- Linie (Verkehr)
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Eine Linie im Verkehrswesen ist die regelmäßige Bedienung eines bestimmten (Linien-)Weges durch öffentliche Verkehrsmittel (Eisenbahn, Straßenbahn, Oberleitungsbus, Omnibus, Schiff). Dies geschieht täglich oder an bestimmten Betriebstagen in der Regel mehrmals. Hierbei setzt sich zunehmend die Einführung eines Taktfahrplans durch. In einem Liniennetz stellt die Linie die kleinste Verwaltungseinheit dar.
Eine Linie ist nicht zu verwechseln mit einer Strecke, beispielsweise Eisenbahnstrecke, die lediglich den Fahrweg darstellt und durchaus von mehreren Linien befahren werden kann oder auch von gar keiner Linie. Umgekehrt kann eine Linie mehrere Strecken befahren. Es können auch zwei oder mehrere Linien zusammengefasst und durchgehend befahren werden, dann ist zwischen einem Wagen- oder Zuglauf und der einzelnen Linie zu unterscheiden.
Im Seilbahnwesen bezeichnet Linie eine Seilbahnstrecke, die auch aus verschiedenen Sektionen (mit zum Teil getrennten Antrieben und eigenen Fahrzeugen) bzw. Teilstrecken zusammengesetzt sein kann. Die Fahrbetriebsmittel können dabei je nach System von einer Sektion auf die andere wechseln oder die Passagiere müssen jeweils bei einer Mittelstation umsteigen.
Inhaltsverzeichnis
Linienverlauf
Je nach Linienverlauf in Bezug auf den zentralen Ort und das Streckennetz unterscheidet man
- Radiallinien
- Durchmesserlinien
- Tangentiallinien
- Rundlinien (in eine Richtung)
- oder Ringlinien (in beiden Richtungen).
Besondere Linienformen sind beispielsweise sogenannte Tennisschlägerlinien, bei denen an einem oder beiden Linienenden der Linienweg mittels einer sogenannten Häuserblockschleife das Zielgebiet erschließt.
Eine weitere Besonderheit stellen Zubringerlinien dar, die ausschließlich den Verkehr zu einem bestimmten Ziel (zum Beispiel einem Flughafen) beziehungsweise zurück befördern.
Buslinien können, vor allem in ländlichen Gebieten, zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedliche Streckenführungen haben, um beispielsweise Schulen oder Produktionsbetriebe anzubinden.
Teilen und Zusammenfügen
Eine Verkehrslinie kann betrieblich geteilt werden, zum Beispiel bezüglich ihrer Endpunkte, dann unterscheidet man entsprechend verschiedene Zuggruppen dieser Linie. Unabhängig davon können Züge einer Bahnlinie, vor allem Triebwagenzüge, unterwegs gestärkt (Anhängen von Einheiten), geschwächt (Abhängen von Einheiten) oder geflügelt (geteilt) werden. Dabei entstehen unterschiedliche Zugläufe einer Linie. Wenn nur einzelne Wagen andere Ziele haben als der Hauptteil eines Zuges, handelt es sich um Kurswagen.
Oft ist es auch sinnvoll, zwei oder mehr Linien miteinander zu verbinden. Beispielsweise kann ein sternförmiges Stadtbusnetz aus Radiallinien bestehen, die alle im Stadtzentrum enden. Jeweils zwei Linienäste lassen sich dann, flexibel je nach Bedarf, zu einem Wagenlauf zusammenfassen. Bei Bahnlinien kann es sinnvoll sein, zwei gut eingeführte Linien zu verbinden, aber die bekannten Einzelbezeichnungen und möglicherweise Namen beizubehalten (Beispiel: die Regionalbahnen „Ravensberger Bahn“ und „Lipperländer“ in NRW). Auch im Abend- oder Wochenendverkehr (bei geringer Nachfrage) werden mehrere Linien zusammengefügt, dann entstehen meist Ringlinien.
