- Harzer Schmalspurbahnen
-
Harzer Schmalspurbahnen GmbH Rechtsform GmbH Gründung 1. Februar 1993[1] Sitz Wernigerode, Deutschland Leitung Matthias Wagener
Michael Ermrich[1]Mitarbeiter 230 (2008)[1] Branche Transport/Logistik/ Touristik Website hsb-wr.de Die Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB) in Wernigerode ist eine Eisenbahngesellschaft, die ein zirka 140 km langes Netz von zumeist dampfbetriebenen Schmalspurstrecken im Harz betreibt. Es handelt sich heute um das längste zusammenhängende, dampfbetriebene Streckennetz in Europa. Dieses Netz mit der Spurweite von 1000 mm (Meterspur) besteht aus folgenden drei Strecken:
Auch die Anfangsbuchstaben der Strecken ergeben erneut das Kürzel der Bahngesellschaft – HSB. Drei der sechs Endbahnhöfe, Nordhausen Nord, Quedlinburg und Wernigerode verfügen über einen Anschluss an das Netz der Deutschen Bahn AG. Neben der Brohltalbahn und der Wangerooger Inselbahn sind die Harzer Schmalspurbahnen heute eine der letzten drei Schmalspurbahnen mit Güterverkehr in Deutschland.
Im Personenverkehr wird die HSB heute überwiegend von Touristen und Ausflüglern (z.B. Wanderern) genutzt, der eigentliche Regionalverkehr im Sinne von Berufs- und Schülerverkehr spielt nur noch im Raum Nordhausen/Ilfeld und auf dem Streckenabschnitt Quedlinburg – Gernrode (Harz) eine bedeutendere Rolle.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Das heutige Schmalspurbahnnetz ist durch die Verbindung von ursprünglich getrennten Bahnlinien entstanden, welche zwei verschiedenen Bahngesellschaften gehörten:
1887 wurde mit der Strecke Gernrode–Mägdesprung die erste Schmalspurstrecke im Harz eröffnet. Sie gehörte zur Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn-Gesellschaft (GHE). In den Folgejahren wurde die Strecke verlängert und das Streckennetz vergrößert. Zum Netz der GHE gehörten die Bahnlinien von Gernrode bis Harzgerode, Hasselfelde und Eisfelder Talmühle. Da die Bahnlinie auf einem langen Abschnitt dem Tal des Flüsschens Selke folgt, entstand neben dem Beinamen „Anhaltische Harzbahn“ später der Beiname „Selketalbahn“.
Im Jahr 1896 wurde die zweite Eisenbahngesellschaft im Handelsregister eingetragen, welche eine Schmalspurbahn durch den Harz errichten wollte. Am 22. Dezember 1898 eröffnete die Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft (NWE) den Sonderzugverkehr auf dem Streckenabschnitt Wernigerode–Brocken (Brockenbahn), die so genannte Harzquerbahn (Wernigerode–Drei-Annen-Hohne–Nordhausen) nahm am 27. März 1899 den Gesamtverkehr auf.
Die GHE und die NWE wurden am 1. April 1949 der Deutschen Reichsbahn unterstellt.
Die Zeit der HSB
Am 1. Februar 1993 übernahm das nicht bundeseigene Eisenbahnunternehmen „Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB)“ von der Deutschen Reichsbahn (DR) Fahrzeuge, Strecken, Personal usw. und fungiert seitdem als Eisenbahnverkehrs- (EVU) und Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU). Gesellschafter der HSB sind die Landkreise Harz und Nordhausen, die an der Strecke liegenden Kommunen, die Stadt Quedlinburg, die Gemeinde Tanne sowie die Kurbetriebsgesellschaft Braunlage. Sitz ist Wernigerode, wo sich auch die Werkstätten befinden. Die HSB unterhält heute das längste zusammenhängende Schmalspur-Streckennetz Deutschlands von 140,4 km Länge mit 44 Bahnhöfen und Haltepunkten.
