- Klosterkirche St. Verena
-
Die frühklassizistische und spätbarocke Klosterkirche St. Verena in Rot an der Rot wurde von 1777 bis 1786, während der Amtszeit der Äbte Mauritius Moritz und Willebold Held neu erbaut und ausgestattet. St. Verena ist der letzte große Klosterkirchenbau der Prämonstratenser in Oberschwaben. Das Gotteshaus ist in der Gesamtanlage wie auch im architektonischen Detail vom Übergangsstil vom Barock zum Klassizismus gekennzeichnet. Die mit 67×21 Meter großzügig angelegte Klosterkirche der ehemaligen gefürsteten Prämonstratenser Reichsabtei Rot an der Rot ist heute römisch-katholische Pfarrkirche der Seelsorgeeinheit Rot-Iller, Dekanat Ochsenhausen der Diözese des Bistums Rottenburg-Stuttgart und liegt im Landkreis Biberach in Baden-Württemberg. Die Klosteranlage wird aufgrund der vielen Türme und Türmchen scherzhaft als oberschwäbischer Kreml bezeichnet. Das Patrozinium wird am 2. September gefeiert.
Inhaltsverzeichnis
Baugeschichte der ehemaligen Klosterkirche St. Verena
Die Klosteranlage mit der Kirche steht hochwassersicher auf einer kleinen Anhöhe oberhalb der Rot. Historische Daten der Vorgängerbauten der Abteikirche sind wegen der Brände von 1182 und 1681 nur bruchstückhaft überliefert. Das erste Gotteshaus, das wohl unter Propst Burkhard errichtet wurde, ging vermutlich bei der Feuersbrunst von 1182 verloren. 1338 ließ Abt Konrad von Au (1311–1349) einen neuen Chor mit Hochaltar errichten. Unter Abt Martin Hesser (1420–1457) arbeitete Baumeister Johann von Regensburg zwischen 1440 und 1450 an der Konventskirche. Abt Konrad Ehrmann (1501–1520) vollendete 1506 einen Neubau mit 16 Altären, den 1509 der Konstanzer Generalvikar weihte. Der gotische Kirchenbau bestand bis zum Brand von 1681, der Dach, Chor und Turm stark beschädigte. Bis 1702 wurde unter Abt Martin Ertle ein barockes Gotteshaus unter Einbeziehung der bestehenden Mauerzüge errichtet, von dem die Sakristei und das Chorgestühl erhalten blieben. Auch die Untergeschosse der beiden Türme stammen aus dieser Bauphase. Der südliche Norbertus-Turm musste nach dem Brandschaden und seiner vorläufigen Wiederherstellung 1682 schon im folgenden Jahr neu errichtet werden, während man den Verena-Turm an der Nordseite 1690–1702 unter Einbeziehung gotischer Mauerteile errichtete.
Das heutige Gotteshaus entstand 1777 bis 1786 durch die Initiative des Abtes Mauritius Moritz (1760–1782), der den Neubau gegen den Widerstand des Konvents durchsetzte. 1777–1778 wurde der Chor unter Leitung von Johann Baptist Laub errichtet, der in den Urkunden des Klosters als unerfahrener Baumeister bezeichnet wird. Nach dem teilweisen Abbruch des Langhauses verstarb Abt Mauritius 1782. Er hinterließ neben Schulden auch die erst kurz vorher vollendete oberschwäbische Wallfahrtskirche Maria Steinbach (1763). Sein Nachfolger Willebold Held (1782–1789) musste als vordringlichste Aufgabe die Klosterkirche fertigstellen. Als Grundlage dienten Baurisse aus dem Tochterkloster Obermarchtal und Fachliteratur wie Vitruvs Bücher über die Baukunst und Furtenbachs Werke zur Mechanik, die er für die Klosterbibliothek anschaffte. Nach der Billigung des Plans durch den Konvent erfolgte am 26. März 1783 die Grundsteinlegung für den Neubau, der durch die Zusammenarbeit der Chorherren und Handwerker des Klosters bis zum 28. Oktober desselben Jahres vollendet war. Die enge Einbeziehung des Konvents ist im Kirchenbaubuch belegt: Pater Siardus Binder fungierte als Bauinspektor, Küchenmeister Mauritius Sohler fertigte das Kirchenmodell und der Klosterschreiner Martin Barthen zeichnete die Baurisse. Das am 26. März 1784 begonnene Gewölbe stürzte jedoch bei Abnahme der Gerüste am 9. Juni 1784 ein und begrub sechs Menschen. Nachdem der Architekt Johann Georg Knoll aus dem nahen Memmingen hinzugezogen worden war, wurden die Gewölbe binnen sechs Wochen erneut errichtet. Anschließend fertigte Franz Xaver Feichtmayr II. von 1784 bis 1786 den Stuck im Innenraum und die Altäre, während der Maler Januarius Zick 1784 in einundzwanzig Wochen die Deckengemälde schuf.
Nach Vollendung der Ausstattung und der Wiederaufstellung des Chorgestühls folgte am 16. Juli 1786 die feierliche Konsekration durch den Fürstbischof von Konstanz Maximilian Christof von Rodt. Als glanzvoller Schlusspunkt wurde um 1792 die Orgel von Johann Nepomuk Holzhey in den Kirchenbau eingefügt. Einige Jahrzehnte nach der Säkularisation gelangte St. Verena in den Besitz der Kirchengemeinde Rot. Massive Schäden im Gewölbe des Chors erforderten von 1962 bis 1965 eine umfassende Außen- und Innensanierung. Die Instandsetzung der Hauptorgel, die seit 1970 vorbereitet wurde, fand 1989 ihren Abschluss. Die jüngste Restaurierung des Innenraums erfolgte termingerecht zur 875-Jahrfeier der Klostergründung.
Außenbau
Der Kirchenbau am Nordrand des Klosterbezirks wurde im Übergangsstil vom Barock zum Klassizismus errichtet, wobei auch am Außenbau das Verschmelzen der Stilrichtungen erkennbar ist. Die Westfassade, die 1785 vollendet wurde, entspricht in ihrem klaren Aufbau am meisten der neuen, von der Antike inspirierten Stilrichtung. Die architektonische Gliederung setzt sich in Weiß- und Grautönen von den glatt verputzten, gelben Mauerflächen ab. Die schmale, hoch aufragende Giebelfront wird durch toskanische Pilaster, die sich auf hohen Sockeln erheben und durch das Wappen des Abtes Willebold Held geschmückt. In der Giebelfront stehen in Portalen die Figuren des Gründers des Prämonstratenserordens, des Heiligen Norbert von Xanten (rechts), sowie des Heiligen Augustinus von Hippo, nach dessen Regel die Ordensgemeinschaft Norberts lebt. In der Mittelnische befindet sich eine Terrakottafigur der Heiligen Verena, die als Kirchenpatronin schon die Anfänge des Klosters begleitete.