Haltestellenkennzeichnungen
Die Haltestellen von Bus- und Straßenbahnlinien werden durch spezielle Haltestellenschilder kenntlich gemacht. In Deutschland sind diese Schilder Verkehrszeichen im Sinne der Straßenverkehrsordnung (StVO). Somit sind ihre Form und Farbgebung verbindlich vorgeschrieben, während außerhalb Deutschlands die Verkehrsunternehmen Schilder nach ihrem eigenen Design aufstellen. Bahnhöfe oder Haltepunkte des Schienenverkehrs werden oft durch besondere, vereinheitlichte Symbole gekennzeichnet. So beispielsweise die Logos für U-Bahn und S-Bahn.
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In Wien werden von den Wiener Linien gestaltete Kennzeichnungen verwendet
Linienbezeichnungen
Zu Beginn des öffentlichen Linienverkehrs gab es zunächst keine eindeutigen Linienbezeichnungen. Es wurden nur das jeweilige Fahrtziel und gegebenenfalls wichtige Zwischenstationen mittels Steckschildern angegeben. Nicht überall wurden die Schilder gewechselt, bei manchen Betrieben war bei den Zweirichtungsfahrzeugen vorne das eigentliche Fahrtziel angeschrieben, hinten aber die Endhaltestelle der Gegenrichtung.
Mit zunehmend wachsenden Liniennetzen wurden farbige Liniensignale eingeführt, also zum Beispiel eine weiße, gelbe, rote, grüne oder blaue Linie. Bei der Metro Lissabon findet dieses Prinzip eine moderne Anwendung. Waren viele Linien abzudecken, kam es zu Kombinationen aus zwei Farben. Alternativ verwendete man geometrische Symbole. Bei der Straßenbahn Wien sind diese später unter der Bezeichnung Hieroglyphen-Signal bekannt geworden.[1]
Mit Hilfe der farbigen beziehungsweise geometrischen Liniensignale sollte auch Analphabeten die Unterscheidung der verschiedenen Routen ermöglicht werden. Andernorts gab man den Linien geografisch bedingte Namen. In Stuttgart beispielsweise gab es eine Kanonenweglinie, eine Tiergartenlinie, eine Querbahn und eine Nordwesttram.[2]
Mittlerweile hat sich die Verwendung von arabischen Zahlen beziehungsweise lateinischen Buchstaben durchgesetzt, manchmal auch miteinander kombiniert. Typischerweise werden etwa im deutschsprachigen Raum Nachtlinien mit dem Präfix "N" gekennzeichnet, S-Bahn-Linien mit einem "S", U-Bahn-Linien mit einem "U", Regionalzug-Linien mit einem "R" und Anrufsammeltaxis mit dem Kürzel "AST". Für Metrobus-Linien wird ein "M" beziehungsweise für Schnell- oder Expressbuslinien ein "S" oder "X" verwendet. Oberleitungsbus-Linien wurden früher teilweise mit einem vorangestellten "O" versehen. Die Linienbezeichnungen dienen dabei auch zur Darstellung der Angebotsqualität. Ein Regional-Express (RE) unterscheidet sich qualitativ von einer Regionalbahn (RB). In Wien tragen die meisten Autobuslinien das Suffix A oder B, um sie von den Straßenbahnlinien abzugrenzen.
Eine weitere Besonderheit sind sogenannte gestrichene Linien. Hierbei wird die eigentliche Liniennummer mit einem diagonalen Querbalken durchgestrichen, um auf eine abweichende Linienführung aufmerksam zu machen. In Berlin wurden besondere Ausflugsbuslinien früher mit einem Dreieck gekennzeichnet.[3]
Städtische Linien haben meist kurze ein- oder zweistellige Linien-Nummern. Überland- beziehungsweise Regionalbusse tragen oft dreistellige Liniennummern, die früheren Post- und Bahnbusse in Deutschland hatten sogar ein vierstelliges Nummernsystem. Letztere waren dabei identisch mit den Tabellennummern im Bahnbuskursbuch.
Werden nur Buchstaben verwendet, so entspricht der jeweilige Buchstabe häufig dem Anfangsbuchstaben einer der beiden Linienendpunkte. So verkehrt beispielsweise die Linie A der S-Bahn München nach Altomünster. Manchmal sind sowohl Start als auch Ziel in die Linienbezeichnung integriert. Bei der END Verkehrsgesellschaft verkehrte früher die Linie ED von Esslingen nach Denkenborf, die Linie EN fuhr von Esslingen nach Neuhausen.