Die Züge verkehren täglich nach Fahrplan. Es kommen dabei mehr als zehn Dampflokomotiven, sieben Dieseltriebwagen und drei Straßenbahnen (von der Straßenbahn Nordhausen) zum Einsatz. Alle Strecken werden mit Dampfzügen befahren. Seit April 2010 fahren auch auf dem Abschnitt Stiege – Eisfelder Talmühle der Selketalbahn wieder Dampfzüge im Regelbetrieb. Dort fuhren seit 1996 lediglich Triebwagen.
Die bekannteste Strecke ist die Brockenbahn. Auf ihr fahren im täglichen Regelverkehr ausschließlich mit Dampflokomotiven bespannte Züge der Relation (Wernigerode –) Drei Annen Hohne - Brocken und zurück. Der Regionalverkehr zwischen Nordhausen und Ilfeld wurde hingegen bis auf ein Dampfzugpaar komplett auf Dieseltriebwagen und (seit 1. Mai 2004) auch Straßenbahnen umgestellt. Außerdem betreibt die HSB noch regulären Güterverkehr vom Hartsteinwerk Unterberg (Selketalbahn) nach Nordhausen Übergabebahnhof (Harzquerbahn) mit Dieselloks der Baureihe 199.8 und aufgebockten Normalspurgüterwagen.
Am 1. Mai 2004 wurde in Nordhausen ein Verbindungsgleis zwischen der Straßenbahn Nordhausen und der Harzquerbahn in Betrieb genommen. Seitdem fahren die obig genannten Straßenbahnen zwischen Nordhausen Krankenhaus und dem HSB-Haltepunkt Ilfeld-Neanderklinik (Linie 10) mit Elektro- und Hybridantrieb vom Typ Combino duo. Im Bereich der Harzquerbahn (ohne Fahrleitung) erfolgt der Antrieb diesel-elektrisch. Durch das Verbindungsgleis zur Straßenbahn Nordhausen verlor vor allem der Bahnhof Nordhausen Nord an Bedeutung. Bis auf das eine Dampfzugpaar ab Nordhausen und einige HSB-Dieseltriebwagen verkehren seitdem alle Züge ab der Straßenbahnhaltestelle Nordhausen Bahnhofsvorplatz.
Am 18. April 2005 wurde mit den Arbeiten zur Verlängerung der Selketalbahn von Gernrode nach Quedlinburg begonnen (Länge 8,5 km), nachdem die DB AG diesen normalspurigen Streckenabschnitt stillgelegt und der HSB verkauft hatte. Zunächst wurde der Endbahnhof Gernrode zu einem Durchgangsbahnhof umgebaut. Am 4. März 2006 fuhr der erste Schmalspurzug der HSB in den Bahnhof Quedlinburg ein, und seit dem 26. Juni 2006 gibt es planmäßigen Verkehr der Harzer Schmalspurbahnen bis Quedlinburg mit mindestens zwei Dampfzugpaaren am Tag. In Quedlinburg hält die HSB auf einem Bahnsteig mit den Zügen des HEX in Richtung Halberstadt.
Im Jahre 2009 wurde mit Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt im Dampflokwerk Meiningen die normalspurige Dampflok 95 1027 aufgearbeitet. Diese wurde bei der HSB eingestellt und wird seitdem im Museumsbahnverkehr auf der Rübelandbahn eingesetzt.
Am 30. November 2009 wurde in Nordhausen mit dem Bau eines neuen Haltepunktes (Schurzfell) begonnen. Mit dem Haltepunkt Schurzfell sollen die Zustiegsmöglichkeiten für die Nordhäuser noch weiter verbessert werden. Die Bauarbeiten dauerten bis kurz vor Weihnachten 2009. Sie wurden hauptsächlich in den nächtlichen Betriebspausen durchgeführt, um den Verkehr nicht zu behindern. Der neue Haltepunkt selbst wird mit Anfang des Sommerfahrplans 2010 in Betrieb genommen.