Innenraum
Die Pfarrkirche St. Verena beeindruckt durch die imposante Größe, Ausgewogenheit und Helligkeit ihres 66,50 Meter langen und 20,50 Meter breiten festlich geschmückten Innenraums. Die Klarheit und der Rhythmus der einheitlichen Architektur verkörpern die Zurückhaltung des klassizistischen Zeitideals. Dazu trägt auch die ruhige, klare Lichtführung und die Harmonie zwischen der weiß belassenen Architekturdekoration und der farbig gefassten Ausstattung bei. Gerade im Gegensatz von barockem Raumschema und klassizistischer Ausformung der Details liegt der besondere Reiz der ehemaligen Klosterkirche. Der Grundriss des Gotteshauses wurde von Abt Willebold Held entwickelt, der in den Urkunden auch als architectus infulatus (Architekt mit Mitra) bezeichnet wird. Seine Raumdisposition orientierte sich am Vorbild der Klosterkirchen in Obermarchtal (1686) und Irsee (1699–1702), in denen das Vorarlberger Münsterschema Anwendung fand: eine Wandpfeilerkirche in Form eines Saalbaues mit Längsausrichtung.
Der Bauplan war in Rot durch die Übernahme der Türme und die damit verbundene Dimensionierung des Chors schon in Teilen festgelegt, und auch die Anlage eines großen Mönchschors durch die Nutzung notwendig. Im Unterschied zu Obermarchtal verzichtete Held auf ein deutlich ausgeprägtes Querhaus sowie tiefere Wandpfeiler, was die Tendenz zum Einheitsraum stärker betont. Die vier darauf folgenden Langhausjoche besitzen flache, nischenartige Seitenkapellen, die von in den Raum eingerückten Wandpfeilern gebildet werden und horizontal durch eine umlaufende Empore geteilt sind. Das fünfte Pfeilerpaar von Westen ist stärker eingezogen und bildet zusammen mit den westlichen Turmpfeilern eine annähernd quadratische Vierung, den Mönchschor, dem seitlich querschiffartige Raumteile zugeordnet sind. Den Scheitel der Mittelarkade der Orgelempore schmückt eine Engelsgruppe in Wolken, auf deren chronistischem Schriftband gLorIa In eXCeLsIs Deo saLVs et paX hoMInIbVs (Ehre sei Gott in der Höhe, den Menschen Heil und Friede) geschrieben steht. Die Addition der Zahlwerte der Großbuchstaben ergibt die römische Zahl MDCCLXXXV (1785).
Hochaltar
Der frühklassizistische Aufbau des Hochaltars vor der Rückwand des Presbyteriums bildet den architektonischen Zielpunkt der Langhausachse und setzt sich als Baldachinaufbau aus rotem Stuckmarmor vom zurückhaltenden Weiß der Raumschale ab. Der Hochaltar stammt wie die gesamte übrige Altarausstattung und die Kanzel von Franz Xaver Feichtmayr II., der 1785–1786 diese Aufgabe ausführte.
Den Altaraufbau zieren vergoldete Ornamente. An den Sockeln befinden sich schleifengeschmückte, ovale Medaillons mit Reliefs der Symbole der vier Evangelisten und der vier lateinischen Kirchenväter, die das Fundament der Kirche symbolisieren. Ergänzt werden die beiden Gruppen durch Thomas und Bonaventura, zwei bedeutende scholastische Theologen und Kirchenlehrer. Die Symbole verkörpern (von links) die Heiligen Thomas von Aquin, Lukas, Hieronymus, Matthäus, Ambrosius, Gregor der Große, Markus, Bonaventura, Johannes und Augustinus.
Der Tabernakel erhebt sich als runder Kuppelbau im Zentrum des Altars vor einer goldenen Strahlenglorie. Seitlich knien große betende Engel auf Volutengiebeln. Die muschelförmig geschlossene Mittelnische rahmen Ähren und Weinreben, die als Symbole für das Messopfer stehen. Im Drehtabernakel befindet sich ein Kruzifix mit Maria und Johannes sowie der Kirchenpatronin Verena, die am Fest des Patroziniums gezeigt wird. Das bekrönende Kruzifix darüber ist silbervergoldet, mit Emaille geziert und trägt das Wappen des Abtes Martin Ertle.
Das Gemälde der Anbetung der Hirten schuf 1694 der Memminger Maler Johann Heiß (1640–1704), der in süddeutschen Klosterkirchen wie Obermarchtal und Ochsenhausen eine Vielzahl von Werken hinterlassen hat. Die Anbetung der Hirten wird hier als genrehafte Szene vor einer unbestimmten Säulenarchitektur geschildert. Maria sitzt, von Joseph flankiert, hinter der hölzernen Krippe und stützt den Kopf des Jesuskindes. Dieses blickt auf die Hirten, die sich staunend von rechts ins Bild drängen und mit ihren Gewändern und Tieren sehr realistisch dargestellt sind. Das Nachtstück ist in tonigen Farben gehalten und wird von oben, wo sich Engelskinder in einer Wolkenglorie tummeln, in intensives Licht getaucht.
Seitlich schließen sich zwischen den Säulen Figuren der Heiligen Augustinus mit dem Flammenherz und Norbert mit der Monstranz an. Beide sind in Bischofstracht dargestellt, die Mitra trägt jeweils ein Engel zu ihren Füßen. Am Gebälk befindet sich eine runde Kartusche mit dem Wappen des Abtes Mauritius Moritz.
Im Zentrum der plastischen Altarbekrönung befindet sich im Strahlenkranz das Lamm Gottes auf dem Buch mit den sieben Siegeln. Johannes der Täufer weist auf diese Schrift hin, während auf der rechten Seite ein gezackter Blitz den Teufel niederstreckt, der als Zeichen seines Hochmuts einen Spiegel in der Hand hält und um den sich die Schlange der Versuchung windet.
Die theologische Konzeption des Hochaltars umfasst die Kernpunkte der christlichen Glaubenslehre: Johannes der Täufer weist die Menschheit nach dem Sündenfall auf die Erlösung hin, die nach göttlichem Ratschluss nur durch die Menschwerdung (Altarblatt) und den Kreuzestod Christi (Baldachin) erlangt werden kann. Durch die symbolische Darstellung der drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe wird gezeigt, wie der Mensch der Erlösung durch Christus teilhaftig werden kann. So bildet der ganze Baldachinaufbau des Hochaltars theologisch und architektonisch den Rahmen für die Feier des Messopfers, das die Ereignisse der Menschwerdung und des Kreuzestodes Jesu immer wieder gegenwärtigsetzt.
In den Fensterachsen vor dem Hochaltar stehen auf beiden Seiten über dem Abtssitz und dem Kredenztisch kleine altarähnliche Baldachinaufbauten. Sie entstanden 1779/80 im Stil des Louis-seize aus marmoriertem Holz. Den Abtssitz auf der linken Seite rahmen Volutenvorlagen mit bekrönenden Vasen sowie geschuppte Volutenpilaster mit Engelkaryatiden, welche die Vorhangdraperie des weit vorschwingenden Baldachins zur Seite halten. An der Rückwand befindet sich ein Gemälde mit der Geißelung Christi von Johann Heiß aus dem Jahr 1698.
