- Reichskommissariat Ukraine
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Das Reichskommissariat Ukraine bestand während der deutschen Besatzungszeit zwischen 1941 und 1945 in den westlichen und zentralen Teilen der Ukraine.
Das Reichskommissariat Ukraine und das Reichskommissariat Ostland wurden vom zivilen Berliner Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) verwaltet, das von dem NS-Chefideologen Alfred Rosenberg geführt wurde. Die von diesem Ministerium verfolgten politischen Hauptziele waren die vollständige Vernichtung der jüdischen Bevölkerung und die Germanisierung von großen Bevölkerungsteilen. Die Germanisierungspolitik wurde auf der Grundlage des Generalplans Ost sowie spezieller Erlässe und Richtlinien im Ostland durchgeführt. Entsprechend der Rassenideologie von Rosenberg und anderer führender Nationalsozialisten wurden im Reichskommissariat Ukraine Hunderttausende von Juden ermordet, vor allem von den Einsatzgruppen C und D der Sicherheitspolizei und des SD.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Zwei Monate nach dem Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 wurde am 1. September 1941, 12:00 Uhr, das Reichskommissariat Ukraine gebildet. Es entstand aus Teilen des rückwärtigen Heeresgebiets Süd beziehungsweise Mitte und dem Sicherungsbereich Brest, der bereits seit dem 18. Juli 1941 dem Militärbefehlshaber im Generalgouvernement unterstellt worden war. An seine Spitze wurde ein Reichskommissar berufen. Erster Verwaltungssitz war die Stadt Rowno.
Die vorläufigen Grenzen des Reichskommissariats Ukraine wurden wie folgt festgelegt:
- Westen: Ostgrenze des Generalgouvernements,
- Süden: Verlauf des Dnister in ostwärtiger Richtung bis Mogilew Podolskij.
- Osten: Bar/Letitschew/Ljubar am Slutsch/Verlauf des Slutsch bis zur Einmündung in die Horyn/Verlauf der Horyn bis zu ihrer Einmündung in den Pripjet/Senkewitschi (20 km nördlich Dawid-Gorodok) (Orte und Orte an den Flüssen einschließlich),
- Norden: Grenze zum Reichskommissariat Ostland.
Zum Reichskommissar wurde der Oberpräsident und Gauleiter der NSDAP Erich Koch aus Königsberg ernannt. Da er seit dem 1. August 1941 auch die Stellung eines Chefs der Zivilverwaltung im Bezirk Bialystok bekleidete, herrschte er nunmehr von der Ostsee bis in die Ukraine.
Zum 20. Oktober 1941, 12:00 Uhr wurde das Reichskommissariat Ukraine räumlich nach Osten erweitert, seine neuen Grenzen verliefen nun wie folgt:
- Westen: Bisherige Ostgrenze des Reichskommissariats Ukraine,
- Süden: von Row bis nach Bar bis zur Einmündung des gleichnamigen Flusses in den Bug/Verlauf des Bug bis Perwomajsk/Nowo Ukrainka/ Nowomirgorod/Smela/Tscherkassy (Orte und Bahnlinie Perwomajsk-Tscherkassy ausschließlich),
- Osten: Verlauf des Dnjepr bis Retschiza (Kiew, Retschiza und Dnjepr-Brücken einschließlich),
- Norden: Bahnlinie Retschiza-Luninez (Bahnlinie einschließlich) bis zur bisherigen Ostgrenze des Reichskommissariats Ukraine.
Die nächste Änderung folgte entsprechend dem Fortgang der Kampfhandlungen zum 15. November 1941, 12:00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Reichskommissariat Ukraine aus dem rückwärtigen Heeresgebiet Süd erweitert, soweit innerhalb der folgenden Grenzen gelegen:
- Nordwesten: Bisherige Ostgrenze des Reichskommissariats Ukraine,
- Südwesten: Verlauf des Bug von Perwomajsk bis zur Einmündung in das Schwarze Meer/Küste des Schwarzen Meeres bis zur Mündung des Dnjepr,
- Süden, Osten und Nordosten: Verlauf des Dnjepr bis Tscherkassy (Ort einschließlich).
Die letzte Erweiterung galt vom 1. September 1942 ab 12:00 Uhr. Danach traten aus dem rückwärtigen Heeresgebiet Süd folgende Teile der Ukraine östlich des Dnjepr hinzu:
- zum Generalbezirk Kiew: der ostwärts des Dnjepr gelegene Teil des ehemaligen Gebietes Kiew und des ehemaligen Oblastes Poltawa,
- zum Generalbezirk Dnjepropetrowsk: der ostwärts des Dnjepr gelegene Teil des ehemaligen Oblastes Dnjepropetrowsk und vom ehemaligen Oblast Saporoshje der Teil, der nicht zum Generalbezirk Krim fällt,
- zum Generalbezirk Krim (Teilbezirk Taurien): der südlich des unteren Dnjepr gelegene Teil des ehemaligen Oblastes Nikolajew und vom ehemaligen Oblast Saporoshje die Rayons Melitopol, Nischnije Sjegorosy, Nowowassilewka, Priasowskoje, Weseloje und die südlich davon gelegenen Rayons.
Damit war die weiteste Ausdehnung erreicht.
Im Laufe des Jahres 1943 wurde das Reichskommissariat Zug um Zug von der Roten Armee zurückerobert. Anfang 1944, als die noch nicht zurückeroberten Kreisgebiete Brest, Kobryn und Pinsk keine eigenständige Verwaltung mehr zuließen, wurde dieser Randstreifen des Reichskommissariats Ukraine der Verwaltung des Generalbezirks Weißruthenien im Reichskommissariat Ostland unterstellt.