Im Jahre 2009 versuchte das Land Niedersachsen mit Aufstockmitteln des Konjunkturpaketes II einen Anschluss der Stadt Braunlage an das Netz der HSB mit zu finanzieren (siehe auch Südharzeisenbahn). Dieses Vorhaben wurde jedoch am 29. April 2010 aufgrund der erwarteten, zu hohen Kosten zu den Akten gelegt.[2]
Betriebsanlagen
Die drei Lokeinsatzstellen der HSB mit Lokschuppen (und in Wernigerode auch mit Drehscheibe), Bekohlungsanlagen und der Lokleitung befinden sich an den Bahnhöfen Nordhausen Nord (zuständig für Harzquerbahn), Wernigerode (für Harzquer- und Brockenbahn) und Gernrode (für die Selketalbahn). Dort werden die Dampfloks und Dieseltriebwagen nicht repariert, sondern nur gewartet, die Dampfloks angeheizt sowie entschlackt und von ebendort eingesetzt.
Die kompletten Untersuchungen und alle Instandsetzungsarbeiten (außer Hauptuntersuchungen) werden im zentralen HSB-Bahnbetriebswerk Wernigerode Westerntor durchgeführt. Für die Hauptuntersuchungen werden die Loks und Triebwagen hingegen in spezielle Ausbesserungswerke überführt. Zudem bietet die HSB auch Führungen durch das Bw Wernigerode Westerntor durch, welches trotz einiger moderner Technik nach wie vor eine typische Dampflokwerkstätte ist.
Wasserkräne zum Wasserfassen während der Fahrt befinden sich in allen wichtigen Bahnhöfen.
Fahrzeugeinsatz
Lokomotiven und Triebwagen DR-Baureihe alte Bezeichnung ursprüngliche Anzahl heutige Anzahl betriebsfähig Einsatz- bzw. Abstellort Anmerkung Bild Dampflokomotiven: 99 5901 bis 5903 99590 NWE 11 bis 22 12 3 2 Reserve für Sonderzüge (Wernigerode) Mallet-Lokomotiven 99 5906 99590 NWE 41II 7 davon eine nach 1.WK an die NWE 1 Ja Selketalbahn (Gernrode) Mallet-Lokomotive 99 6001 99600 NWE 21II 1 Prototyp 1 Ja Selketalbahn (Gernrode) Einheitslok (Prototyp) 99 6101 und 6102 99610 NWE 6 und 7 2 Versuchsloks, Naßdampf, Heißdampf 2 1 Wernigerode Westerntor Heiß-/Nassdampflok für Sondereinsätze, Nassdampflok in HU 99 7222 9922 99 222 3 1 Ja Harzquer- und Brockenbahn (Wernigerode) Einheitslok,
Spitzname „Harzbulle“,
meist mit alter Nummer im Einsatz99 7231 bis 7247 9923–24 99 231 bis 247 17 17 9 Harzquer- und Brockenbahn Neubaudampfloks Dieseltriebwagen: 187 001 VT 137 GHE T 1 1 1 Ja Wernigerode Westerntor Sondereinsätze 187 011 und 013 – KAE VT 1 und 2 2 2 Nein Wernigerode Westerntor Spitzname „Fischstäbchen“ 187 012 – MEG T 15 1 1 Ja Harzquer- und Selketalbahn 187 015 – – 1 Prototyp 1 Ja Selketalbahn (Gernrode) Neubautriebwagen-Prototyp 187 016 bis 019 – – 4 4 Ja Harzquer- und Selketalbahn Neubautriebwagen 187 025 VT 137 NWE T 3 3 1 Ja Reserve für Sonderfahrten (Wernigerode Westerntor) Sondereinsätze,
Schlepptriebwagen187 201 bis 203 3 3 2 Straßenbahn-Linie 10 im Raum Nordhausen Zweisystem-Stadtbahntriebwagen