Den Baldachin bekrönt eine frei stehende Figur des Heiligen Mauritius, der mit Speer, Banner, Schild und Schwert als Führer der Thebäischen Legion gekennzeichnet ist.
Die identisch aufgebaute Rahmung des Kredenztisches auf der rechten Seite zeigt an der Rückwand ein Gemälde mit der Dornenkrönung von Johann Heiß, während eine Freifigur der Heiligen Verena mit ihren Attributen Kanne und Fisch zusammen mit Wolken und Engeln die Bekrönung bildet.
Seitenaltäre
Erschaffung des Adam und Taufe Jesu durch Johannes
Die rötlich-grau marmorierten Stuckaufbauten der beiden ersten Seitenaltäre wurden 1785 von Franz Xaver Feichtmayr II. geschaffen. Sie spiegeln stark vereinfacht den Aufbau des Hochaltars wieder, zu dem sie auch farblich hinleiten. Über der gestuften Sockelzone erhebt sich ein frei stehendes Säulenpaar, das ein gerades, verkröpftes Kranzgesims mit Wolken und Puttenköpfen trägt. Den Auszug bildet ein Stufenpodest mit seitlichen Flammenvasen. Der darauf ansetzende Gurtbogen überhöht einen Tondo mit Goldmonogramm, über den Engel einen blauen Baldachin ausbreiten und zur Seite raffen. Als Bekrönung dient ein Blumenkorb mit herabhängenden Blütengirlanden.
Der Sakramentsaltar auf der linken Langhausseite besitzt ein rechteckiges Altarblatt mit der Darstellung der Erschaffung Adams von Christian Thomas Wink (1738–1797) aus dem Jahr 1786.
Die Komposition zeigt im Mittelpunkt die bewegte Gewandfigur Gottvaters, der von einem hellen Glorienschein und Engelsköpfen umgeben ist. Adam lagert auf der rechten Bildseite am Boden und wird von Gottvater vor dem Baum der Erkenntnis gewarnt, um dessen Stamm sich bereits die Schlange mit geöffnetem Rachen schlingt. Der Ausblick links schildert eine Paradieslandschaft mit Tieren und einem Löwenpaar.
Der Tabernakel besitzt einen geraden Giebel mit zwei Puttenköpfen. Seine Rundbogentür ziert ein auf Kupfer gemaltes Bild von Christus als Gutem Hirten, das 1690 von Matthäus Zehender (1641–1697) aus Mergentheim geschaffen wurde. Es besticht durch seine hohe malerische Qualität in Kolorit und Zeichnung.
Den Johannesaltar auf der rechten Seite schmückt ein Altarblatt mit der Darstellung der Taufe Jesu im Jordan, die Januarius Zick 1786 geschaffen hat. Jesus kniet in demütiger Haltung vor Johannes dem Täufer, der sich über ihn beugt und aus einer Muschelschale Wasser auf sein Haupt träufelt. Die Szene wird von oben her beleuchtet, wo die Taube (der Heilige Geist) zusammen mit Engelsköpfen in einer Wolkenglorie erscheint.
Zick richtete die ganze Komposition völlig auf das Bildthema aus und vermied jede Nebensächlichkeit. Besonders beeindruckt die malerische Qualität und Harmonie der tonigen, ausdrucksstarken Farbgebung. Das Gemälde auf der Tabernakeltür stammt ebenfalls von Matthäus Zehender und zeigt Christus am Ölberg, dem, von Engeln gestützt, Gottvater mit dem Opferkelch erscheint.
Reliquienaltäre des Aurelius Renatus und seiner Frau Domitia
Die Reliquienaltäre stammen in ihrer heutigen Form aus dem Jahr 1785 und wurden von Franz Xaver Feichtmayr II. geschaffen. Die einfachen, zweisäuligen Retabelbauten schließt ein gerades Gebälk, vor dem zwei Engelskinder einen Kronreif halten. Den geschweiften, girlandenverzierten Aufsatz krönt ein Putto, der Märtyrerpalme und Siegeskranz trägt. Die beiden Glasschreine, die seitlich von eckigen Voluten gerahmt sind, bergen die stehenden Heiligen Aurelius und Domitia, deren Gebeine durch aufwändig gestickte Klosterarbeiten verhüllt werden. Das römische Ehepaar wurde unter Papst Alexander VII. (1599–1667) aus den Katakomben der Heiligen Cyriaka in Rom geborgen und 1724 durch Abt Hermann Vogler für Rot erworben. Man überführte die Heiligen 1726 anlässlich der 600-Jahrfeier der Abtei mit großer Pracht in einem Festzug durch drei Ehrenpforten in die Klosterkirche. Hier wurden sie zunächst in einem gemeinsamen Altar verehrt, für den 1726 eine Ehebruderschaft gestiftet wurde. Zusammen mit den beiden Heiligen kamen zwei originale Marmortafeln aus den Katakomben nach Rot, die in Antiqua-Majuskeln ihre Namen nennen und mit christlichen Symbolen versehen sind. Sie sind jeweils an den Sockeln der Retabel eingelassen. 1908/09 haben die Schwestern des Klosters Bonlanden die heiligen Leiber unter Verwendung älterer Gewandteile neu gefasst und mit Gesichtsmasken versehen.
Erhöhung der ehernen Schlange und Kreuzigung Christi
Am linken Seitenaltar, der die Erhöhung der Ehernen Schlange zum Thema hat, wird die Bestrafung des Volkes Israel wegen seiner Auflehnung gegen Gott und Mose geschildert. Gott schickt Giftschlangen, viele Israeliten werden gebissen und sterben. Nachdem die Strafe Reue bewirkt hat, will Gott sein Volk retten:
Der Herr antwortete Mose: Mach dir eine Schlange und häng sie an einer Fahnenstange auf! Jeder, der gebissen wird, wird am Leben bleiben, wenn er sie ansieht. (Num 21,8)
Die Erhöhung der ehernen Schlange ist eine Szene aus dem Alten Testament, die als Vorwegnahme des Kreuzestodes Christi gilt. Die teils freiplastischen Figuren sind naturalistisch bemalt und vor einem reliefierten Landschaftshintergrund angeordnet, der mit malerischen Mitteln ergänzt ist. Im Tondo unter der Kreuzaufrichtung zeigt ein Gemälde die Heilige Familie mit dem Johannesknaben (Ende 17. Jahrhundert), das ein Stifterwappen und die Signatur von Johann Heiß trägt.