Verwaltungsgliederung
Das Reichskommissariat Ukraine teilte sich in sechs Generalbezirke mit der entsprechenden Anzahl von deutschen Kreisgebieten, denen die ukrainischen Rajons unterstellt waren. Die deutschen Aufteilungen folgten größtenteils den früheren ukrainischen Abgrenzungen. Die Generalbezirke fassten mehrere Oblasts, die Kreisbezirke mehrere Rajons zusammen.
Zum Sitz des Generalkommissars für Wolhynien-Podolien (zuvor Brest-Litowsk) wurde die Stadt Luzk bestimmt. Der Generalkommissar für den Generalbezirk Krim (Teilbezirk Taurien) hatte seinen Sitz in Melitopol.
Obwohl das Reichskommissariat Ukraine formell dem RMfdbO unterstand, handelte der Reichskommissar Erich Koch jedoch faktisch nahezu selbstständig.
Am 7. April 1941 schlug Alfred Rosenberg vor, zusätzlich zum Reichskommissariat Ukraine ein Reichskommissariat Don-Wolga einzurichten und dort als Reichskommissar Dietrich Klagges einzusetzen. Im Mai/Juni änderte er diesen Vorschlag dahingehend, dass er nun das dortige Gebiet dem Reichskommissariat Ukraine zuordnete.[1] Die geplante Erweiterung des Reichskommissariats Ukraine bis zur Wolga wurde aufgrund des Kriegsverlaufs nicht verwirklicht.
Ortsnamen
Es blieb im Allgemeinen bei den bisher geläufigen (russischen) Ortsnamen, die nach einheitlichen Grundsätzen in die Lateinschrift transkribiert wurden. Allerdings erhielten Orte mit bolschewistischen Namen ihre früheren Bezeichnungen zurück. Einige Städte erhielten deutsche Namen, wie Alexanderstadt, Halbstadt, Hegewald usw.
Kreisgebiete im Reichskommissariat Ukraine 1943
Die untergeordneten Verwaltungseinheiten hießen Generalbezirke. Die folgende Tabelle zeigt die Zuordnung von Städten und Gebieten zu den jeweiligen Generalbezirken.
Personen
Zivilverwaltung
- Alfred Rosenberg, Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, Berlin
- Reichskommissar
- Erich Koch, Reichskommissar Ukraine, Amtssitz Königsberg
- Generalkommissare
- Alfred Eduard Frauenfeld, Generalkommissar für den Generalbezirk Krim (Teilbezirk Taurien)
- Kurt Klemm, Generalkommissar für den Generalbezirk Shitomir
- Helmut Quitzrau, Generalkommissar für den Generalbezirk Kiew (September 1941 - Februar 1942)
- Waldemar Magunia, Generalkommissar für den Generalbezirk Kiew (seit 14. Februar 1942)
- Ewald Oppermann, Generalkommissar für den Generalbezirk Nikolajew
- Heinrich Schoene, Generalkommissar für den Generalbezirk Wolhynien-Podolien
- Nikolaus Selzner, Generalkommissar für den Generalbezirk Dnjepropetrowsk
Militärverwaltung
- Wehrmachtsbefehlshaber Ukraine (WBU)
- Generalleutnant d.R. Waldemar Henrici (bis Oktober 1942)
- General der Flieger Karl Kitzinger (ab Oktober 1942)
- SS- und Polizeiführer
- Bernhard Fischer-Schweder, SS-Oberführer und Polizeidirektor in Memel (1941)
- Erich Naumann, SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei
- Ernst Biberstein, SS-Obersturmbannführer und Chef des Einsatzkommandos 6 in Rostow
- Erwin Schulz, SS-Brigadeführer und Generalmajor
- Karl Jonas, SS-Hauptsturmführer und Polizeihauptmann
- Otto Ohlendorf, SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei
- Paul Blobel, SS-Standartenführer und Führer des Sonderkommandos 4a sowie des Sonderkommandos 1005
Literatur
- Quellen
- Heinz Boberach (Hrsg.): Regimekritik, Widerstand und Verfolgung in Deutschland und den besetzten Gebieten. Meldungen und Berichte aus dem Geheimen Staatspolizeiamt, dem SD-Hauptamt der SS und dem Reichssicherheitshauptamt 1933–1945. Erschließungsband zur Mikrofiche-Edition. K.G. Saur, München 2003, ISBN 3-598-34418-X. (Dokumente.)
- Forschung
- Blanka Jerabek: Das Schulwesen und die Schulpolitik im Reichskommissariat Ukraine 1941–1944 im Lichte deutscher Dokumente. München 1991, DNB
- Anja Heuss: Kunst- und Kulturgutraub. Studie zur Besatzungspolitik der Nationalsozialisten in Frankreich und der Sowjetunion, Heidelberg 2000, ISBN 3-8253-0994-0.
- Stefan Lehr: Ein fast vergessener 'Osteinsatz'. Deutsche Archivare im Generalgouvernement und im Reichskommissariat Ukraine. Düsseldorf 2007, ISBN 3-7700-1624-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Andreas Zellhuber: Unsere Verwaltung treibt einer Katastrophe zu …. Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941–1945, München 2006, S. 87. (Abb. 6: Vorschläge zur Besetzung der Reichskommissariate, April bis Juli 1941.)
Kategorien:- Historische Behörde (Deutsches Reich 1933 bis 1945)
- Deutsche Besetzung der Ukraine 1941–1944
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