Gebündelte Linien werden in manchen Städten mit der gleichen Endziffer belegt. So verkehren beispielsweise in Aachen die Buslinien 5, 15, 25, 35, 45, 55 und 65 von der Innenstadt aus alle in die gleiche Richtung um sich dann in den Vororten zu verzweigen. In anderen Fällen entspricht die Linienbezeichnung dem Kürzel der jeweiligen Verkehrsgesellschaft, Beispiele sind WLB oder STB, früher auch A, OEG und RHB.
Eine Besonderheit ist das Liniensignal E, meist in weißer Schrift auf rotem Grund. Damit werden in deutschsprachigen Ländern besondere Fahrten ohne Liniennummer gekennzeichnet. E steht dabei für Einlage-, Einrück-, Einsatz-, Einsetz-, Einschub-, Einzieh-, Entlastungs-, Ersatz-, Extrafahrt bzw. -wagen. E-Wagen werden üblicherweise dispositiv eingesetzt und stehen deshalb nicht im Fahrplan, unter anderem weil selbst regelmäßig durchgeführte Extrafahrten jederzeit entfallen können. In Wien kennzeichnet man außerplanmäßige Zusatzfahrten mit dem sogenannten Zebrasignal, einer schwarz-weiß gestreiften Stecktafel hinter der Frontscheibe. Der letzte Kurs einer Linie wurde früher mit einem blauen Zusatzsignal angezeigt. Auch Schienenersatzverkehre werden oft mit dem Signal E gekennzeichnet.
Häufig ist außerdem jeder Linie eine bestimmte Kennfarbe zugeordnet, mit welcher das jeweilige Liniensignal und manchmal auch das Linienziel unterlegt werden. Dadurch soll ein hoher Wiedererkennungswert gewährleistet werden. Alternativ wird bei der Reutlinger Stadtverkehrsgesellschaft jede Liniennummer durch ein zusätzliches Symbol ergänzt, so beispielsweise die Linie 4/11 zum Stadion an der Kreuzeiche mit einem Fußball.[4] In Gießen, Freiburg im Breisgau und Reutlingen tragen die Nachtbus-Linien Planeten-Namen.
In der Liniennummer sind häufig auch betriebsinterne Informationen enthalten, nicht selten bezeichnet die 1 die wichtigste Linie eines Netzes. In anderen Fällen handelt es sich um geografische beziehungsweise regionale Zuordnungen. Im Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart sind beispielsweise der Stadt Stuttgart die Nummern unter 100, der Region Esslingen am Neckar die 100er-Nummern, der Region Waiblingen die 200er-Nummern, der Region Backnang die 300er-Nummern, der Region Ludwigsburg die 400er-Nummern, der Region Bietigheim-Bissingen die 500er-Nummern, der Region Leonberg die 600er-Nummern und der Region Böblingen die 700er-Nummern zugeordnet.
Gliederung der Netze
Das Eisenbahn- und auch das Busliniennetz gliedern sich in ein Nah- und Fernverkehrsnetz (ÖPNV und öffentlicher Personenfernverkehr, in der Realität verschwimmen die Grenzen mitunter). Das Nahverkehrsnetz setzt sich aus Regionalnetzen und Stadt-, Orts- bzw. Gemeindenetzen zusammen.
Das Eisenbahnnetz besteht aus (Liste der Züge und Zugarten)
- Fernlinien: Intercity-Express (ICE), InterCity (IC), EuroCity (EC), Cisalpino, EuroNight usw.
- Regionallinien: Regional-Express (RE), Regionalbahn (RB), Eilzug (E), Regio (R), Regionalzug (R) usw.
- Stadtlinien: S-Bahn, Stadtbahn (Berlin, Wien).
Zu den Stadtlinien kommt das innerstädtische Schnell- und Straßenbahnnetz hinzu (U-Bahn, Stadtbahn, Tram etc.).
Das Busliniennetz besteht aus
- Fernbuslinien, Überlandlinien
- Regionallinien: Regiobus, Expressbus, Überlandbus (kürzere Entfernungen)
- Stadtlinien: Stadtbus, Metrobus, innerstädtischer Schnellbus (z. B. CityExpress-Bus)
- Orts- oder Gemeindelinien.