Der Kreuzaltar auf der rechten gegenüberliegenden Seite der Kirche wurde 1786 in einer zweiten Werkphase von Franz Xaver Feichtmayr II. geschaffen. Die rotgrau marmorierten Aufbauten weichen vom üblichen Retabelschema ab, denn sie wurden als klassizistische Postamente konzipiert, die seitlich von Pfeilern mit Vasenbekrönung gerahmt werden. Große Medaillons mit überfangendem Gesims und sparsamem Golddekor schmücken die beiden Altäre. Als Bekrönung tragen sie über einem Sockel hohe, plastische Freigruppen aus Stuck. Der Kreuzaltar symbolisiert die Erlösung durch den Kreuzestod des Gottessohnes. Die gelungene Altarkonzeption vereint in harmonischer Weise ein schönes, spätgotisches Kruzifix mit den Assistenzfiguren Maria, Johannes Evangelist und Maria Magdalena aus Stuck von 1786. Das Medaillon mit der Darstellung des Martyriums des Hl. Sebastian schuf der schwäbische Rokokomaler Johannes Dreyer (1748–1795), der unter dem Klosternamen Martin seit 1776 Laienbruder im Benediktinerkloster Wiblingen war. Das Ölgemälde wurde laut seiner Signatur am 12. Oktober 1786 vollendet.
Reliquienaltäre des Almachus und des Benediktus
In den beiden westlichen Nischen folgen wiederum zwei Reliquienaltäre, die Franz Xaver Feichtmayr II. 1786 ausführte. Die Stuckmarmoraufbauten sind in Rot-, Grau und Ockertönen gefärbt und besitzen eine sarkophagförmige Mensa mit klassizistischen Ornamenten, auf der ein verglastes Gehäuse für die Liegefigur der Ganzkörperreliquie ruht. Darüber setzt ein von Fruchtkörben geziertes Postament mit seitlichen Anläufen an, das von einer Baldachinarchitektur mit bekrönendem Putto überhöht wird. Der linke Altar ist dem Heiligen Almachus geweiht, einem Einsiedler, der in Rom den Märtyrertod erlitt. Sein heiliger Leib gelangte 1788 aus dem Kloster St. Anna in Bregenz, wo er seit dem 14. Jahrhundert aufbewahrt worden war, nach Rot und wurde 1910 von den Schwestern in Bonlanden neu gefasst. Das Ölgemälde über dem Schrein zeigt den Heiligen Johannes Nepomuk. Die Stuckfiguren der trauernden Frauen, die in den Kirchenrechnungen als Basen bezeichnet werden, leiten zur Baldachinfigur hin, einer spätgotischen Pieta vom Anfang des 16. Jahrhunderts. Der Benediktusaltar auf der rechten Seite zeigt in seinem Schrein die Körperreliquie des Einsiedlers und Märtyrers Benediktus, die dem Kloster 1789 als Geschenk des Fürstabts von Kempten, Rupert II. von Neuenstein, überreicht wurde. Darüber befindet sich ein Schutzengelbild. Die Seitenfiguren aus Stuck verkörpern die Stifter des Klosters, Hemma und Heinrich von Wildenberg, die sich verehrend der Kirchenpatronin Verena in der Mittelnische zuwenden.
Deckengemälde
Die malerische Dekoration der Kirche entstand in zwei aufeinanderfolgenden Phasen durch Andreas Meinrad von Ow (1712–1792), der 1780 den Chorraum gestaltete, und Januarius Zick (1730–1797), der 1784 die Ausgestaltung von Langhaus und Vierung übernahm. In ihm fand der Konvent einen der letzten großen Barockmaler, der mit perspektivischer Sicherheit es vermochte, große Gewölbezonen zu füllen und auszumalen. Die Wahl der Bildinhalte lässt bei den Fresken auf einen neuen Geist schließen, der hier Einzug hält: die katholische Aufklärung. Statt dem Leben der Heiligen oder Wunder, steht das Leben Jesu im Mittelpunkt der Fresken.
Zick, der 1760 zum kurfürstlichen Hofmaler in Trier ernannt worden war, zählt zu den bedeutendsten Malern des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Neben seinem Oeuvre als Tafelmaler stellen besonders die großen Freskenzyklen in den oberschwäbischen Klosterkirchen Wiblingen (1778–1781), Oberelchingen (1782–1783) und Rot an der Rot die Krönung seines künstlerischen Schaffens dar. In Rot an der Rot entwarf Zick neben den vier großen Deckengemälden auch die Dekorationsmalerei auf den verbleibenden Gewölbeflächen, die die Architektur nach oben hin ersetzen und fortführen und auch den Stuck in seiner Funktion ablösen. Diese Malerei ist in ihrer Farbgebung als Grisaille äußerst zurückhaltend gestaltet, während sie in den Einzelformen und der Hinwendung zum klassizistischen Detail große Qualität beweist. Gurtbogen und Rahmen wurden in erstaunlich illusionistischer Weise mit Kassettierung und ornamentaler Profilierung versehen. Die Gewölbefelder füllen Arabesken mit Blättern und spiraligen Ranken, Arrangements aus Sphinxen und Kandelabern oder auch reizende Putten mit Blütenkränzen und Körben. Den Rahmen des großen Mittelfreskos im Langhaus stützen scheinbar Atlanten, die auf ihren Köpfen bepflanzte Vasen balancieren. Den Triumphbogen schmückt ein Uhrengiebel mit Engeln und Lorbeergirlanden, während die Zwickel der Vierungskuppel mit Darstellungen der vier Evangelisten und ihrer Attribute geschmückt sind. Die Fresken von Januarius Zick bewegen sich wie der ganze Kirchenbau im Spannungsfeld von Spätbarock und Klassizismus. Während die Architekturkulissen schon ganz in der neuen Formensprache gehalten sind und Klarheit und Einfachheit in der Komposition angestrebt werden, bleiben Ausdruck und Bewegung doch ganz dem Rokoko verhaftet. Durch die Konzentration auf die wesentlichen Handlungsstränge gelingt es Zick jedoch, seine Kompositionen ins Monumentale zu steigern.
Die Deckengemälde im Chor schuf der Freskenmaler Andreas Meinrad von Ow 1780 im Stil des Spätbarock. Die bewegten, figurenreichen Kompositionen wurden ohne architektonischen Aufbau unmittelbar in die reich ornamentierten Stuckrahmen des Chorgewölbes gesetzt. Die Farbgebung wirkt matt und blass und ist ohne Akzentuierung der Farbwerte gleichmäßig über die Fläche verteilt. Thematisch sind die Fresken auf den Ordensgründer der Prämonstratenser, den Heiligen Norbert von Xanten, bezogen.
Die drei großen Deckenfresken im Langhaus thematisieren das öffentliche Wirken Jesu. Das runde Bild in der Kuppel der Vierung, im Mönchschor, ist der Aufnahme Mariens in den Himmel gewidmet.
