-7
- Kafka geht ins Kino, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1996, mit Ill. ISBN 3-499-22376-7.
- Tagesreisen. Merve, Berlin 1993, ISBN 3-88396-106-X
Übersetzungen
- Jacques Derrida: Grammatologie. Frankfurt Suhrkamp 2003 [1974], Geb., 541 S., mit Hans-Jörg Rheinberger, ISBN 3-518-06739-7
- Jean-Luc Godard: Histoire(s) du cinéma. Tonspur der achtteiligen Histoire(s) du cinéma (1988-1998) auf fünf CDs mit vier Text- und Bildbänden. ECM Records, München 1999, 333 Abb., ISBN 3-00-005329-8
- Hugh Kenner: Von Pope zu Pop. Kunst im Zeitalter von Xerox. Philo, Berlin 1995, mit Wulf Teichmann, ISBN 3-86572-388-8
Hörbücher
- Tim Parks: Schicksal, Kunstmann München 2001, ISBN 3-88897-287-6, gekürzt, 2 CDs, Min. 268 Min.
- Gustav Schwab: Sagen des Klassischen Altertums. Eichborn, Frankfurt/Main 2003-2006, 16 CDs, ca. 1250 Min., ISBN 3-8218-5426-X.
- Kathrin Röggla: Wir schlafen nicht. parlando, Hamburg 2004, Audio-CD Laufzeit 81 Min. mit 1 Booklet: 8 S. ISBN 3-935125-38-0.
- Eckhard Henscheid: Die Vollidioten. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2004 [1973], Hörbuch auf 1 MP3-CD, Audio-CD, 6 Std. 58 Min. mit 1 Booklet: 24 S. ISBN 3-86150-655-6.
- Rezension von Wiglaf Droste - Heinrich Heine: Ich will meine Seele tauchen. Gedichte. Patmos, Düsseldorf 2006, mit Rufus Beck, Audio-CD, ca. 80 Min. ISBN 3-491-91196-6.
- Vladimir Nabokov: Der Zauberer. Süddeutsche Zeitung, München 2006, 2 Audio-CD, ISBN 3-86615-362-7.
- Kapuscinskis Welt. Stationen eines Weltreisenden. eichborn, Frankfurt am Main 2007, CD-ROM + Audio-CD, ISBN 978-3-8218-5448-9.
- Gabriel García Marquez: Chronik eines angekündigten Todes. Aufbau, Berlin 2007, 3 Audio-CD, ISBN 3-89813-632-9.
- Gabriel García Marquez: Erinnerungen an meine traurigen Huren. Aufbau, Berlin 2007, 3 Audio-CD, ISBN 3-89813-560-8.
- Arnold Stadler: Komm wir gehen. Argon, Berlin 2007, ISBN 3-86610-253-4.
- Martin Burckhardt: Die Offenbarung des Daniel Paul Schreber. Kulturverlag Kadmos, Berlin, ISBN 978-3-931659-04-2.
Artikel, Interviews
- „Unvermögen nervt mich“, taz, 16. Januar 2006, Interview
- „Geistesgegenwart ist das einzige Gebot“, FAZ, 19. Januar 2006, Interview
- Werner Hamacher: "Ich soll der Delamarche sein." Amerika vor Augen: Kafka in 43 Minuten 30 Sekunden, in Babel. Festschrift für Werner Hamacher. Hg. Aris Fioretos. Urs Engeler, Basel 2009 ISBN 3938767553 S. 408 - 416 (Transkript einer Sendung im WDR 3, 1978)
- Über ihn bzw. sein Werk
- „So viele Leben“, Tagesspiegel, 15. Januar 2006, S. 3: In Steven Spielbergs neuem Thriller "Munich" spielt er eine Hauptrolle: Hanns Zischler. Der Berliner ist aber noch viel mehr: Literat, Fotograf und Historiker. Ein Besuch.
- „Verschwiegenes Gesicht“, stern, Nr. 5, 4. Februar 2006
- „Hanns Zischler zum Sechzigsten: Auch wenn er auf dem Sofa liegt, bleibt er präsent“, in FAZ, 18. Juni 2007
- „Hanns... wer? Ach der!“ in FAZ, 31. Januar/1. Februar 2009
Weblinks
- Literatur von und über Hanns Zischler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Hanns Zischler in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Hanns Zischler bei filmportal.de mit Biografie, Filmografie und Bildern
Einzelnachweise
- ↑ a b In: Gero von Boehm begegnet Hanns Zischler. 3sat, 8. November 2010 und „Hanns Zischler. Multiartist“, 3sat.
- ↑ Hanns Zischler, guenter-peter.de, abgerufen am 8. November 2010.
- ↑ Michael Althen und Andreas Kilb: „Geistesgegenwart ist das einzige Gebot“, FAZ, 19. Januar 2006, Interview.
- ↑ a b „Hanns Zischler zum Sechzigsten: Auch wenn er auf dem Sofa liegt, bleibt er präsent“, FAZ, 18. Juni 2007.
- ↑ a b c Gerda-Marie Schönfeld: „Hanns Zischler. Verschwiegenes Gesicht“, stern, 4. Februar 2006, Nr. 5.
- ↑ a b c Anna Loll: „Hanns... wer? Ach der!“ In: FAZ, 31. Januar/1. Februar 2009.
- ↑ Der Spiegel 49/2010, Seite 162: "Romantisches Trockenmaterial"
Kategorien:- Schauspieler
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