Typ Combino duo der SWNDiesellokomotiven: 199 005 und 006 V 10 C 2 2 Nein (Nordhausen Nord) Dauerleihgabe an IG Harzer Schmalspurbahnen e. V.,
006 wartet auf Ausbesserung199 010 bis 012 Kö II 3 3 1 Rangierdienst Bw Wernigerode Westerntor Umbau von Normalspur 199 301 V 30 C 1 Prototyp, 20 Stück in Kapspur 1 Nein (Lokschuppen Ilfeld) Meterspur-Prototyp für Lokserie der Indonesischen Staatsbahnen 199 861 ... 892 V 100 10 6 3 auf allen Strecken vor Güterzügen, Arbeitszügen, dem Hilfszug und im Rangier- und Schneeräumdienst (1 Wernigerode, 2 Nordhausen Nord) Umbau von Normalspur,
Spitzname „Harzkamel“ oder auch "Kanne"Normalspur-Dampflokomotiven: 95 1027 950 95 027 45 ja Rübelandbahn (Blankenburg (Harz)) bei der HSB eingestellt, Einsatz auf der normalspurigen Rübelandbahn Der Wagenpark der HSB besteht aus rekonstruierten Wagen, Neubauwagen und historisch aufgearbeiteten Wagen. Zudem besitzt die HSB zwei Speisewagen, welche manchen Zügen der Relation (Wernigerode –) Drei Annen Hohne – Brocken und dem Zugpaar Nordhausen Nord – Drei Annen Hohne – Brocken eingestellt werden. In den Speisewagen werden harztypische Speisen und Getränke serviert.
Es existieren Rollwagen für den Arbeitszugdienst und neu beschaffte Rollböcke für die Güterzüge zum Hartsteinwerk Unterberg.
Die HSB sind derzeit die einzige nicht-bundeseigene sowie die einzige schmalspurige Bahn, die einen eigenen Hilfszug besitzt.
Literatur
- Josef Högemann: 20 Jahre Harzer Schmalspurbahnen. EK-Verlag, Freiburg 2011, ISBN 978-88255-477-9.
- Matthias Bethke, Wolfgang Finke, Hans Schweers: Die Fahrzeuge der Harzer Schmalspurbahnen. Schweers und Wall, Aachen 2003, ISBN 3-89494-120-0.
- Olaf Haensch: NachtZüge. Dampf-Träume am Brocken. Klartext Verlag, Essen 2010, ISBN 978-3-8375-0450-7.
- Thomas Knop: Auf Schmalspurgleisen durch den Harz. Zeunert, Gifhorn 1991, ISBN 3-924335-14-1.
- Klaus-Jürgen Kühne: Alles über Schmalspurbahnen im Harz. Transpress, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-613-71344-4.
- Gerhard Zieglgänsberger, Hans Röper: Die Harzer Schmalspurbahnen. Transpress, Stuttgart 1999, ISBN 3-613-71103-6.
Weblinks
Commons: Harzer Schmalspurbahnen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB)
- Interessengemeinschaft Harzer Schmalspurbahnen (IG HSB)
- Freundeskreis Selketalbahn e. V. (FKS)
- Detaillierte Fahrpreisinformationen
- Reisebericht: Wo sich Dampfzug und Straßenbahn begegnen
Einzelnachweise
Kategorien:- Bahngesellschaft (Deutschland)
- Verkehr (Harz)
- Verkehr (Landkreis Nordhausen)
- Verkehr (Landkreis Harz)
- Anhaltische Geschichte
- Verkehrsunternehmen (Sachsen-Anhalt)
- Verkehrsunternehmen (Thüringen)
- Spurweite 1000 mm
- Eisenbahninfrastrukturunternehmen (Deutschland)
Wikimedia Foundation.