Austreibung der Wechsler und Händler
Das erste Fresko von Zick im Westen zeigt als querformatige, einjochige Darstellung die Austreibung der Wechsler und Händler aus dem Tempel. Komposition und Farbgebung lenken das Hauptaugenmerk auf Jesus. Die Szene ist hier als Aufforderung und Mahnung an die Gläubigen gedacht, das Haus Gottes zum Gebet mit Andacht zu betreten und ihre Gedanken zu reinigen. Die dramatische Darstellung schildert den Moment, als Jesus mit einer Geißel in der erhobenen Rechten aus dem Tempel tritt und einen der angsterfüllten Wechsler an der Schulter packt. Die Hirten, die ihre Opfertiere im Tempel feilboten, stürmen auf der linken Seite davon, während die Wechsler noch versuchen, ihre Geldbörsen an sich zu raffen. Zwei Männer betrachten direkt hinter Jesus mit intensiver Gestik diese Szene, die sich vor dem Hintergrund eines gewaltigen Säulenportikus abspielt.
Der zwölfjährige Jesus im Tempel
Der lukanische Bericht (Lk 2,41-47) diente als Vorlage des Freskos. Das ovale Hauptbild im Langhaus erstreckt sich über drei Achsen und zeigt den zwölfjährigen Jesus in der Mitte des Tempels in lebhafter Diskussion mit den Schriftgelehrten. Der mit einem roten Gewand bekleidete Gottessohn steht vor den Gesetzestafeln auf einem Podest, überhöht von der monumentalen, klassizistischen Kuppelarchitektur, die von einem Gurtbogen mit Vorhangdraperie überfangen wird. Unten begrenzt die Darstellung ein Brückenbogen, von dem Stufen nach oben führen. Auf ihnen und an den Seiten des Altars gruppieren sich ehrwürdige, weißbärtige Schriftgelehrte um den Zwölfjährigen, die mit Erstaunen seine Antworten vernehmen. Ihren intensiven Gedankenaustausch verdeutlicht eine expressive Gestik und Mimik. Erst nach drei Tagen, die schon auf sein dreitägiges Hinabsteigen in die Hölle verweisen, wird das Kind von seinen Eltern gefunden. Auf der linken Seite nähern sich Maria und Joseph der Szene. Die Architekturkulisse wird durch tonige, zurückhaltende Farbgebung von den intensiv farbigen Gewändern der Personen abgesetzt. Die Komposition wird durch einen Terrainstreifen nach hinten versetzt und das Bühnenhafte der Darstellung noch durch ein zeitgenössisch gekleidetes Paar verstärkt, das wie der Betrachter selbst das Geschehen im Tempel beobachtet. Hier tritt die Tendenz des Klassizismus zur Historienmalerei zutage, die anstelle der visionären Welt des Barock genrehafte Züge und die Liebe zum Detail setzt. Ein Beispiel dafür ist auch die Schwalbe, die im geöffneten Laternenfenster der Kuppel sitzt.
Das letzte Abendmahl
Das nächstfolgende Fresko zeigt als querformatige Komposition das letzte Abendmahl. Christus sitzt mit den Jüngern an einer langen Tafel, bricht das Brot und prophezeit den Verrat. Zick wählte wieder den dramatischsten Moment des Geschehens und gibt in beeindruckender Weise die Reaktionen der Einzelnen wieder, so etwa die des Apostels Johannes, der überwältigt über dem Tisch zusammengesunken ist. Die schmucklose Halle im Hintergrund betont die zentrale Stellung des Gottessohnes durch die brennende Öllampe über seinem Haupt und fasst die Jünger durch die Stichkappen des Gewölbes zu einer geschlossenen Gruppe zusammen. Deswegen wirkt die Abwendung des Judas auf der rechten und die fragende Geste des Thomas auf der linken Seite umso dramatischer.
Himmelfahrt Mariens
Das runde Deckengemälde in der Vierung, dem Mönchschor, ist der Aufnahme Mariens in den Himmel gewidmet. Es wird umgeben von den Darstellungen der vier Evangelisten mit ihren Attributen in den Gewölbezwickeln. Die Gottesmutter, durch Sternennimbus und Mondsichel als Apokalyptische Madonna (Mondsichelmadonna) charakterisiert, steigt von Wolken und Engeln getragen aus dem geöffneten Sarkophag empor. Christus reicht ihr, in einer freundschaftlichen Geste seine Hand. Putten eilen ihr mit einem Kronreif und Rosenkränzen aus dem bewegten Wolkenhimmel entgegen, wo Gottvater mit segnendem Gestus thront. Mit diesem Bild wurde auch dem Nebenpatrozinium der Kirche Rechnung getragen. Es gehörte zu einem der beliebtesten Glaubensthemen des Barock und deckte sich mit dem damaligen Lebensgefühl, der Hoffnung auf die Herrlichkeit des himmlischen Paradieses.
Die Personen, die sich um das leere Grab versammelt haben, nehmen die himmlische Sphäre nicht wahr. Maria Magdalena beugt sich nachdenklich über den offenen Sarkophag, während Johannes erschrocken zurückweicht. Die irdische Zone ist wieder in starker Untersicht dargestellt. Das schmale Stufenpodest und der Terrainstreifen, auf dem das Bild von Zick datiert (1784) und signiert wurde, sind in die konzentrische Komposition mit eingebunden und der Rahmung entsprechend geschwungen. Dieses Bild von strahlender Farbgebung und perspektivischer Perfektion stellt bildhaft das Ziel aller menschlichen Lebenspilgerschaft dar.
Norbert und die drei evangelischen Räte
Das Deckengemälde im Turmjoch zeigt die Verherrlichung des Heiligen Norbert in einer Wolkenglorie, umgeben von den allegorischen Darstellungen der drei evangelischen Räte. Der Heilige sitzt in einem goldenen Wagen, dessen Joch vom personifizierten Gehorsam gezogen wird. Das Joch, das dem Gehorsam meist als Attribut beigegeben ist, wird hier mit einer Handlung verknüpft. Im Vordergrund wird die Keuschheit durch einen Engel mit einer Lilie dargestellt, die ihren Fuß als Zeichen des Sieges auf die unter ihr liegende Wollust setzt, symbolisiert durch eine Frau mit einem Bock. Neben ihr ist ohne jegliche Handlung die Armut zu sehen, eine Frau mit einem ausgeschütteten Münzschatz neben sich. Ein Engel zur Linken Norberts präsentiert die Zeichen der Bischofswürde, Mitra und Hirtenstab, während sich rechts von ihm ein Posaunenengel anschließt, der den Triumph der Tugenden verkündet.
Übergabe des weißen Ordenskleides
Das große Bildoval im Chor schildert die Übergabe des weißen Ordenskleides durch die auf Wolken schwebende Maria Immaculata an Norbert. Engel umgeben kreisförmig die zentrale Komposition; einige halten seine Insignien. Eine Spinne über einem Kelch bezieht sich auf die Legende eines Messwunders, als Norbert das giftige Tier, das in den Kelch gefallen war, mit dem Blut Christi trank und unbeschadet blieb. Der Kelch mit der Spinne ist neben der Monstranz auch eines seiner Attribute.