Linien- und Netzoptimierung
Die Linien eines Verkehrsnetzes können im Hinblick auf
- einen möglichst wirtschaftlichen Betrieb oder auf
- höchstmögliche Attraktivität und Nutzungsmöglichkeiten für die Fahrgäste optimiert werden.
Im ländlichen Raum steht heute die Sicherung einer Mindestmobilität für Bevölkerungsteile ohne Auto im Vordergrund (Menschen, die nicht, noch nicht oder nicht mehr Auto fahren können, wollen oder dürfen – z. B. Kinder, ältere Menschen, Behinderte). Dabei wird das vorhandene Fahrgastpotential nicht voll genutzt. Die Spirale aus Fahrgastrückgang, Angebotskürzung und weiteren Fahrgastverlusten – das langsame Angebotssterben – wird möglich.
Bei Fernlinien bedeutet attraktiv schnell. Entsprechend werden schnelle Strecken genutzt und nur wenige Haltestellen bedient – große Haltestellenabstände. Das Prinzip, zunächst Fahrgäste an mehreren Orten „einzusammeln“, und erst dann den Schnellverkehr zu bedienen, wird selten angewendet. Diese Vorteile werden genutzt, wenn ein Fernzug im Vorlauf als Regionalbahn fährt (meist nur als Behelfslösung betrachtet) oder bei internationalen Fernbuslinien. Die Trennung zwischen Fern- und Nahverkehr steht dem entgegen.
Im Regional- und Stadtbereich lassen sich die Nutzungsmöglichkeiten durch eine sinnvolle Verknüpfung von mehreren kurzen Linien verbessern. Umsteigeverbindungen erfordern Informationen über Anschlusszeiten und erzeugen Ängste vor Anschlussverlust.
Die Umwandlung der Eilzüge zum Regional-Express hat zur Zusammenführung von Linien geführt – dadurch sind attraktive Zugläufe mit mehreren Stunden Fahrzeit entstanden. Ebenso können auch Regionalbuslinien qualifiziert und zu längeren Hauptlinien zusammengefasst werden. Kurzlinien nur von einem Ort zum Nächsten sind speziell angepasste Angebote z. B. für Schülerverkehre, die generelle Nutzbarkeit ist eingeschränkt. Durch die Regionalisierung (Zuständigkeit von Kreisen und Gemeinden für Busverkehre) wird die Entwicklung zu Kurzlinien gefördert.
Die Kapazität einer Linie kann an die Nachfrage angepasst werden: eine Stärkung oder Schwächung kann sowohl auf jeder einzelnen Fahrt geschehen, als auch zu bestimmten Tageszeiten, um beispielsweise im Berufsverkehr auf Teilstrecken oder der Gesamtstrecke mehr Kapazität zu bieten. Dazu dienen meistens zusätzliche Zugteile, einige Verkehrsunternehmen setzen auch Busanhänger ein (besonders in der Schweiz, mit Sondergenehmigung auch in Deutschland).
Die Linien- bzw. Netzoptimierung befasst sich mit
- der Linienführung (Länge, Auswahl der Strecken – nachfragegerecht und hinsichtlich der möglichen Geschwindigkeit),
- den Haltepunkten (Haltestellenlage, -abstände, Umsteigewege),
- der Gesamtfahrzeit (Anschluss-Wartezeiten, Pünktlichkeit),
- der Umlaufbildung,
- den Umsteigemöglichkeiten (Anschlüssen) zwischen Linien.
Die einzelnen Verkehrsunternehmen sind bei der Netzoptimierung nicht frei, da die Linien durch eine Zulassungsbehörde konzessioniert sind, die eine Verpflichtung zur regelmäßigen Bedienung sowie das exklusive Recht, die Haltestellen der Linien zu bedienen beinhaltet. Daneben bestehen kommunale und regionale Verknüpfungen (z. B. Zweckverbände, Verkehrsverbünde) sowie politische Richtsetzungen etwa durch regionale Nahverkehrspläne.
Historisches
Die Städte Siegen und Netphen beanspruchen für sich die erste motorisierte Omnibuslinie der Welt, welche von der Netphener Omnibusgesellschaft am 18. März 1895 in Betrieb genommen wurde. Omnibus bedeutete dabei für alle. Kraft-Omnibusse traten ab diesem Zeitraum in Konkurrenz zu den Pferde-Omnibussen.
Siehe auch
Einzelnachweise
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