Chorgestühl
Das Chorgestühl unter der Vierungskuppel im Mönchschor ist ein Meisterwerk barocker Schnitzkunst. Es besteht aus zwei doppelten Sitzreihen sowie einem üppig verzierten Dorsale. Die Apostelfiguren und die durchbrochen geschnitzten Ornamenttafeln auf den klassizistischen Beichtstühlen, insgesamt acht an der Zahl, im Langhaus bildeten ursprünglich den Aufsatz des Chorgestühls. Die Entstehungszeit des Werks dokumentiert das Wappen des Abtes Martin Ertle an der vordersten Säule des Dorsales auf der Südseite, das die Jahreszahl 1693 trägt. Die Nordseite zieren parallel dazu Reichsadler, die Lilien aus Abt Martins Wappen sowie der ringhaltende Fisch aus dem Klosterwappen. Andreas Etschmann (1708) aus Tirol, der im Verlauf seiner Arbeit eine Roterin heiratete, gilt zusammen mit seinen Gehilfen Johannes Forster und Michael Schuster aus Kellmünz als Schöpfer dieser hervorragenden Arbeit. Sowohl handwerklich als auch ikonographisch besteht eine enge Verwandtschaft zum Chorgestühl der Kartause von Buxheim. Das zweireihige Gestühl besteht aus glatten Klappsitzen zwischen reich geschnitzten Wangen. Diese schmücken an der Vorderseite keck vorgebauchte Karyatiden (Gebälkträgerinnen) mit unterschiedlichen Kopftypen, die zur Rückwand hin in vielfältig gestaltete Akanthusvoluten aufgelöst sind.
In das Laubwerk sind zahlreiche symbolische Darstellungen eingebunden, wie das Lamm Gottes, der Pelikan, der Drache oder die geflügelte Sphinx. Die Wangen sind auch im Fußbereich noch mit Voluten und figürlichen Reliefs versehen. Besonders prachtvoll wurden die Abschlüsse zum Altar hin gestaltet, wo die Kirchenpatronin Verena und der Heilige Norbert dargestellt sind. Die zweite Sitzreihe ist ebenso aufgebaut. In den Nischen befinden sich fein gearbeitete Statuetten von Heiligen und Ordensstiftern und von Jesus und Maria. Der Heilige Norbert von Xanten steht als Begründer der Prämonstratenser am Beginn der Figurenfolge auf der rechten Seite (Südseite).
- Hochaltar
Ordensgründer und Heilige Chorraum Ordensgründer und Heilige Dominikus von Caleruega
12./13. Jh.
Gründer der DominikanerRomuald von Camaldoli (?)
10./11. Jh.
Gründer der CamaldulenserFranz von Assisi
12./13. Jh.
Gründer des Ordens der Minderen BrüderBernhard von Clairvaux
11./12. Jh.
Bedeutender Abt der ZisterzienserPetrus Nolascus
12./13. Jh.
Mitgründer der MercedarierWilhelm von Maleval
12. Jh.
Eremit, Vorbild für die WilhelmitenJohannes von Gott (?)
15./16. Jh.
Vorbild für die Barmherzigen BrüderBruno von Köln
11./12. Jh.
Gründer der KartäuserPetrus de Murrone
13. Jh.
Gründer der Coelestiner-EremitenBenedikt von Nursia
5./6. Jh.
Gründer der BenediktinerElias
9. Jh. v. Chr.
Prophet, von den Karmeliten als "Gründer" verehrtIgnatius von Loyola
15./16. Jh.
Gründer der JesuitenMaria Christus Franz von Paola
15./16. Jh.
Gründer der Paulaner (Minimen)Basilius der Große
4. Jh.
Vater des morgenländischen MönchtumsKajetan von Thiene (?)
15./16. Jh.
Mitgründer der TheatinerAntonius der Große
3./4. Jh.
Vater des abendländischen MönchtumsSiard von Mariengaarde (?)
12./13. Jh.
PrämonstratenserabtJohannes der Täufer
1. Jh.
Prophet und TäuferAugustinus
4./5. Jh.
Verfasser der AugustinusregelNorbert von Xanten
11./12. Jh.
Gründer der Prämonstratenser
Auch 2008 sind noch nicht alle Statuen zweifelsfrei identifiziert. Statt Romuald von Camaldoli käme auch Simon Stock, Generalprior der Karmeliten, in Frage (wegen der Beziehung der Karmeliten zu Elias aber eher unwahrscheinlich), und ob es sich um Johannes von Gott handelt oder um Philipp Benitius, den Generalprior der Serviten, ist offen. Unsicherheiten gibt es bei Kajetan von Thiene und Siard von Mariengaarde. Das prachtvolle Chorgestühl wurde im Jahr 1784 in den Neubau übernommen und zu diesem Zweck dem Aufstellungsort angepasst. Anstelle der Bekrönung aus Apostelfiguren ergänzt das Werk nun der klassizistische Prospekt der Chororgel, zusammen mit Portalen und dem Spieltisch des Instruments. Gegen den spielerischen Überschwang der üppig schwellenden Barockformen wirkt der strenge, geradlinige Orgelaufbau geradezu als nüchterner Gegenpol. Eine geradlinige Brüstung mit rechteckigem Flechtbandmotiv verbindet jeweils die beiden Gehäuse, die auf der Nordseite aus Symmetriegründen aus einer Blendorgel bestehen.Die Kanzel
Bescheiden man möchte sagen sogar etwas verloren, wie ein Vogelnest hängt die Kanzel am Wandpfeiler auf dem Weg zum vierten Seitenaltar. Die Darstellungen auf dem Schalldeckel erinnern an ein Schwerpunktthema barocker Predigten: Tod und Endgericht. Im erhöhten Zentrum des Deckels befindet sich eine große Kugel, die die Welt bedeutet. Auf ihr sitzt ein Putto mit zwei Attributen in seinen Händen. Mit der Rechten hält er ein Szepter in die Höhe, an dessen Spitze das Auge Gottes in einem Dreieck zu sehen ist, umgeben von einem Strahlenkranz. Es steht für die Weisheit Gottes bzw. für Gottvater. Die linke Hand des Putto ruht auf einer Waage. In der einen Waagschale befindet sich ein Kelch mit einer Hostie, das Symbol des Glaubens. Die Waage steht für das Endgericht und die Kombination mit Kelch und Hostie spielt auf Joh 3,18 an:
Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.
Neben der Kugel liegt das Apokalyptische Lamm auf dem Buch mit den sieben Siegeln, Darstellung einer Vision aus der Offenbarung des Johannes (Offb 5). Das Lamm, das Christus verkörpert, wird allein von Gott für würdig gehalten, die Siegel des Buches zu lösen und damit die Endzeit der Schöpfung einzuleiten. Die Antwort auf die Frage Wer kann da bestehen?" (Offb 6,17) liegt auf der Waagschale: Bestehen kann nur, wer glaubt. Um diese Botschaft weiterzusagen und zu verheutigen braucht der Prediger schließlich den Heiligen Geist, der durch die Taube an der Stirnseite des Schalldeckes symbolisiert ist und zusammen mit Christus und Gottvater die Dreifaltigkeit an der Kanzel bildet.
Sakristei
Der bescheidene Satteldachbau, der aus der Zeit um 1690 stammt, befindet sich an der Nordseite des Norbertusturms. Er blieb beim Abbruch des barocken Gotteshauses erhalten und vermittelt durch seine prachtvolle Ausgestaltung einen Eindruck von dem barocken Kirchenbau. Der Zugang erfolgt über das linke Portal der Turmloge durch einen Vorraum mit aufwendiger Stuckdecke. In der Ostwand des Turmes etwas versteckt, befindet sich seit 1978 in einer Nische ein modernes Reliquiar der Kirchenpatronin Verena. Es ist ein ca. drei Zentimeter langes und einen Zentimeter breites Stück von einem Knochen der Heiligen.
Die Sakristei ist das vollendete Beispiel einer komplett erhaltenen Raumdekoration an der Wende zum 18. Jahrhundert. Der zweijochige Raum besitzt ein flaches Tonnengewölbe mit Stichkappen, das sich auf rechteckigen Wandpfeilern mit toskanischen Kapitellen erhebt. In den Fensterachsen sitzen jeweils Oculi mit Akanthusvoluten und Engelsköpfchen über glatten Rechteckfenstern. Die Decke schmückt reicher, voluminöser Stuck aus der Wessobrunner Schule, der von einem unbekannten Meister gefertigt wurde. Die Fresken in den Kartuschenrahmen zeigen vornehmlich Heilige und Märtyrer aus dem Prämonstratenserorden.
Die Folge beginnt in der Mittelreihe, von Süden aus betrachtet, mit dem Seligen Gottfried von Kappenberg (1097–1127), der den Orden mit reichen Stiftungen bedachte. Danach folgen der Heilige Augustinus (354-430) als Regelvater der Prämonstratenser, die Kirchenpatronin Verena mit dem Klosterwappen, der Heilige Norbert und der Selige Wilhelm Eiselin (1564–1588), ein Prämonstratenser-Chorherr aus Rot. Auf der rechten Seite sind zu sehen der Heilige Hermann Josef (1150–1241), ein Mystiker und Hymnendichter zu Ehren Mariens, der Selige Siardus († 1230), Abt von Mariengaard in Friesland, sowie der Selige Eelko († 1332), ein Abt aus Lidlum in Holland. Das erste Bild auf der linken Seite stellt den Heiligen Adrian van Hilvarenbeek dar, der mit Jakob Lakops 1572 in Gorkum den Märtyrertod erlitten hat. Das nächste Gemälde zeigt den Seligen Friedrich († 1175), Propst und Gründer des Klosters Mariengaard. Als letztes folgt das Bildnis des Prämonstratensers Jakob Lakops. In die Südostecke ist ein Lavaboschrank mit muschelförmiger Nische eingepasst. Der Ankleidetisch in der Mitte besitzt Einlegearbeiten und ist mit den Initialen H. AZR (Hermann Vogler) sowie dem Datum 1725 versehen.
Weitere Ausstattung
In den Seitennischen befinden sich insgesamt acht Beichtstühle, von denen die beiden östlichen nach 1962 erweitert und mit Türen versehen wurden. Die Weihwasserschale und der Taufstein unter der Orgelempore sind aus rotem Wertacher Marmor gefertigt und bestehen aus einem birnenförmigen Balusterfuß, auf dem eine elegante, gerippte Cuppa ansetzt. Die fünfzehn Gemälde der Kreuzwegstationen, die sich in den Seitennischen befinden, entstanden etwa in der Bauzeit der Kirche und konnten 1970 im Kunsthandel erworben werden. Die Ölbilder an den Stirnseiten der Wandpfeiler zählen wohl ebenfalls zum Werk von Johann Heiß und zeigen kleinformatige Studien der Apostelköpfe. Bei dem ovalen Porträt in der zweiten Nische auf der Südseite (rechts) von Westen handelt es sich um ein Brustbild des Abtes Willebold Held (14), den Bauplan und Zirkel als Bauherrn und Architekten von Rot ausweisen. Das Bildnis entstand 1783 als einziges bekanntes Werk des Malers G. Kirchmann.
In einem Glasschrein auf der Nordseite der Vorhalle steht ein kostbar gekleidetes Prager Jesukind, das 1745 für den Kapitelsaal angeschafft wurde, sowie zwei reich geschnitzte Reliquiare in Rokokoformen. An der inneren Westwand werden auf Gedächtnistafeln die Gemeindepfarrer seit der Säkularisation aufgezählt. Außerdem ist die Nachbildung der Grabplatte des Abtes Martin Ertle zu sehen, die man bei der Sanierung der Westfassade an der Rückseite des Klosterwappens entdeckte.
Der Selige Wilhelmus Eiselin
In der Vorhalle befindet sich auf der rechten Seite nahe dem Eingang ein Glasschrein mit Volutenrahmung, in dem die Ganzkörperreliquie des Seligen Wilhelm Eiselin (1564–1588) ausgestellt wird, der im Kloster Mönchsroth als schwäbischer Aloisius verehrt wird. Der in Mindelheim geborene und 1581 in den Orden eingetretene Chorherr hatte aufgrund mangelnder geistiger Gaben und abgebrochenem Theologiestudium im Konvent keinen leichten Stand. 1588 starb Wilhelm im Alter von nur 24 Jahren.
Holzhey-Orgel
Für den klassizistischen Neubau wurden zwei Orgelwerke für Chor und Langhaus geplant, für deren Ausführung Johann Nepomuk Holzhey (1741–1809) verpflichtet werden konnte. Holzhey zählt zu den bedeutendsten oberschwäbischen Orgelbauern des ausgehenden 18. Jahrhunderts und hinterließ mehr als vierzig nachgewiesene Instrumente, zu denen auch die dreimanualigen Großorgeln in Obermarchtal, Weißenau, Neresheim und Rot zählen. Holzhey erhielt zunächst den Auftrag, die Chororgel zu bauen. Er vollendete dieses Werk 1787 und schuf ein zweimanualiges Instrument mit freistehendem Spieltisch. Diese Orgel wurde jedoch 1835 verkleinert und 1964 verändert, so dass sie heute nur noch ein Spielwerk mit vierzehn Registern auf der rechten Chorseite besitzt.
Die Hauptorgel zählt zu den bedeutendsten historischen Orgeln in Süddeutschland. Einen Großteil der Kosten stifteten die Eltern des letzten Abtes Nikolaus Betscher (1789–1803), der als bedeutender Komponist sakraler Musik gilt. Die Orgel war seit 1785 im Bau und wurde 1792/93 vollendet und in das klassizistische Gehäuse eingebaut, das die ganze innere Westwand einnimmt. Das Instrument umfasst 38 klingende Register, die sich auf drei Manuale verteilen. Die Disposition der Orgel zeigt erstmals die Tendenz, das Instrument den vielfältigen Klangfarben des klassischen Orchesters anzunähern. Holzhey erreichte den unverwechselbaren Charakter seiner Werke durch die Mensurierung der Pfeifen, die in den Prinzipalen einheitlich durchgeführt ist, während die Flöten- und Streicherstimmen individuell auf den Raum abgestimmt sind. Die Hauptorgel in Rot blieb weitgehend original erhalten und dokumentiert nach der Restaurierung von 1986–1989 den individuellen Stil Holzheys, der auf einer Verschmelzung französischer und süddeutscher Elemente beruht.
I Hauptwerk C– Prestant 16′ H Principal 8′ H Copel 8′ H Waldflöt (ab g0) 8′ Violoncell 8′ Viola 8′ H Octav 4′ H Flöten 4′ H Cornet IV 4′ H Mixtur V-VI 2′ H Cimbl V 22/3′ H Trompet 8′ Dus Clarinet 8′ Claron 4′ II Oberwerk C– Principal 8′ H Flautravers (ab g0) 8′ H Bordun 8′ H Octav 4′ H Spitzflöten 4′ H Feldflöten I–II 4′ H Flageolet 2′ Nazard IV 22/3′ H Hörnle II–III 2′ H III Echo C– Copel B/D 8′ H Ondamaris D 8′ H Fugara B/D 4′ H Dulciana B/D 4′ H Cornet IV D 4′ H Nazard II B/D H Vox humana 8′ Tremulant Pedal C– Sub-Bass 16′ H Octav-Bass 8′ H Violon-Bass 8′ H Bombard 16′ H Trompet 8′ Claron 4′ - Anmerkungen
H: Von Holzhey erhaltene Register.
Seit 2000 wirkt Franz Raml als Titularorganist an der historischen Orgel. Er gibt Konzerte als Organist und Cembalist. Außerdem tritt er als künstlerischer Leiter des Hassler-Consorts und des German Mozart Orchestras auf. Für die Roter Choralschola hat er 2007 eine einstimmige Messe für Orgel, Choralschola und Posaune (Solist Berthold Schick) mit dem Namen Missa alla Francesca komponiert, die an Pfingsten, am 11. Mai 2008, uraufgeführt wurde.[1]Glocken
Das prachtvolle alte Geläut umfasst sieben Glocken in einer ungewöhnlichen Zusammenstellung. Im Nordturm hängt die gewaltige Verenaglocke (1. Ton a, 0 185 cm), die 1701 von Andreas Aporta aus Feldkirch (Vorarlberg) gegossen wurde und am Rand das Wappen von Abt Martin Ertle und die Namen aller Konventsangehörigen verzeichnet.
Im Norbertusturm sind die sechs kleineren Glocken untergebracht. 1681 fertigte Otto Sartorius aus Kempten zusammen mit Melchior Maurer aus Biberach drei Glocken, die neben der Jahreszahl ebenfalls das Wappen des Abtes Martin sowie den Reichsadler tragen (2.Ton c, 0 145 cm; 3. Ton f, 0 114 cm; 5. Ton a, 0 71 cm). Johann Melchior Ernst aus Memmingen ergänzte 1740 das Geläut um zwei weitere Glocken, die mit dem Wappen des Abtes Ignaz Vetter versehen sind (4. Ton c, 0 74 cm; 7. Ton h, 045 cm). Derselbe Künstler goss 1758 die letzte Glocke (6. Ton a, 0 51 cm), die das Wappen des Abtes Benedikt Stadelhofer (1694–1739) trägt.
Verenareliquienaltar
Die Verenareliquie, Teil eines Knochenstückes der Heiligen, welche 1983 Rot von der Zurzacher Gemeinde geschenkt bekam, befindet sich an der Wand zwischen dem Chor und der Sakristei. Die Reliquie selbst befindet sich in einer modernen, goldenen Monstranz. Der Altar wird von zwei verwitterten Heiligenfiguren flankiert, welche früher das Westportal der Kirche zierten und ersetzt wurden. Einmal im Jahr am Patrozinium, wird die Reliquie aus dem ansonsten unzugänglichen Altar entnommen, um die Gemeinde zu segnen.
Würdigung
Rot an der Rot vermittelt durch seine beiden bedeutenden Kirchenbauten und die imposante Klosteranlage bis heute den Eindruck einer Sakrallandschaft, die inspiriert vom Geist barocker Frömmigkeit von den Prämonstratensern kultiviert wurde. St. Verena ist der letzte große Klosterkirchenbau in Oberschwaben, die der Orden aufgrund der Initiative des Abtes Mauritius Moritz von 1777–1786 errichtete. Das Gotteshaus kennzeichnet in der Gesamtanlage wie auch im architektonischen Detail der Übergangsstil vom Barock zum Klassizismus. Den edlen Gesamteindruck des Innenraums vervollkommnen die Fresken (1784) von Januarius Zick, dessen bedeutendes Werk ebenfalls im Spannungsfeld dieser bei den Kunstrichtungen entstand, sowie die prachtvolle Altarausstattung (1784–1786) von Franz Xaver Feichtmayr II. Neben dem kostbaren Chorgestühl (1693) von Andreas Etschmann zählt vor allem die historische Orgel (1785–1792) von Johann Nepomuk Holzhey zu den herausragenden Schätzen dieses Gotteshauses. 1803 wurde auch Rot an der Rot eine Beute der Säkularisation.
Siehe auch
- Nikolaus Betscher, Reichsabt und Komponist
- Franz Raml, Titularorganist an St. Verena
Literatur
- Jutta Betz: Rot an der Rot – ehemalige Prämonstratenser-Reichsabtei. Peda Gregor, Passau 2001.
- Wolfgang Braunfels (Hrsg.): Lexikon der christlichen Ikonographie. 8 Bde. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau u.a. 1968-1976. ISBN 3-451-22568-9
- Hermann Küchle: 850 Jahre Rot an der Rot. Geschichte und Gestalt. In: Neue Beiträge zur Kirchen- und Kunstgeschichte der Prämonstratenser-Reichsabtei. Sigmaringen 1976.
- Ekkehard Schmid: Pfarrkirche St. Verena - Ehemalige Abteikirche Rot an der Rot. Verlag Wilhelm Kienberger Lechbruck, 2007
- Benedikt Stadelhofer: Historia imperialis et exemti Collegii Rothensis in Suevia. Augsburg I-II., 1787.
- Walter Stemmer: Rot an der Rot. (Kleiner Kunstführer). Ottobeuren 1972, 1982
- Sybe Wartena: Die Süddeutschen Chorgestühle von der Renaissance bis zum Klassizismus. München 2008 (Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität)
- Katholisches Pfarramt Rot an der Rot (Hrsg.): Rot an der Rot. Seine Geschichte und seine beiden Kirchen. Ottobeuren 1979
Belege
Sollte kein Einzelnachweis im Text stehen, wurde die Information von den unter Literatur aufgeführten Werken entnommen.
Weblinks
Wikimedia Foundation.